28.12.2009

1.09 Neue Verbündete I

TV-Serie: Stargate general
Reihe: SG-V (SG-27)
Genre: action, humor, scifi
Rating: PG


Dr. Jonas Harper drückte das letzte Symbol und blickte keuchend zum Sternentor auf.
„Jetzt machen Sie schon, Mann! Wir haben nicht ewig Zeit", knurrte Major Collins in seinem Rücken.
Harpers Blick saugte sich an dem Wurmloch fest. Er biß sich auf die Lippen. Viel zu groß war im Moment sein Verlangen, sich durch eben dieses zu stürzen und im sicheren SGC Schutz zu suchen. Doch die Order seines Leaders war eindeutig: Niemand würde diesen Planeten verlassen, es sei denn, das ganze Team war beisammen. Und da Kyle und Watson sich in den Händen dieses Mrinosh befanden ...
„Los jetzt! Wir brauchen Hilfe!" bellte Collins ihn wieder an.
Harper aktivierte sein Funkgerät.
„Hier SG-15. Wir brauchen dringend Hilfe auf P9X-112. Widerhole: Hier SG-15. Wir brauchen Verstärkung."
Neben ihm bellte die Waffe seines Leaders eine kurze Salve. Unwillkürlich ging Harper in Deckung.
„Wir sind angegriffen worden. Der Widerstand, der sich uns entgegenstellt, ist zu groß. Zwei des Teams sind bereits in Gefangenschaft geraten. Wiederhole: SG-15, wir brauchen Hilfe!"
Das Wurmloch brach zusammen.
Harper starrte das Sternentor entgeistert an.
Warum ... ? Normalerweise dauerte eine solche Verbindung doch länger, es sei denn, eines der Gates unterbrach die Verbindung.
„Wir müssen hier verschwinden!" Collins riß ihn am Arm auf die Beine. „Los, in das Wäldchen. Dort sind wir erst einmal sicher."
Harper stolperte hinter seinem Leader her, immer noch verwirrt.
Warum war das Wurmloch zusammengebrochen? Hatte das SGC etwa die Verbindung gekappt? Aber warum?
Ein Energieblitz riß ihn von den Beinen. Hart prallte er in das kniehohe Gras und blieb bewußtlos liegen.

***

„Dorn, Gate sichern! Peter, Lage sondieren! Wallace ... halten Sie Hände und Füße bei sich!" Vashtu Uruhk drehte sich, aufmerksam die nähere Umgebung absuchend, um sich selbst, ihren Energiedetektor in der Hand.
„Was soll dieser Blödsinn eigentlich?" beschwerte Babbis sich gerade. „Wieder eine Übung? Das wird allmählich lächerlich!"
Vashtu warf dem schlacksigen, jungen Wissenschaftler einen warnenden Blick zu. „Ich sagte, Lage sondieren, Peter, nicht, daß ich Ihre Meinung hören will!"
„Aber hier ist doch absolut gar nichts!" beschwerte Babbis sich und drehte sich zu ihr um.
Vashtu, die nahe beim DHD stand, bückte sich und griff offenbar nach etwas, ehe sie sich wieder aufrichtete und ein leeres Magazin präsentierte. „Aber hier war etwas", entgegnete sie, blitzte ihn an. „Und jetzt suchen Sie nach Patronenhülsen, Peter, sonst mache ich Ihnen Beine!"
Babbis starrte das Magazin entgeistert an, dann richtete sich sein Blick wieder auf sie. Sein Gesicht war plötzlich blaß geworden. „Keine Übung?"
Vashtu schüttelte den Kopf. „Keine Übung", bestätigte sie.
„Aber ... Was tun wir dann hier?" fragte Wallace schüchtern.
Die Antikerin hielt ihren Blick jetzt aufmerksam auf den Boden gerichtet. „Wir suchen SG-15, sofern es nicht schon ausgelöscht ist", antwortete sie. „Und das wüßten Sie auch, wenn Sie etwas schneller aus Ihren Bett gekommen wären. Vor drei Stunden erhielt das SGC einen Notruf des Teams. Collins hat offensichtlich die Lucian Alliance gegen sich aufgebracht." Sie sah auf und runzelte die Stirn. „Ich sagte, Sie sollen Ihre Füße stillhalten, Wallace. Wir haben keine Zeit für Unfälle, wie Sie sie produzieren. Mir reicht es schon, das ich ausgerechnet Collins' Hintern aus dem Feuer holen darf."
Wallace trat eingeschüchtert einen Schritt zurück.
„Collins? Major Collins, der Leader von SG-15?" Babbis runzelte die Stirn.
Vashtu nickte. „Genau den."
Babbis' Gesicht verfinsterte sich noch mehr. „Der behauptet doch immer, er müßte hinter uns aufräumen."
„Dieser militärische Schleimer?" ließ Wallace sich vernehmen.
Vashtu hob überrascht den Kopf und sah ihre beiden Wissenschaftler erstaunt an. Beide wirkten alles andere als glücklich über diese Fügung. Wallace starrte dumpf vor sich hin, Babbis hatte die Stirn gerunzelt und ließ seine Augen wütend blitzen.
Sie tauschte einen Blick mit Dorn, der am Tor lehnte und sich die Szene bisher amüsiert angehört hatte.
Das waren ja ganz neue Töne! Sie konnte nur hoffen, daß diese Stimmung ein bißchen anhalten und Wallace nicht plötzlich wieder querschießen würde. Andererseits schien sich der Farmerssohn inzwischen wieder halbwegs gefangen zu haben. Zumindest brachte er nicht mehr bei jeder Kleinigkeit nur noch wüste Beschimpfungen ihr gegenüber hervor.
„Hier liegt ein weiteres Magazin!" meldete Babbis sich plötzlich.
Vashtu drehte sich zu dem jungen Wissenschaftler um und runzelte irritiert die Stirn. Babbis hatte sich tatsächlich inzwischen ein Stück weit vom Tor entfernt.
Die Antikerin wechselte noch einen Blick mit dem alternden Marine, dann folgte sie dem jungen Mann in Richtung auf ein Wäldchen. Und tatsächlich hatte er ein weiteres leeres Magazin in der Hand und zeigte es ihr.
Vashtu nahm es und drehte es in ihrer Hand. Eigentlich waren die Magazine für die P-90 so ausgerichtet, daß man sie nachfüllen konnte. Sie steckte die Leergeschossenen wieder ein, um sie später im SGC in der Waffenkammer abzugeben. Collins allerdings schien da anders zu denken. Oder er hatte versucht, eine Spur zu legen.
Sie wußte nicht so recht, was ihr lieber gewesen wäre. Jedenfalls ging sie jetzt, an Babbis' Seite, ein Stück weiter in Richtung Wäldchen und hoffte, daß die Schwierigkeiten sich inzwischen von selbst gelöst hatten.
„Warum läßt Landry uns eine doch recht wichtige Aufgabe übernehmen?" erkundigte Babbis sich leise, damit die anderen sie nicht hören konnten.
Vashtu zuckte mit den Schultern. „Weil er uns inzwischen ein bißchen mehr zutraut, denke ich", antwortete sie, hoffend, daß ihre Aussage der Wahrheit entsprach.
Tatsächlich herrschte im Moment im SGC ein heilloses Chaos, dessen Grund sie noch nicht herausgefunden hatte. Doch sie vermutete, irgendwelche Neuigkeiten über die Ori waren schuld daran. Und das würde auch erklären, warum Landry gerade ihr Team zur Rettung von SG-15 ausgeschickt hatte. Die anderen waren schlichtweg zu beschäftigt mit irgendetwas.
Abrupt blieb sie plötzlich stehen und starrte auf das kniehohe Gras vor sich. „Na toll!" knurrte sie.
Babbis warf ihr einen ratlosen Blick zu.
Die Antikerin wies auf zwei tiefe Einbuchtungen im Gras, das sich nur unvollständig wieder gehoben hatte. „Ich schätze, das waren Collins und Harper, nachdem man sie niedergeschossen hat. Soviel zu einer einfachen Lösung." Sie drehte sich wieder zum Tor um, als ihr Funkgerät knackte.
„Mam, wir haben ein Problem hier", meldete Dorn.
„Wir auch, Dorn", antwortete sie, während sie die Hände hob.
Gut ein Dutzend Männer hatten sich unbemerkt an sie herangeschlichen und bedrohten sie mit einem bunten Sammelsurium unterschiedlicher Waffen.
„Mist!" entfuhr es Babbis neben ihr.
„Immer lächeln, Doc, immer lächeln."

***

Rauchschwaden hingen dick in der Luft und reizten ihre Lungen. Fackeln und Holzscheite sorgten für ein wenig Licht, wenn Vashtu auch glaubte, die Männer der Lucian Alliance hätten auch andere Möglichkeiten, ihre Räumlichkeiten zu beleuchten.
Der Rest ihres Teams folgte ihr dicht auf. Die Waffen hatte man ihnen abgenommen und dann in die Mitte des Trupps gesteckt, damit sie auch ja keinen Fluchtversuch wagten. Vashtu ging vorneweg, auch wenn ihr das einige irritierende Blicke der Männer eingebracht hatte, Dorn bildete wie immer das Schlußlicht.
„Mrinosh, Herr, Fremde von der Erde sind aufgetaucht", meldete der Anführer des Trupps, dem sie in die Arme gelaufen waren.
Vashtu atmete tief ein und blinzelte durch den Rauch nach vorn.
Ein großer Saal, in dem in U-Form Tische zusammengeschoben worden waren, an denen gut ein Dutzend Männer saßen. Offensichtlich Lords der Lucian Alliance. Und ebenso offensichtlich wurden hier gerade Verhandlungen geführt, wahrscheinlich auch, als Collins mit seinem Team hergekommen war.
Vashtu kreuzte die Arme vor der Brust und wartete mit leicht verkniffener Miene.
Wenn sie Collins in die Finger kriegte, würde der sich wünschen, ihr nie über den Weg gelaufen zu sein, das hatte sie sich geschworen, als Landry sie in sein Büro holte und über ihren neuen Auftrag informierte. Sie hatte keine Lust, nun hinter ihm herzuräumen. Und es war inzwischen das zweite Mal, daß genau das geschah, und damit mindestens einmal zuviel in ihren Augen.
„Wird die Erde nicht schlau?" fragte eine dunkle Männerstimme, die es offensichtlich gewohnt war zu befehlen. „Demnächst haben wir die ganze Erde hier versammelt, wie?" Er lachte.
Vashtu versuchte, einen Blick auf den offensichtlichen Herrscher dieses Planeten zu erhaschen. Er saß am Kopfende des Tisches. Überraschenderweise wirkte er nicht, wie die meisten der Lords der Lucian Alliance, ungepflegt und verlottert. Er schien im Gegenteil sehr viel Wert darauf zu legen, kultiviert nach außen zu wirken ... wenn man einmal von seinem verräucherten Heim absah.
„Lord Mrinosh", wandte sie sich direkt an ihn, obgleich er wohl Mühe haben würde, sie hinter den wesentlich größeren Wachen vor ihr auszumachen. „Die Erde schickt uns mit der Bitte, das andere Team wieder freizulassen. Was immer auch geschehen ist, es gibt nichts, was wir nicht ausdiskutieren könnten."
Der blonde Mann mit dem Spitzbart setzte sich unvermittelt wieder auf und lugte zu den Wachen. „Höre ich da richtig? Ein Weib?" Er winkte seinen Männern. „Laß sie durch!"
Die beiden, die vor ihr gestanden hatten, traten zur Seite. Vashtu lächelte kurz, wurde dann wieder ernst und trat vor. Sie verbeugte sich tief vor Mrinosh. „Vashtu Uruhk, Leader von SG-27", stellte sie sich vor. „Und du mußt der große Führer und kluge Herrscher Mrinosh sein. Ich freue mich, deine Bekanntschaft zu machen."
Der Blonde winkte sie näher zu sich.
Vashtu trat zwischen die Tische und fühlte die teils gierigen, teils irritierten Blicke, die sie von den anderen Lords trafen.
„Warum sollte die Erde eine Frau schicken, um über die Freiheit ihrer Männer zu diskutieren?" erkundigte der Lord sich und lehnte sich zurück. „Vielleicht als zusätzliche Morgengabe, Vashtu Uruhk?"
Die Antikerin sah ihren Gegenüber emotionslos an. „Ich stehe nicht zur Verfügung, Mrinosh, Und du willst mich auch gar nicht haben, glaube mir."
„Die Erde hält uns für schwach, mein Lord! Warum sonst sollte man ein Weib schicken, um mit uns zu verhandeln? Sie macht sich über dich lustig, genau wie die, die zuerst kamen!" Ein fettleibiger Kerl in ehemals hellen Kleidern schlug mit der Faust auf den Tisch und rülpste.
Vashtu beachtete ihn kaum. Weiter hielt sie ihre Konzentration voll auf den blonden Mann vor sich gerichtet.
Mrinosh hob die Hand zu einer einladenden Geste. „Nun, was hat die Frau von der Erde zu diesen Anschuldigungen zu sagen?" fragte er.
Vashtu warf dem Dicken einen halben Blick zu, wandte ihre Aufmerksamkeit dann wieder dem hiesigen Lord zu. „Es spricht für sich selbst", antwortete sie mit einem dünnen Lächeln. „Ich sagte, ich bin gekommen, um das andere Team von der Erde zurückzuholen. Desweiteren bin ich von unserem Präsidenten ermächtigt, Kontakt zu euch herzustellen. Und das würde ich auch gern tun. Nenn es eine Stimme der Vernunft, Mrinosh."
„Eine schwache Frau, die mit Kriegern verhandeln soll?" Der Dicke lachte.
Vashtu hob das Kinn. „Ich bin eine Kriegerin, Mrinosh. Wenn es sein muß, beweise ich dir das auch gern hier und jetzt." Abrupt drehte sie sich um und trat auf den Anführer der Wachmannschaft zu, der sie gefangengenommen hatte.
„Nein, einer von Cylas' Männern soll diesen Beweis antreten", entschied Mrinosh plötzlich. „Und dieses Weib wird nicht verletzt. Vielleicht habe ich noch Pläne mit ihr."
Der Wächter nickte und wandte sich ab.
Vashtu drehte sich wieder zu Mrinosh um und sah, wie in seinen Augen Interesse aufblitzte.
Möglicherweise hatte sie ihn schon am Haken. Jetzt mußte sie ihn nur noch sichern.
Der Dicke, Cylas, gab einem seiner Wächter einen kurzen Befehl, daraufhin trat der in die Mitte zwischen den Tischen und baute sich vor der kleineren und schlanken Antikerin auf.
Vashtu sah ihn sich kurz an. Er war über einen Kopf größer als sie, mit einem gewaltigen Stiernacken und Oberarmen so dick wie nicht einmal ihre Beine.
„Gut." Sie trat einen Schritt zurück und hob die Fäuste.
Ihr Angreifer kam heran und fuhr seinen Arm aus.
Vashtu griff blitzschnell zu und aktivierte die Fremdzellen in ihrem Inneren. Sofort wurde ihrem Griff wesentlich mehr Kraft zugeführt, genug Kraft, um den Wächter über ihre Schulter zu schleudern, wobei sie auch noch seinen Schwung nutzte. Tänzelnd wich sie dann zurück und wartete, bis er wieder auf die Beine kam. Dann sprang sie vor, klammerte sich, als wolle sie ihn umarmen, an seinen Nacken, riß ihren Kopf zurück und ließ ihn dann auf seine Stirn prallen. Ein Ächzen entwich der Kehle des anderen.
Vashtu versuchte, ihn sich nach vorn beugen zu lassen, setzte ihre Beine an und wirbelte ihn zum zweiten Mal durch die Luft. Diesmal aber ließ sie ihm keine Zeit mehr, sich wieder aufzurichten. Selbst einen Purzelbaum schlagend kam sie vor seinem Kopf wieder auf die Knie und drosch ihm ihre Faust an die Schläfe. Mit einem weiteren Ächzen verlor der Wächter das Bewußtsein.
Die Antikerin zögerte noch einen Moment, dann richtete sie sich wieder auf und klopfte sich den Staub aus den Kleidern, ehe sie wieder zurückkehrte zu ihrem früheren Platz.
„Ich hoffe, das ist jetzt geklärt", sagte sie mit einem langen Blick auf Cylas, der dumpf seinen Champion anstarrte. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder Mrinosh zu. „Ich kann auch gern kämpfen, wenn dir etwas daran liegt. Ich könnte allerdings auch deinen Männern beibringen, etwas effektiver mit ihren Waffen umzugehen. So wie es jetzt ist, ergibt man sich eher, weil man glaubt, gleich würde explodieren, was sie in ihren Händen halten."
Mrinosh lehnte sich wieder zurück und lächelte. „Du bist gut, Vashtu Uruhk von der Erde. Gibt es noch mehr wie dich?"
Vashtu kreuzte die Arme vor der Brust. „Ich habe mich der Erde angeschlossen, Mrinosh, aber ich komme nicht von dort", antwortete sie. „Ich habe die Gefahr erkannt, die auf uns alle zusteuert. Und darum denke ich, wir alle sollten auch zusammenarbeiten."
Mrinosh schürzte die Lippen und musterte sie kritisch. „Du meinst die Priore?"
Die Antikerin nickte. „Ganz genau. Die Priore und die Ori, denen sie hörig sind. Dir ist sicher auch bekannt, was sie anrichten, wenn man sich ihnen nicht anschließen will."
Mrinosh nickte bedächtig. „Das ist mir allerdings bekannt. Und die Erde hat ein Mittel gegen sie gefunden und ist bereit, auch den Rest der Galaxis an ihrem Wissen teilhaben zu lassen?"
„Sozusagen." Vashtu setzte eine undeutbare Miene auf.
„Das ist in der Tat überlegenswert." Mrinosh beugte sich vor, die Arme vor sich auf dem Tisch verschränkt. „Garantiere mir für deine Männer, Vashtu Uruhk, dann bin ich bereit, in Verhandlungen mit dir zu treten. Dein Angebot klingt bis jetzt sehr interessant. Vielleicht können wir beide es noch vertiefen."
„Herr", ließ sich eine weitere schüchterne Stimme vernehmen. „Vielleicht ... Die Ernte, Herr."
Mrinosh hob die Hand und musterte die Antikerin vor sich immer noch genau. Ein leises Lächeln umspielte seine Lippen. Dann nickte er. „Du kannst Theorim helfen, dann werde ich entscheiden."

***

Vashtu sah sich in der fensterlosen Kammer sehr genau um, ebenso wie Dorn. Babbis beobachtete die beiden stirnrunzelnd. Was taten sie da eigentlich? Er hatte nicht die blaßeste Ahnung.
„Okay." Die Antikerin drehte sich schließlich wieder um und sah einen nach dem anderen sehr aufmerksam an. „Ich habe einen Plan und hoffentlich auch die Möglichkeit, diesen auszuführen. Dazu brauche ich Sie, Wallace", wandte sie sich an den Agrarwissenschaftler.
Wallace schluckte sichtbar, nickte aber stumm, offenbar vollkommen in sein Schicksal ergeben.
„Und was sollen wir machen?" fragte Babbis.
Vashtu hob die Hand. „Dazu komme ich noch. Wallace und ich werden diesem Theorim auf den Zahn fühlen und hoffen, daß er wirklich so zugänglich ist wie vorhin. Vielleicht können wir wirklich ein Bündnis mit ihm, oder sogar mit Mrinosh herausschlagen, wer weiß?"
Dorn nickte nachdenklich.
„Und was ist mit Dorn und mir? Sollen wir hier Däumchen drehen?" Babbis klang gereizt.
Vashtu erwiderte seinen Blick ruhig. „Haben Sie noch Ihr Palmtop, Peter?"
Der stutzte, nickte dann aber.
„Gut, dann möchte ich, daß Dorn und Sie ein Brainstorming unternehmen und herausfinden, was wir Mrinosh anbieten können für ein Bündnis zwischen der Lucian Alliance und der Erde."
„Wie bitte?" Babbis starrte seine Leaderin groß an. „Ich dachte, wir sind hier, um SG-15 wiederzufinden."
„Sind wir auch, und genau darum steht dieser Punkt auch ganz oben auf Ihrer Liste, Peter." Vashtu lächelte zuckersüß.
Der Sergeant musterte den jungen Wissenschaftler mit kritischem Blick, zuckte dann aber mit den Schultern.
„Ich bin aber nicht gut darin", murrte Babbis.
„Worin? Im Verhandlungen führen?"
Er nickte.
Vashtus Lächeln wurde zu einem Grinsen. „Sie brauchen ja auch nicht verhandeln, Peter. Das tue ich. Sie sollen nur überlegen, was wir Mrinosh anbieten können in diesem Bündnis. Ob wir es hinterher auch einhalten ... Nun, das steht auf einem anderen Blatt." Sie wechselte einen vielsagenden Blick mit Dorn, streifte sich dann ihre Überlebensweste wieder über.
„Aber ..."
Vashtu warf einen Blick über die Schulter zurück. „An die Arbeit, Peter." Sie nickte Wallace zu, der hinter ihr hertrottete zur Tür wie ein Lamm auf dem Weg zur Schlachtbank.
Babbis beobachtete mit zusammengepreßten Lippen, wie die beiden den Raum verließen, den die Wächter ihnen zugestanden hatten.
„Das ist doch wieder typisch für sie. Immer mit dem Kopf durch die Wand!" knurrte der junge Wissenschaftler schließlich, als er mit dem Marine allein war.
Er fühlte Dorns Blick auf sich und drehte sich zu ihm um. Der alternde Militär schmunzelte sichtlich, sagte aber nichts, sondern musterte ihn nur amüsiert.
„Was?" Babbis hob wie zur Abwehr die Hände, breitete dann die Arme aus. „Denken Sie etwa, ich wollte mir dieses Geschwätz anhören? Ich weiß gerade mal, daß Mais auf Feldern wächst."
Dorns Lächeln wurde zu einem Grinsen, doch noch immer sagte er nichts.
„Nein, ich wollte nicht mit!" Babbis wandte sich demonstrativ von dem Älteren ab. „Aber es wäre nett gewesen, hätte sie wenigstens gefragt."
Hinter sich hörte er ein verdächtiges Räuspern.

***

Theorim lauschte Wallaces Vortrag mit glänzenden Augen, hing richtig an den Lippen des jungen Wissenschaftlers.
Vashtu saß auf der anderen Seite des Tisches und betrachtete den schmalen Lord der Lucian Alliance aufmerksam. Irgendwie, das mußte sie zugeben, sah er nicht sonderlich gefährlich aus. Seine gesamte Gestalt war schmal, was aber nicht über die sehnige Kraft hinwegtäuschte, über die er offensichtlich verfügte. Das schüttere Haar hatte er halbwegs kurz geschnitten und trug es zurückgekämmt. Das Gesicht war schmal, erinnerte sie irgendwie ständig an ein Kaninchen mit den großen, unruhigen Augen und Theorims Angewohnheit, an den Nägeln zu kauen.
Die Antikerin dachte nach.
Warum hatte Mrinosh ausgerechnet Theorim als Testobjekt für ein mögliches Bündnis ausgesucht? Weil der sich selbst gemeldet hatte mit seinem Problem mit dem Getreide? Oder war Theorim in Wirklichkeit ein Spion, der sie aushorchen sollte, ob sie wirklich über die Befugnisse verfügen konnte, die sie in der Halle angedeutet hatte? Oder ... ?
Vashtu setzte sich mit einem Ruck auf und faltete die Hände vor sich auf dem Tisch. „Warum hast du dich Mrinosh angeschlossen, Theorim? Deine Welt ist reich, du könntest es doch auch allein schaffen", fragte sie unvermittelt, als Wallace eine weitere Ausführung in seinem Bericht abgeschlossen hatte.
Der Warlord blinzelte, schielte dann unsicher zu ihr hinüber und schluckte sichtlich. „Ich ... Meine Welt mag reich sein, aber wir sind Bauern." Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Vashtu nickte nachdenklich.
„Außerdem ist Mrinosh einer der Lords, die fair handeln, Vashtu Uruhk", fuhr Theorim eilig fort. „Er braucht im Moment noch jeden Verbündeten, den er bekommen kann. Wenn seine Macht sich gefestigt hat, muß Sekema so dicht mit dieser Macht verflochten sein, daß er nicht mehr auf uns verzichten kann. Damit wäre meine Welt dann geschützt."
Vashtu nickte nachdenklich. „Dann ist Mrinosh noch nicht lange so mächtig?"
„Äh ..." Theorim schien aufzugehen, daß er möglicherweise etwas ausgeplaudert hatte, was er nicht hätte erzählen dürfen. „Ich ... nein, ist er nicht." Er schüttelte den gesenkten Kopf. „Erst, seit er das Labyrinth hier auf Ashmath entdeckt hat."
Vashtu stutzte. „Ein Labyrinth?"
Wallace warf ihr einen verwirrten Blick zu, richtete seine Aufmerksamkeit dann wieder auf Theorim.
Der nickte, hielt den Kopf gesenkt. „Ja, das Labyrinth. Ein ... ein unheimlicher, grauenvoller Ort. Wer ... wer offen gegen Mrinosh ist, wird dorthin geschickt, um seine Loyalität zu prüfen. Aber die meisten ..." Er schloß abrupt den Mund und sah auf. „Eure Freunde sind dort."
Vashtu schnappte nach Luft. „Was?"
Theorim nickte und kniff die Lippen aufeinander. „Dieser ... dieser Major Collins hat Mrinosh sehr verärgert. Erst wollte er die Gruppe wieder ziehen lassen, doch Major ... Er hörte nicht auf. Mrinosh hat seine Hauptleute hier zusammengerufen, er kann es sich nicht leisten, vor uns sein Gesicht zu verlieren. Also hat er versucht, die Gruppe gefangenzunehmen. Major und Doktor entkamen erst, wurden später direkt ins Labyrinth gebracht."
Vashtu lehnte sich stöhnend zurück. „Auch das noch!" Mit beiden Händen zauste sie an ihrem kurzen Haar. Dann setzte sie sich seufzend wieder auf. „Also gut, du bist also ein treuer Gefolgsmann von Mrinosh und du sagst, wir dürfen ihn auf keinen Fall verärgern. Aber wir sind gekommen, um die andere Gruppe zurück zur Erde zu holen. Glaubst du, es besteht die Möglichkeit, mit Mrinosh darüber zu reden?"
Theorim sah sie zweifelnd an. „Dann ... Nein, ich glaube nicht. Ihr solltet die anderen vergessen, das ist besser." Seine Augen leuchteten auf, als er sich plötzlich vorbeugte. „Mrinosh ist sehr interessiert an dem, was ihr zu sagen habt. Er ist selbst schon auf einen Prior gestoßen, er weiß, wie mächtig sie sind und daß wir keine Chance gegen sie haben werden, sollten sie wirklich so kommen, wie sie es ankündigen. Wenn die Erde wirklich eine Waffe hat, die auch uns schützen kann, dann ... Mrinosh dürfte einer der wenigen sein, die überhaupt Kontakt zulassen werden. Die meisten von uns ... Wenn ihr nicht gekommen wärt, dann wären die falschen Götter immer noch da, das ist wahr. Aber den meisten Menschen in dieser Galaxis ging es früher doch besser als heute."
Vashtu verzog unwillig das Gesicht. „Das ist mir klar. Aber die Goa'uld werden hoffentlich nicht wieder zurückkommen, Theorim. Ihr habt eine Chance, endlich euer Leben zu leben. Sicher wird das nicht ganz einfach sein in der ersten Zeit - frag mich, ich weiß, wovon ich rede! Aber es ist besser, frei zu sein und vielleicht einige Einschränkungen hinzunehmen, als für weitere Jahrtausende der Willkür falscher Götter ausgeliefert zu sein."
Theorim sah sie skeptisch an, dann lächelte er. „Würde Vashtu Uruhk, die Gesandte der Erdenmenschen, es vielleicht auch in Erwägung ziehen, einen Vertrag mit der kleinen, unbedeutenden Welt Sekema auszuhandeln? Ich würde nicht einmal viel verlangen, vielleicht etwas Saatgut von diesem Getreide, von dem Doktor gerade gesprochen hat, und natürlich Schutz, wenn die Ori kommen."
Vashtu lächelte und reichte Theorim ihre Hand. „Willkommen in einem Bündnis mit der Erde, Theorim von Sekema."

***

„Ein Labyrinth?" Babbis starrte sie groß an.
Vashtu nickte, ließ sich auf einem Scherenstuhl nieder und rieb die eigenartige Frucht an ihrer Überlebensweste ab, ehe sie hineinbiß.
„Das würde ich nicht tun!" Wallaces Warnung kam zu spät.
Vashtu wischte sich den Fruchtsaft vom Kinn und blickte fragend auf. „Was?"
Der Agrarwissenschaftler wies auf die Frucht. „Wir wissen nicht, was das ist."
Die Antikerin runzelte die Stirn und betrachtete die Frucht. „Jedenfalls ist sie lecker. Falls sie giftig sein sollte, kann ich Sie ja warnen, ehe Sie zugreifen."
„Kann mir vielleicht einmal jemand zuhören?" Babbis wedelte mit den Armen, als imitiere er eine Windmühle.
Vashtu blinzelte in seine Richtung. „Was denn? Wir wissen jetzt, wo SG-15 sich befindet. Ich hoffe nur, wenigstens einer in der Gruppe ist schlau genug, Collins davon abzuhalten, sich weiter hinein zu wagen und vielleicht nicht wieder herauszufinden."
Babbis sah sie beleidigt an, beugte sich dann mit überkreuzten Armen vor. „Ein Labyrinth, Vashtu, ich rede von einem Labyrinth. Wo kommt es her?"
Die Antikerin zuckte mit den Schultern. „Darüber werde ich später wohl mit Mrinosh sprechen, schätze ich. Er scheint wirklich an einem Bündnis mit der Erde interessiert zu sein." Sie biß wieder ab und kaute nachdenklich.
„Wir können ihm aber einen Schutz nicht zur Verfügung stellen, ist Ihnen das klar?" Babbis schüttelte den Kopf. „Alles was wir haben sind Sie. Und ich glaube nicht, daß Sie so gut sind, Drohnen von der Erde bis hierher zu schicken. Wobei wir nicht einmal wirklich sicher sind, ob Drohnen etwas gegen Ori-Schiffe ausrichten können."
„Sie haben Anubis' Schiffe zerstört", ließ Dorn sich von seinem Posten neben der Tür vernehmen.
Vashtu nickte und schluckte. „Ganz genau. Und sie haben sogar die halborganischen Schiffe der Wraith zerstört. Naja, die sind auch nicht sonderlich intelligent." Wieder betrachtete sie sinnend die Frucht in ihrer Hand.
„Aber Sie können doch nicht eigenmächtig entscheiden!" Babbis rang die Hände.
„Wenn es etwas nützt, werde ich das tun. Wir wissen doch noch gar nicht, wann und ob die Ori wirklich kommen. Bis jetzt haben sich nur Priore gezeigt ... Hat einer von Ihnen vielleicht mal einen getroffen?" Fragend blickte Vashtu von einem zum anderen, sank dann wieder auf den Stuhl zurück und seufzte.
„Sie haben noch keinen Prior gesehen?" Babbis starrte sie verdutzt an.
Vashtu schüttelte den Kopf. „Nein, habe ich nicht. Falls es Ihnen entgangen sein sollte, Peter, wir wurden bisher immer auf irgendwelche abgelegenen Planeten geschickt, Lichtjahre entfernt vom nächsten bekannten Prior-Auftreten. Und General Landry hält sich da bisher sehr bedeckt mir gegenüber." Sie biß wieder ab.
„Und jetzt haben wir es hier mit jemandem zu tun, der zumindest einen Prior kennt und hofft, wir könnten ihm helfen." Babbis wandte sich stöhnend ab.
„Wie weit sind Sie mit Ihrem Brainstorming gekommen, Peter?"
„Hä?" Mißtrauisch drehte er sich wieder zu ihr um.
Vashtu kaute noch immer und wies auf sein Palmtop, das auf dem niedrigen Tisch in der Mitte des Raumes stand. „Haben Sie etwas zusammentragen können?"
„Wir sind noch mit anderem beschäftigt, Vashtu!" entfuhr es Babbis gereizt.
„Sie vielleicht, ich nicht. Ich weiß nicht, wie lange ich hier bin. Theorim sagte, Mrinosh wolle mich so schnell wie möglich sprechen. Dann brauche ich ein paar Vorgaben."
„Sind gespeichert", antwortete Dorn einsilbig von der Tür her.
Vashtu lächelte, legte den Stiel der Frucht auf den Tisch und nahm sich statt dessen den kleinen Handrechner.
„Warum hat dieser ... dieser Mrinosh SG-15 in dieses Labyrinth sperren lassen?" Babbis durchmaß den Raum mit weiten Schritten.
„Weil ich es nicht vor ihm tun konnte, da ich kein Labyrinth zur Verfügung habe?" Vashtu las stirnrunzelnd das, was ihre beiden Teammitglieder sich ausgedacht hatten.
„Und wie kriegen wir SG-15 da wieder heraus?"
„Daran arbeite ich." Vashtu blickte auf. „Mathematische Formeln im Austausch gegen Goa'uld-Technologie? Peter, kann es sein, daß Sie mal wieder an Ihrer Doktorarbeit gesessen haben?"
Babbis winkte ungeduldig ab. „Die ist längst abgegeben."
Vashtu beobachtete ihn mit hochgezogenen Brauen, wandte sich dann wieder dem kleinen Bildschirm zu.
„Aber wenn SG-15 in diesem Labyrinth feststeckt, könnte ich ihnen vielleicht helfen. Jedes Labyrinth ist mathematisch errechenbar ..." Babbis schnippte ungeduldig mit den Fingern.
„Wenn Sie das nicht lassen, breche ich Ihnen die Finger", murmelte die Antikerin und studierte weiter die Eingaben.
„Was?" Der Wissenschaftler drehte sich irritiert zu ihr um und starrte sie an. „Ich denke nach!"
Vashtu legte das Palmtop wieder auf den Tisch zurück, dann blickte sie auf. „Das tue ich auch. Trotzdem muß ich nicht meine gesamte Umwelt mit irgendwelchen Geräuschen nerven."
Dorn an der Tür schmunzelte.
Babbis trat näher, die Unterlippe etwas vorgeschoben. „Wollen Sie damit sagen ..."
„Ich will damit sagen, daß ich jetzt sehr genau weiß, was ich Mrinosh auf keinen Fall vorschlagen kann. Danke für Ihre Arbeit." Vashtu erhob sich, trotzdem war sie noch immer einen halben Kopf kleiner als der junge Wissenschaftler.
„Sie und Ihr verdammtes Antiker-Gehirn!" Babbis stieß diesen Satz aus wie einen Fluch.
Vashtu neigte leicht den Kopf und schien seinen Worten nachzusinnen. Dann lächelte sie ihn zuckersüß an. „Stimmt, meins arbeitet schneller als Ihres. Ich habe einen höheren Intellekt."
„Was noch zu beweisen wäre!" Babbis schnaubte.
Vashtus Lächeln wurde breiter. „Fühlen Sie sich mir unterlegen, Peter?"
„Ich habe immer noch den höchsten IQ in dieser Gruppe", entgegnete er.
„Weil meiner die Skala sprengt."
„Sie reden sich nur mit fadenscheinigen Argumenten heraus. In Wirklichkeit sind Sie nicht halb so klug wie Sie gern sein würden."
Sie neigte leicht den Kopf. „Möglich, das habe ich mich noch nie gefragt."
Babbis' Augen blitzten.
„Allerdings habe ich auch keinen Sehfehler. Sie sollten zumindest einmal versuchen, einem Optiker einen Besuch abzustatten. Würde Sie intellektueller aussehen lassen." Vashtu zwinkerte.
„Das ist meine Sache!" Babbis kreuzte die Arme vor der Brust und versuchte, sie niederzustarren.
„Dann machen Sie sich an die Arbeit, Peter, und zeigen Sie mal, was in Ihren grauen Zellen so steckt. Ich werde nicht auch noch Zeit genug haben, mir einen möglichen Weg aus einem Labyrinth auszudenken. Kann ich Sie mit dieser unlösbaren Aufgabe betrauen?" Wieder dieses zuckersüße Lächeln.
Babbis starrte sie immer noch an, dann schnappte er sich seinen Handrechner und verzog sich in eine Ecke, um dort Berechnungen anzustellen.
Vashtu sah ihm nach und nickte befriedigt. Zumindest verhielt er sich jetzt still und würde wohl kaum noch mit seinen Ausfällen die ganze Gruppe gefährden.
„Sie wissen nicht zufällig, wie dieses Labyrinth aussieht, oder?" ließ Babbis sich plötzlich vernehmen.
Vashtu tauschte mit Wallace einen Blick, dann zuckten beiden einhellig mit den Schultern. „Keine Ahnung, das hat Theorim uns nicht verraten."
Babbis winkte unwillig ab und vertiefte sich knurrend wieder in seinen Berechnungen.
Vashtu lächelte Wallace aufmunternd zu. „Übrigens, Doc. Gute Arbeit, die Sie geleistet haben. Theorim könnte für die Zukunft noch wichtig werden."
Der Farmerssohn starrte sie einen Moment lang baff an, dann breitete sich ein Lächeln über sein Gesicht aus. „Danke, Mam."

TBC ...

26.12.2009

Unter fremden Einfluß III

Dorn drehte sich irritiert herum, als er die charakteristischen Geräusche hörte, die ein Sternentor von sich gab, wenn es aktiviert wurde.

Da kommt jemand!" rief er Babbis zu und suchte Deckung hinter einem Felsen.

Der junge Wissenschaftler warf sich hinter einen Strauch und starrte angestrengt zum Gate hinüber. Dann beobachtete er, wie eine Gestalt aus dem Ereignishorizont trat. Mit fließenden Bewegungen und weiten Schritten hielt diese Gestalt dann auf die niedrige Bergkette zu, die einige Kilometer weiter entfernt lag.

Dorn machte ihm ein Zeichen. Babbis nickte, schob sich auf die Zehenspitzen und schlich dem Marine hinterher.

Was will sie hier?" zischte der ihm zu.

Babbis hob die Schultern. „Ich habe keine Ahnung. Aber hier hat es begonnen, vielleicht findet sie hier auch die Lösung."

Dorn warf ihm einen langen Blick zu, holte das Sturmgewehr von seiner Schulter und entsicherte es. „Sie hat uns nicht gesehen", knurrte er. „Sie hätte uns aber sehen müssen!"

Babbis runzelte die Stirn, zog aber auch seine Automatik aus dem Holster.

Gemeinsam folgten sie der einsamen Gestalt, die offensichtlich rein gar nichts von ihren Verfolgern bemerkte. Stetig und immer noch mit weit ausholenden Schritten wanderte sie weiter, direkt auf die ersten Felsen zu. Dorthin, wo Wallace seinen Unfall gehabt hatte.

Babbis holte tief Luft.

Natürlich! Warum hatte er nicht gleich daran gedacht. Auch Wallace hatte sich eigenartig benommen nach seinem Unfall. Hing das vielleicht miteinander zusammen? Hatte der Agrarwissenschaftler etwas wahrgenommen, was ihnen anderen entgangen war, und hatte deshalb derart aggressiv reagiert?

Er hoffte es.

Die Gestalt kletterte auf den Felsen, von dem aus er sie gefunden hatte, und blieb nun stehen. Konzentriert blickte sie sich um.

Dorn gab Babbis ein Zeichen, sich nicht zu rühren. Eilig hatten die beiden sich hinter einigen schroffen Felsen verborgen und warteten jetzt, ließen die Gestalt aber nicht aus den Augen.

Vashtu stand noch immer dort, mitten auf dem Fels, der wie eine abgeflachte Nase geformt war. Sie neigte den Kopf leicht und blickte sich nach rechts und links um, als lausche sie auf etwas. Ihre Gestalt wirkte noch immer irgendwie angespannt und damit vollkommen anders, als eines ihrer Teammitglieder es gewohnt war. Dann drehte sie sich plötzlich um und sprang von dem Felsen herunter, immer noch in Richtung auf das Gebirge.

Dorn gab Babbis ein Zeichen. Als der nicht verstand, erhob der Marine sich selbst und folgte der Antikerin leise. Babbis biß sich auf die Lippen, dann schlich er dem Marine hinterher.

Die beiden Männer wagten nicht zu sprechen. Viel zu sehr waren sie sich der außergewöhnlichen Sinne ihrer Teamleaderin bewußt. Sie konnten nur versuchen, nicht den Anschluß zu verlieren und endlich herauszufinden, was eigentlich wirklich geschehen war, als Vashtu allein zurückgeblieben war.

Dorn hockte sich wieder hin, wies nach vorn.

Babbis zögerte, dann blinzelte er sich mühsam voran.

Ein Spalt zwischen den Felsen, durch den Vashtu gerade kletterte.

Wir müssen ihr nach", wisperte der junge Wissenschaftler.

Dorn nickte ernst und runzelte die Stirn.

Hier kann sie nicht gewesen sein, Sergeant, da haben Sie recht", stimmte Babbis zu und schlich vorsichtig, an der Seite des Älteren, weiter. „Aber möglicherweise finden wir hier den Auslöser für ihr Verhalten. Vielleicht eine Maschine oder etwas ähnliches, daß in der Lage ist, ihre Persönlichkeit zu beeinflußen."

Dorn legte einen Finger an die Lippen, bedeutete ihm dann, Vashtu hinterherzuklettern.

Babbis nickte stumm und machte sich daran, die Höhle zu betreten. Von drinnen hörte er dumpfe Schläge, die ständig widerhallten.

Was hatte das zu bedeuten?

Babbis huschte in den Schutz einiger niedriger Stalagmiten und warf sich mit dem Rücken dagegen, wie er es schon oft in Filmen gesehen hatte. Dorn folgte ihm auf dem Fuße, hockte sich hinter die aufragenden Kalksteinbrocken und reckte den Hals. Sinnend zog er die Wangen ein.

Babbis drehte sich ebenfalls um und hob den Kopf, als nichts geschah.

Noch immer tönten diese Schläge durch die Höhle.

War Vashtu am Ende wieder soweit zu Verstand gekommen, daß sie die Falle, in die sie offensichtlich getappt war, selbst zerstören wollte? Zutrauen würde er es ihr, mußte er zugeben.

Doch als er neben dem wachsenden Kalksteinfinger nach vorn blickte, sah er nur, daß sie auf irgendetwas einschlug, das aussah wie eine ganze Anzahl dieser kunstvollen Gebilde.

Was tut sie da?" wisperte er Dorn zu. Der Marine machte allerdings nur eine ungeduldige Geste und schwieg.

Babbis richtete seine Aufmerksamkeit wieder nach vorn, als er aus den Augenwinkeln eine andere Bewegung wahrnahm.

Vashtu richtete sich jetzt auf, hielt den Rücken jedoch gebeugt. Ihre Arme waren weit ausgestreckt, ihre Finger schienen in etwas verkrallt zu sein.

Babbis runzelte ratlos die Stirn. Was tat sie da?

Dann riß die Antikerin mit Schwung an dem, was sie da offensichtlich gerade gelockert hatte. Es gab nach.

Ein Deckel!

Babbis richtete sich erstaunt auf, als er ein helles Leuchten aus dem kastenähnlichen Innern kommen sah. Sofort wurde er wieder zurück in Deckung gerissen und erntete einen finsteren Blick von Dorn.

Keine Bewegung!" zischte der Marine.

Der junge Wissenschaftler nickte, konzentrierte sich wieder auf seine Teamleaderin.

Vashtu war taumelnd einige Schritte zurückgewichen. Jetzt stand sie, offenbar verwirrt, in der Höhle und sah sich verdutzt um. War sie wieder zu sich gekommen?

Ein fremdartiges Wispern erfüllte die Wände.

Babbis erschauderte und wagte nun auch wirklich nicht mehr, sich zu rühren.

Vashtu fuhr herum. Er konnte sehen, wie sie erstarrte, als sich aus der Kiste ... etwas erhob.

Babbis stockte der Atem beim Anblick der Gestalt.

Ein Antiker!" entfuhr es Dorn. „Und er ist noch nicht richtig aufgestiegen!"

Die Gestalt war eindeutig männlich, wenn man auch nicht viel von ihren Gesichtszügen sehen konnte. Das eigenartige Leuchten ging von dem merkwürdig rudimentär wirkenden Körper aus. Seine Bewegungen, als er jetzt aus der Kiste stieg, waren allerdings beinahe katzenhaft in ihrer Eleganz. Er glitt geradezu auf seine Beine. Seine Schritte waren fest und sicher.

Wieder dieses eigenartige Wispern.

Vashtu stand da wie angenagelt, starrte die eigenartige Erscheinung offenbar nur an.

Dann veränderte der Fremde sich. Das Leuchten nahm zu.

Dorn beugte sich interessiert vor, die Stirn noch immer gerunzelt.

Das Leuchten erreichte Vashtu.

Babbis sah, wie sie plötzlich tief einatmete, leicht zu schwanken begann.

Was machen die da?" fragte Dorn unvermittelt.

Noch immer dieses eigenartige Wispern in einer fremden Sprache.

Das ist ... eine Geistesverschmelzung", antwortete Babbis stockend.

Bisher hatte er nur darüber gelesen, was er an für sich nicht gedurft hätte. Doch Wallace, das Computergenie, hatte den Hauptrechner gecrackt und war so auch an die Berichte der Atlantis-Mission gekommen. Und dort hatten sie beide es lesen können.

Das helle Strahlen kroch an Vashtus Körper hinauf. Die Antikerin schwankte leicht vor und zurück, als sei sie in Trance. Ihr Gesicht wirkte gleichzeitig ent- und angespannt, die Augen hielt sie geschlossen.

Der Fremde hob langsam seine Hand. Wie in Trance tat Vashtu es ihm nach.

Und was passiert dabei?" wollte Dorn wissen. Seine Stimme klang besorgt.

Babbis runzelte die Stirn.

Wenn er das wirklich wissen würde. Aber der Bericht über die Antikerin Chaya war sehr ... nun er wies, vor allem was das anging, ziemlich große Lücken auf. Er wußte nur, daß es eine Art des Zusammenseins war.

Naja, ihre Geister verschmelzen", versuchte er zu erklären.

Dorn bedachte ihn mit einem verwirrten Blick.

Vashtus Augen öffneten sich wieder halb. Langsam neigte sich ihr Kopf, schien wie lose auf ihrem Hals zu sitzen.

Der Fremde beugte sich vor. Es schien, als würde er schweben, als er seine Artgenossin langsam umrundete. Das Wispern nahm zu, und es schien Babbis, als zupften fremde Finger an seinen Gedanken.

Sie tut das nicht freiwillig!" entfuhr es ihm entgeistert. „Er zwingt sie dazu. Das ist ... das ist ... wie eine ..." Er brachte das Wort nicht über seine Lippen.

Und in diesem Moment berührten sich die beiden Hände. Ein Ruck ging durch den Körper der Antikerin. Es war, als würde auch sie plötzlich schweben.

Der Fremde kam näher, sein Nebel umschloß Vashtu bis über die Hüften. Und in seinen Augen leuchtete es auf, wie bei einem Goa'uld! Doch gleichzeitig wurde Babbis klar, dieser Antiker war keiner dieser Feinde der Menschheit. Er war etwas völlig anderes.

Vashtus Hand löste sich von der des Fremden. Noch immer war es, als würde sie schweben. Ein gequälter Ausdruck trat auf ihr Gesicht. Dann sprang etwas aus ihrer Brust, ein helles Glühen.

Ihr Körper wurde zurückgeschleudert, mit, zu einem stummen Schrei verzerrtem Mund, riß sie den Kopf in den Nacken, die Augen vor Entsetzen geweitet. Der Nebel, der sie eingehüllt hatte, verschwand vollkommen abrupt.

Babbis sah, daß sie bis jetzt wirklich geschwebt war. Ihre Füße hingen einige Zentimeter über dem unebenen Höhlenboden in der Luft, setzten jetzt langsam wieder auf. Und dann kippte Vashtu wie in Zeitlupe zur Seite und schlug hart auf dem Boden auf, wo sie regungslos liegenblieb.

Der Antiker!" Dorn richtete sich auf, sein Sturmgewehr an der Schulter.

Babbis starrte immer noch seine Teamleaderin an. Er konnte einfach nicht glauben, was er da gerade gesehen hatte. Das ganze ging dermaßen über seinen Verstand, daß er zu träumen glaubte. Doch dies mußte dann ein Alptraum sein - ein schrecklicher Alptraum.

Der Fremde schoß wie eine Kanonenkugel aus der Höhle heraus und verschwand im Sonnenschein.

Scheiße!" Dorn hetzte zur Spalte und blickte hinaus. „Kümmern Sie sich um Miss Uruhk." Mit erstaunlicher Behändigkeit kletterte der Marine aus der Höhle und verschwand.

Babbis kam wieder auf die Beine. Seine Knie waren weich und er hatte Mühe, überhaupt einen Schritt zu tun. Langsam trat er zu dem reglosen Körper, beugte sich über sie.

Sie atmete nicht, wieder nicht!

Babbis keuchte, hockte sich neben sie. „Miss Uruhk! Vashtu! Können Sie mich hören?" Verzweifelt tastete er an ihrem Hals nach einem Puls, doch er fand keinen. Da war rein gar nichts. Er hob die Hand, als habe er sich verbrannt, zögerte dann, ehe er nach einem Herzschlag in ihrer Brust suchte.

Vashtu! Komm zu dir! Nun mach schon!"

Unvermittelt packte er sie bei den Schultern, zog sie hoch und schüttelte sie, als könne er ihr auf diese Weise das Leben zurückgeben. Doch der Körper, den er hielt, war bar jedes Widerstandes. Wie eine Stoffpuppe pendelte ihr Kopf hin und her, ihre Hände rutschten im Takt seiner Bewegungen über den Boden.

Babbis' Augen brannten. Keuchend versuchte er, ein Schluchzen zu unterdrücken. „Bitte, komm zu dir! Du kannst doch nicht so einfach sterben", flehte er sie an, bettete ihren Kopf in seinem Schoß und strich vorsichtig über ihre Wange.

Was ist?"

Babbis preßte hilflos die Lippen aufeinander. Er wagte nicht aufzusehen, damit Dorn seine Schwäche nicht bemerken konnte.

Doc, was ist?" Der Marine klang wirklich besorgt.

Jetzt sah er doch hoch und schluckte hart. „Sie ist ... sie ist ..."

Dorn legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ruhig, Junge, bleib ruhig", sagte er mit sanfter Stimme. „Wir bringen sie ins SGC zurück. Lam wird wissen, was sie tun kann - wie beim letzten Mal."

Babbis schüttelte hilflos den Kopf. Jetzt blickte er doch auf, voller gerechtem Zorn starrte er den Marine an. „Haben Sie nicht verstanden, Dorn? Vashtu Uruhk ist tot!"

Dorn prallte zurück. Seine Augen zuckten. „Unsinn, sie ist bewußtlos."

Sie hat keinen Puls mehr, verdammt!" Jetzt schluchzte Babbis doch endlich. „Dieser ... dieser andere hat sie umgebracht, verstehen Sie? Er hat sie getötet, damit er selbst aufsteigen konnte."

Dorn starrte ihn an. „Was?"

Babbis nickte. „Genau das, begreifen Sie jetzt. Deshalb war er ... Er hat sie in diese Geistesverschmelzung gezwungen. Und er hat sicher auch dafür gesorgt, daß sie im SGC durchdrehte."

Plötzlich bemerkte er nicht mehr den sanften Druck von Vashtus Kopf auf seinem Schoß. Irritiert senkte er den Blick und starrte ... auf nichts.

Was ... ?"

Dorn keuchte, sah sich hektisch um.

Babbis kam wieder auf die Beine. „Wo ist sie hin?"

Dorn holte tief Luft, als er unversehens wieder zu Boden sah. Babbis folgte seinem Blick und erstarrte.

Vor ihren Füßen lag die Antikerin wieder. Doch diesmal hob und senkte sich ihre Brust gleichmäßig.


***


Vashtu lag wieder in ihrem Bett auf der Krankenstation des SGC. Nachdenklich starrte sie vor sich hin, die Stirn gerunzelt, und strich mit beiden Händen immer wieder über die Bettdecke.

Miss Uruhk, wie geht es Ihnen?"

Sie blinzelte und sah auf. Ein kleines Lächeln zuckte in ihren Mundwinkeln. „Sir?" Sie nickte dem General zu.

Landry trat näher. „Ich hoffe, dieses Mal werden Sie mich nicht wieder durch die Luft schleudern. Ich werde allmählich zu alt für solche Späße."

Betreten senkte sie den Blick wieder. „Es tut mir leid, Sir, daß ich Ihnen allen so ... übel mitgespielt habe. Ich ... ich weiß nicht, was passiert ist. Naja, zumindest nicht richtig."

Landry nickte mitfühlend, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich zu ihr an das Bett. Aufmunternd klopfte er auf ihren Arm. „Vergessen wir das einfach, Miss Uruhk. Es ist passiert und Sie hatten keinen Einfluß darauf. Es ist nicht Ihre Schuld. Obwohl ... den Trick mit dem Tor müßten Sie mir doch noch einmal erklären."

Ein schiefes Grinsen legte sich auf ihre Lippen. Unter ihren Ponyfransen sah sie auf. „Ich muß zugeben, das war nicht ich, Sir. Das war ... er."

Dachte ich mir." Landry drückte ihren Arm. „Können Sie sich an irgendetwas erinnern?"

Vashtu zögerte, senkte den Blick wieder. Kurz sah der General Schmerz in ihren Augen, einen Schmerz, den er nicht ganz nachvollziehen konnte und der nichts mit ihrem Körper zu tun hatte.

Nicht wirklich, Sir", antwortete die Antikerin zögernd. „Ich weiß noch, wie ich diese eigenartige Stimme hörte und das Gleichgewicht verlor. Dann kam ich in dieser Höhle wieder zu mir, aber da war es schon zu spät."

Landry nickte mitfühlend. „Und sonst?"

Vashtu starrte angestrengt auf die Decke. „Ich war tot, Sir", antwortete sie schließlich zögernd.

Erstaunt hob er die Brauen.

Die Antikerin atmete tief ein. „Ich mußte einen Preis bezahlen für ... für meine Kräfte, Sir", berichtete sie schließlich stockend. „Schon damals war es bekannt, daß manche von uns ... Nun, sie konnten ihre Körper ablegen und in eine andere Daseinsebene wechseln. Sie nennen es Aufsteigen. Als ich mich der Gentherapie unterzog und mein Genom die fremden Zellen in meinem Inneren akzeptierte, verlor ich diese Möglichkeit. Ich habe es zwar nie versucht, doch es war ziemlich schnell klar. Hätte ich es probiert, wäre ich ... Ich hätte mein Leben verloren, Sir. Durch die fremden Gene verloren meine eigenen Erbanlagen bis zu einem Drittel ihre Berechtigung über meinen Körper. Dieses eine Drittel ist zum Aufstieg fähig, aber ..." Sie schüttelte den Kopf.

Dr. Babbis meint, dieser ... Antiker habe Sie benutzt, um selbst aufzusteigen."

Vashtu biß sich auf die Lippen, nickte dann aber. „So war es auch. Er verfügt über erstaunliche, suggestive Kräfte, die selbst jemanden seiner eigenen Art unter seine Kontrolle bringen können - wie Sie bei mir haben feststellen können. Vielleicht ..." Sie schloß den Mund und schüttelte wieder den Kopf, ehe sie aufblickte. „Nein, nicht vielleicht. Ich weiß, daß er das schon des öfteren versucht hat. Darum war er in diesem Sarg eingesperrt, und darum wurde ihm auch ein Wächter an die Seite gestellt."

Ein Wächter?" Landry beugte sich interessiert vor.

Vashtu nickte. „Ja, ein Wächter. Der Fremde, dem SG-6 begegnet ist. Er hat sie zu warnen versucht, und sie sind ja auch umgekehrt ... um SG-27 zu holen." Ein bitteres Lächeln glitt über ihr Gesicht.

Haben sie mit diesem Wächter gesprochen?" fragte der General.

Vashtu seufzte und lehnte sich in die Kissen zurück. „Sir, ich möchte nicht gern darüber reden, wenn Sie erlauben. Sobald wie möglich werde ich Ihnen meinen Bericht zukommen lassen und hoffe, daß dieser Ihnen reichen wird. Aber zwingen Sie mich nicht ..."

Schon gut." Landry richtete sich wieder auf. „SG-6 hat diesen Sarg von dem Planeten geholt. Dr. Jackson hat ihn sich angesehen. Unter der Kalksteinschicht waren einige Worte in Ihrer Muttersprache eingeprägt. Er hat sie als eine kryptische Warnung interpretiert, in der ... nun, so ziemlich das gleiche stand, was Sie gerade gesagt haben."

Vashtu sah skeptisch auf, nickte aber.

Wenn es Ihnen unangenehm ist darüber zu sprechen, dann lassen wir es. Es genügt mir, daß Sie wieder Sie selbst sind. Es ist wirklich erfrischend, Sie unter uns sehen zu dürfen, Miss Uruhk. Selbst der Präsident machte sich Sorgen um Sie."

Die Antikerin lächelte wieder gequält und nickte.

Landry legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Lassen Sie es langsam angehen, hören Sie? Nehmen Sie sich ein paar Tage frei, wenn Sie aus der Krankenstation entlassen werden. Aber fahren Sie nur nicht wieder mit Ihrem Motorrad durch die Gegend, solange Sie Ihren Führerschein noch nicht haben."

Auch diesen Scherz quittierte die Antikerin mit einem schiefen Lächeln und einem Nicken.

Landry seufzte. „Tja, ich schätze, später wird Ihr Team Sie noch besuchen. Sie haben Ihren Jungs einen gehörigen Schrecken eingejagt." Er wandte sich ab.

Danke, Sir", wisperte eine kleine Stimme hinter ihm.

Landry verließ die Krankenstation, ließ Vashtu wieder vor sich hinbrütend zurück.

Sie erinnerte sich an mehr, als sie dem General gesagt hatte. Vor allem erinnerte sie sich an eines: An eine kühle Berührung, die sie aus dem fernen Licht zurückgezogen hatte. Und an eine Stimme:

Noch ist es dir nicht gegeben zu gehen, Tochter aus der alten Heimat. Noch hast du eine Aufgabe hier, die du zu erfüllen hast. Darum entschieden wir, dich nicht zu strafen. Doch du wirst niemals wieder diesen Planeten betreten. Und du wirst Reaf niemals wiedersehen. Ihm wurde genommen, was er dir geraubt hat. Und wir geben es dir zurück. Aber niemals wieder wird einer von uns dir helfen, Tochter aus der alten Heimat. Du hast dich für deinen Weg entschieden und wirst ihn bis zu seinem Ende gehen müssen."

Vashtu zog die Beine an, umschlang sie mit ihren Armen und stützte ihren Kopf auf die Knie.

Wieder einmal fühlte sie sich von ihrem eigenen Volk verraten. Wieder einmal war sie mißbraucht worden von denen, zu denen sie eigentlich gehören sollte. Und diesmal hatten sie sie sogar vom Tod zurückgebracht, um weiter mit ihr zu spielen.

Eine Träne rann über ihre Wange. Sie schloß die Augen.


ENDE


23.12.2009

Unter fremden Einfluß II

"Sie ist aufgewacht", antwortete Wallace einfach nur.

Für Babbis war das allerdings wie ein Keulenschlag. Mit einem Mal hatten die Zahlen und Ziffern auf seinem Bildschirm jede Bedeutung verloren. Ungläubig ruckte sein Kopf hoch. „Was? Wann?" Er kam auf die Beine und atmete einige Male tief ein. „Sie hat ein unglaubliches Glück!"

Wallaces Gesicht blieb ausdruckslos. „Wenn du meinst. Jetzt hat sie jedenfalls ihr wahres Gesicht gezeigt." Er sagte diese Worte im tiefen Brustton der Überzeugung.

Babbis blinzelte irritiert. „Was?"

Auf Wallaces Gesicht zeichnete sich ein leises, triumphierendes Lächeln ab. „Sie hat Landry fast krankenhausreif geschlagen und Lam angegriffen."

Babbis erstarrte, dann schüttelte er den Kopf und unterstrich dieses mit einer entschiedenen Geste. „Das ist doch vollkommener Unsinn? Wer hat dir denn diesen Bären aufgebunden?"

Wallace grinste immer noch. „Ich habe doch von Anfang an gesagt, daß diese Frau gemeingefährlich ist. Ihre ganze Sheppard-Masche war doch nur aufgesetzt, um alle zu täuschen. Jetzt hat sie ihr wahres Gesicht gezeigt und wird dafür büßen müssen. Und wir bekommen endlich einen anständigen Leader."

Babbis blieb die Luft weg bei diesen Worten. Ungläubig starrte er seinen Kollegen an. „Was redest du da für einen Blödsinn? James!"

Kein Blödsinn! Diese Frau hat zuviel von ihrer eigenen Gentherapie abbekommen. Man hätte ihr von Anfang an nicht trauen sollen. Warum sonst hätte Atlantis sie zur Erde geschickt? Man hatte dort Angst vor ihr und nicht genug Schneid, um sie aus dem Weg zu räumen."

Babbis trat näher an seinen Kollegen heran. „Was erzählst du denn da für einen ausgemachten Schwachsinn? Du hast sie doch selbst erlebt!"

Wallace hob den Kopf. „Ja, das habe ich. Und ich weiß, wer und was sie ist, mein Lieber. Diese Frau ... Dieses Ding ..."

Vashtu Uruhk ist wahrscheinlich der beste Leader, den wir uns hätten wünschen können, verdammt!" herrschte Babbis seinen Gegenüber an. „Ich verstehe nicht, warum du so darauf pochst, daß sie eine Gefahr für alle darstellt. Sie ist eben so, und sie versucht doch wenigstens sich anzupassen! Sie hat auch dir inzwischen oft genug den Hals gerettet, damit du ein bißchen Dankbarkeit ihr gegenüber zeigen könntest!"

Wallace starrte auf seinen jüngeren Kollegen hinunter. „Hast du dich etwa in diese Mutantin verknallt, Peter? Oder was soll dieser Unsinn? Du warst doch auch gegen sie."

Nach dem ersten Einsatz, ja!" Babbis schüttelte den Kopf und kniff die Lippen zusammen. „Aber was war bei der Sache mit dem Planetenkiller? Was mit dem Sturm? War sie uns etwa nicht dankbar, daß wir mitgeholfen haben, sie zu finden, als der Trust sie entführt hat? James-Robert Wallace, auch du hast ihr inzwischen einiges zu verdanken. Also rede dich jetzt nicht heraus. Wir verdanken Miss Uruhk eine ganze Menge inzwischen, und zumindest ich werde mir deinen Schwachsinn nicht länger anhören, verstanden?"

Du bist also wirklich in sie verknallt, was?" Wallace lachte falsch. „Dann viel Spaß, mein Lieber. Du mußt nicht nur gegen einen ominösen Partner ankämpfen, sondern auch noch eine Mutantin für dein Bett gewinnen. Bin gespannt, wie das ganze ausgehen wird."

Babbis' Faust schoß vor. Im letzten Moment bremste er sie, weil sich gerade jetzt die Tür wieder öffnete.

Docs?" Dorn runzelte die Stirn, als er die geballte Faust sah, die kurz vor Wallaces Gesicht in der Luft schwebte, doch der alternde Marine sagte nichts.

Babbis starrte seinen Gegenüber noch einen Moment lang an, dann drehte er sich zu seinem neuen Gast um und ließ die Faust endlich sinken. „Serge, was gibt es?"

Dorn nickte. „Miss Uruhk ist wach."

Wieder dieses triumphierende Grinsen auf Wallaces Gesicht.

Das weiß ich bereits. Aber danke, Serge. Wie geht es ihr?" Babbis bemühte sich zumindest um einen ruhigen Ton.

Dorn sog seine Wangen ein und schien einen Moment lang zu überlegen. Dann musterte er Wallace sehr genau, ehe er antwortete: „Ist in der Arrestzelle."

Babbis erstarrte. „Was?"

Habe ich doch gesagt." Wallace lächelte kühl.

Babbis hob einen Finger und hielt ihn drohend unter die Nase seines Kollegen. „Halt deinen Mund, mein Freund, sonst ..."

Dorn schien von dieser Situation irgendwie fasziniert zu sein. Schmunzelnd stand er immer noch in der Tür, dann aber wurde er ernst. „Sieht so aus, als sei sie durchgedreht", sagte er.

Babbis erstarrte innerlich. Dann hatte Wallace tatsächlich recht gehabt, wenn er auch nicht wirklich sagen konnte, warum. Bisher war ihm seine Leaderin eigentlich nicht als übermäßig aggressiv erschienen. Konnte er sich so geirrt haben?


***


General, Sir, ich ..." Babbis erstarrte und riß ungläubig die Augen auf, als er Landrys leidende Miene sah. Auch wenn der Leiter des Stargate Centers sich offensichtlich nicht anmerken lassen wollte, daß es ihm nicht gut ging, sah man es ihm doch an.

Dr. Babbis!" Landry ächzte, setzte sich aufrecht hin. Ein, in ein Handtuch eingeschlagenes Päckchen verschwand auf seinem Schoß und damit unter dem Tisch.

Sir, ich ... man ... es ist ..." Babbis stockte immer wieder, wußte nicht so recht, wie er beginnen sollte.

Landry nickte ihm zu. An seiner Schläfe war ein dunkelvioletter Bluterguß. „Setzen Sie sich, Doktor. Kommen Sie inzwischen besser mit Ihrer Arbeit voran?"

Babbis' Blick irrte einen Moment hilflos hin und her, dann straffte er seinen Rücken und trat zu einem der Besucherstühle, um sich dort niederzulassen.

Nun?" Landry lächelte gequält.

Babbis schluckte. „Ich habe gehört ... ich meine ..."

Landry hob ein wenig ungeduldig die Hand. „Hören Sie bitte auf zu stammeln, Doktor, und sammeln Sie sich. Was gibt es?"

Babbis schluckte wieder und kniff die Lippen zusammen. „Sir, ich habe gehört, daß Miss Uruhk wieder zu sich gekommen ist. Allerdings liegt sie nicht mehr auf der Krankenstation und man weigert sich, mir mitzuteilen, wo sie sich befindet."

Aus gutem Grund." Landry nickte. Dem Wissenschaftler ging erst jetzt auf, wie vorsichtig diese Bewegung erfolgte. „Miss Uruhk befindet sich zur Zeit in Quarantäne in der Arrestzelle, Doktor. Sagen wir, sie stand etwas neben sich, als sie wieder zu sich kam."

Ich würde gern mit ihr sprechen, Sir."

Landry runzelte die Stirn. Kurz zuckte es wieder in seinem Gesicht. „Dr. Babbis, ich glaube, ich muß nicht wirklich betonen, daß ich es nicht für gut halte, wenn Sie sich im Moment Miss Uruhk nähern. Sie ist ... etwas merkwürdig."

Ich würde es trotzdem gern versuchen." Babbis hob die Hände, begann wieder zu gestikulieren. „Sehen Sie, Sir, Miss Uruhk und ich arbeiten recht gut zusammen, ich würde sogar behaupten, sie ist bisher die einzige, die ich mir als Mitarbeiterin bei meinen Projekten vorstellen könnte. Und insofern glaube ich, es ist da mittlerweile etwas zwischen uns gewachsen, daß ... Man könnte es vielleicht als leichte Freundschaftsbande bezeichnen, Sir. Ich würde sie gern sehen und mit ihr sprechen. Vielleicht komme ich zu ihr durch, wenn Sie meinen, sie wäre nicht ganz bei sich. Immerhin hat sie mir auch hervorragend geholfen, als es um die Sporen ging, Sir. Und auch bei meinen Messungen hat sie hervorragende Arbeit geleistet. Sie ist manchmal etwas spontan, zugegeben. Aber sie will nur helfen. Vielleicht haben Sie da nur etwas falsch verstanden, Sir. Ich meine, ich kenne ihre Körpersprache inzwischen gut genug, um ..." Babbis verstummte, als Landry sich nach vorn beugte und die Arme auf die Arbeitsfläche seines Schreibtisches stützte.

Dr. Babbis, ich verstehe Ihre Sorge um Ihre Leaderin. Aber ich halte es nicht für eine sonders gute Idee, wenn Sie mit ihr in Kontakt treten. Im Moment scheint sie ... sagen wir, etwas reizbar zu sein."

Ich komme damit zurecht, Sir", sagte er im Brustton der Überzeugung.

Landry hob die Brauen. „Tatsächlich?"

Er nickte.

Sie konnten das einfach nicht tun! Sie durften nicht! Vashtu Uruhk hatte es tatsächlich geschafft, ihn irgendwie zu einer Zusammenarbeit zu bringen. Und er würde jetzt nicht auf die einzige verzichten, die wirklich mit ihm arbeitete statt gegen ihn. Außerdem mußte er ihr immer noch beweisen, daß er mindestens ebenso klug war wie sie. Und die einzige Möglichkeit, dies zu tun war, sich ihr zu stellen, auch wenn es ihr nicht so gut ging.

Doktor, ich glaube, Sie haben kein Bild davon, wie es um Miss Uruhk bestellt ist." Landry seufzte. „Wenn ich es nicht besser wüßte, ich würde sagen, sie ist besessen."

Babbis stutzte. „Besessen, Sir?"

In ihm wuchs ein wenig Stolz. Der Leiter des SGC vertraute ihm etwas an, ihm! Dabei hatte es noch vor wenigen Monaten geheißen, er wäre ein hoffnungsloser Fall. Nur die Tatsache, daß er in seinem jungen Alter schon ein abgeschlossenes Studium und zwei ausstehende Doktortitel vorzuweisen hatte, natürlich neben seinem hohen IQ, hatte ihn bisher vor AREA 51 oder einer ähnlichen Einrichtung bewahrt. Nach der Katastrophe mit Colonel Sheppard war er für schlicht teamuntauglich gehalten worden - er selbst hatte dies von sich gedacht, mußte er zugeben. Doch dann hatte Vashtu SG-27 übernommen und war irgendwie ... sie war anders. Mit ihr konnte er arbeiten, sie half ihm teils auf den rechten Weg, wenn er sich wieder irgendwo verrannte. Zwar ärgerte es ihn noch immer, daß sie als klüger als selbst er galt, doch er war sicher, irgendwann würde er auch andere von seinem Können überzeugen können.

Daß Landry ihn jetzt so ins Vertrauen zog machte Babbis einfach nur stolz. Noch vor einem halben Jahr wäre das undenkbar gewesen. Und vor noch nicht allzu langer Zeit hatte es geheißen, SG-27 würde aufgelöst werden, sobald die Ori sich der Erde näherten und die Antikerin nach Antarktica versetzt werden würde. Doch jetzt hoffte er zumindest, sich soweit etabliert zu haben, daß man zumindest ihn im Cheyenne-Mountain lassen würde. Zudem kam dann auch noch seine Arbeit über die Mega-Stürme, die Landry offensichtlich doch interessierte. Wenn es ihm tatsächlich gelang, die Berechnungen irgendwann abzuschließen, konnte er vielleicht zu einem wichtigen Mitglied des SGC aufsteigen und würde so schnell nicht ersetzbar sein.

Ich denke, ich verstehe sehr gut, Sir", entgegnete er jetzt. „Ich möchte versuchen, ob ich nicht zu meiner Leaderin vordringe. Bei allem Respekt, Sir, aber Miss Uruhk und ich ... nun, wir haben mittlerweile eine gewisse Beziehung zueinander aufgebaut. Und ich denke, vielleicht kann ich mit ihr reden, sollte sie wirklich noch immer neben sich stehen."

Landry sah ihn zweifelnd an. „Ich werde Sie nicht zu ihr in die Zelle lassen, Dr. Babbis. Es sei denn, Sie zeigen mir einen ähnlichen Ausbruch wie Miss Uruhk." Er seufzte und schüttelte wieder den Kopf. Dann erhob er sich langsam und mit schmerzverzerrtem Gesicht. „Aber gut, wenn Sie meinen, dann kommen Sie mit. Sie können sie zumindest auf der Überwachungskamera beobachten."

Babbis nickte eifrig und erhob sich wieder.

Was macht Ihre Arbeit denn nun, Babbis?" fragte Landry, als er die Tür öffnete.

Oh, ich komme ganz gut voran, Sir", der junge Wissenschaftler lächelte. „Könnte vielleicht hier und da etwas besser sein, aber im allgemeinen bin ich mit den Auswertungen zufrieden."

Hilft Ihnen Miss Uruhk dabei?"

Babbis schüttelte den Kopf. „Nein, Sir. Das war auch so abgesprochen."

Landry hob eine Braue, ging jetzt an seiner Seite den Gang hinauf. „Da hat Dr. Wallace aber etwas anderes gemeint."

Babbis stutzte. „Sir, bei allem Respekt, aber ich bin durchaus in der Lage, selbst die Berechnungen durchzuführen. Im Moment weiß ich nicht so recht, was ich von Dr. Wallace halten soll. Er selbst scheint etwas neben der Spur zu stehen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich glaube, ich werde die Arbeit nächsten Monat dem Ausschuß vorlegen können, dann dürfte der Titel ziemlich schnell an mich gehen." Er sonnte sich in seiner Klugheit. Und irgendwo im Hintergrund hoffte er auf noch mehr.

Landry nickte langsam. „Sie schulden Miss Uruhk also Ihr Leben, lassen sie aber nicht teilhaben an Ihrer Arbeit. Dennoch behaupten Sie, Sie könnten am besten mit ihr zusammenarbeiten?"

Nun, ich denke, daß haben wir bereits bewiesen, Sir."

Und diese eigenartige Weltraummine?" bohrte Landry weiter.

Ich habe ..." Babbis stockte, sah dann zu dem General hinüber. „Was?"

Sie wollten doch an dieses Gerät, oder? Miss Uruhk wollte Ihnen das auch ermöglichen damals. Ich war dagegen. Ihre Bewertungen ..."

Babbis schluckte und senkte den Kopf. „Ich habe die Mine nicht aktiviert, Sir, wenn Sie das denken. Ich wollte sie untersuchen, ja, aber dazu bin ich gar nicht gekommen. Miss Uruhk hat ... naja, sie hat sie weggeschafft, ehe sie explodieren konnte."

Dann hatte ich mich also doch nicht geirrt." Landry stieg in einen Aufzug. „Damit Sie es wissen, Doktor, hätte Miss Uruhk damals nicht alle Schuld auf sich genommen, wären Sie und Wallace fristlos aus dem SGC geflogen und in SG-27 ersetzt worden. Ihre Leaderin ist sehr für Sie eingetreten bisher, und daß, obwohl sie des öfteren immer noch meint, Sie wären die jüngere Ausgabe von Dr. Rodney McKay." Der General schmunzelte.

Wie bitte?" Babbis riß die Augen auf. „Sir, bei allem Respekt, aber Dr. McKay ist ... Nun, ich halte nicht sehr viel von seinen Arbeiten."

Und er nicht von Ihren." Landry schmunzelte. „Zumindest soweit ich weiß. Ihm wurde wohl etwas vorgelegt, an dem Sie gearbeitet haben."

Babbis holte tief Atem, doch dann öffneten die Lifttüren sich wieder und er trat an Landrys Seite aus dem Aufzug.

Wie auch immer, Sie sollten vielleicht etwas ... nun, sagen wir, Sie sollen vielleicht etwas vorsichtiger sein, Doktor. Ihre Zusammenarbeit mit Miss Uruhk ist zwar löblich, aber Sie sollten auch anderen gegenüber etwas verträglicher werden. Sonst könnten Sie irgendwann wirklich allein dastehen."

Babbis wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als Landry eine Tür auf seiner Seite des Ganges öffnete. „Bitte sehr, treten Sie ein."

Der junge Wissenschaftler straffte sich wieder und trat in den dunklen Überwachungsraum. Der MP, der gerade Wache hielt, erhob sich steif vor seinem Vorgesetzten, und salutierte. Landrys Gruß fiel lockerer aus. „Machen Sie weiter Ihre Arbeit, Lieutenant", sagte er, wandte sich dann an Babbis: „Bitte, Doktor. Überzeugen Sie sich selbst."

Babbis schluckte, trat dann aber an einen der Bildschirme. Was er dort aber sah, erschreckte ihn.

Vashtu Uruhk stand an der Tür zu der Isolierzelle und bearbeitete diese sehr entschlossen mit ihren Fäusten. Und, was er undeutlich sehen konnte, sie hatte bereits einige Dellen in die schwere Stahltür geschlagen.

Ich sagte doch, sie benimmt sich eigenartig. Sie spricht nicht, es scheint nicht einmal, als würde sie noch irgendjemanden erkennen, selbst ihr eigenes Team nicht mehr. Dorn war bei ihr, und wir hatten Mühe, ihn unverletzt wieder aus der Zelle zu schaffen."

Das ... das kann nicht sein!" Babbis schüttelte ungläubig den Kopf. Seine Hoffnungen schienen plötzlich zu zerstieben. Doch eine kleine, behaarliche Stimme tief in seinem Inneren blieb und riet ihm, seiner Leaderin zu helfen.


***


Babbis stand, die Arme gekreuzt, an seinen Schreibtisch gelehnt, als Dorn eintrat. Der alternde Marine betrachtete den jungen Wissenschaftler einen Moment lang sinnend, dann nickte er.

Wir müssen noch einmal auf diesen Planeten." Babbis richtete sich unvermittelt wieder auf und begann zu gestikulieren. „Miss Uruhk muß dort auf irgendetwas gestoßen sein, von dem wir keine Ahnung haben. Und dieses Etwas hat sie offensichtlich so beeinflußt, daß man jetzt nicht mehr mit ihr reden kann. Aber ich denke, ich könnte etwas finden, was ihr helfen würde. Aber dazu brauche ich Ihre Hilfe, Sergeant." Er griff nach einem Stück Schokolade und schob es sich mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck in den Mund.

Dorn neigte den Kopf fragend zur Seite und betrachtete den jüngeren. „Wallace?" fragte er nach einer kleinen Weile.

Babbis begann plötzlich eine nervöse Wanderung durch den Raum und schüttelte ungeduldig den Kopf, während er mit den Fingern schnippte. „Ehrlich gesagt weiß ich nicht, welche Laus James über die Leber gelaufen ist, daß er einen so kompletten Unsinn von sich gibt. Und ich würde ihn auch gern aus dieser Sache heraushalten. Er scheint mir im Moment ... nun, Sergeant, Sie haben ihn ja selbst erlebt."

Dorn nickte stumm.

Eine ungeduldige Geste folgte. „Die Frage ist jetzt, wie können wir Landry davon überzeugen, uns ohne Miss Uruhk wieder auf diesen Planeten zu lassen? Mir ist da schon etwas eingefallen, deshalb habe ich Sie kommen lassen. Die Frage ist, ziehen Sie mit, Sergeant?" Unvermittelt drehte Babbis sich um und sah den anderen auffordernd an.

Dorn sog die Wangen ein und schürzte die Lippen, während er seinen Gegenüber genau betrachtete. Abwägend neigte er den Kopf von einer zur anderen Seite.

Es wäre wichtig, Dorn!" Babbis hob die Hände. „Denken Sie doch nur, was wir an zusätzlichem Vertrauen von Seiten Miss Uruhks gewinnen würden, was wir hier an Vertrauen gewinnen würden. Wir können nicht darauf vertrauen, daß ... Wir wissen nicht, wieviel Zeit uns noch bleibt. Ich kann ihr helfen!"

Dorn hob fragend eine Braue, sagte aber noch immer nichts.

Ich bin mir sicher, daß ich ihr helfen kann!" Babbis' Stimme bebte leicht.

Noch immer veränderte der Marine seine Haltung nicht, schwieg weiterhin.

Ich bin mir vollkommen sicher, daß ich es kann!"

Dorns Blick glitt ab. Wieder dachte er offensichtlich nach.

Mein Gott, Mann! Man wird mich nicht allein auf den P7X-395 lassen!"

Ein Grinsen. „Gut."


***


Walter?"

Der Techniker drehte sich um und betrachtete seinen unverhofften Gast stirnrunzelnd. „George? Ich dachte, du wärst schon längst nach Hause gegangen. Was tust du denn noch hier?"

Dorn zuckte mit den Schultern und hob zwei Tassen. „Kaffee?"

Walter grinste und lehnte sich zurück. „Warum eigentlich nicht. Landry hat alle Gate-Operationen erst einmal abgesagt, bis geklärt ist, was mit deiner Leaderin eigentlich passiert ist."

Dorn stellte eine der Tassen neben die Tastatur, ließ sich auf einem der Bürostühle nieder, die leer im Kontrollraum standen. „Schlimme Sache", murmelte der Marine in seinen Kaffee.

Kann man wohl sagen." Walter nahm einen Schluck, verzog dann das Gesicht und wedelte sich kühle Luft zu. „Mann, der ist ja noch heiß!" Er stellte die Tasse wieder ab und warf einen Blick durch das Fenster in den Gateroom hinein. „Ganz ehrlich, wenn diese Antikerin nicht bald wieder zu sich kommt, wird das übel enden, glaube mir. Den ganzen Tag über klingelte in einer Tour das Telefon. Landry kam kaum aus seinem Büro. Die internationale Gemeinschaft, der Präsident, was weiß ich wer noch. Und immer ging es um diese Sache." Er schüttelte resignierend den Kopf. „Dabei war Landry gerade dabei, euch auch mal ein paar verantwortungsvollere Ziele zuzugestehen. Was passiert, wenn die Antikerin ... nun, das ganze nicht überlebt ... Oh Mann!"

Dorn nickte sinnend. „Üble Geschichte."

Stimmt." Walter nickte ebenfalls. Dann richtete er sich auf und runzelte die Stirn. „Ist das nicht ... ?" Er stutzte. Eine Gestalt huschte in den unbesetzten Gateroom und zur Rampe. Ein hochgewachsener, schlacksiger Mann mit kurzem dunklem Haar, der sehr nervös wirkte.

Ein Klicken neben ihm ließ ihn herumfahren und in die Mündung einer 9-mm starren. „George!" entfuhr es ihm.

Keinen Ton. Wähl ein und vergiß es." Dorns Stimme klang plötzlich drohend.

Walter sah auf. „Aber ..."

Einwählen!" donnerte der Marine.

Der Techniker atmete tief ein, dann nickte er.

In diesem Moment ging der rote Alarm wieder los. Doch falls der Techniker gehofft hatte, Dorn würde sich davon ablenken lassen, hatte er sich gründlich geirrt.

Einwählen!" wiederholte Dorn nur, nickte mit dem Lauf der Waffe zu dem Rechner hinüber.

Aber ..."

Dorn starrte ihn durchdringend an.

Okay, okay." Walter hob die Hände und begann zu tippen. Rein gewohnheitsmäßig kommentierte er, wie die einzelnen Chevrons einrasteten.

Dorn nickte befriedigt, dann schlug er den Techniker mit seiner Waffe nieder, ehe er sich das Funkgerät griff. „Wurmloch ist frei."


***


General Landry konnte nicht glauben, was sich da vor seinen Augen abspielte. Die Antikerin nahm Stück für Stück das SGC auseinander. Je mehr MPs sie angriffen, desto stärker und entschlossener schien sie zu werden.

Den Anfang hatte sogar er noch verpaßt. Statt dessen hatte er einen dringenden Anruf von Mr. Woolsey entgegennehmen müssen. Doch als der Alarm losging, war er aus seinem Büro gestürzt, überzeugt davon, etwas schreckliches sei geschehen.

Nun, so war es ja auch.

Ausgerechnet Vashtu Uruhk, von der er geglaubt hatte, allmählich würde sie sich fangen, hatte vollkommen durchgedreht. Irgendwie war es ihr gelungen, die dicke Stahltür zu zerschmettern, die ihre Zelle vom Rest des Komplexes abtrennte. Die Militärpolizisten, die auf sie gewartet hatte, um sie wieder in Gewahrsam zu nehmen, schien sie knapp am Rande zu registrieren und kaum als ernstzunehmende Gegner aufzufassen. Einen nach dem anderen hatte sie sie sich vorgenommen, was ihr, neben weniger Gegnern, auch noch eine inzwischen stattliche Anzahl Waffen eingebracht hatte. Nicht daß die Antikerin diese benötigte. Mit ihren blossen Händen war sie mindestens ebenso effektiv wie mit einer Projektilwaffe. Aber sie nahm, was sie bekommen konnte und zog einfach weiter, gleichgültig, auf wieviel Gegenwehr sie dabei stieß.

Zimperlich ging sie dabei nicht vor. Mehrere Türen würden ersetzt werden müssen, Inventar war zerschlagen worden, vielleicht sogar der eine oder andere Gegenstand ihres eigenen Volkes. Und Vashtu machte immer weiter, arbeitete sich langsam aber stetig voran. Ihr Ziel: der Gateroom!

Landry war es um die Zerstörung nicht halb so schade wie um den Verlust einer außergewöhnlichen Persönlichkeit mit einer ebenso außergewöhnlichen Geschichte. Was auch immer geschehen war, es hatte die Antikerin von Grund auf verändert und zu etwas werden lassen, mit dem man sich besser nicht anlegte.

Dennoch wollte er sie nicht verlieren. Weniger wegen der Aussicht, vielleicht doch noch Daten von dem Stuhl auf Antarktica zu gewinnen, als vielmehr wegen ... ja, wegen was?

Wenn er ehrlich war, irgendwie hatte sie ihn beeindruckt. Ihre behaarliche, wenn auch sehr unkonventionelle Art, ihr wacher Verstand, den sie auch bewußt zurücknehmen konnte, spürte sie, ein anderer würde das Problem vielleicht besser lösen können. Die Art, wie sie ihr Team, zumindest zwei Drittel dieses Teams, in den wenigen Monaten zu einer Einheit verschweißt hatte, die auf sie eingeschworen war. Auch schätzte Landry ab und an durchaus ihren, meist etwas seltsamen Rat in bestimmten Dingen.

Nein, es war nicht die Aussicht auf eine wirksame Defensivwaffe gegen die übermächtig erscheinenden Ori, es war tatsächlich diese zehntausend Jahre alte Frau selbst, die Landry vermissen würde, würde das SGC sie verlieren.

Er mußte zugeben, in letzter Zeit hatte er bereits des öfteren mit dem Gedanken gespielt, die Antikerin zumindest an den Plänen der Erde zu beteiligen und ihr Wissen zuzugestehen, das man ihr bisher bewußt vorenthalten hatte. Nach ihrer Rückkehr von Antarktica hatte auch Dr. Daniel Jackson diesen Gedanken geäußert, mußte er zugeben. Vielleicht hätte er Vashtu Uruhk wirklich einem bereits zu vollem SG-1 zuordnen sollen, statt sie weiter ...

Was dachte er da?

Sir?"

Landry riß sich mit aller Kraft von dem Bildschirm los, auf dem die Antikerin zu sehen war, wie sie gerade einen Gang entlangschritt. „Was?" fragte er unwillig.

Was sollen wir tun? Sie hält immer noch genau auf den Gateroom zu", fragte Captain Bincks, einer der Mannschaftsführer des Sicherheitsteams.

Landry starrte wieder auf den Bildschirm.

Gefährlich sah sie eigentlich wirklich nicht aus, nein. Kein Wunder, daß sie bisher jedem Gegner entkommen war. Wahrscheinlich würden die meisten sie vollkommen unterschätzen. Vor allem auch, weil man ihr ihre Herkunft nicht ansah, zumindest nicht immer.

Landry hate allerdings bereits mehrfach gesehen, wie Vashtu sich zumindest zum Teil verwandelte, wenn sie ihre Iratus-Zellen einsetzte. Ihre Augen waren dann anders - unmenschlich und ohne jegliches Gefühl. Ihr Gesicht erstarrte ebenso, dabei, so beharrte sie, würde es sie nicht einmal viel Kraft kosten, sich so zu verwandeln. Aber sie wurde dann plötzlich ...

Er konnte sie nicht wirklich aufhalten, es sei denn, er befahl seinen Männern, die Antikerin zu töten, fiel Landry ein. Einen Moment lang schloß er die Augen und fühlte in sich einen gewissen Abschiedsschmerz, als würde er einem guten alten Bekannten good bye sagen. Dann wußte er ebenfalls nicht, ob er ihn jemals wiedersehen würde. Und so erging es ihm jetzt auch mit der Antikerin.

Die nächste Tür wurde grob aus ihren Angeln gerissen.

Landry senkte den Kopf.

Er wußte, eigentlich sollte er den Befehl geben. Doch er konnte es nicht. Zum ersten Mal in seiner Karriere konnte er eine solche Anweisung nicht aussprechen.

Sie hatten unglaubliches Glück gehabt, die Antikerin zu finden und an sich zu binden. Es hätte von Anfang an klar sein müssen, daß sie die Menschen auch irgendwann wieder verlassen würde.

Sir, was sollen wir tun?"

Landry blickte wieder auf. Vashtu war im Gang, der zum Gate führte.

Laßt sie gehen."


***


Vashtu blieb wie erstarrt vor der Rampe stehen und sah zum Sternentor hinauf. Sehr konzentriert starrte sie das Gate an. Und dann, langsam, ganz langsam, begannen die Symbole sich zu drehen, das erste Chevron rastete ein.


TBC ...