30.08.2009

Keine Angst vor großen Tieren

TV-Serie: Stargate: Atlantis
Genre: humor
Rating: G
Zeitleiste: Diese Fanfiktion spielt nach der Episode 5.02 Der Keim.
Author's Note: Während der Feier zum Staffelbeginn haben eine Freundin (hallo Kat, wo ist dein Küchenlatein?) und ich eine kleine Challenge beschlossen zum Thema "John und Rodney heißen Woolsey auf ihre ganz eigene Art willkommen". Einzige Voraussetzung war es, dieses Willkommen freundlich zu gestalten. Diese kleine Fic war meine Antwort.
Kommentare sind erwünscht!


"Mr. Woolsey, darf ich kurz stören?" John hatte sein strahlenstes Lächeln aufgesetzt, als er das Büro des neuen Expeditionsleiters betrat.
Richard Woolsey hatte sich hinter einem Berg von Akten verschanzt als erwarte er in nächster Zeit einen Überraschungsangriff aus Richtung Kontrollraum. Nun lugte er vorsichtig über den gewaltigen Stapel Papiere (Personalakten und -einsatzpläne, -berichte, Aufstellungen und Listen aller möglicher und unmöglicher Dinge, Kurzabrisse diverser Forschungsberichte, usw.) hervor und betrachtete den strahlenden John mit einem gewissen Argwohn.
"Colonel, was kann ich für Sie tun?"
Johns Lächeln verrutschte minimals, als ein kurzer Schmerz durch seinen Brustkorb jagte. An eben jener Stelle, an dem einer der Auswüchse der ehemals mutierenden Chefärztin ihm (mal wieder) eine Rippe gebrochen hatte.
"Och, nichts weiter."
Woolsey nickte und runzelte jetzt die Stirn. "Hat Dr. Keller Sie bereits entlassen?" fragte er.
Das Lächeln verlor etwas an Strahlkraft und John rutschte so elegant und beiläufig wie möglich auf den Besucherstuhl auf dieser Seite des Schreibtisches.
"Nun ... äh ... sozusagen."
Woolsey stutzte. Nun, da sein Blickfeld nicht mehr allein von seinem militärischen Leiter ausgefüllt war wurde er darauf aufmerksam, daß sich vor seiner Bürotür die Nummer zwei des Duos Infernale herumtrieb: Rodney McKay, der sichtlich ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat.
Sofort war Woolseys Argwohn geweckt. "Sie sind ein schlechter Lügner, Colonel", wandte er sich aber wieder an John.
Der sah ihn mit der Miene purster Unschuld an, um gleich wieder zu grinsen. "Ich bin eigentlich wegen etwas anderem hier", erklärte der Luftwaffenoffizier endlich.
Aha, also irgendein Attentat.
Woolsey war vorgewarnt. Immerhin hatte er sich nicht ganz umsonst durch vier Jahre Einsatzberichte gerade zum Thema AR-1 oder "die Sheppard-McKay-Katastropheneinheit" gewühlt. Irgendwas heckten die beiden aus, dessen war er sicher.
"Und was wollen Sie?"
Johns Grinsen verstärkte augenblicklich seine Voltzahl. "Sie an eine Tradition erinnern und diese mit Ihnen gemeinsam durchzuführen."
Woolsey stutzte, doch dann kehrte sein Argwohn zurück.
Die beiden wollten also irgendeinen Scherz auf seine Kosten durchziehen. Gut, daß er gewarnt war!
"Was für eine Tradition?" fragte er, dieses Mal jedoch deutlich zögernd.
"Naja, eine sozusagen liebgewonnene Tradition. Es war Dr. Weirs erster Außenwelteinsatz, ebenso wie der erste von Sam. Da wäre es doch eigentlich allmählich wirklich an der Zeit, daß auch Sie ein Zeichen setzen, denken Sie nicht?"
Er sollte durch das hiesige Sternentor gehen? Wahrscheinlich auf irgendeinen Planeten, den die Herren Sheppard und McKay ausgesucht hatten und auf dem eines der atlantischen Malps stand. Und damit würden sie dann die ganze Stadt unterhalten ...
Woolsey fühlte ein gewisses Magengrimmen allein bei der Vorstellung, wie die beiden wohl seine Autorität untergraben würden, wenn er es zuließe.
Andererseits aber wollte er den Atlantern zeigen, daß auch er durchaus Mensch und erst in zweiter Linie Bürokrat war. Und deshalb ...
"Von welchem Einsatz sprechen Sie? Ich kann das nachlesen, Colonel."
John schüttelte den Kopf. "Das waren keine Einsätze, Mr. Woolsey. Sehen Sie es als ... eine Art Feuertaufe an."
Sollte er das tatsächlich wagen? Sollte er das bißchen Autorität, das er möglicherweise ausstrahlte, tatsächlich aufs Spiel setzen für nichts und wieder nichts?
Andererseits ... Elizabeth Weir war eine große Anführerin gewesen, und Sam Carter stand ihr eigentlich in nichts nach. Und nun er, Richard Woolsey, den die Atlanter als Sprachrohr der verhaßten IOA kennengelernt hatten.
Richard beschloß, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Wenn er zeigte, daß er Humor hatte, dann würde er es vielleicht leichter haben, sich als Expeditionsleiter zu behaupten.
"Wann geht's los?" sprang er ins kalte Wasser.
Wenn er nicht immer noch angeschlagen wäre, John wäre in diesem Moment aufgesprungen wie ein Flummi. So aber begnügte er sich mit einem weiteren Grinsen und erhob sich etwas steif. "Jetzt, wenn es Ihnen paßt?"
Passen tat es ihm im Moment eigentlich gar nicht, aber ...Richard seufzte ergeben und erhob sich. "Aber Sie sollten sich schonen, Colonel. Möglicherweise sollte jemand anderes mich begleiten. Vielleicht ... Dr. McKay?"
"Oh, keine Bange. Das ist nicht gefährlich." John machte eine einladende Geste und humpelte ihm dann mit tapferer Miene nach, als Woolsey sein Büro verließ.
"Chad, M7G-763 anwählen", kam der Befehl von McKay, kaum daß Richard und John das Büro verlassen hatten.
"Ich heiße immer noch Chuck", grummelte der Tortechniker, tat aber wie ihm geheißen und wählte das Gate an.
Richard hielt für eine Sekunde wirklich den Atem an, als er sah, wie sich das Wurmloch etablierte. Und gleichzeitig wurde er sich der Blicke der Stammbesatzung nur allzu deutlich, die sich geradezu in seinen Rücken bohren wollten. Neidische Blicke, eigenartig.
"Viel Spaß!" rief ihnen Radek Zelenka nach, der plötzlich, wie aus dem Boden gewachsen, oben an der Treppe aufgetaucht war.
Geleitet von den Herren Sheppard und McKay fühlte Richard sich zwar nicht unbedingt sicherer, allerdings doch nicht mehr ganz so einsam wie bisher. Und so, das schlimmste befürchtend, trottete er den beiden hinterher in den Gateroom hinunter. Die beiden Marines, die Torwache hielten, salutierten. Und dann ... passierte Richard Woolsey zum ersten Mal, seit er Atlantis leitete, den Ereignishorizont und wurde in das Wurmloch gezogen, um ...
... sich auf einer saftig grünen Wiese voller bonbonfarbenen Blumen wiederzufinden, noch immer Sheppard und McKay vor sich.
Richard schloß geblendet die Augen, schützte sie dann mit einer Hand.
Auf keinen Fall wollte er als zu klägliche Figur eingehen in die Analen von Atlantis.
Doch statt des erwarteten Spottes und höhnischen Gelächters fühlte er einen warmen Atem an seiner erhobenen Hand, kurz darauf eine weiche, sich eigenartig schuppig anfühlende Schnauze.
Unwillkürlich riß Richard die Augen auf und starrte ... in ein paar rehbraune, tassengroße Augen, die sein Starren sanft erwiderten. Und diese riesigen Augen gehörten in einen noch mächtigeren Schädel, der in einem einzelnen, rötlich gefärbten Horn mündeten.
Richard blieb der Mund offen stehen.
John kehrte zurück an seine Seite und klopfte ihm die Schulter. "Keine Angst. Nach dem ersten Schreck erkennt man leicht, wie sanft sie eigentlich sind."
Woolsey starrte noch immer in die riesigen Augen. "Das ist ... das ist ..."
"Das ist Mimmy, und sie ist ein Dinosaurier." Nun kehrte auch McKay zurück, strahlend wie ein kleines Kind und ein anderes, deutlich kleineres Exemplar dieser Spezies im Schlepptau. "Und das ist Trudy, Mimmys Tochter. Ich habe sie selbst von Hand aufgezogen", stellte er nicht ohne Stolz in der Stimme vor.
John klopfte Richard wieder kameradschaftlich die Schulter. "Wir dachten, es sei der richtige Antrittsbesuch für Sie. Immerhin müssen Sie sich wegen uns mit den Großen Tieren anlegen. Dann brauchen Sie auch keine Angst mehr vor großen Tieren zu haben. Diese hier sind ganz lammfromm."
Wie um wirklich noch den Beweis für seine Worte erbringen zu müssen, kletterte John zwar langsam und steif, aber doch mit viel Routine, auf Mimmys Rücken.
"Wenn man den ersten Schrecken erst einmal hinter sich hat, erkennt man, daß diese Dinos quasi überdimensionale Hauskatzen sind", erklärte Rodney und hielt Richard seine Rechte hin. "Willkommen in der Pegasusgalaxie!"
Mimmys große Augen schienen Richard zuzuzwinkern, während der immer noch um Fassung rang. Doch er schlug ein, noch immer ungläubig staunend.
Aber, so mußte Richard Woolsey sich eingestehen, jetzt hatte er endlich eine Erklärung dafür, warum Elizabeth Weir damals so vehement einen Paläontologen für ihre Expedition hatte haben wollen. Er nämlich würde so schnell wie möglich ebenfalls einen anfordern ...

29.08.2009

Der Golf(ball)krieg

TV-Serie: Stargate: Atlantis
Genre: humor
Rating: G
Zeitleiste: Diese Fanfiktion spielt innerhalb der dritten Staffel.
Author's Note: Zu dieser kurzen Story gibts sogar doppelt was zu erzählen. Zunächst sollte ich wohl anmerken, daß ich ja nur und ausschließlich die dumme Tippse bin. Die ruhmreiche Idee stammt von einer noch ruhmreicheren Superautorin, die früher einmal ... sagen wir, mittlerweile gehört sie für mich zum Triumvirat des Schreckens. Wer so schnell die Seiten wechselt, dem gebürt auch dieser Titel. Und da sie sich ja soo gern die Arbeiten anderer ans Revers heftet ...
Story Nr. 2 bezieht sich ebenfalls auf das Triumvirat des Schreckens, und es geht um niemand anderen als Euer Prestilenz persönlich! Werte Dame unterstellt mir nämlich, ich hätte die Story von ihr geklaut. Tja, dann sollte sich wohl a) jemand an die wahre Autorin wenden und b) einmal bedenken, daß ich genau EINMAL sogar zwei Storys gelesen - und kommentiert - habe. Ein Fehler, für den ich dann eine nette Mail des Admins erhielt. Werte SuperMod, ich weiß, es ist schwer, wenn man in einem anderen fremdsprachigen Land lebt (was den anderen ja immer wieder gern bei allen günstigen und ungünstigen Gelegenheiten unter die Nase gerieben wird), aber möglicherweise sollte man doch einmal das Gehirn ein bißchen lüften. Nein, ich kenne deine Story nicht, und ich lege keinen Wert darauf, sie zu lesen!
Kommentare sind (wie immer) erwünscht!


Seit Jahrzehnten schon zog der sanfte Riese durch den Ozean, hing seinen Gedanken nach und filterte die Kleinstlebewesen aus dem salzigen Wasser. Stets ruhig auf seinem Kurs bleibend schlug er sacht mit seiner Schwanzflosse, träumte vor sich hin und sinnierte über die philosophischen Fragen seiner Art.
So war es auch heute. Die Sonnenstrahlen brachen sich im Wasser und ließen Lichtreflexe auf seinem narbigen Rücken tanzen, während er ruhig dahinzog, allein mit sich selbst und seinen Gedanken.
Plomp!
Ein kleines, rundes Etwas glitt neben ihm in die Tiefe, eine Kette von Luftblasen hinter sich herziehend.
Was mochte das sein?
Der Riese hielt an und sann dem Ding nach, das da auf den Meeresgrund gesunken war.
Plomp!
Ein weiteres Ding sank in die Tiefe.
Der Riese dachte nach, dann zog er seine Bahn sanft nach unten, dem Grund zu und verfolgte dieses zweite Ding.
Er hatte erfahren, daß dieses rätselhaften Gebilde, das Jahrtausende lang auf dem Meeresboden gelegen hatte, neue Bewohner beherbergte. Eine Stadt sei es, so sagte man unter seinesgleichen. Eine Stadt der Flossenlosen.
Ein weiteres, helles, rundes Ding sank zu Boden. Und jetzt sah er eine Menge dieser Etwase dort liegen.
Was mochte das sein? Wollten die Floßenlosen sich etwa bei seinem Volk einführen und gaben ihnen Nahrung?
Sich dicht über dem Meeresboden haltend sammelte der Riese einige dieser Dinger ein und schloß sein gewaltiges Maul. Seine Kiefer krachten aufeinander, dann spie er, was auch immer es war, angewidert wieder aus.
Ekelhaft! Nein, das war sicher keine Nahrung, ganz sicher nicht.
Plomp!
Wieder kam eines dieser Dinger herunter, legte sich zu den anderen.
Was machten die Floßenlosen denn nur da oben? Warum warfen sie diese kleinen runden Dinger ins Wasser?
Er beschloß nachzusehen und glitt wieder nach oben gen Wasseroberfläche.
Plomp! Plomp! Plomp!
In rascher Reihenfolge trafen drei dieser merkwürdigen Geschosse seine dicke Haut, kaum daß er nur noch gut einen Meter von der Oberfläche seines Elementes entfernt war.
Das war nicht nett! Wenn man sich neu irgendwo einführte, dann sollte man sich den älteren Bewohnern gegenüber auch sehr umsichtig zeigen.
Plöpf!
Das nächste Etwas traf seine Atemöffnung und verstopfte sie für einen kurzen Moment. Erst als er die Wasseroberfläche durchbrach und schnaubte, glitt das Ding heraus.
Wollten sie ihn umbringen?
Nein, das sicher nicht. Aber offensichtlich bedachten die Flossenlosen nicht recht, was sie taten.
Wer es so wollte, der sollte seine eigene Medizin zu schlucken bekommen ...

***

„Der Hüftschwung ist in diesem Sport alles!" Lt. Colonel John Sheppard hob seinen Schläger und holte weit aus. „Achtung, jetzt genau aufpassen!" Er zwinkerte Linda, der neuen Krankenschwester, verschwörerisch zu, dann ließ er den Schläger niedersaußen und drosch den Golfball in den Ozean hinein.
„Das war ... ein sehr guter Schlag, Colonel", lobte die dralle blonde Schönheit etwas hilflos.
„Nicht wahr." Sheppard griff sich einen neuen Ball und legte ihn auf dem Plastikgrün zurecht. „Ein Hole-in-One, würde es jetzt heißen. Aber Sie müssen genau aufpassen." Wieder holte er Schwung.
Dann jedoch hielt er irritiert inne, als etwas gegen das metallene Außengerüst von Atlantis zu schlagen schien. Ein dumpfer Laut war zu hören.
„Was war denn das?"
Die Krankenschwester sah ihn nur hilflos an.
Plöp!
Das klang schon näher.
Sheppard trat vorsichtig an die Flutkante heran und runzelte die Stirn.
Was ging denn hier plötzlich vor?
Etwas schoß, direkt neben seinem hervorlugenden Kopf, in die Luft und zischte an seinem Ohr vorbei. Hart knallte es gegen die Wand neben der Tür.
„Was ... ?"
Er drehte sich um, als er eine Bewegung aus den Augenwinkeln wahrnahm. Ein Golfball kam auf ihn zugekullert. Aber es war nicht der, den er gerade auf das Grün gelegt hatte.
„Wie ... ?"
Ein weiterer Schuß, diesmal ein Treffer. Ein weiterer Ball schoß aus dem Wasser herauf und knallte hart gegen seine Schulter. „Autsch!"
Entrüstet drehte er sich wieder um, rieb sich die Schulter und funkelte die Wasseroberfläche an.
Ein weiterer Ball knallte gegen die Außenverkleidung der Stadt.
„Rein! Los, rein!" Sheppard fuhr wieder herum und gab Linda Zeichen, daß sie verschwinden sollte.
Da prasselte auch schon eine ganze Kanonade Golfbälle auf ihn nieder.
Sheppard hielt sich schützend die Hände vor das Gesicht, trotzdem knallte einer der Bälle hart gegen seine Stirn und ließ ihn nach hinten torkeln. Benommen tat er einige Schritte und griff nach seiner Golftasche.
Die nächste Salve knallte gegen die Außenwände der Stadt und traf ihn im Rücken. Gerade noch schaffte er es bis zur Tür, dann brach er zusammen.

***

Dr. Rodney McKay stand draußen auf der Ballustrade und blinzelte in die Nachmittagssonne, während er ein Gerät in den lauen Wind hielt, um neue Messungen vorzunehmen. „Mittels der Windkraft könnte es uns gelingen, noch ein bißchen mehr Energie zu gewinnen", erklärte er dabei Dr. Radek Zelenka, der, einen Laptop in den Händen, an der Wand lehnte und die Sonne genoß.
Der Tscheche blinzelte träge hinter seinen Brillengläsern hervor. „Das hatten wir schon besprochen, Rodney", murmelte er, tippte ein bißchen auf dem Gerät herum. Dabei behielt er einige Techniker im Auge, die ein Stück weiter entfernt am Geländer lehnten und sich angeregt unterhielten. Seufzend wandte er sich wieder McKays Forschungen zu.
Plöp!
„Was war das denn?" McKay drehte sich verwirrt zu ihm um.
Zelenka starrte auf eine bestimmte Stelle unweit seines Kopfes. Von dort schien das Geräusch gekommen zu sein. Dann senkte er den Kopf und betrachtete verdutzt einen Golfball, der träge zurück zum Geländer rollte.
Plöp! Plöp!
Die Techniker zogen plötzlich die Köpfe ein.
Weitere Bälle hagelten auf sie nieder.
McKay duckte sich hinter das Geländer. „Was geht denn hier vor?" rief er.
Zelenka schaltete nun ebenfalls, ließ sich auf die Knie nieder und begann zurück zur Tür zu kriechen.
Eine weitere Salve Golfbälle ging auf sie nieder, knallte hart gegen die Außenwände und rollte dann zurück, um wieder in die Tiefe zu stürzen.
McKay stöhnte schmerzerfüllt auf, als einer der herbeifliegenden Bälle ihn in die Seite traf, und machte, daß er seinem Kollegen hinterherkam.

***

„Ich war von Anfang an dagegen, daß Sie Ihren Abschlag an den Piers trainieren, John." Elizabeth Weir beugte sich über den Tisch und stützte beide Hände auf die Kante. „Jetzt haben wir ein Problem."
John Sheppard saß, sich die dicke Beule an der Stirn haltend und einen Eisbeutel im Genick, wie ein Häufchen Elend auf seinem Stuhl. „Aber ich habe doch gar nichts getan!" verteidigte er sich lahm. „Es sind doch nur Golfbälle."
„Die offensichtlich die hier lebenden Lebewesen verärgert haben. John, Sie haben deren Umwelt verschmutzt."
Der militärische Leiter rieb sich den lädierten Kopf. „Wissen wir denn überhaupt, ob es diese ... diese Fische sind?" grummelte er mißlaunig.
„Mit ziemlicher Sicherheit ja, wenn Sie sich dieses Bild ansehen." Rodney McKay schob ihm seinen Laptop hin und starrte den anderen mit verkniffener Miene an. Ein wunderbares Veilchen blühte an seinem rechten Auge.
Sheppard warf einen halben Blick auf den Bildschirm. Ein riesiger dunkler Schatten umschwamm die Stadt. Ein Schatten, dessen Form er kannte.
Seufzend nahm er sich den Eisbeutel aus dem Nacken und legte ihn vor sich auf den Tisch. „Okay, gut", murmelte er schuldbewußt, „ich bin schuld an dieser Misere. Und was soll ich jetzt tun?"
Weir richtete sich wieder auf. „Sie wissen nicht ganz zufällig, wieviele Golfbälle Sie schon ins Meer geschossen haben?"
Sheppard zog eine hilflose Grimasse und zuckte mit den Schultern. „Nicht wirklich", gab er zu.
Weir seufzte und betrachtete ihren militärischen Leiter als sei er ein ungezogenes Kind, das sie zu maßregeln hatte. Und, ehrlich gesagt, so fühlte sie sich im Moment auch.
„Wollen wir hoffen, daß es noch nicht zuviele waren", sagte sie. „Dann geht ihm vielleicht bald die Munition aus und wir können uns wieder außerhalb der Stadt bewegen. Und Sie, John, Sie werden nie wieder auch nur einen Golfschläger in die Hand nehmen, solange Sie in dieser Stadt sind."
Sheppard nickte. „Ich habe Lorne und seine Leute angewiesen, die Bälle aufzusammeln, die bisher nicht wieder ins Meer gefallen sind." Unter seinem strubbeligen Haarschopf sah er auf. „Ich habe Schutzkleidung für sie geordert."
Weir nickte. „Gut." Dann stutzte sie. „Was für Schutzkleidung?"
Sheppard warf einen langen Blick auf McKay. „Äh, Eishockey-Panzer und -helme."
McKay blickte verständnislos auf.
Weir seufzte.
Warum wurde sie das Gefühl nicht los, es hier mit einem Haufen kleiner Kinder zu tun zu haben?

Einige Wochen später

Vorsichtig öffnete Sheppard die Tür und lugte mit langem Hals hinaus auf den Pier.
Alles ruhig, gut.
Langsam trat er auf den Ausleger der Stadt, sah sich noch einmal aufmerksam um.
Nichts.
Er nickte, drehte sich um und holte seine Golftasche. Dann legte er sehr sorgfältig das Plastikgrün aus und plazierte einen Ball darauf.
Seit einer Woche war es zu keinen neuen Attacken seitens des Meeresbewohners gekommen. Und wenn er die Menge an aufgesammelten Golfbällen bedachte, die sich mittlerweile in seinem Büro in einem Sack sammelte, dürften es so ziemlich alle gewesen sein. Dem Wal war also schlichtweg die Munition ausgegangen.
Sheppard richtete sich auf, nahm seinen Schläger zur Hand und konzentrierte sich. Dann holte er Schwung und drosch den Ball auf das stille, blaue Meer hinaus.
Ging doch. Der Wal schien verschwunden zu sein.
Sheppard holte einen neuen Ball aus seiner Hosentasche und legte ihn bereit. Dann richtete er sich auf und pendelte den Schläger ein.
In diesem Moment traf ihn ein gewaltiger Schwall eiskaltes Wasser und etwas schlug hart gegen die Außenwand der Stadt. Als er hochblickte, sah er einen grauen Rücken, der langsam wieder in der Tiefe versank. Eine gewaltige Schwanzfloße winkte ihm mahnend zu.
Sheppard zog die Nase hoch und wischte sich mit der Hand über das nasse Gesicht. Dann rammte er seinen Schläger wieder in die Tasche.
„Schon gut! Ich hab's verstanden!" rief er dem gewaltigen Meeresbewohner nach.

27.08.2009

Wahrer Glaube

TV-Serie: Stargate SG-1
Genre: oneshot, drama
Rating: M
Zeitleiste: Diese Story spielt innerhalb der Folge 14.10 Daniel, der Prior und soll den inneren Kampf, den Daniel mit Adria und Merlin um sein eigenes Handeln ausficht beschreiben. Ich nehme mir dabei die Freiheit, gerade die Szene ein wenig umzustellen und sie dem Refrain des Liedes Personal Jesus anzugleichen.
Author's Note: Dieser Oneshot wurde seinerzeit für eine FF-Challenge geschrieben. Obwohl eigentlich alle Leser(abgesehen von mir selbst) der festen Überzeugung waren, daß diese kurze Fic gewinnen müßte, landete ich auf dem letzten Platz. Die Begründung? OOC und Thema verfehlt durch das Auftauchen von Merlin, der ja seit 10.11 Die Suche 2 tot sei. Tja, ob dieser Oneshot wirklich so grottenschlecht ist, dürfen jetzt und hier die Leser entscheiden.
Wie immer gilt: Kommentare sind willkommen!


>Das ist wahrer Glaube ...<
Dieses unablässige Wispern in seinem Hirn, die Geschichten, das Lächeln, die sanften Augen, die unverhohlene Bewunderung ...
Daniel war am Ende seiner Kräfte. Er konnte einfach nicht mehr. Der Kampf gegen Adria hatte ihm das letzte abverlangt, ebenso wie die ständige Anwesenheit eines zweiten in seinem Geist ihn allmählich an sich selbst zweifeln ließ.
„Die Frage sollte doch anders gestellt werden, oder nicht?" Adria beugte sich vor.
Daniel stöhnte innerlich auf.
Er wollte hier heraus. Diese Folter war wesentlich erfolgreicher als alles, was er in all den Jahren vorher je erlebt hatte. Das, wogegen er jetzt antreten mußte, benötigte all seine Kräfte. Und die konnte er nicht geben, nicht solange er noch einen zweiten Geist in dem seinen beherbergte.
>Strecke nur deine Hand aus und berühre sie - die Verkörperung des Wahren Glaubens ...<
„Als Narom um die Erlösung seiner Qualen bat, was geschah ihm da?" gurrte Adria ihm ins Ohr. Stille, mädchenhafte Bewunderung lag in ihren sanften, dunklen Augen.
Daniel schluckte, kämpfte um seine Stimme und hob den Kopf. „Die Ori machten ihn zu ihrem ersten Prior", antwortete er. Und plötzlich war sie da, die Angst. Sie würde doch wohl nicht ... ?
„Aber Dareem verweigerte sich ihnen später", rutschte es ihm vollkommen unvermittelt heraus.
>Die Orici ist der wahre Glaube. Berühre sie.<
Adria lächelte in ihrer eigenartigen Unschuld. Es fiel so unglaublich schwer, sich sie als Gefahr für die Milchstraße - ach was, für das ganze Universum!, vorzustellen. Sie war auf der einen Seite so verführerisch in ihren Reizen, auf der anderen Seite aber ...
Daniel kämpfte weiter. Und kurz verstummte die Stimme in seinem Kopf.
'Vertrau mir', mischte sich dafür plötzlich jemand anderes ein. 'Vertrau mir endlich!'
Merlin!
Adria lächelte verführerisch.
Das undeutliche Wispern wollte einen Moment lang wieder zunehmen und die Kontrolle über seinen Kopf zurückgewinnen.
Daniel kämpfte weiter, ließ aber eine winzige Ecke seines Geistes gewähren. Die Ecke, aus der ihm die Gedanken Merlins entgegenstrahlten.
'Ich habe einen Plan. Laß es zu, Daniel Jackson. Auch wenn du bereits aufgestiegen warst, du kannst das hier schlichtweg nicht gewinnen. Nicht gegen jemanden wie sie.'
Aber was sollte er dann tun? Es einfach weiterhin geschehen lassen wie bisher?
Daniel erinnerte sich an kaum etwas, seit er auf diesem Planeten gegen Adria gekämpft ... und verloren ... hatte. Merlin übernahm ihn immer wieder und er konnte sich nicht dagegen wehren.
Die wispernde Stimme in seinem Kopf wurde wieder deutlicher.
'Es ist die ihre', merkte der Antiker in seinem Inneren an. 'Laß mich tun, was ich tun kann, Daniel Jackson. Wenn ich die Waffe bauen kann und sie durch das Supergate schicke ...'
Durch das ... Supergate?
„Du bist wirklich klug, Daniel Jackson", lenkte Adria ihn in diesem Moment ab.
Daniel glaube, sie müsse den kalten Schweiß sehen, der innerlich seine Stirn hinabrann.
'Ja, wir müssen die Galaxie der Ori erreichen, um die Waffe einzusetzen', merkte die Stimme in seinem Inneren an. 'Konzentriere dich jetzt, Daniel Jackson. Konzentriere dich!'
Wenn das mal so einfach wäre ...
>Wahrer Glaube ...<
War es wirklich das, worum es ging? Irgendetwas in ihm verneinte das ganz vehement. Aber in den letzten Tagen, Wochen ... Monaten (?) war irgendwie alles durcheinandergeraten.
„Erzähl mir mehr, Daniel Jackson." Adria lehnte sich vor. Der Ausschnitt ihres atemberaubenden Kleides ließ tief blicken.
Daniel schluckte wieder, wenn auch nicht aus dem Grund, den die Orici vielleicht annehmen könnte.
Sie flirtete mal mehr, mal weniger geschickt mit ihm, versuchte ihm den Kopf zu verdrehen. Aber ... war das, was sie damit erreichte, wirklich mit echter, wahrer Liebe zu vergleichen? Doch wohl eher nicht.
'So ist es', meldete Merlin sich wieder zu Wort. 'Und tief in dir weißt du das auch. Darum ... ich bin stärker als du. Laß es mich übernehmen.'
Daniels Blick irrte durch die Kabine, blieb an einem der Fenster hängen. Leer starrte er in die Schwärze des Alls hinaus.
Und wenn es doch nicht so einfach wäre!
'Es ist so einfach, wenn ... Überlaß es mir und wappne dich, Daniel Jackson', wisperte die Stimme in seinem Inneren.
Daniel starrte weiter aus dem Fenster in die Schwärze hinaus.
>Ergreif deine Chance. Finde den Wahren Glauben!<
Plötzlich ruckte sein Kopf herum, in seinen Augen stand Entschlossenheit. „Hiob wurde von Gott geprüft, indem dieser ihn seinem eigenen Widersacher auslieferte", sagte er mit fester Stimme. „Jonas sah die Zerstörung von Tyros voraus, wollte sie jedoch nicht predigen und floh ... um von einem gewaltigen Fisch verschluckt und dort wieder entlassen zu werden, wohin er gehörte. DAS ist der Glauben, den viele als den Wahren bezeichnen würden."
Adria zuckte sichtlich zurück.
'Was tust du?' Merlins gedankliche Stimme klang verblüfft.
„Buddha kehrte nach Jahren der Wanderschaft in seine Heimatstadt, dort wo er alles zurückgelassen und aufgegeben hatte, zurück. Er war diesem Weg immer ausgewichen, bis es kein Entkommen mehr gab. Doch die meisten begegneten ihm, dem ehemaligen Prinzen, mit dem Respekt, den er als Prophet verdiente. Und selbst als seine Frau ihm seinen Sohn, den er noch nie gesehen hatte, brachte mit anklagenden Worten, nahm er sich voller Erbarmen des Jungen an", fuhr Daniel fort. „Das ist wahrer Glauben in den Augen von vielen."
Merlin schwieg nachdenklich, Adria starrte ihn an.
Die Stimme! Sie war verstummt!
Nein, ging ihm auf. Verstummt war sie nicht, aber ... sie lauschte. Lauschte dem, was er zu sagen hatte.
„Jesus ging in die Häuser der Zöllner, ließ seine Füße von Huren waschen und nahm sich derer an, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt lebten. Als die Trauergemeinde an ihm vorbeizog unter Heulen und Zähneklappern, sagte er, Lazarus solle sich von seinem Totenbett erheben - und er tat es!" Daniel fühlte sich zum ersten Mal seit wer wußte wie langer Zeit wieder als Herr seines eigenen Körpers. „Das ist wahrer Glaube in den Augen von vielen."
„Die Ori lehren ..."
„An dem Tag, an dem der Weltenträumer sich erhebt und das Meer aus Milch zu Sahne und Butter schlägt, an diesem Tag wird Shiva sich erheben und die Menschen trafen für all das schlechte Karma, das sie angehäuft haben. Und dann wird sich Kali an seine Seite stellen und ihre Kinder an ihm rächen." Daniels Stimme gewann an Kraft.
DAS war wahrer Glaube! Das war es, woran er glaubte: Die Freiheit zu glauben.
„Das ist wahrer Glaube in den Augen von vielen!"
„Das Buch des Ursprungs lehrt da anderes", entgegnete Adria. Ein listiges Lächeln legte sich um ihre Lippen. „Ihr seid einer Irrlehre mit einigen erstaunlichen Wahrheiten erlegen, Daniel Jackson. Aber auch nicht mehr."
'Ich verstehe!' Endlich begriff Merlin, was er wollte. 'Ich werde dich nicht enttäuschen, Daniel Jackson.'
Hoffentlich ... Er fühlte, wie seine Kräfte wieder schwanden. Seine eigene Überzeugung hatte ihm noch einmal die Kraft gegeben, die er brauchte für diesen letzten Akt. Danach ... nun, er würde sehen.
'Du sollst wissen, daß ich es auf mich nehme', wisperte die Stimme in seinem Inneren. 'Du wirst schlummern für die Zeit ... und dann erwachen und der sein, der du immer gewesen bist. Du bist ein erstaunlicher Mensch, Daniel Jackson.'
„Jeder trägt den Wahren Glauben tief in sich." Er fühlte, wie er wieder schwächer wurde. Die Stimme in seinem Inneren, die Stimme, die diese Unsinnigkeiten wisperte, gewann wieder an Stärke. Und er fühlte den Antiker, wie er ihm sein Lager bereitete.
Würde es lange dauern?
Daniel war klar, daß er sehr wahrscheinlich auf der anderen Seite eines Wurmloches, abgeschnitten von allem und jedem, aufwachen würde. Doch das war ihm gleich. Er hatte noch etwas zu sagen. Etwas wichtiges, ehe es ihn wieder in die Dunkelheit hinabziehen würde.
„Wahrer Glaube ist etwas, was nicht erzwungen werden kann, Adria. Ich glaube, daß hat dir nur noch niemand erklärt", fuhr er fort. „Jeder ist seine eigene Erlösung, das lehrte bereits Buddha, und vor ihm andere, ebenso wie nach ihm viele es lehrten. Blinder Gehorsam sogenannter Götter gegenüber ist der falsche Weg. Die Ori nutzen ihre Anhänger, um sich selbst auf dem Stand der Aufgestiegenen zu halten, und das weißt du auch verdammt genau! Das ist nichts, was irgendjemand erleiden sollte. Einige mögen das Potenzial besitzen, selbst aufzusteigen, so wie einige Religionsstifter auf der Erde es sicher getan haben. Ihnen diese Möglichkeit zu entziehen ist das größte Verbrechen, schlimmer als das, was die Antiker uns angetan haben mögen in euren Augen. Wir sind jeder unser eigener Religionsstifter, auch wenn du es nicht hören magst. Die Zeiten sind, Gott sei Dank, vorbei, in denen man in der freien Welt aufgrund seiner Religion verfolgt wurde."
Adria richtete sich auf, sah zu ihm hinunter. „Ich dachte, du seist endlich bereit, deine Fehler einzusehen, Daniel Jackson", sagte sie mit hochmütiger Stimme. „Du hast das Buch des Ursprungs gelesen, ebenso wie wohl viele Werke der Irrglauben deines Planeten oder der anderer. Und warst nicht du es, der mit Mut und Leidenschaft gegen diese anderen, inzwischen weitestgehend besiegten Feinde, antrat."
Sha'ri!
Allein die Erinnerung schnitt sein Herz in zwei Teile.
'Noch ein wenig, gib mir noch ein kleines bißchen Zeit', wisperte Merlin in ihm.
Daniels Wangenmuskeln spannten sich vor Anstrengung an. Von unten herauf sah er Adria an. „Die Goa'uld verlangten, angebetet zu werden, ohne auch nur in die Nähe der Macht eines Aufgestiegenen geraten zu können. Nein, dein Vergleich hinkt. Was ist Wahrer Glaube, Adria? Was?"
„Nicht das, was dein Jesus, dein Buddha oder dein Shiva, geschweige denn dieser Hiob, dir erzählt haben. Wahrer Glaube ist mit Macht verbunden."
„Macht, die die Ori und du dazu nutzen, sich selbst am Leben und in der Existenz zu halten. Nein, Adria, der Wahre Glaube, der kommt aus dem Herzen, nicht aus dem Verstand. Das Herz will lieben, es will hassen, es will leben! Und darum ist jeder sein eigener Erlöser, gleich welcher Religion er angehört."
'Interessante Aspekte, die du aufwirfst', merkte Merlin plötzlich an. 'Doch nun ...'
„Nein!" Daniel stand mit einem Ruck auf den Beinen. „Die Geschichte meines Planeten hat mehr als deutlich gezeigt, wohin erzwungener Glauben führt. Und aus genau diesem Grund wirst du mich auch nicht überzeugen können, Adria. Das Buch des Ursprungs ist ein Buch voller einfacher Weisheiten, um einfache Menschen zu überzeugen. Aber was tust du mit jemandem, der all diese Religionen studiert hat? Willst du mich wirklich töten? Warum hast du es nicht schon längst getan? Liegt es vielleicht daran, daß ..."
'Genug!'
>Wahrer Glaube wird durch die Orici verkörpert. Sie ist es, die die Erlösung bringt.<
Das letzte, was Daniel sah, waren Adrias glitzernde Augen, als sie sich urplötzlich über ihn beugte, dabei war ihm nicht einmal klar gewesen, daß er wohl wieder zu Boden gesunken war. Dann kam da nur noch ein Gedanke:
„Wahrer Glaube ..."

23.08.2009

Der Jungbrunnen VII

Mike fühlte sich wie das berühmte Lamm auf dem Weg zur Schlachtbank.
Er wollte nicht hier sein! Er wollte sonstwo auf der Welt sein, im Moment würde er sich sogar lebendig begraben lassen, kam er hier nur irgendwie mit halbwegs heiler Haut heraus. Auf keinen Fall wollte er weiter in ihrer Nähe sein und sich fühlen, als würde ihre nächste Mahlzeit aus ihm bestehen. Um ehrlich zu sein, er überlegte ernsthaft, sein Glück mit Pumas und Alligatoren zu versuchen, wenn er nur ihr entkam.
Andererseits aber war ihm klar, daß er nicht allein gehen konnte. Erst einmal hatte sie weiß Gott was mit seinem Kopf angestellt, daß er sich hilflos wie ein Baby fühlte.
Dann aber glaubte er auch nicht so recht daran, daß, wer auch immer hinter ihr steckte, sie so einfach aufgeben würde. Und damit meinte er nicht Shriner und Hehnenburgh, diese beiden Idioten von Genelab. Nein, er hatte sie gesehen, vorher gesehen!, wie sie mit ihrer Familie zusammen war. Und wenn dieser andere, John, mit seinem Gesicht ihm auch nur das kleinste bißchen ähnlich war im Geiste, würde er die Mutter seines Kindes nicht einfach so gehenlassen. Außerdem hatte er doch auch Caine gesehen, in diesem Helikopter. Und so wenig er dem Polizisten auch mochte, wußte er, daß der sich sicher nicht von den falschen anwerben ließ. Nein, Caine hatte einen übersteigerten Gerechtigkeitssinn. Wenn der einmal Blut geleckt hatte, würde er mit absoluter Sicherheit nicht wieder von der Spur lassen. War er, Mike, nicht das beste Beispiel für die Hartnäckigkeit des Polizisten?
„Keine Bewegung!" bellte ihn plötzlich eine männliche Stimme an. „Hände über den Kopf! Na los!"
Mike riß die Augen auf. Sein Atem beschleunigte sich vor Angst.
Sie war nicht mehr da! Er hatte sie soweit eingeholt, daß er sie hatte die ganze Zeit über sehen können, seit sie wieder zurückwanderten. Aber jetzt war sie zwischen den moosbewachsenen Bäumen und dichten Büschen einfach verschwunden.
„Hände über den Kopf, wird's bald!"
Das mußte einer ihrer Verfolger sein, ging Mike auf, während er jetzt langsam dem Befehl Folge leistete.
Wo war er da nur hineingeraten? Warum hatte er auch auf eigene Faust sein Glück versuchen müssen? Julie war tot, er hätte ohnehin nichts mehr ändern können. Und vielleicht wäre die Polizei früher oder später doch über die richtigen Täter gestolpert ...
Der Lauf einer Waffe drückte sich in seinen Nacken.
„Wo ist sie?" zischte eine Stimme dicht an seinem Ohr.
Mike nahm all seinen Mut zusammen. „Ich ... ich weiß es nicht", flüsterte er heiser. „Sie ist einfach verschwunden."
Ein Gesicht tauchte an seiner Seite auf, ein menschliches Gesicht mit nichtssagenden Zügen. Wenn er diesem Mann auf der Straße begegnen würde, er hätte ihn binnen weniger Minuten wieder vergessen, ging Mike auf. Jetzt musterte der Fremde ihn aufmerksam, lächelte dann kühl.
„Sieh mal einer an, wenn das nicht Nummer zwei auf unserer Liste ist. Colonel Sheppard, ganz allein unterwegs in der Wildnis ..."
Sheppard? Julie hatte diesen Namen doch erwähnt, vor wenigen Wochen erst. Wie ... ?
„Wo ist die Antikerin?" fragte der Fremde mit fremder Stimme, seine Augen blitzten hell auf.
Mike glaubte, gleich die Besinnung zu verlieren.
Großer Gott! Wo war er hier nur hineingeraten? Erst sie, die sich immer mehr in ein ... Wraith-Monster verwandelte und jetzt ein Kerl mit leuchtenden Augen und eigenartiger Stimme.
„Wo ist sie?" verlangte der Kerl nochmals zu wissen.
Mike schluckte und japste nach Luft.
Das war ja wie in einer dieser schlecht gemachten Science Fiction Serien, die er immer wegzappte im Fernsehen. Nur wünschte er sich jetzt, daß er zumindest einmal eine Folge bis zu ihrem Ende gesehen hätte. Dann wüßte er wahrscheinlich, was er antworten sollte.
„Colonel, wir wissen, daß Sie tapfer sind. Aber Sie sind sicher nicht dumm, oder?" Der Fremde trat einen Schritt zurück und richtete die Waffe auf Mikes Körper.
Im nächsten Moment sprang etwas an ihm vorbei aus den Büschen und riß den Mann von den Beinen.
„Die Waffe!" rief ihre Stimme ihm zu.
Mike mußte allerdings erst einmal dafür sorgen, daß seine Knochen, Muskeln und Sehnen wieder ihren Dienst versahen.
Oh Gott, er war gerade mit vorgehaltener Waffe beinahe erschossen worden!
Sie hatte sich irgendwie in den Büschen versteckt, sie war nicht eine Sekunde mehr als einen Armweit von ihm entfernt gewesen, ging ihm auf, während er wie teilnahmslos das Handgemenge beobachtete, das die beiden mutierten Menschen sich lieferten. Dabei schien die Siegerin von Anfang an festzustehen.
„Die Waffe, Mike!" befahl sie ihm erneut, dieses Mal mit einem gewissen, ihm inzwischen mehr als gut bekannten Fauchen in der Stimme.
Er zwang sich, nach der Pistole zu greifen, wußte dann allerdings nicht so recht, wohin damit. Schließlich hielt er sie, den Lauf auf den Boden gerichtet, und stand einfach nur da, während er an seinem Verstand zweifelte.
Der Kampf war vorbei, und, wie er erwartet hatte, war sie die Siegerin. Ähnlich wie vorhin bei ihm, so hockte sie jetzt diesem Fremden auf der Brust und hatte ihre Rechte bereits auf die gleiche Stelle gedrückt, so wie bei ihm gerade.
Mike erschauderte und keuchte.
Augenblicklich ruckte ihr Kopf hoch. Die beiden kiemenähnlichen Schlitze zu beiden Seiten ihrer schmalen Nase wölbten sich einmal kurz.
„Du mußt das nicht mitansehen", sagte sie, und plötzlich klang ihre Stimme richtig sanft. „Geh und warte weiter vorn auf mich."
Mike zögerte.
Oh Gott, wie gern er sich abgesetzt hätte! Wie gern wäre er jetzt zu Hause, nach Möglichkeit in Julies Armen, und würde über seinen eigenartigen Alptraum lachen ...
Abgehackt schüttelte er den Kopf. „Ich ... ich bleibe hier", quetschte er irgendwie hervor.
Sie musterte ihn mit ihren kalten, gelben Augen, dann nickte sie schließlich und beugte sich über ihr Opfer. „Dann wollen wir doch einmal sehen, wen wir hier haben", zischte sie.
„Du bekommst gar nichts aus mir heraus, Antikerin!" Noch klang er mutig, mußte Mike gestehen. Noch ...
Dann wandte er sich würgend ab, als der erste Schrei die Stille der irdischen Wildnis zerriß und der Fremde vor seinen Augen zu altern begann ...

***
Jack und Storm waren Hehnenburgh in die Klinik gefolgt und dort in einen unbelebten Seitenflügel. Den ganzen Weg über hatte der Genetiker eine Tirade über die Ungerechtigkeiten des Lebens, und seines Geschäftspartners im besonderen, von sich gegeben, und Jack war tatsächlich kurz davor, den armen Kerl von seinem Leid mittels einer Kugel in den Schädel zu befreien. Und endlich kamen sie an: Im Labor des Doktor Theodor Hehnenburgh, ein Raum, der vollgestopft war mit eigenartigen Versuchsreihen, irgendwelchen merkwürdigen Tabellen, Fachzeitschriften und -literatur und diversem anderen Krimskrams, den außer Hehnenburgh wohl niemand zuordnen konnte.
Schien aber auf jeden Fall eine Berufskrankheit aller Genetiker zu sein, befand Jack, während er sich in dem düsteren Raum, das einzige Fenster zeigte auf einen dicken, mißgestalteten Baum hinaus, der dem Zimmer jedes bißchen Licht zu rauben suchte, umsah. Auch in Vashtus heiligen Hallen in Vineta hatte er ein ähnliches Chaos gesehen. Carter hatte dagegen immer äußerst sauber gearbeitet ...
Hehnenburgh hielt ihm einen Ordner hin. „Bitte sehr!" Der Mann sah alles andere als glücklich aus. In den letzten Minuten schien er sich geradezu in die Verbitterung hineingeredet zu haben.
Jack spielte den Tapferen und nahm den Ordner, um ihn lustlos durchzublättern und hier und da ein Wort aufzuschnappen. Schließlich klappte er den Deckel wieder zu und wollte das ganze seinem Eigentümer wieder zurückgeben. „Sehr schön", kommentierte er dabei lustlos.
Womit hatte er gerechnet? Wahrscheinlich, kam ihm in den Sinn, Frankensteins Monster im Schrank oder irgendeinen gruseligen Mutanten, der hier saubermachte. Irgendetwas außergewöhnliches eben.
„Sehr schön?" Hehnenburgh starrte ihn verblüfft an, während Dave Sheppard den Ordner jetzt an sich brachte und seinerseits eifrig zu blättern begann.
Jack zuckte mit den Schultern. „Hören Sie, wir sind nicht hier, um über eine mögliche Werksspionage zu sprechen. Hier geht es um eine vermißte Geheimnisträgerin und mehr als einem Dutzend Morde, zu denen Sie sicherlich die Polizei gern in aller Gründlichkeit befragen würde."
Hehnenburgh, der sich gerade noch hatte aufplustern wollen wie ein Hahn auf dem Misthaufen, fiel in sich zusammen. Plötzlich wurde es ziemlich still im Raum, einmal abgesehen von Sheppards Blättern durch die Forschungsunterlagen.
„Woran forschten Sie, Dr. Hehnenburgh", fragte Storm schließlich.
„Ich erforsche die Einwirkung des Fehlens der Pelomere auf das menschliche Erbgut", antwortete Hehnenburgh sichtlich stolz.
Jack und der MP wechselten einen Blick. „Tatsächlich?" fragte ersterer schließlich. „Und was sagen Ihnen diese Polymere?"
„Pelomere!" Hehnenburgh funkelte ihn an. „Pelomere sind für den Alterungsprozeß verantwortlich. Mit jeder Zellabstoßung verlieren wir auch immer mehr Pelomere und damit verfälscht sich mit der Zeit unser Erbgut. Was in einigen Extremfällen von später Schwangerschaft durchaus auch für das Kind gefährlich werden kann, da es auf diese Weise defektes Erbgut von seiner Mutter, möglicherweise auch von seinem Vater, erhält. Doktor Uruhk dürfte verstehen, was genau ich meine. Ihr Ansatz für die Gentherapie befaßt sich ebenfalls mit den Pelomeren. Sie nutzt sie sozusagen als Träger und Antivirus, um Leukämie und andere Erbkrankheiten zu verhindern."
„Das ist genial!" Sheppard blickte endlich wieder auf und strahlte den Genetiker an. Und Jack war sich mehr als sicher, daß er einen Moment lang zwei Dollarzeichen in den Augen des Geschäftsmannes gesehen hatte.
„Sehen Sie", Hehnenburgh hob die gefalteten Hände, als wolle er sich in ein Gebet versenken. „Stellen Sie sich vor, Sie hätten keine Pelomeren. Dann würden Sie auch nicht altern. Ihr Leben würde sich verlängern und Sie wesentlich gesünder sein. Aber, und das ist der entscheidende Punkt, Sie dürften erst im Erwachsenenalter alle Pelomeren verlieren, so daß Ihr Körper eben nicht die entsprechenden Befehle zum Zellverfall erhält. Andernfalls, ein zweiter Ansatz für dieses Problem, wäre es, wenn der Körper nie Pelomere verlieren und Sie damit für immer ein Säugling bleiben würden."
Jack hob den Kopf, ließ ihn dann langsam sinken, um seinem Hirn genug Zeit zu geben, das eben gehörte zu verarbeiten.
„Wir hätten den Jungbrunnen gefunden!" Da waren definitiv Dollarzeichen in den haselnußfarbenen Augen, die sehr an seinen Bruder erinnerten.
Hehnenburgh nickte, seufzte dann aber. „Der Nachteil dabei ist nur, daß, sind die Pelomere verbraucht, der Körper üblicherweise steinalt ist und bald stirbt. Damit hat sich die Legende vom Jungbrunnen dann wieder in Luft aufgelöst."
„Also doch keine so gute Idee?" harkte Jack nach.
Hehnenburgh hob einen Finger. „DAS dachte ich auch, bis Mel mir diese Probe zur Analyse brachte. Das ganze ist schon einige Jahre her. Aber durch diese Zellprobe bin ich überhaupt erst auf mein Forschungsgebiet aufmerksam geworden." Er drehte sich um und wühlte kurz in seinem Chaos, ehe er sich wieder aufrichtete und triumphierend einen Hefter hochhielt.
„Darf ich davon ausgehen, daß das das Ergebnis der Analyse dieser eigenartigen Probe ist?" Jack wies auf die Papiere.
Hehnenburgh stutzte, dann aber nickte er. „Hautzellen, eigenartige Hautzellen. Und eigentlich ..." Er reichte den Ordner doch an Jack weiter und tippte auf eine bestimmte Stelle im Text. „Und eigentlich hätten sie tot sein müssen ... waren sie aber nicht! Ich untersuchte die Zellprobe. Normale Hautzellen ... auf den ersten Blick. Aber dahinter steckt mehr, wie ich herausgefunden habe, nachdem Mel mir mein Forschungsgebiet eigentlich schon entzogen hatte: Das Genom ist nicht menschlich!"
Jacks Alarmsirenen sprangen wieder an.
„Die Zellen irisierten, sie leuchteten also, bestrahlte man sie mit Licht. Und sie taten ihre Aufgabe noch immer genauso, wie ihr Zellcode es ihnen vor der Abstoßung befohlen hatte. Diese Probe war nicht nur von einem lebenden Fossil gespendet worden, nein, sie lebte."
Leuchtende Hautzellen, das war es! Vashtu Uruhk besaß leuchtende Hautzellen. Sie selbst hatte das ihm gegenüber einmal erwähnt, ging ihm auf. Und sie hatte Angst, daß auch Jordan diese Haut geerbt hatte.
„Begreifen Sie die Bedeutung?"
„Sie haben tatsächlich den Jungbrunnen gefunden!" Dave Sheppard klang, als würde ihm gerade das Wasser im Munde zusammenlaufen.
„Ich denke schon", antwortete Jack zögernd. „Aber ... was soll heißen, nicht menschlich?"
Hehnenburgh zuckte mit den Schultern. „Es gab nicht ein bißchen nachweisbare Pelomere. Dieses Wesen dürfte es gar nicht geben, denn es besitzt auch noch außergewöhnliche Fähigkeiten. Was auch immer es ist, es kommt nicht von der Erde!"
„Tom, das ist lächerlich!" Dave lachte los.
Doch Jack blieb toternst, ebenso wie Storm, der seinem Vorgesetzten einen fragenden Blick zuwarf.
Allmählich ging dem General auf, daß seine Kritiker beim IOA vielleicht doch zumindest ansatzweise recht haben konnten. Seinen Günstlingen, vor allem den Aliens unter ihnen, ein bißchen Zucker zu geben und sie für ihre Arbeit zu loben, war möglicherweise zuviel. Teal'cs Versuche, auf der Erde Fuß zu fassen, waren bisher gescheitert, und auch Daniels Vala konnte man nur mit Eskorte loslassen. Vashtu hatte sich da bisher als recht pflegeleicht erwiesen. Sie hatte schon damals, nach ihrem Auszug aus Atlantis, gezeigt, daß sie willens war, sich ihrer Umwelt anzupassen. Nach einigen Eingewöhnungsschwierigkeiten hatte es an für sich recht gut geklappt, darum hatte er auch keine Bedenken gehabt, ihr die Einladung zuzuschieben, als sie auf seinem Schreibtisch landete.
Allerdings hatte er dabei vergessen, daß es da noch eine Partei gab, die offen an der Antikerin interessiert war, und das seit Jahren: der Trust! Und nach allem, was dieser Hehnenburgh ihm bis jetzt zu schlucken gegeben hatte, hatten sie es wirklich wieder mit der Goa'uld-Vereinigung zu tun, die sich in den letzten Jahren meist doch sehr zurückgehalten hatte.
Wie waren diese Schlangenköpfe an Zellmaterial gelangt?
Jack mußte zugeben, sie waren damals - und wahrscheinlich auch heute - nachlässig gewesen. Vashtus Apartment hätte klinisch gereinigt werden müssen, nachdem John Sheppard ihren Hausstand auflöste als sie als tot galt. Und auch schon während ihrer Zeit auf der Erde hätte man hinter ihr hersaugen müssen, um jede einzelne Hautschuppe, die sie verlor, sofort fachgerecht zu entsorgen. Aber man hatte es nicht getan - warum denn auch? Wer hätte denn gedacht, daß ihr eigener Forschungszweig die Antikerin verraten würde?
Jetzt galt es, den Schaden zu begrenzen und das beste zu hoffen. Und das bedeutete auch, Hehnenburgh seine Forschung zu entziehen oder ihn vom freien Markt zu nehmen.
Noch jemand, den er irgendwo unterbringen mußte ...
Jack seufzte und riß sich aus seinen düsteren Gedanken. Erst einmal sollte er vielleicht feststellen, wie schlimm es war, dann konnte er immer noch entscheiden.
„Inwiefern außerirdisch?" fragte er endlich mit betonhartem Gesicht.
Sheppard, der gerade noch amüsiert gelacht hatte, verstummte auf der Stelle und sah ihn ungläubig an.
Hehnenburgh kniff die Lippen aufeinander, ehe er antwortete: „Ich fand im Zellkern Cromosomenbefehle, die nicht menschlich sind. Zudem weist der gesamte Genstrang eine Eigentümlichkeit auf: es handelt sich um eine Art Tripelhelix, wie sie auf der Erde nicht vorkommt."
„Das ist doch ein Witz, oder?" Sheppard klang plötzlich unsicher, nachdem weder Jack noch Storm sich eine Reaktion anmerken ließen.
Hehnenburgh atmete tief ein. Offensichtlich hatte er erwartet, spätestens jetzt verlacht zu werden. Das aufmerksame Schweigen dagegen irritierte ihn sichtlich.
„Das gesamte Genom ist dermaßen komplex, daß es beinahe unmöglich ist, es zu entschlüsseln", erklärte er zögernd. „Aber ich bin mir sehr sicher, daß dieses Wesen mit einer wesentlich höheren Gehirnfunktion als wir gesegnet ist. Zudem gibt es eindeutig nichtmenschliche Teile in den Cromosomen. Das ganze ist dermaßen komplex, daß es unmöglich ist, auch nur einen Zellklumpen nachzuzüchten." Er schüttelte den Kopf. „Mel hat es versucht, das war der Zeitpunkt, an dem er mich aus der Forschung ausschloß. Guter Gott! Was dabei herauskam war der schlimmste Alptraum, den man sich nur vorstellen kann!"
Das konnte Jack sich vorstellen, immerhin kannte er alle Verfilmungen von „The Fly".
„Wie?" fragte er so neutral wie möglich.
„Mel ist überzeugt von der Zukunft der Stammzellenforschung. Bisher hatte Genelab damit auch seine größten Erfolge. Aber die Zukunft ist das sicher nicht. Wie gesagt, fragen Sie Dr. Uruhk, ich bin sicher, sie wird Ihnen da ebenfalls einiges sagen können."
Hatte sie das nicht sogar? Ihm jedenfalls war es so, daß sie es getan hatte, nachdem er ihr Labor in Vineta besucht hatte. Auch wenn Vashtu im allgemeinen weniger Fachbegriffe benutzte als er es gewohnt war, hatte er doch irgendwann in ihrem Vortrag über Kettenreaktionen, verzögerte Entwicklungen und unterdrückte Erbanlagen abgeschaltet, so wie er es früher auch immer bei Carter getan hatte. Zuviel war einfach zuviel, an irgendeinem Punkt verstand er zwar die Begeisterung noch, konnte aber nicht mehr folgen.
Storm kreuzte die Arme vor der Brust. „Eine Frage, Doc", wandte er sich an Hehnenburgh, „wann genau hat Shriner Ihnen das erste Mal diese eigenartigen Zellproben überlassen?"
Der Genetiker runzelte die Stirn.
„Was soll das denn jetzt?" fuhr Dave Sheppard dazwischen. „Wollen Sie Tom allen Ernstes irgendeiner Straftat beschuldigen?"
„Eben um ihn auszuschließen müssen wir das fragen", antwortete Jack routiniert.
Himmel, er fühlte sich nicht wohl als MIB für das SGC! Ihm wäre es lieber, diesem Hehnenburgh reinen Wein einschenken zu können, zumal der ja doch wohl eine ganze Menge wußte.
„Das war ... Das ist jetzt ungefähr sechs Jahre her." Hehnenburgh zuckte mit den Schultern. „Hilft Ihnen das irgendwie weiter?"
„Hat Dr. Shriner sich vorher oder nachher irgendwie verändert?" bohrte Storm weiter.
Hehnenburgh wollte offensichtlich schon den Kopf schütteln, dann aber nickte er zögernd. „Doch, da war was", gestand er. „Wissen Sie, Mel litt immer unter chronischem Geldmangel. Kurz bevor er mit der ersten Probe auftauchte aber ... Naja, seitdem hat er keine Probleme mehr. Er meinte, er habe einen Geldgeber gefunden, der aber anonym bleiben wollte."
„Und er selbst veränderte sich nicht?" harkte Jack nach.
Hehnenburgh druckste nun doch ein bißchen herum. „Naja ... früher war er ziemlich berechenbar, zugegeben. In den letzten Jahren dagegen ... manchmal ist er recht reizbar. Und dann dieser Blödsinn mit dem abgetrennten Flügel und Zimmer 113. Wir hatten diese Klinik gekauft, um in Ruhe forschen zu können. Aber plötzlich hieß es, ich müsse das im Seitenflügel tun und Zimmer 113 als Labor benutzen. Außer uns hatte niemand Zutritt."
„Bis vor einigen Monaten?" bohrte Storm weiter.
Hehnenburgh nickte. „Er entfernte mich aus dem Forschungsprojekt und entzog mir die Freigabe für den Flügel. Und das gerade, nachdem ich einen ersten Durchbruch bei der Aktivierung einiger Zellen aufgrund der Proben erzielt hatte."
Das genügte.
Jack nickte Storm zu und wandte sich ab, um den Raum zu verlassen.
Er mußte Sheppard kontaktieren und hören, ob der inzwischen Vashtu wieder eingefangen hatte. Wenn die auch noch durchdrehte nach dem, was mit ihr passiert war ...
Nun ja, wie er es sah, würde er möglicherweise bald das zweifelhafte Vergnügen haben, die Antikerin zum Wraith mutiert begrüßen zu dürfen ...
***

Horacio zögerte, sah sich einen Moment lang um.
Dieser Sheppard hielt zielstrebig auf die Schmerzensschreie zu und vermutete dabei, daß seine Lebensgefährtin in Gefahr schwebte. Allerdings, das mußte der Tatortermittler zugeben, begriff er Teile des gemurmelten „sei bitte noch ansatzweise menschlich!"-Mantras nicht, das der Luftwaffenoffzier die ganze Zeit vor sich hinbetete.
Warum sollte diese Colonel Uruhk nicht menschlich sein? Was ging hier, einmal abgesehen von Entführung und Serienmord, nebst solchen Delikten wie Fahrzeugdiebstahl oder das Führen einer Waffe in der Öffentlichkeit, tatsächlich vor?
Sheppard mochte der Meinung sein, er habe ganze Kapitel in dessen Buch übersprungen, ein bißchen was aber hatte Horacio doch herausgefunden. Und dieses bißchen reichte, um ihm am Verstand sämtlicher daran Beteiligter zweifeln zu lassen.
War er am Ende im Drogenrausch und hatte es selbst nicht bemerkt?
Nein! Das hätte er definitiv, davon war auszugehen.
Ein Rascheln in den Zweigen ließ Horacio Caine seine Hände heben. Mit Bedacht nahm er sich die Sonnenbrille ab und sah in die Richtung, aus der das Rascheln gekommen war.
Das war kein Tier gewesen, dessen war er sicher. Was auch immer da das Weite suchen wollte, es lief schnell und in die falsche Richtung.
Langsam setzte der Polizist sich die Sonnenbrille wieder auf, ein verächtliches Lächeln auf die Lippen gemalt.
Mutanten und Genetiker, die sich aufführten wie Frankenstein selbst. Er dagegen stand als einsamer Fels in der Brandung des Chaos - und so würde es auch bleiben!
Er zog seine Waffe aus dem Hüftholster und folgte dem verräterischen Rascheln.
Er würde in seiner Stadt für Recht und Ordnung sorgen - selbst wenn sich die Sümpfe kurzfristig zu seiner Stadt hin ausdehnten.
***

John wußte nicht genau, was ihn mehr alarmiert hatte, die Schüsse oder die Schreie, er wußte nur, er glaubte sich in dem Moment in einem Alptraum gefangen, als er auf den Trampelpfad stolperte und sie dort kauern sah, auf einem ihrer Verfolger. Den Mann, der verzweifelt hin und herlief mit einer Pistole in der Hand und offensichtlich nicht so wirklich wußte, was er tun sollte, nahm er kaum mehr als am Rande wahr.
Er hatte Vashtu gefunden. Aber ... er zweifelte eine Sekunde lang daran, ob sie noch die war, nach der er gesucht hatte.
Daß sie mutiert war wußte er, das hatte er schon beim Casino bemerkt, wenn auch nicht so deutlich wie jetzt. Die Antikerin schien sich vollständig verwandelt zu haben in eine zu kleine Wraith-Queen, die aber ansonsten mit allen notwendigen Attributen ausgestattet war - einschließlich offensichtlich des Saugmundes.
„Vashtu ..." flüsterte er an dem dicken Kloß in seiner Kehle vorbei und sank auf die Knie.
Sie hockte auf einem der Männer aus dem Verfolgerboot, und sie hatte ihm ihre Rechte auf die Stelle zwischen seinen Schlüsselbeinen gepreßt. Fauchend hob sie jetzt den Kopf und starrte John mit gelben, emotionslosen Augen an.
„Vashtu ..." wiederholte er leise und sanft, streckte langsam die Hand aus.
Knurrend wich sie zurück.
„Ich bin es, John", flüsterte er. „Vash, bitte, laß den Kerl in Ruhe, laß ihn am Leben. Du hilfst niemandem, wenn du ihn tötest." Ihm war nicht entgangen, daß das Gesicht des Mannes recht alt wirkte, sie hatte ihm also schon Jahre genommen.
Vashtu zögerte, senkte dann den Blick auf ihr Opfer hinunter und fauchte leise.
„Laß ihn", wiederholte John. „Laß Jordans Tat damals die erste und einzige ihrer Art sein. Laß nicht zu, daß die Bestie in dir die Kontrolle übernimmt. Vash, ich liebe dich!"
„Sie wollen sich Jordan holen und auch noch mit ihr experimentieren!" Vashtus Stimme klang anders, hohler, wilder, als er sie kannte. Und im Moment schwang hilflose Verzweiflung mit in ihren Worten.
Langsam streckte er die Hand wieder aus und berührte mit seinen Fingern ihren Arm. Sein Herz schlug ihm bis zum Halse, und das nicht nur, weil er wußte, die Antikerin war in diesem Zustand unberechenbar. Nein, er hatte Angst, Angst um ihr gemeinsames Kind.
„Sie ... sie hat recht", murmelte eine Stimme wie in Trance, die ihn an seine eigene erinnerte. Irritiert sah er auf und wollte einen Moment lang wirklich zurückweichen, ehe er sich wieder voll im Griff hatte. Er wußte ja, daß Vashtu mit seinem Doppelgänger geflüchtet war.
„Er hat das gesagt. Die wollen Ihr Kind", fuhr Sheridan fort und winkte mit der Waffe auf den bewußtlosen Mann hinunter. „Seine Augen ... die leuchteten immer wieder."
„Er ist ein Goa'uld!" zischte Vashtu.
John packte ihr Handgelenk, auch wenn er wußte, ließ sie es nicht zu, würden seine Bemühungen, sie von dem Trustmitglied zu trennen nicht nur tödlich für ihr Opfer sein, sondern auch absolut sinnlos sein.
„Dann sollten wir beide Jordan helfen und hier nicht Goa'uld töten, denkst du nicht?" fragte er leise. „Laß ihn los, Vash, bitte."
Und er konnte tatsächlich ihre Hand von dem Bewußtlosen lösen, sie langsam heben.
„Der ... der Hunger ..." wisperte Vashtu wie abgehackt.
„Ich weiß, Vash, ich weiß", gurrte er beruhigend, beugte sich langsam vor und zog sie in seine Arme. „Ich weiß es, glaube mir. Du läßt mich teilhaben an deinem Schmerz."
Und so war es auch. Die letzte Meile hatte er sich an diesem eigenartigen Feuer in seinem Inneren orientiert und geahnt, was dieser Schmerz zu bedeuten hatte. Gewußt hatte er es nicht, nein, aber nachdem er Vashtu auf dem Sumpfboot gesehen hatte, hatte er es geahnt.
So viele Jahre in der Pegasus-Galaxie, und nun erlebte er das erste Mal, wie es sich für die Wraith anfühlte, wenn sie hungerten. Und er konnte sehr gut verstehen, warum sie diese Schreckensherrschaft errichtet hatten in all den Jahrtausenden, in denen sie die beherrschende Rasse gewesen waren.
Vashtu preßte sich eng an ihn, vergrub ihr Gesicht an seiner Brust. Ihre Schultern bebten leise.
„Großer Gott!" hörte er Caine keuchen. „Was ist hier passiert?"
„Dieses Monster, das ist passiert!" antwortete eine ihm unbekannte Stimme, wahrscheinlich die des zweiten Verfolgers.
John blickte auf und fixierte den Kerl. „Sie ist menschlicher als einer von euch je sein könnte, viel menschlicher!"
Caine hatte Sheridan die Waffe abgenommen und den zweiten Angreifer mit Handschellen gefesselt. Zumindest schien der Polizist einmal gute Arbeit zu leisten ...
„Dann hätten wir jetzt wohl einiges zu verarbeiten, was, Mike?" wandte Caine sich in genau diesem Moment an Sheridan. „Unerlaubter Waffenbesitz, Entführung, Sachbeschädigung ... und nicht zuletzt die Morde ..."
„Lassen Sie ihn in Ruhe! Er hat schon genug gelitten!" fauchte Vashtu in diesem Moment und blickte auf. „Die Waffe haben wir diesem hier", sie nickte auf den Bewußtlosen hinunter, „abgenommen, das werden die Fingerabdrücke mit ziemlicher Sicherheit auch beweisen. Ich wüßte auch nicht, wen Mike entführt haben sollte. Wenn überhaupt, dann war es eher umgekehrt. Und das Boot habe ich gesteuert, er saß nur mit drin. Also lassen Sie ihn in Ruhe."
Caine nahm sich in einer bezeichnenden Geste die Sonnenbrille ab und sah auf sie hinunter. „Und Sie dürften damit Colonel oder Doktor Vashtu Uruhk sein, ja? Haben sich ein bißchen verändert, wenn ich das anmerken darf."
Vashtu starrte einen Moment auf das Drahtgestell, das Caine wie auffordernd vor den Körper hielt, dann griff sie unversehens nach der Sonnenbrille und rappelte sich auf die Beine. „Das ist das, was von mir übrig ist, nachdem man mir mehrere Tage lang Drogen und irgendwelche anderen nicht zugelassenen Arzneien verabreichte", antwortete sie, setzte sich die Brille selbst auf die Nase. „Das tut gut! Das Licht schmerzt in den Augen."
„Sie haben gerade einen Polizeibeamten bestohlen!" begehrte Caine auf.
John mußte trotz dem Ernst der Lage grinsen, als er einen Blick auf ihre Miene erhaschte. Auch wenn sie im Moment eine Wraith war, ihre Mimik hatte sie beibehalten.
„Sehen Sie es als Leihgabe. John, wir müssen los. Mike?"
Dieses Mal allerdings staunte John nicht schlecht, als Sheridan sich anstandslos einreihte und der Antikerin ohne jedes Murren folgte. Erst dann kam ihm ein Verdacht, während er nun selbst wieder auf die Beine kam.
„Wir schicken Ihnen Verstärkung", wandte er sich an Caine, ehe er den beiden folgte.
Caine sah ihm sichtlich irritiert nach, wußte im Moment wohl allerdings auch nicht so recht, was er darauf erwidern sollte. Vashtu hatte ihm offensichtlich ziemlich den Wind aus den Segeln genommen.
„Wir müssen auf der Stelle die nötigen Maßnahmen einleiten", wandte Vashtu sich an ihn, nachdem er wieder aufgeholt hatte. „Wir müssen verhindern, daß diese Typen Jordan in die Finger kriegen!"
John zog den Kommunikator aus der Hosentasche. „Wie wär's hiermit?"
***

Flughafen von Miami, eine Stunde später:

Mel Shriner schulterte erneut seine Tasche, als der Aufruf kam, das Flugzeug zu besteigen.
Endlich! Er hatte leider keinen früheren Flug bekommen, dabei wäre er schon wesentlich lieber unterwegs und würde das Kind abholen. Sollten die anderen weiter an der Mutter forschen, deren Genom hatte sich zwar als stabil, aber auch als alt erwiesen. Was sie brauchten für die Formel der Ewigen Jugend waren aber eben auch junge Zellkerne. Und, da war Shriner sich sicher, in Jordan Uruhk würde er genau das finden, dieses Quentchen, daß ihm bei ihrer Mutter gefehlt hatte.
Sie waren aufgeflogen, sogar recht schnell. Vor gut einer halben Stunde war die Nachricht durch sämtliche Radios und Fernseher des Flughafens gekommen, daß man zwei mutmaßliche Kidnapper und dringend Verdächtige im Fall der Beach Killer-Morde festgenommen hatte. Dabei aber ließen die diversen Sendeanstalten auch durchblicken, daß für einen der beiden sehr wahrscheinlich das Ende gekommen war. Was genau passiert war, darüber schwieg man sich offensichtlich aus.
Shriner dachte da an einen Schußwechsel mitten in der Klinik, bei der es sicherlich auch noch andere Verletzte gegeben hatte, vielleicht sogar Polizisten. Wünschenswert wäre es zumindest, dann hätte er bei einer möglichen Rückkehr nicht so viel zu befürchten.
Shriner bog um die Ecke und zog sein Ticket und die Bordkarte aus seiner Jackettasche.
Er freute sich schon darauf, Jordan Uruhk das erste Mal zu untersuchen und zu sehen, inwieweit seine Theorien wohl stimmen mochten. Und er war sich ziemlich sicher, da würde eine Menge stimmen. Wenn er es klever anstellte, würde er bald in der Hierarchie aufsteigen innerhalb des Verbundes. Er würde vielleicht zu einem der wichtigsten Mitglieder werden. Wenn er erst die Formel isoliert hatte, über die Uruhk offensichtlich gestolpert war, dann ...
Als er den Vorraum zum Terminal betrat blieb er wie angewurzelt stehen und starrte einen Moment lang die beiden Angestellten der Fluglinie an, die hinter einem Tresen darauf warteten, daß die Passagiere eincheckten.
Beide drehten sich zu ihm um, als er sich nicht weiter bewegte, und starrten ihm mit gelben, emotionslosen Augen entgegen. Ihre Haut war fahlgrün und glänzte.
Shriner wurden die Knie weich und er tat einen wackeligen Schritt zurück.
„Mel, schön, daß ich Sie vor Ihrer Abreise noch treffe", wandte sich plötzlich eine Stimme an ihn, ihre Stimme, um genau zu sein.
Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung wahr, dann schob sich langsam ihr Gesicht in sein Blickfeld und ließ ihn schlucken. Auch sie war zu einem grünen Monster mutiert.
Großer Gott! Was hatte er da getan?
Nein, das konnte unmöglich an den Injektionen liegen. Die anderen waren zwar auch mutiert, aber längst nicht so stark wie sie sich jetzt zeigte.
„Na sowas, Dr. Shriner, nett, daß wir uns noch einmal sehen. Auch auf dem Weg nach Norden?" fragte von der anderen Seite eine männliche Stimme.
Shriner wandte zentimeterweiße den Kopf ... und dann begann er zu schreien, als sein Verstand aussetzte.
Überall um ihn herum waren diese grünhäutigen Wesen und begegneten ihm mit ihren gelben, unmenschlichen Augen ...
***

Zeitungsmeldungen vom nächsten Tag:

Morde aufgeklärt - Mutmaßlicher Serienmörder erleidet Nervenzusammenbruch

Wie die Zollbehörden des Flughafens mitteilten, wurde am gestrigen Nachmittag ein Mann festgenommen, der nach Angaben des letzten und überlebenden Opfers des Beach Killers für die Morde an dreizehn jungen Frauen verantwortlich war (wir berichteten fortwährend). Offensichtlich handelt es sich bei dem Verdächtigen, der sich den Behörden gegenüber geständig zeigte, um einen angesehenen Geschäftsmann und Wissenschaftler aus Miami.

„Dank der guten Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichsten Behörden gelang uns der Zugriff noch ehe der Verdächtige sich absetzen konnte", kommentierte die zuständige Ermittlerin, Ms. Calleigh Duquesne, den Erfolg ihrer harten Ermittlungsarbeit.
Der mutmaßliche Killer mußte währenddessen in die Geschlossene Abteilung gebracht werden, da er offenbar an einem akuten Nervenzusammenbruch leidet. Eine baldige und vollständige Genesung ist aufgrund des schnellen Eingreifens wahrscheinlich.
+++

Entführung verhindert

Wie die Polizei von Madison, Wisconsin meldet, konnte am gestrigen Nachmittag die Entführung eines fünfjährigen Kindes erfolgreich verhindert werden. Besonders hervorheben möchte der Sheriff vor allem die gute Zusammenarbeit mit der Air Force, von der er offenbar von der drohenden Verschleppung erfahren hat.
Die Eltern des Kindes sind zur Zeit noch in Miami, Florida, wo sich die Mutter von einer schweren Erkrankung erholt. Ihr Kind hatten die Eltern auf einen Besuch zu Freunden geschickt, so ein Sprecher der hiesigen Air Force-Base.
Über die näheren Umstände des verhinderten Verbrechens gibt es bisher noch keine Angaben.
***

CSI-Labor, Miami-Dade, zwei Tage später:

Jack betrat als erster den Raum und sah den Vieren, die da am Tisch saßen, mit Pokerface entgegen. Die Hände hinter dem Rücken kreuzend schritt er auf sie zu, blieb dann stehen.
„Darf ich vorstellen", sagte er. „Mich dürften sie ja kennen, und auch Major Storm dürfte Ihnen noch ein Begriff sein. Ex-Polizei-Sergeant Hernan dagegen kennen Sie noch nicht."
Letzterer nickte und stemmte die Hände in die Hüften, während sein Blick fachkundig über die vier Anwesenden glitt, jeden genau abwägend und prüfend.
„Sergeant, das sind David Sheppard und Dr. Theodor Hehnenburgh. Von der hiesigen Polizei sind anwesend Ms. Calleigh Duquesne und Lieutenant Horacio Caine. Wegen letzteren habe ich Sie extra kommen lassen von der Außenbase."
Hernan wechselte mit Storm einen Blick, dann trat er näher. „Was Sie jetzt erfahren werden oder bereits erfahren haben, muß von Ihnen geheim gehalten werden. Und, und das vor allem, Sie haben noch nie einen von uns gesehen oder gesprochen. Wir sind nichts als Schatten für Sie, allerhöchstens Alpträume in einer dunklen Stunde. Und sollten sie jemals auch nur den Mund aufmachen, schwöre ich Ihnen, reiße ich ihnen persönlich die Zunge heraus, auch wenn ich erst vom anderen Ende der Milchstraße kommen muß!"
Horacio Caine starrte seinen Ex-Kollegen böse an. „Was wollen Sie von uns?"
Jack nickte, legte seinem zivilen Sicherheitschef eine Hand auf die Schulter. „Zunächst einmal ... sollten Sie sehr tief in sich gehen, Lieutenant Caine. Und dann werden Sie wohl selbst erkennen, was Sie sich da mit Sheppard und diesem Sheridan geleistet haben. Was haben Sie eigentlich gegen letzteren? Der ist doch ganz nett und kann sicherlich keiner Fliege was zu leide tun."
„Sheridan ist ein Frauenprügler!" begehrte Caine sofort auf.
Jack seufzte.
Gut, Sheridan mochte FRÜHER ein Frauenprügler gewesen sein, jetzt allerdings ... ? Er konnte zwar nichts beweisen, aber nach seiner Befragung war er sich ziemlich sicher, daß da eine bestimmte, zur Zeit etwas veränderte Person ein wenig im Gehirn dieses Mannes herumgestochert hatte. Wundern würde ihn es zumindest nicht. Man wußte ja seit Jahren, daß da eine latente telepatische Begabung in ihr schlummerte.
„Was ist mit Genelab?" wagte Dave Sheppard sich vor. „Was ist mit meinen Investitionen?"
Das allerdings war ein Punkt ...
„Ich fürchte", meldete Storm sich zu Wort, „von Genelab ist inzwischen nicht mehr sehr viel übrig Mr. Sheppard. Die gesamte Firmenstruktur war durchzogen von gesetzeswidrigen Individuen und Praktiken. Ms. Duquesne hat einen dementsprechenden Bericht von mir erhalten. Sie können jederzeit Akteneinsicht fordern. Allerdings ... bisher gelten nach allen Nachforschungen Sie, Mr. Sheppard, und Sie, Dr. Hehnenburgh, als eine Art stille Teilhaber. Wenn sie sich jetzt entschließen, ihre Meinung zu ändern, könnte auch Ihnen noch eine nicht geringe Haftstrafe drohen."
Dieses Gesicht, davon war Jack überzeugt, war es wert, jede einzelne dröge Akte, die er in den letzten Tagen gelesen hatte. Nur diese Miene von Dave Sheppard wog all die Paragraphen und einschläfernden Berichte wieder auf.
Hehnenburgh stöhnte schmerzerfüllt und barg das Gesicht in den Händen.
„Dr. Hehnenburgh, Ihnen kann ich den Vorschlag unterbreiten, weiterhin auf Ihrem Gebiet tätig zu bleiben ... allerdings nicht mehr als Chef, sondern als Befehlsempfänger. Und ich schätze, wenn es Colonel Uruhk wieder besser geht, wird sie es kaum erwarten können, mit Ihnen zu reden. Wer weiß, wenn Sie bereit sind, könnten Sie mit ihr möglicherweise mitgehen", wandte er sich an den Genetiker.
„Soll das heißen, ich kann mein Geld abschreiben?" begehrte Dave Sheppard auf. Besitzergreifend krallte sich seine Hand in die Schulter des Wissenschaftlers.
„Soetwas bezahlen Sie doch aus der Portokasse", merkte Jack mit einem süffisanten Lächeln an. „Und ja, Sie können das Geld abschreiben. Die Forschungen, die Dr. Hehnenburgh unternimmt, standen von vorn herein unter präsidialer Sicherheitsstufe. Sie haben sich strafbar gemacht ..."
Mit einem Ruck erhob der Geschäftsmann sich und funkelte ihn wütend an. „Ich habe mächtige Freunde, General O'Neill", drohte er unumwunden.
Jack nickte. „Wenn darunter nicht wenigstens der Papst ist denke ich, habe ich die besseren Karten in diesem Spiel. Ich bin persönlicher Berater des Präsidenten, falls Sie das vergessen haben. Mein Wort ist Gesetz."
Sheppard lief dunkelrot an, stürmte dann aber aus dem Raum heraus.
Jack sah ihm einen Moment lang nach, dann wandte er sich noch einmal an Hehnenburgh. „Wie sieht es aus? Kann ich Sie ab nächstem Ersten auf unsere Gehaltsliste setzen oder hätten Sie es lieber auf die harte Tour?"
Der Genetiker starrte ihn an. „Ich ... ja, ich ... ich würde gern, wenn Sie meinen ..."
Ja, diese Wirkung, fiel ihm auf, hatte die Antikerin des öfteren. Möglicherweise sollte er sich doch einmal das Rezept von ihr geben lassen. Was auch immer sie tat, sie konnte sich tatsächlich ihre Mitarbeiter aussuchen.
„Storm?" Jack nickte dem MP zu, der sich daraufhin um den Genetiker kümmerte und ihn aus dem Raum geleitete. Ihnen folgten Hernan und diese hübsche blonde Tatortermittlerin. Sah nicht schlecht aus, das Mädchen ...
Jack räusperte sich und wandte sich wieder Horacio Caine zu. „Sieht aus, als hätten Sie da ein ziemliches Eigentor geschossen, mein Lieber", wandte der General sich an den Polizisten. „Lassen Sie mich Ihnen eines sagen, sozusagen als Lebensweisheit für kommende Zeiten: Wir sind nicht mehr im Wilden Westen und Sie müssen Ihre Stadt nicht allein vor den Bösen Buben schützen, Caine. Ein wenig Zusammenarbeit tut meistens gut. Für dieses Mal habe ich noch ein Wort beim Polizeipräsidenten für Sie eingesetzt, beim nächsten Mal dagegen ..."
„Es steht immer noch die Sache mit dem Helikopter aus", merkte Caine an.
„Wir hatten eine Genehmigung. Der Eigentümer des Fluggerätes ist mir persönlich bekannt. Guten Tag, Lieutenant." Jack tat etwas sehr untypisches: Er setzte seine Sonnenbrille auf, ehe er sich umdrehte und den Raum verließ.
Horacio Caine blieb allein zurück und kochte leise im eigenen Saft ...

***

SGC, eine Woche später:

John konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, als er die Krankenstation betrat und gleich von einem Wortgefecht begrüßt wurde.
„Sie können nicht so einfach aufstehen, Colonel. Immerhin könnte es zu einem Rückfall kommen. So viel Erfahrung haben wir nun auch wieder nicht mit Ihren Verwandlungen", hörte er gerade den klaren, englischen Akzent des britischen Chefarztes aus Vineta. Anne Stross hatte darauf bestanden, daß er herkam und sich persönlich um Vashtu kümmerte, solange die eben nicht ganz menschlich war.
„Pete, es geht mir wieder gut. Das letzte Mal hat es auch in etwa eine Woche gedauert. Also dürfte die Gefahr gebannt sein", entgegnete Vashtus Stimme.
„Nichts da, zurück ins Bett, aber sofort! Das fehlte noch! Ich muß erst noch einmal Ihre Vitalwerte und Ihr Blut untersuchen."
„Hey, Sie haben mir in der letzten Woche mindestens drei Liter abgezapft! So schnell kann ich das gar nicht nachproduzieren!" beschwerte die Antikerin sich.
John lugte um die Ecke und nickte dem anderen Patienten grüßend zu, der mit einem breiten Grinsen auf der Pritsche lag und darauf wartete, daß man sich auch wieder um ihn kümmerte.
Eigenartig ... dabei war doch alle Welt so sicher gewesen, daß ausgerechnet dieser Mann nicht in der Lage sein würde, jemals ein normales Leben zu führen nach dem, was er in den letzten Jahren angestellt hatte.
John schob den Gedanken zur Seite, als Dr. Caroline Lam aus dem Schwesternzimmer kam und ihn kurz grüßte, ehe sie zu ihrem Patienten trat.
John hob die Brauen, sagte aber nichts dazu. Statt dessen trat er um die Trennwand herum und nahm die Szene in sich auf, die sich ihm gerade präsentierte:
Vashtu, die halb aus dem Bett gekrabbelt war und ihren Arzt jetzt wütend anfunkelte. Und über sie gebeugt und die Arme ausgestreckt, als wolle er ein wildes Pferd einfangen, Doktor Peter Grodin, der ihren Blick mit nicht sehr viel weniger Energie erwiderte.
„Hallo Vash, wie geht's?" begrüßte John die Antikerin locker, nickte Grodin zu. „Pete?"
Vashtu sah wieder wie ein Mensch aus. Selbst ihre Haut hatte in den letzten zwei Tagen den letzten Hauch von grünlichem Schimmer verloren. Einzig zwei schmale Narben beiderseits ihrer Nase erinnerte noch an das Intermezzo, daß sich ihnen wohl allen ins Gedächtnis gebrannt hatte.
„Hallo John. Wie geht's Jordan?"
John seufzte, ließ sich auf der Bettkante nieder und griff nach Vashtus Hand, um sie liebevoll zu drücken. „O'Neill hat darauf bestanden, sie abzuholen", antwortete er.
Grodin las noch einmal die Werte ab, dann verschwand er, ein Klemmbrett unter dem Arm, Richtung Schwesternzimmer.
„Pete hat sich über die 'mittelalterliche Einrichtung' beschwert", kommentierte Vashtu, die sich erst mit langem Hals überzeugt hatte, daß ihr Leibarzt auch tatsächlich außer Hörweite war.
John schmunzelte. „Naja, bei euch hat er wesentlich effizientere Geräte, das weißt du doch."
„Aber in Vineta beschwert er sich immer, daß ihm die Sachen zu kompliziert wären. Ich schätze, ihm kann man es nie recht machen."
John nickte, musterte sie dann forschend. „Und jetzt ist alles vorbei?" fragte er leise.
Die Antikerin beugte sich vor, musterte ihn mit schmalen Augen. „Ich habe zumindest keinen Hunger auf deine Lebensjahre mehr, wenn du das meinst", antwortete sie.
John ließ sich das nicht zweimal sagen. Auch er beugte sich vor und küßte sie endlich.
Was hatte er das in den letzten Tagen vermißt! Grodin hatte darauf bestanden, daß sie beide Abstand zueinander hielten und auch keine Zärtlichkeiten austauschen durften. Es mochte ja immerhin sein, daß das Liebesspiel der Wraith nicht unbedingt tragbar war für irdische Männer ... Weiter wollte John gar nicht denken.
Vashtu strahlte ihn an, als sie beide sich endlich wieder voneinander lösten. Ihre Wangen waren ein kleines bißchen gerötet und in ihren Augen lag ein zärtlicher Schimmer. „Hoffentlich läßt Pete mich bald hier heraus", flüsterte sie.
John hob wieder die Brauen.
Schritte näherten sich ihnen und sofort rückten sie beide wieder voneinander ab, während Grodin nun noch einmal kurz das Abteil betrat und die Akte zurücklegte auf den Herz-Kreislauf-Monitor. Dann ging der Mediziner wieder.
„Gekommen bin ich mit Jordan, gehen werde ich mit noch zwei Herren", bemerkte Vashtu, während sie nachdenklich dem Mediziner nachsah. „Naja, ich habe zumindest endlich Verstärkung für mein Team."
John schürzte die Lippen. „Dann wird Hehnenburgh nach Vineta gehen?"
„Genelab ist pleite nach dem, was der Goa'uld in Shriner angerichtet hat", antwortete die Antikerin schulterzuckend. „Und Hehnenburgh ist brilliant. Warum sollte ich jemanden wie ihn auf der Erde vergammeln lassen?"
John schmunzelte wieder. „Ich schätze, in der nächsten Zeit sollte ich Dave tunlichst meiden. Was denkst du?"
„Schätze ich auch ..." Vashtu sah ihn, wieder ernst geworden, an. „Was machen wir jetzt mit Jordan?"
Das allerdings war ein wirklich leidiges Thema, auf das John nun wirklich keine Antwort hatte.
„Ich weiß, es ist feige, aber vielleicht sollten wir es im Moment lassen wie es ist", schlug die Antikerin zögernd vor. „Ich meine, sobald Jordan auf die Highschool kommt, können wir uns noch einmal darüber unterhalten, aber jetzt ..."
„Im Moment geht das ohnehin nicht. Nicht nach dem ganzen Staub, der aufgewirbelt wurde. Behalt sie erst einmal in Vineta, Vash. Das ist in Ordnung." John nickte. „Außerdem habe ich George endlich erreicht gestern abend. Er hat sich da wohl eine Verehrerin angelacht und deswegen nicht wirklich Zeit."
Vashtu lächelte versonnen. „Ich würde es ihm gönnen nach allem, was er hat durchmachen müssen."
John nickte, verdrehte kurz die Augen in Richtung auf das andere Abteil. „Und was ist mit ihm? Du hast in seinem Kopf ja für ziemliches Chaos gesorgt, weißt du das?"
Vashtu lächelte halbherzig. „Jetzt kann ich es auf jeden Fall nicht mehr rückgängig machen, wenn du das meinst. Sieht aus, als müßte Mike der bleiben, der er jetzt ist: ein netter, wenn auch bisher im Leben eher glückloser Mann, der momentan noch keine Bindung hat."
John beugte sich interessiert vor. „Und was macht er dann ausgerechnet hier?" flüsterte er.
„O'Neill hat ihn hergeholt nachdem er diesem Caine noch eine ziemliche Gardinenpredigt gehalten hat", antwortete Vashtu ebenso leise. „Und wenn ich mir ansehe, wie oft Lam in seinem Abteil verschwindet ..."
„Mummy! Mummy!" rief in diesem Moment eine fröhliche Kinderstimme, untermalt von einem hellen Kläffen.
John und Vashtu rissen einhellig die Augen weit auf, gerade als ein kleines, schwarzhaariges Kind um die Trennwand stolperte, einen jungen, schwanzwedelnde Welpen im Schlepptau, der fröhlich bellend und kläffend das Krankenbett zu umrunden begann. Jordan dagegen nahm sofort die Matratze in Angriff und kletterte tapfer hinauf, um sich dann ihrer Mutter an die Brust zu werfen und sie fest zu umarmen.
„Ich hab dich so vermißt!" gestand das kleine Mädchen, reckte den Kopf in den Nacken und strahlte mit einer neu entstandenen Zahnlücke zu seiner Mutter hoch.
Vashtu hatte die Augen aufgerissen, erwiderte jetzt aber den Blick und zwinkerte. „Da kommt doch Onkel Devitot wohl wieder vorbei, wie?" fragte sie, gerade als Jack um die Trennwand herumlugte.
John hatte währenddessen den Welpen eingefangen und hielt das kleine, zappelnde Energiebündel in den Armen, während er nun ebenfalls von Jordan begrüßt wurde.
„Wie geht es?" ließ der General sich schließlich vernehmen.
John tauschte mit Vashtu einen Blick, während der Welpe seine Hände beleckte.
„Hatten wir nicht einen Beschluß gefaßt, was das Thema Hunde angeht, Sir?" fragte die Antikerin schließlich.
„Ein Kind braucht einen Hund, das ist ein Gesetz auf der Erde", behaarte Jack, trat jetzt tapfer näher.
„Nur wächst Jordan nicht auf der Erde auf, Sir", wandte John ein.
„Dann werden Atlantis und Vineta sich wohl an einen tierischen Mitbewohner gewöhnen müssen, Sheppard." Jack kreuzte die Arme vor der Brust.
„Er heißt Jacky", erklärte Jordan voller Stolz.
John und Vashtu wechselten einen vielsagenden Blick.
Jack O'Neill betrachtete die kleine Familie, zog sich dann lächelnd zurück.
Ja, er hatte richtig gehandelt, als er sich auf die Seite der beiden gestellt hatte, nachdem die Antikerin aufgetaucht war. Er hatte es von Anfang an gewußt, die beiden waren füreinander bestimmt. Nichts würde sie wirklich trennen können, davon war er überzeugt.
Jack schmunzelte, als er die Krankenstation verließ. Er hatte da noch einen dringenden Termin, den er unbedingt einhalten sollte. Immerhin ging es um die Zukunft der Menschheit ...

ENDE

13.08.2009

Der Jungbrunnen VI

John floh beinahe aus dem Wagen, sobald O'Neill angehalten hatte. Dem General schien es sicherer, wenn er fuhr. Immerhin war sein Führerschein wohl nicht abgelaufen wie der von John ...
Jetzt stand er in einer Auffahrt, sah sich etwas hilflos um. Einige moderne Bauten wiesen darauf hin, daß sich das Geschäft hier, mitten in den Everglades, doch wohl lohnte. Die Auffahrt war, wie eine dieser Villen aus alten Hollywoodschinken, groß und ausladend angelegt, mit einem überdimensionalen Blumenbeet inklusive Springbrunnen in der Mitte.
John rieb sich die Arme, als sei ihm kalt. Dann hatte er endlich einen Mann ins Auge gefaßt, unter dessen Sakko sich der Griff einer Waffe abzeichnete und in dessen Ohr einer dieser Ohrstöpsel steckte, wie sie immer wieder gern von den verschiedenen Geheimdiensten benutzt wurden. Um das Klischee voll zu machen hatte der Sicherheitsmann auch noch eine Sonnenbrille auf der Nase.
Gute Idee, ging John auf. Während er langsam zu dem anderen hinüberging und dabei kurz nach O'Neill sah, der den Wagen abstellte, holte er seine Sonnenbrille aus der Brusttasche und setzte sie sich auf die Nase.
„Kann ich Ihnen helfen, Sir?" wandte der Wachmann sich sofort an ihn, als er in dessen Nähe kam.
John blieb stehen, zückte den niegelnagelneuen Ausweis und hielt ihn dem anderen hin.
„Colonel John Sheppard, USAF", stellte er sich vor. „Sir, ich hätte da einige Fragen, eine Vermißte betreffend."
Mr. Security seufzte, verzog dann die Lippen. „Hören Sie, Colonel Sheppard von der USAF, die Polizei war schon mehrmals da und ich kann Ihnen nur das gleiche wie denen sagen: Keines ihrer Mordopfer hatte ein Zimmer in diesem Hotel. Für alles andere wenden Sie sich bitte an den Ältestenrat des Stammes."
John verstaute den Ausweis wieder und nickte, während er jetzt ein Foto von Vashtu aus seiner Brieftasche holte. „Es ist nur eine Frage, aber haben Sie vielleicht diese Frau gesehen?" Er hielt dem anderen das Bild unter die Nase und hoffte einfach nur das beste.
„Habe ich mich nicht gerade klar und deutlich ..."
„Wow, wer kommt denn mit einem Heli hier heraus?" unterbrach O'Neills Stimme das Abwiegeln.
Johns Blick irrte einen Moment lang ziellos hin und her, ehe er fand, was der General gemeint hatte: Ein äußerst gepflegt wirkender Helikopter dümpelte hinter den letzten Wirtschaftsgebäuden in einem Wasserarm und wartete offensichtlich nur darauf, daß irgendjemand ihn startete.
„Das ist vertraulich", wandte Mr. Security sich nun an O'Neill.
Der nickte, trat an Johns Seite. „Och, wissen Sie, kann doch nicht schaden, wenn Sie ein bißchen angeben", befand er.
„Bedaure, Sir", wiederholte Mr. Security und schüttelte ansatzweise den Kopf. „Einige unserer Kunden legen besonderen Wert auf Diskretion und Unabhängigkeit. Sie wissen sicher, wie es ist, über Nacht ein Star zu sein ..."
In O'Neills Gesicht zuckte nicht ein Muskel. „Um ehrlich zu sein nicht", antwortete er, zog jetzt seinerseits den Ausweis. „Major General Jack O'Neill von der Air Force. Der Colonel und ich sind auf der Suche nach einer vermißten Offizierin, die wir gern wieder hätten. Sehen Sie sich das Foto doch noch einmal an."
In weiter Ferne heulte plötzlich ein Motor auf.
John zuckte zusammen. „Was war das denn?"
„Ein Sumpfboot", Mr. Security war weiterhin die Ruhe selbst, doch zumindest hatte er jetzt einmal das Foto in die Hand genommen und schien es zu studieren. „Wenn es windstill ist wie heute kann man die Dinger meilenweit hören. Die Naturschutzbehörde versucht seit Jahren, die Boote aus dem Verkehr zu ziehen. Angeblich werden die Tiere von dem Lärm krank."
John wollte schon nicken, als er plötzlich noch einmal zusammenzuckte, und noch einmal. Beim dritten peitschenden Knall aus weiter Ferne fuhr er zu O'Neill herum, der ebenfalls lauschte.
„Das waren Schüsse!"
Was, wenn genau in diesem Moment auf Vashtu geschossen wurde? Was, wenn sie verletzt war und dringend Hilfe brauchte? Was, wenn ... ?
Der Lärm des Sumpfbootes wurde lauter und lauter. Und dann ...
John riß die Augen auf und strengte sich an, so gut er eben konnte.
Er fühlte sie! Vashtu war hier, ganz in der Nähe. Und sie kam näher und näher und ...
Das Boot mit dem überdimensionalen Rotor am Heck und dem extrem niedrigen Tiefgang tauchte so plötzlich auf, daß John, hätte er nicht Ausschau nach ihr gehalten, sie gar nicht bemerkt hätte. Sie hockte wie auf einem Referee-Stuhl direkt vor dem Rotor und steuerte ganz offensichtlich das Boot. Und ... es stimmte etwas mit ihrer Hautfarbe nicht!
Den Mann, der auf einem der beiden unteren Sitze hockte nahm John nur am Rande wahr, er sah einzig und allein Vashtu, wie sie das fremdartige Gefährt steuerte, an ihm vorbeifuhr und dem Kanal weiter folgte.
Dem Sumpfboot dicht auf den Fersen war ein normales kleines Boot mit Außenbordmotor, in dem zwei Menschen saßen: Einer hinten, der das Gefährt steuerte, einer hockte vorn im Bug und ...
John wirbelte zu O'Neill herum. „Sie ist es!"
Der General sah den beiden Wasserfahrzeugen besorgt nach. „Gehen Sie schon", sagte er.
John jagte los, bis zum Helikopter, der am einzigen Pier des Casinos vertäut lag. Kurz sah er sich suchend um, dann öffnete er die Tür und kletterte in das Innere des Fluggerätes.
Wie war das noch?
John stockte einen Moment, dann begann er so schnell wie möglich die nötigen Hebel und Schalter umzulegen, um den Motor starten zu können.
Himmel, er war jahrelang nicht mehr mit einem Heli unterwegs gewesen, ging ihm auf.
Als er kurz nach draußen sah konnte er beobachten, wie der Security-Mann auf O'Neill losging, der ihn offensichtlich davon abhalten wollte, ihn, John, wieder aus dem kostbaren fliegenden Untersatz eines der besser situierten Kunden des Casinos zu zerren. Und er sah, wie ein weiterer Wagen oben an der Zufahrt anhielt und ein rothaariger Mann, der ihm inzwischen leider mehr als bekannt war, auf ihn zuhielt, die Hand am Holster.
John fluchte, nahm den Knüppel in die Hand.
Er würde Vashtu folgen, und wenn es das letzte war, was er je tun würde. Er würde nicht weiter danebenstehen und zusehen, wie sein Traum von einer Familie zerplatzte, ehe sie drei ihn richtig genießen konnten.
John gab vorsichtig Gas. Der Heli ruckte nach vorn, schwenkte dann zur Seite.
Da wurde die Tür auf der anderen Seite aufgerissen und der rothaarige Polizist, der ihn gestern den ganzen Tag bearbeitet hatte, kletterte wenig elegant auf den Kopilotensitz.
Der Helikopter kam endlich vom Kai los und schwenkte auf die offene Wasserfläche.
„Können Sie denen hinterher?" brüllte Caine ihn an.
John kniff die Lippen aufeinander, nickte aber stumm. Der Polizist schien ihn noch nicht erkannt zu haben, ein Umstand, den er sich zu nutze machen wollte, solange er eben dauern würde.
Der Helikopter unter ihm bebten einmal, zweimal, dann verlor das Fluggerät den Boden, respektive Wasserkontakt.

***

Mike wurde übel bei dieser rasanten Fahrt durch eines der Feuchtgebiete der riesigen Everglades. Nicht nur, daß er von dem ganzen Spritzwasser inzwischen tropfnaß (und wahrscheinlich von diesen ... Amöben für den Rest seiner Tage verseucht) war, diese Frau, die er aus Zimmer 113 befreit hatte, fuhr wie eine Wahnsinnige. Vielleicht, ging es ihm durch den Kopf, wollte sie sie beide tatsächlich umbringen. Potenzial in diese Richtung konnte er ihr jedenfalls nicht absprechen.
Andererseits war ihm jetzt schon mehr als eine Kugel um die Ohren geflogen, und das Boot, das an ihnen klebte wie angekoppelt, war bedrohlich nahe.
Jedenfalls, so schloß Mike aus dem Gesicht der Frau, das hochkonzentriert war, schien sie soetwas nicht zum ersten Mal zu tun. Vielleicht nicht unbedingt mit einem Sumpfboot, aber die Art, wie sie das Wasserfahrzeug steuerte, verriet, daß sie sich mit Verfolgungen auskannte - jedenfalls damit, gejagt zu werden.
Ein Helikopter tauchte über ihnen auf, zog dann nach rechts weg, um kurz darauf zurückzukehren.
Die Fremde legte den Kopf in den Nacken, dann konzentrierte sie sich wieder auf den Weg und ließ das Boot einen Haken schlagen.
„Scheiße! Paß doch auf!" brüllte Mike, als er sich plötzlich dem Mann im Bug des Bootes gegenübersah.
Der kam ihm bekannt vor. War das nicht ... ?
Der nächste Haken, während schon wieder der Helikopter über ihnen klebte.
Mike prustete sich das Wasser aus dem Mund, in der Hoffnung, so eine innere Verseuchung verhindern zu können. Das fehlte ihm gerade noch! Diese komischen Miniviecher, wie sie in ihm herumschwammen und noch mehr Schaden anrichteten.
Das Boot machte den nächsten Schlenker, und allmählich ging ihm auf, wohin die Fremde wollte: Ein kurzes Stück weiter vorn begann einer der Magrovensümpfe der Everglades, Süßwassermangroven, um genau zu sein. Vom Delta zum Golf waren sie noch meilenweit entfernt ...
Riesige Bäume, deren Bezeichnung Mike nicht kannte, ragten bis dicht über die Wasserfläche und würden verhindern, daß der Helikopter sie weiter verfolgen konnte. Blieb dann nur noch das Verfolgerboot - und irgendwie war er sich ziemlich sicher, daß sie auch dafür eine Lösung finden würde ...
Der nächste Schuß schrammte über die Aufhängung des Pilotensitzes und ließ Mikes Zähne schmerzen. Das laute Quietschen war selbst über den Lärm des Propellers zu hören.
Das Boot schlug den nächsten Haken und er wurde allmählich seekrank.
Dem Piloten des Helikopters schien ebenfalls aufzugehen, daß er bald nicht mehr weiterkonnte, den plötzlich tauchte das Fluggerät direkt vor ihnen auf, vielleicht einen oder zwei Meter über der Wasseroberfläche, die die Rotoren aufpeitschten.
Mike riß die Augen ungläubig auf, als er erkannte, wer da auf dem Copilotensitz saß. Den Piloten dagegen konnte er nicht ausmachen, die Sonne strahlte zu sehr. Dafür aber erkannte er seine persönliche Nemesis: Horacio Caine, der gerade damit beschäftigt zu sein schien, die Tür auf seiner Seite zu öffnen.
„Das ist die Polizei!" brüllte Mike nach hinten, doch die Fremde hörte nicht.
Mit einem halsbrecherischen Schlenker umkurvte das Sumpfboot den tieffliegenden Helikopter und raste dann weiter bis direkt unter die Bäume.
Mike drehte sich wieder um und sah nach oben.
Sie schien voll konzentriert zu sein, behielt die schmale Wasserschneise im Auge, während ihr Kopf kurz mal nach links, mal nach rechts ruckte auf der Suche nach einem Ausweg. Erst im zweiten Hinsehen bemerkte er den Unterschied: Sie hatte sich noch weiter verändert! Ihre Haut war inzwischen wirklich hellgrün und glänzte. Und an beiden Seiten ihrer schmalen Nase befanden sich zwei hellrote Striche, sehr schmal und wie aufgemalt wirkend. Und ihre Augen ... Waren die nicht bis vor einer Stunde dunkel gewesen?
Sie riß das Boot aus der Fahrrinne und ...
Mike krallte sich an seinem Sitz fest, als er erkannte, daß sie über eine der natürlichen Erdwälle in einen anderen Kanal wechseln wollte.
Theoretisch war das möglich, das wußte er. Sumpfboote konnten sich kurzfristig über Land fortbewegen, da sie keinen tiefen Kiel oder gar ein Schwert besaßen. Andererseits ...
Er hatte keine Zeit mehr, dem Gedanken bis zu seinem Ende zu folgen. Das Boot stieß auf Land und arbeitete sich den schmalen Hügel hinauf, um auf der anderen Seite sofort wieder unsanft ins Wasser zurückzuplumpsen.
Er keuchte, drehte sich wieder um. „Bist du wahnsinnig, du Schlampe?" brüllte er sie an. „Du sitzt hier nicht allein!"
Das Adrenalin sang in seinen Adern und er hatte Mühe, seine Lungen mit genug Sauerstoff zu füllen.
„Festhalten!" schrie sie und nahm den nächsten Kanal in Angriff.
Offensichtlich wollte sie soviele Hindernisse wie möglich zwischen sich und ihre Verfolger bringen, ging Mike auf. Vielleicht nicht gerade die kleverste Lösung, bedachte man, daß sie allein durch den Lärm auffielen wie ein bunter Hund. Diese Sumpfboote jedenfalls waren nicht dafür berühmt, daß sie sonderlich gehörschonend waren. Wahrscheinlich konnte man sie noch in einigen Meilen Entfernung hören.
Doch sie beide irrten sich.
Der nächste Erdwall zwischen den Kanälen war zu hoch für das Boot, noch dazu hatte sie wohl irgendetwas übersehen. Jedenfalls verlor sie die Kontrolle über das Fahrzeug, das sich daraufhin gefährlich zur Seite neigte. Der Rotor geriet zwischen die dicken Äste eines uralt erscheinenden Baumes, selbst das Gestänge aus Metall half da nicht mehr viel. Im Holz schien ebenfalls Metall eingegraben zu sein, jedenfalls zersplitterten die beiden Flügel des Propellers noch bevor das Boot sich plötzlich überschlug und irgendwie doch noch auf der anderen Seite ins Wasser rutschte - um gleich unterzugehen, da etwas den Rumpf leck geschlagen hatte.
Mike wurde durch die Wucht aus seinem Sitz geschleudert und landete auf dem Boden neben den Überresten des Bootes. Den Kopf schrammte er sich an einer Luftwurzel an, ein großer Stein bohrte sich in seine Seite. Halb bewußtlos blieb er liegen und mußte warten, bis die Welt aufgehört hatte, sich wie irr um ihn zu drehen.
Er fühlte sich, als hätte er in einem Fleischwolf gesteckt, befand er schließlich, während er sich ächzend auf den Rücken rollte und einfach nur keuchend einatmete.
Er hatte ein Held sein wollen, kein Wunder, daß er dafür bestraft wurde. Er war kein Held, war es auch noch nie gewesen. Er hätte es besser wissen müssen, ehe er loszog auf der Suche nach Julie.
In einiger Entfernung konnte er den Motor des Außenborders hören, der Helikopter dagegen schien verschwunden zu sein.
Dann hörte er das würgende Keuchen - und sofort war die Wut wieder da.
Er rappelte sich, die Schmerzen vergessend, die ihn peinigten, auf und humpelte zu ihr hinüber, um sofort mit einem Fußtritt auf sich aufmerksam zu machen.
Auch sie war wohl aus dem Sitz geschleudert worden, hatte sogar eine weichere Landung als er hinter sich ... sah man von den Dornen ab, die das Gestrüpp, in dem sie gelandet war, an seinen dünnen Ästen hatte. Über seinen Tritt krümmte sie sich zusammen und rollte aus dem Busch heraus, um würgend liegenzubleiben und sich den Magen zu halten.
Hatte er sie nicht in der Seite getroffen?
Egal!
Mike trat über sie und beugte sich hinab. „Du blöde Kuh! Was denkst du dir dabei? Beinahe hättest du uns beide umgebracht!" brüllte er sie an, ballte die Rechte zu Faust und holte aus, um sie ihr mitten in ihr grünes Mutantengesicht zu rammen. Vielleicht würde ihn das ein bißchen von dem Trip runterholen ...
Doch soweit kam er nicht. Gerade als er zuschlagen wollte, riß sie die Augen auf und fuhr ihre Linke aus. Ihre Finger gruben sich schmerzhaft in seine Faust, während sie sich jetzt langsam aufrappelte, ihm den Arm dabei verdrehend.
„Mach das nie wieder, Mike", zischte sie.
Ihre Stimme ... sie klang anders, unmenschlich!
Mike ächzte und versuchte sich irgendwie loszuwinden.
Verdammt, dieses Weibstück war einen Kopf kleiner als er! Das konnte doch nicht wahr sein, was hier gerade geschah.
„Du wirst weder mich noch sonst eine Frau jemals wieder schlagen, hast du verstanden?" knurrte sie, riß ihn herum und warf ihn dabei flach auf den Boden. Nicht einmal einen Atemzug später hockte sie rittlinks auf ihm und ihre rechte Hand drückte sich in seinen Halsansatz, genau dort, wo Adern, Venen sowie Luft- und Speiseröhre saßen. Und augenblicklich fühlte Mike einen schneidenden kalten Schmerz, der seine gesamte Wahrnehmung beanspruchen wollte.
„Nie wieder, hörst du?" knurrte sie, beugte sich zu ihm herunter. „Sonst werde ich dich töten, Mike, verstehst du?"
„Was ... was bist du?" keuchte er. „Was für ein Freak ... ?"
Weiter kam er nicht, den augenblicklich überstieg der Schmerz alles, was er geglaubt hatte wahrnehmen zu können. Voller Argonie heulte er auf, bis seine Welt wieder ein wenig klarer wurde.
„Ich bin dein Alptraum, Mike Sheridan", zischte sie in sein Ohr und hob die Rechte, um sie ihm über das Gesicht zu halten.
Die Handfläche war blutverschmiert, doch das war nicht das, was ihn an seinem Verstand zweifeln ließ. Mitten in dieser Innenfläche befand sich ein pulsierender Schlitz, der jetzt ein wenig geöffnet war, so daß er einen Blick auf eine Art spitzer Röhre werfen konnte. Eine LEBENDE Röhre, die sich zurückzog in das Innere der Gliedmaße.
Fauchend kam die Fremde wieder auf die Beine und sah sich um.
Mike tastete mit zitternden Fingern nach der schmerzenden Stelle und fühlte sich bestätigt: es war sein Blut, das an ihrer Hand klebte. Langsam rappelte er sich auf bis in eine kniende Haltung.
„Julie ... war sie blond, mit glatten Haaren? Sehr weiblich und relativ groß?" fragte die Fremde plötzlich in die entstandene Stille hinein.
Mike schluckte, nickte dann aber. Sein Hals schmerzte und er hatte Angst. Angst vor diesem ... Monster! Wie kam er am besten von hier weg? Wie konnte er sich gefahrlos von ihr trennen?
Er wußte es nicht, und als sie sich zu ihm umdrehte und ihn mit ihren kalten, gelben Augen musterte, sank sein Mut unter Null.
Sie hockte sich bei ihm hin, fuhr sich mit der Hand durch ihr wirres, schwarzes Haar. „Ich kann mich ein bißchen erinnern", gestand sie ihm zu wissen. „Und ich weiß, daß ich, ehe ich in diesem Bett aufwachte, am Strand war und dort eine Leiche gesehen habe. Eine Leiche und ... noch jemanden." Sie schüttelte den Kopf.
Mike schluckte, tastete dann nach seiner Brieftasche. „Ich ... hab da ein Foto", flüsterte er heiser.
Sie nickte und beugte sich über ihn, als er ihr die geöffnete Brieftasche hinhielt. Dann wandte sie sich ab und richtete sich auf. Einige Male öffnete sie leicht die Lippen, kniff sie dann wieder zusammen, ehe sie schließlich wieder stumm nickte.
Mike schloß die Augen und wandte sich ab.
„Wir müssen hier verschwinden, ehe die wieder hinter uns herkommen", sagte sie nach einer Weile, in der sie beide nur stumm ihren eigenen Gedanken nachgehangen hatten.
Mike zögerte, rappelte sich aber schließlich wieder auf. Offensichtlich war die Gefahr erst einmal gebannt. Stand zu hoffen, daß das so bleiben würde ...
„Haben die dir das angetan?" fragte er, mutig geworden durch das, was vor einigen Minuten geschehen war.
„Zum Teil. Zu einem anderen steckte es in mir", antwortete sie ausweichend, hielt sich noch immer abgewandt. Jetzt, da ihr Zorn ebenfalls verflogen war, schien es ihr geradezu peinlich, daß er sie sehen konnte.
„Und ... und was ist das jetzt?"
„Die Art meines Körpers, mit Drogen umzugehen", antwortete sie, drehte sich dann plötzlich um und starrte in den Sumpf hinein. „Jemand kommt. Wir müssen verschwinden."
Mike war sicher, er machte gerade einen Fehler, dennoch aber folgte er ihr ohne Widerstand. Im Moment war sie wohl der sicherste Weg zum Überleben - solange sie nicht über ihn herfiel ...

***

John war noch mehrere Runden über das Gehölz geflogen, bis er endlich aufgab. Weder das Sumpfboot noch der Außenborder tauchten zwischen dem dichten Laubdach wieder auf, unter das sie mit Höchstgeschwindigkeit geflohen waren.
Vashtu hatte ihn nicht erkannt, ging ihm auf, während er den Helikopter so nahe wie möglich an dem Gehölz landete. Er hatte direkt vor ihr in der Luft geklebt, doch das Sonnenlicht mochte auf den Scheiben reflektiert haben. Die Antikerin hatte nur einen weiteren Haken geschlagen und war dem Kanal in das Gehölz gefolgt.
John stellte die Rotoren langsam ab und atmete tief durch.
Vashtu war mutiert, sie war, als er sie gesehen hatte, fast schon ein Wraith gewesen. Und er wußte sowohl von ihr wie auch aus den verschiedensten Aufzeichnungen, was das bedeutete: Ganz offensichtlich hatte man die Antikerin unter Drogen gesetzt.
„Wir sollten zurückfliegen", schlug Caine seltsam handzahm vor.
John zögerte einen Moment, als er zum wiederholten Male das Funkgerät betrachtete, öffnete dann aber die Tür auf seiner Seite und verließ den Helikopter.
Vielleicht hätte er den seltenen Flug sogar genießen können, wenn er nicht so in Sorge wäre, ging ihm auf, während er mit langen Schritten den Grashügel in Richtung auf das Wäldchen hinuntermarschierte.
„Hey!" rief Caine ihm nach.
Und wenn schon! Was sollte der Polizist hier draußen unternehmen? Ihn festnehmen und mit Handschellen fesseln? Und wie sollte Caine selbst dann wieder von hier wegkommen?
Johns Lippen verzogen sich zu einem zynischen Lächeln, während er unbeirrbar weiter marschierte.
Er konnte immer noch Vashtus Anwesenheit fühlen, sie war nahe. Aber was er sonst empfand hatte wenig mit dem gemeinsam, wie es sonst war, mit ihr verbunden zu sein. Da war eine eigenartige, unmenschliche Kälte, die von ihr zu ihm hinüberstrahlte und sämtliche Warnsignale in seinem Inneren läuten ließ.
John war klar, was das bedeutete: Die Verwandlung war abgeschlossen und er hatte jetzt das seltene Vergnügen, seine Lebensgefährtin als Wraith-Königin wahrnehmen zu dürfen. Keine sonderlich verlockende Aussicht, aber im Moment alles, was er eben hatte. Dabei hoffte er, die Verbindung zu Jordan würde durch die Entfernung abgeschwächt. Auf keinen Fall sollte das Kind seine Mutter so erleben!
„Hey, warten Sie! Sie können doch nicht so einfach ..."
Schritte näherten sich ihm, dann wurde er unsanft an der Schulter gepackt und herumgerissen.
John preßte die Kiefer aufeinander, nahm sich endlich die Sonnenbrille ab und sah Horacio herausfordernd an.
Der bekam große Augen. „Sie?"
„John Sheppard, immer noch. Und wenn Sie mich jetzt entschuldigen - ich möchte meine Lebensgefährtin wiederfinden und die Kerle, die sie gejagt haben, dingfest machen. Was dann mit ihnen geschieht stört mich nicht weiter." Er riß sich los und wandte sich wieder um.
„Sie haben gerade einen Helikopter gestohlen, Colonel Sheppard. Ich könnte Sie auf der Stelle festnehmen." Caine würde nicht so einfach aufgeben, das war ja klar gewesen.
„Sie sind in dem gestohlenen Helikopter mitgeflogen", entgegnete John, konnte den sehr befriedigten Unterton in seienr Stimme nicht wirklich unterdrücken. „Mitgefangen, mitgehangen."
„Ich bin in einem Einsatz ... Haben Sie überhaupt einen Flugschein?"
„Ich denke, ich bin so ziemlich alles gängige schon geflogen, das es gibt. Was soviel heißt wie: Ja, ich habe einen Flugschein."
„Trotzdem haben Sie ein Fluggerät ohne Genehmigung benutzt und den Flugverkehr dadurch gefährdet, daß Sie ohne Funkkontakt zu einer Flugleitstelle abgehoben sind."
„Ich war nie höher als für einen solchen Fall erlaubt."
Caine kam immer noch hinter ihm her. John hätte den Polizisten am liebsten am anderen Ende des Sumpfes gewußt, aber nun waren sie beide hier und mußten das beste aus iher Lage machen.
Vashtu als Wraith, ein persönlicher Alptraum von ihm wurde Wirklichkeit ...
Wie aufs Stichwort klingelte plötzlich das Handy von Horacio.
John warf einen Blick über die Schulter und nickte befriedigt, als er sah, daß der Polizist angehalten hatte, um das Gespräch entgegenzunehmen. Er selbst tat noch genug Schritte, um außer Hörweite zu sein, ehe er aus seiner Hosentasche den antikischen Kommunikator zog und aktivierte.
„Sheppard, ich versuche schon eine Weile, Sie zu erreichen", meldete sich augenblicklich O'Neill. Der General klang besorgt.
John seufzte, warf einen Blick auf Caine. „Wir haben Vashtu verloren. Sie hat sich in irgendein Gehölz am Kanalrand versteckt. Und ... Sir, Sie sollten sich Genelab noch einmal sehr genau ansehen. Vashtu ist mutiert."
„Mutiert wie ... was?" O'Neill zögerte, ehe er das letzte Wort seiner Frage aussprach. „Mutiert wie ein riesiger Käfer, oder mutiert wie ... ich könnte der Brüller auf der nächsten Halloweenfeier werden?"
„Letzteres. Da sind Drogen im Spiel, Sir", antwortete John. „Jemand sollte nach Jordan sehen, ob es ihr gut geht. Vashtus Empfindungen haben sich in der letzten halben Stunde ziemlich verändert, Sir."
„Kann ich mir denken." O'Neill klang wenig begeistert. „Aber das ist nicht, weswegen wir Sie suchen. Sie haben schon recht, Sheppard. Tatsache ist, einer der Firmengründer von Genelab spielt falsch."
John richtete sich alarmiert auf. „Was meinen Sie?"
„Storm war noch einmal bei Ihrem Bruder, nachdem er die Firmenunterlagen von Genelab kontrolliert hatte", berichtete O'Neill so kurz wie möglich. „Was genau da vor sich geht, wissen wir noch nicht. Aber irgendwie stand Genelab mit dem Trust in Verbindung bis vor einigen Wochen."
John holte tief Atem.
Der Trust! Hatte Storm nicht sogar noch selbst auf der Nemesis davon gesprochen? Diese Vereinigung niederer Goa'uld hatte sich bisher als so gut wie unzerstörbar erwiesen. Und es wußte niemand wirklich, wie viele der außerirdischen Parasiten sich auf die Erde geflüchtet hatten nach dem Ende der Systemlords.
John sah zu dem Wäldchen hinunter und runzelte die Stirn. „Es wäre eine Erklärung für die beiden Typen im Verfolgerboot", räumte er ein.
„Storm ist bereits unterwegs zur Klinik mit einem Team Marines. Wir hätten uns anschließen sollen, allerdings ..."
„Fahren Sie allein, Sir. Ich suche weiter nach Vashtu. Ich bin ihr dicht auf den Fersen."
„Kann ich mir denken ... Wie ist es mit diesem Caine? Der war das doch, der noch in den Heli gesprungen ist als Sie starteten, oder?"
John drehte sich wieder um und beobachtete einen Moment lang Horacio, der immer noch telefonierte. „Den habe ich im Griff, Sir. Aber es sollte wirklich auch nach Jordan gesehen werden. Wenn der Trust dahintersteckt ..."
„Es ist schon ein Team nach Wisconsin unterwegs. Machen Sie sich keine Sorgen." O'Neills Stimme klang beruhigend. „Wird das mit Vashtu wieder werden? Wie weit kann sie mutiert sein nach zwei Tagen."
John seufzte. „Ich weiß es nicht", gestand er schließlich.
„Aber Sie trauen ihr nicht zu, die Seiten zu wechseln, oder?"
„Nein!"
„Sie müssen sich übrigens auch keine Gedanken wegen des ... ausgeliehenen Helikopters machen", wechselte O'Neill das Thema. „Sie werden lachen, die Kiste gehört dem Typen, der Colonel Danning spielt."
John stutzte. „Der wen spielt?"
O'Neill schien sein Fauxpas aufzugehen. „Vashtu wird das verstehen. Wormhole extreme."
Schritte näherten sich.
„Ich muß Schluß machen, Sir. Wir reden später." John deaktivierte den Kommunikator und ließ ihn wieder in seiner Hosentasche verschwinden. „Sehen wir nach, ob wir meine Lebensgefährtin finden", wandte er sich dann so locker wie möglich an Horacio, ging bereits weiter.
Wormhole extreme und eine mutierte Antikerin - vielleicht hätte er sich damals in McMurdo krank melden sollen ...

***

Mike stapfte hinter ihr her, behielt sie immer im Auge.
Kurioserweise schien es ihr nichts auszumachen, daß sie nicht einmal Schuhe trug und ihre OP-Kluft alles andere als widerstandsfähig war in dieser Umgebung. Seine eigenen Phobien dagegen steigerten sich mit jedem Schritt, den er tat.
Wer war diese Mutantin? Wieso war sie so plötzlich von einer normalen Frau zu dem geworden, was er jetzt bewundern durfte? Und warum war sie so stark?
Vor einer kleinen Weile hatte sie zu ihm gesagt, er solle die Beine in die Hand nehmen, gab sie ihm ein Zeichen, weil dann sein Leben nicht mehr sicher sein würde. Sie war nicht weiter darauf eingegangen, WAS genau dann geschehen würde, aber er war sich ziemlich sicher, es hatte etwas mit dem zu tun, was sie ihm bereits gezeigt hatte.
„Wie lange geht das?" brach er die Stille zwischen ihnen.
Sie hob den Kopf, drehte ihn kurz in seine Richtung, ehe sie mit den Schultern zuckte. „Das erste Mal ist es ... vor Jahren passiert", antwortete sie. „Damals dauerte es mehrere Tage."
„So richtig kannst du dich immer noch nicht erinnern, oder?"
„Stimmt." Sie nickte.
„Und was ... was ist das? Ich meine, gibt es solche Wesen wie dich wirklich, ohne daß ihnen irgendwelche Genetika gespritzt werden?"
Sie blieb wieder stehen, ein Fauchen entwich ihren Lippen, während sie die Nase in die Luft hob. „Wraith", antwortete sie endlich. „Sie nennen sich Wraith und es gibt sie wirklich." Unvermittelt drehte sie sich zu ihm um und musterte ihn emotionslos. „Ich bin jetzt eine Königin. Aber ich werde es nicht für immer sein - hoffe ich zumindest."
Mike wich unwillkürlich unter ihrem Blick zurück und holte tief Atem.
„Eigentlich solltest du das alles nicht wissen, Mike Sheridan", fuhr sie fort. „Eigentlich solltest du nicht einmal mich sehen dürfen. Ich bin dir dankbar, daß du mir bei der Flucht geholfen hast, und das ist auch der einzige Grund, aus dem du noch lebst. Ein Frauenprügler wie du hätte es eigentlich wirklich verdient, mein Opfer zu werden. Und langsam kehrt der Hunger zurück." Mit einem kleinen Fauchen bewegte sie sich einen Schritt auf ihn zu.
Mikes Beine wurden weich.
Würde sie ihn jetzt töten? Aber sie hatte ihm das Zeichen nicht gegeben. Sie hatte ihm eine Chance lassen wollen, er sollte überleben.
„Ich habe Julie geliebt!" keuchte er endlich.
Sie blieb wieder stehen und neigte den Kopf. Und jetzt nahm er endlich war, daß da jemand in seinen Gedanken herumstocherte, in seinen Erinnerungen kramte und seine Erfahrungen durchblätterte. Ungläubig weiteten sich seine Augen, als er erkannte, daß sie es war. Irgendwie steckte sie in seinem Kopf, wenn er auch nicht wußte ...
Das Bild der kleinen, so glücklich wirkenden Familie tauchte plötzlich auf, wurde von ihr hervorgezerrt. Wieder beobachtete Mike, wie der Mann mit seinem Gesicht die Frau, die sie bis vor einigen Stunden gewesen war, liebevoll küßte, wie sie dem Kind zärtlich eine Gute Nacht wünschte.
Mit einem weiteren Fauchen zog sie sich zurück, wandte sich abrupt von ihm ab.
Mike schluckte hart und wartete.
„Du wirst niemals wieder eine Frau schlagen, Mike", knurrte sie nach einer Weile. „Niemals wieder, hörst du? Es ist gleich, was du dir als Ausrede noch ausdenken magst. Es gibt keine Entschuldigung dafür, jemanden zu verprügeln, der liebt. Und es ist erst recht kein Zeichen von Gegenliebe, wie du dir einreden willst. Das ist auch kein rüdes Vorspiel, das ist einfach krank!"
Mike kramte in seinem Inneren nach der Aggression, nach dem, was er bis dato als seine Männlichkeit begriffen hatte. Doch ... da war nichts mehr.
„Ich habe es dir genommen." Sie ging langsam weiter.
Mike starrte ihr einen Moment lang nach, dann beeilte er sich, wieder zu ihr aufzuschließen. „Wieso ... ? Warum hast du das getan?"
„Weil ich es kann", war ihr Antwort.
„Nicht gerade sehr höflich, im Kopf eines anderen herumzustochern, findest du nicht?" fuhr er fort. „Ich weiß, daß es nicht richtig war. Man hat mich oft genug zu diesen Aggressions-Abbau-Training-Sitzungen verdonnert."
„Dann brauche ich dir darüber zumindest nicht auch noch einen Vortrag zu halten."
„Und wenn ich jetzt angegriffen werde? Was, wenn ich mich verteidigen muß?" Mike kratzte alles, was er noch aufbieten konnte an klarem Verstand zusammen, in der Hoffnung, aufzuwachen und sich neben Julie liegend vorzufinden. Sie beide würden über diesen Traum lachen. Und wie sie lachen würden!
Sie blieb wieder stehen und musterte ihn von oben bis unten. „Du hast keine Ahnung, wie gut du es hast, Mike Sheridan. Du glaubst, wenn du keinen Zugriff auf deine Aggressionen hast, kannst du dich gegen Böse Buben nicht verteidigen? Aber, antworte mir, wie oft wurdest du denn in deinem Leben schon überfallen? Wie oft war dein Leben bedroht? Wann hättest du je auf das Tier in dir zugreifen müssen?"
Mike schüttelte nur stumm den Kopf.
Sie bedachte ihn noch mit einem Blick, dann ging sie weiter.
„Ich bin jetzt in Gefahr und müßte mich vielleicht gegen dich oder diese Kerle, die uns verfolgen, verteidigen", wandte er schließlich ein.
Sie lächelte humorlos. „Ich schätze, du kannst dich da ganz auf mich verlassen, Mike. Ich hab da so meine Erfahrungen. Die einzige Gefahr, die dir droht, bist du selbst. Früher oder später wirst wieder im Gefängnis sitzen und dieses Mal vielleicht wirklich erniedrigt werden. Es gibt oft genug einen Stärkeren. Man muß nur schlauer sein als er."
„Oder sich in einen Freak verwandeln? Oh Verzeihung ... Wraith, ich meinte Wraith."
Sie antwortete nicht, doch das Zischen, das ihrer Kehle entwich, zeigte mehr als deutlich, daß er gerade dabei war, wirklich sein Leben in Gefahr zu bringen.
Mike biß sich auf die Lippen, stapfte weiter hinter ihr her und beobachtete sie dabei.
Wraith, was war das? Wieso wußte er nichts darüber? Woher kamen diese Wraith? Wurden sie etwa genetisch hergestellt? Immerhin war er ja in eine Klinik eingebrochen, die von Genelab finanziert wurde.
Plötzlich blieb sie stocksteif stehen und er begriff erst jetzt, daß sie auch weiterhin in seinen Gedanken gelesen hatte, ohne daß er es bemerkte.
Langsam drehte sie sich herum. „Ich war in der Aqua Vitae-Klinik?" fragte sie.
Ihr Gedächtnis, fiel ihm ein. Sie wußte immer noch nicht, wer sie war und wie sie hieß. Auch seine Hinweise hatten da offenbar wenig gebracht. Es schien zwar, als würde ihr immer wieder das eine oder andere einfallen, aber es war offenbar noch längst nicht genug, um ihr Leben wieder herzustellen.
„Ja, in Zimmer 113 der Aqua Vitae-Klinik, die durch Genelab betrieben wird", antwortete er endlich, auch wenn er glaubte, sie habe die Antwort schon aus seinen Gedanken gefiltert.
Sie ballte ihre Hände zu Fäusten. Das nächste Fauchen, das sie ausstieß, klang ungleich drohender und gefährlicher als die Laute, die sie bisher produziert hatte.
„Dann werden wir uns jetzt ein paar Antworten holen", knurrte sie und marschierte strammen Schrittes an ihm vorbei ... den Wildpfad zurück, dem sie bisher gefolgt waren.
„Aber ..." Mike drehte sich um und starrte in die Richtung, in die sie gegangen waren.
Er wollte hier heraus, nach Möglichkeit ganz aus den Everglades heraus und sie niemals in seinem Leben wieder betreten. Vielleicht würde er sogar umziehen, jetzt, nach Julies Tod hielt ihn zumindest nichts mehr in Florida. Hauptsache aber erst einmal aus diesem Sumpf heraus.
Andererseits war sie wohl im Moment so ziemlich die einzige Chance, die er überhaupt hatte. Er war unbewaffnet und hier lebten allerlei wilde Tiere - auch bedrohliche wie Puma oder gar die Alligatoren ...
„Verdammter Mist!" Er drehte sich zu ihr herum und joggte ihr so schnell wie möglich nach. Er durfte sich auf keinen Fall abhängen lassen - auf gar keinen Fall!

***

Jack O'Neill mußte tatsächlich noch einige Minuten warten, ehe der zweite Wagen mit Storm auf dem Parkplatz der Klinik auftauchte, direkt an dessen Heck klebte eine dunkle und sehr teuer wirkende Limousine. Jack verzog das Gesicht, als er sich aus seinem Auto schälte.
Sicher Sheppards Bruder, dieser Geschäftsmann, der gerade ein paar seiner Millionen den Bach runtergehen sah. Denn es war klar, daß er, Jack, der hiesigen Polizei einen kleinen Tip geben würde, nachdem sie dieses Goa'uld-Nest ausgeräuchert hatten. Sicher würde es noch das eine oder andere zu finden geben für die Experten des CSI. Und wenn er sich nicht sehr täuschte, war die hübsche Blonde, die ihm vom Casino hierher gefolgt war in einem Zivilfahrzeug, eine Polizistin, vielleicht sogar wirklich von der Spurensicherung. Warum sie ihn noch nicht vernommen hatte war ihm ein Rätsel. Aber vielleicht wollte sie erst einmal sehen, welche Ratten er aus ihren Löchern jagen konnte ...
Storm parkte den dunkelblauen Ford, den sie sich mit dessen heller Variante von der hiesigen Airbase geliehen hatten, und stieg aus.
„Sir", begrüßte der MP Jack und nickte nach hinten. „Mr. Sheppard wollte mitkommen. Ist der Colonel nicht hier?"
„Colonel Sheppard sucht seine Lebensgefährtin. Die Spur ist heiß", antwortete Jack. „Sie schwelt sogar noch. Wir haben sie beide gesehen. Böse Buben haben sie einen Kanal hinunter gejagt."
Wenn Storm bei dieser Eröffnung irgendetwas empfand, dann konnte er das sehr gut verbergen. Er nickte nur wieder, ansonsten blieb sein Gesicht ausdruckslos.
„Wir beide sehen uns hier ein bißchen um. Wenn der Trust seine Finger im Spiel hat, dann würde es mich nicht wundern, wenn wir hier eine Folterkammer für junggebliebene Antiker finden." Jack schob sich seine Sonnenbrille wieder auf die Nasenwurzel und richtete sein Interesse auf den hochgewachsenen Mann im maßgeschneiderten Anzug, der jetzt, sein Jacket noch geraderückend, zu ihnen trat.
„Sind Sie für dieses Chaos verantwortlich?" fragte der Neuankömmling sofort. Seine Stimme klang gezeizt.
„General Jack O'Neill - mit zwei L bitte." Jack grinste und hielt dem anderen seine Rechte hin. „Und Sie müssen Dave Sheppard sein, der Bruder unseres tapferen Helden. Sie können stolz auf John sein. Was der schon so alles weggesteckt oder gefunden hat ..." Er nickte anerkennend.
Dave musterte ihn mißtrauisch. „Ja, ich bin der Bruder Ihres teuren Colonels. Und wenn es um das Verschwinden seiner ... Lebensgefährtin geht, dann habe ich ihm gegenüber bereits meine Aussage gemacht. Ich habe sie nicht mehr gesehen, seit sie auf eigenen Wunsch meinen Wagen verlassen hat."
„Und vorher haben sie zwei sich gestritten, ich weiß." Jack zog stirnrunzelnd seine Hand wieder zurück. „Sie hätten nicht kommen müssen, Mr. Sheppard. Wir sind hier, um einen dringenden Verdacht zu verwerfen oder zu bestätigen, je nachdem. Im Moment deutet alles daraufhin, daß Colonel Uruhk entführt und hierher gebracht worden ist. Übrigens ist sie wieder aufgetaucht. Sie brauchen sich also keine Sorgen zu machen. John ist ihr nach in den Sumpf, und so eng, wie die beiden miteinander sind, laufen sie sich früher oder später über den Weg."
Daves Mundwinkel verzogen sich leicht. „Wenn Sie meinen ..." Noch einmal musterte er Jack scharf. „Allerdings hätte ich gern mehr als einen vagen Hinweis, daß Ihr Colonel Uruhk hierher entführt worden ist. Immerhin wurde ihr ein Chefsessel bei Genelab angeboten."
Jack nickte nachdenklich, drehte sich dann um und sah über den Parkplatz zu dem Gebäude hinüber.
Ein typischer Betonklotz aus den späten Sechzigern, dem man jetzt mit frischer Farbe und freundlichen Pflanzen ein bißchen Leben einzuhauchen versuchte. Allerdings gelang das nicht so ganz. Das gesamte Gebäude war ein Fremdkörper hier, mitten im Sumpf.
„Daran arbeiten wir und deshalb ist Major Storm auch hierher gekommen, Mr. Sheppard", antwortete Jack endlich und ging langsam los, Dave nur wenige Schritte hinter sich wissend. Ja, wenn er alles so gut einschätzen könnte wie manche Menschen ...
„Ich hoffe, Ihnen ist klar, daß ich offiziell Beschwerde einreichen werde, wird dieser Vorwurf nicht aus der Welt geschafft. Wie ich John schon sagte, seine kleine Freundin könnte man wieder dahin zurückschicken, woher auch immer sie gekommen ist."
„Ich bin sicher, da würden sehr viele Ihnen nicht zustimmen, Mr. Sheppard. Colonel Uruhk mag sehr eigenwillig sein, aber sie ist auch eine natürliche Anführerin und steht hundertprozentig ein für das, woran sie glaubt. Davon könnte so mancher von uns sich noch eine Scheibe abschneiden. Sie hat fünf Jahre ihr Kind quasi allein mitten in einem Krisengebiet aufgezogen, vorher die Schwangerschaft ohne jede Hilfe unsererseits hinter sich gebracht. Ähnlich wie Ihrem Bruder haben wir ihr eine Menge zu verdanken. Dinge, von denen auch Sie profitieren, Mr. Sheppard."
Ein Mann kam ihnen im Eilschritt entgegen.
„Dave, sind Sie das?" ließ der Neuankömmling, der aus der Klinik gekommen war, vernehmen.
„Theodor, ich bin froh, daß Sie hier sind." Dave Sheppard bedachte Jack mit einem unterkühlten Blick, als er an ihm vorbeitrat und neben dem Neuen Stellung bezog. „General O'Neill, das ist Doktor Theodor Hehnenburgh, einer der Firmengründer von Genelab und ein sehr angesehener Genetiker."
Storm tauchte an Jacks Seite auf, als müsse er seinen Anführer schützen, verzog noch immer keine Miene. Möglich, daß seine Mimik doch arbeitete, man das aber hinter seiner großen Sonnenbrille nicht sehen konnte, räumte der General ein.
„Was geht hier vor?" Hehnenburgh musterte die beiden Militärs argwöhnisch. „Erst sperrt Mel mich aus meinen eigenen Forschungen aus, dann tauchen diese eigenartigen Proben auf und dann fehlen plötzlich mein Partner sowie Sicherheitskräfte. Was soll das?"
„General O'Neill, Stabsmitglied im Weißen Haus. Das ist Major Storm von der Militärpolizei, Stützpunkt Cheyenne-Mountain", stellte Jack sie beide vor. „Sagten Sie gerade, Sie seien von Ihren Forschungen ausgeschlossen worden, Dr. Hehnenburgh?"
Der Genetiker nickte. „Schon vor einer Weile."
„Zirka vor ... drei bis vier Monaten?" fragte Storm sofort nach.
Hehnenburgh war irritiert, nickte aber.
„Tom, laß dich nicht festnageln. Der Air Force ist eine Offizierin abhanden gekommen, und die suchen sie jetzt ausgerechnet bei dir, weil irgendein Idiot sie hier in der Nähe gesehen haben will", wandte Dave sich an den Wissenschaftler.
Hehnenburgh warf dem Geschäftsmann einen irritierten Blick zu. „Ich habe nichts zu verbergen."
„Dann werden Sie uns sicher auch sagen können, woran Sie forschen, Sir?" bohrte Storm sofort nach.
Hehnenburghs Gesicht verfinsterte sich. „Ich arbeite an der Formel der Ewigen Jugend!"
Augenblicklich schlugen sämtliche Sirenen in Jacks Hirn Alarm.
Ewige Jugend? Da gab es doch etwas in Bezug auf die Antikerin, der Grund dafür, daß sie sich selbst nach zehntausend Jahren so gut gehalten hatte. Und wenn er sich nicht sehr irrte, dann ging es dabei um irgendein mikroskopisch kleines Ding, das bei den meisten Lebewesen auf der Erde am Genecode hing, daß Vashtu aber nicht trug und deshalb wesentlich langsamer alterte als normal gewesen wäre.
„Gott verdammt! Mel hat mich erst ausgelacht, aber plötzlich ... da tauchte die erste dieser eigenartigen Proben auf. Mel wollte nicht sagen, woher er das Zellmaterial hatte, aber es konnte nicht menschlich sein, auf keinen Fall. Aber es gab eine Art natürlicher Brücke, die es mit Menschen kompatibel gemacht hätte."
Storm warf Jack einen Blick zu, wechselte abrupt mehrmals das Standbein. Da wurde jemand nervös ...
„Und dann wurden Sie aus den Forschungen entfernt?" fragte Jack in aller Ruhe.
„Dann hat Tom den Großteil seiner Aktien an mich verkauft", warf Dave Sheppard ein. „Seinerzeit war ich noch der Meinung, Ihre Colonel Uruhk sei eine Bereicherung für diese Firma und setzte demnach alles daran, sie zur Konferenz zu holen."
„Und jetzt sind Sie das nicht mehr?"
„Was?" Dave war irritiert.
„Sicher, daß sie eine Bereicherung für Genelab ist", wiederholte Jack in aller Seelenruhe.
Dave lachte bitter auf. „Diese Frau ist eine verdammte Hochstaplerin, das ist sie!"
„Uruhk? Diese Frau, die plötzlich aus dem Nichts auftauchte mit dieser Gentherapie gegen Leukämie?" mischte Hehnenburgh sich wieder ein.
„Genau die", nickte Jack befriedigt.
Hehnenburghs Gesicht leuchtete auf. „Diese Frau ist schlichtweg genial! Ihr Ansatz ist vollkommen anders als sämtliche Forschungen, die Mel oder ich in den letzten Jahren unternommen hätten. Aber ihr Ansatz ist richtig, absolut richtig!"
Jack fühlte unwillkürlich soetwas wie väterlichen Stolz in sich wachsen. Hätte er damals nicht Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, als Vashtu zur Erde kam und niemand mit ihr wirklich auskam ...
„Sie war hier", sagte Storm ruhig.
Hehnenburgh riß die Augen auf. „Hier? In Miami? Wieso hat mir niemand etwas gesagt? Ich hätte sie gern getroffen."
„Sie war in dieser Klinik", präzesierte Jack. „Sie wurde vor einigen Tagen entführt. Alle Spuren weisen hierher."
„Mit anderen Worten, das Militär weiß nicht weiter und sucht einen Sündenbock", entgegnete Dave ätzend.
Hehnenburgh dagegen war mit einem Mal sehr still und ernst und sah Jack aufmerksam an, ehe er den Arm hob.
„Kommen Sie mit", sagte der Genetiker nur, ging wieder zurück zum Eingang der Klinik.
Na bitte, das ging doch!
Jack folgte Hehnenburgh und Sheppard mit sehr zufriedener Miene. Allmählich kamen sie doch hinter das ganze Schauspiel ...

TBC ...