29.10.2009

Von Knallfröschen und Handgranaten

TV-Serie: Stargate general
Genre:humor, scifi
Rating: G
Zeitleiste: Diese Fanfiktion spielt zu Beginn der 10. Staffel Stargate SG-1.


Ein lauter Knall weckte Vashtu, ließ sie in ihrem Bett auffahren und erschrocken zu den Fenstern über sich hochstarren. Helles Knattern wie von einer Waffe folgte.
Was ging denn da draußen auf dem Hof vor sich?
Vashtu runzelte die Stirn und neigte den Kopf.
KABUMM!
Erschrocken zuckte sie zusammen, fühlte dann, wie ihr Herz zu rasen begann, als sie die Stimmen hinter diesem Krach erkannte: Kinder!
Mit einem Satz war die Antikerin aus dem Bett und hastete in den winzigen Flur ihres Apartments hinaus. Sich streckend schnappte sie sich ihre Jacke und schlüpfte noch in diese hinein, als sie schon die Tür öffnete.
In der rechten Tasche der Fliegerjacke steckte ihre Beretta, die sie mit nach Hause genommen hatte, um sie einmal gründlich zu reinigen. Jetzt zog Vashtu die Waffe und entsicherte sie, während sie an das Geländer hastete und den Lauf nach unten richtete, um die möglichen Aggressor anzugreifen.
Dann aber stutzte sie und blinzelte, als sie erkannte, WAS genau da unter ihr im Innenhof der Apartmentanlage vor sich ging.
Die Kinder der Millers, die Holmes'sche Rasselbande sowie der Stammhalter der Familie Brandis hockten unten um den Swimmingpool herum, dessen Wasser jetzt wegen des Frostes abgelassen worden war, und warfen irgendetwas, das scharf nach Schießpulver stank, in dessen Leere hinein. Und wenn diese Irgendwase explodierten, kreischten die Kinder - allerdings vor Vergnügen und nicht aus Angst, wie sie zunächst angenommen hatte.
Was war denn jetzt wieder los? Erst dieses merkwürdige Zeremoniell der Kleinen, als sie abends verkleidet durch die Nachbarschaft spazierten und jedem mit einem Streich drohten, der ihnen keine Süßigkeiten gab. Dann dieser ganze Trubel um Weihnachten, den sie zugegebenermaßen auch ein Stückweit genossen hatte. Vor allem die eine Woche, die ein gewisser verkleideter Ruprecht auf der Erde verbracht hatte. Da, fiel ihr ein, hatte sie noch ganz dieses eigenartige „Thanksgiving" vergessen, ein Festmahl, zu dem Familie Brandis sie eingeladen hatte. Und jetzt das hier? Was war denn nun wieder los?
„Ich hoffe doch sehr, Sie besitzen eine Genehmigung dafür", ließ sich in diesem Moment die schneidende Stimme ihres Nachbarn Cavanaugh vernehmen.
Vashtu fluchte leise in ihrer Muttersprache und ließ die Beretta wieder in ihrer Jackentasche verschwinden.
Natürlich besaß sie keinen Waffenschein - zumindest noch nicht. Wenn General Landry erfahren würde, daß sie ihre Beretta mit nach Hause nahm, um sie einmal richtig zu reinigen, würde er sehr wahrscheinlich im Dreieck springen und sie wieder einmal zu sich zitieren. Darum hatte sie ja die Zeit jetzt genutzt, da der General, gemeinsam mit Dr. Lam und wohl auch seiner Exfrau, in Urlaub gefahren war für die Feiertage.
Vashtu setzte ihr strahlendes Lächeln auf und drehte sich um. „Nur eine Attrappe, mehr nicht", sagte sie und tappte wieder zurück in ihr Apartment, als ihr klar wurde, daß sie strumpfsockig und auch sonst recht dünn bekleidet war.
„Das will ich aber auch hoffen!" rief Cavanaugh ihr nach. „Ansonsten melde ich Sie nämlich der Polizei, Miss Uruhk! Wäre sicher nicht das erste Mal, daß Sie mit denen zusammenstoßen."
Nein, da irrte er sich. Es WÄRE das erste Mal für sie - zumindest in der Angelegenheit Waffe ohne gültigen Waffenschein ...
Vashtu floh beinahe in ihr Apartment zurück und schloß die Tür hinter sich sehr sorgfältig. Das fehlte ihr noch, daß eines der durchgedrehten Kinder seine was-auch-immer in ihr Apartment schmiß aus Rache dafür, daß sie zu Halloween wirklich nichts Süßes im Haus gehabt hatte. Aber wer konnte sich denn auch denken, daß plötzlich geschieht, was geschehen war ...
Vashtu seufzte ergeben und betrat ihr Schlafzimmer. Ein Blick auf den Wecker allerdings bestätigte die Annahme: In genau drei Minuten würde dieser Wecker läuten und sie damit ohnehin aus dem Schlaf reißen. Also konnte sie sich ebensogut diese drei Minuten als Vorsprung heute nutzen, fand sie ...

***

Als Vashtu einige Stunden später, ihr Skateboard unter dem Arm, aus dem Aufzug stieg, lief ihr natürlich gleich Tortechniker Nummer eins, Sergeant Walter Harriman, über den Weg.
„Müssen Sie heute etwa arbeiten?" erkundigte der sich nach der obligatorischen Begrüßung.
Vashtu blinzelte, zuckte dann mit den Schultern. „Wieso nicht?" erkundigte sie sich, marschierte an seiner Seite Richtung Kontrollraum.
Walter zupfte kurz an seiner Brille. „Nun ja, Sie haben auch Weihnachten gearbeitet", gab er zu bedenken. „Und solange ich hier stationiert bin, war es immer so, daß diejenigen, die Weihnachten arbeiten müssen, Silvester und Neujahr frei haben."
Vashtu hob eine Braue. „Und was ist das jetzt wieder: Silvester und Neujahr?"
Walter blieb stehen und starrte sie verblüfft an. „Hat Ihnen das wirklich noch keiner erklärt?"
Vashtu schüttelte stumm den Kopf.
Der Sergeant seufzte, winkte ihr dann, ihm zu folgen und ging weiter. „Silvester nennen wir den Jahreswechsel, und der findet heute statt", erklärte er. „Heute abend finden viele Partys statt. Die Leute mögen es Silvester in der Gruppe zu verbringen und auf das neue Jahr zu warten."
„Und was ist daran jetzt so besonderes? Feiern kann ich immerhin jeden Tag, wenn ich will", erkundigte Vashtu sich.
Walter verzog das Gesicht zu einer gequälten Grimasse. „Es ist aber nicht jeden Tag Silvester", entgegnete er. „Heute nacht um Null Uhr beginnt ein neues Kalenderjahr für uns. Und wir feiern das eben mit Bleigießen, Feuerwerk und Spaß. Soll wohl noch irgendwie von unseren Vorfahren stammen der Brauch mit dem ganzen Knallen und so. Früher dachte man wohl, man müsse das alte Jahr verjagen, damit ein neues kommen kann. Sowas wie 'Dämonen austreiben' eben."
„Und Bleigießen?" bohrte die Antikerin weiter.
Walter nahm die Treppe hinauf in den Kontrollraum, der heute relativ leer und verwaist wirkte, fast so leer wie der Gateroom, fand Vashtu.
„Bleigießen soll eine Art sein, herauszufinden, was einen wohl im kommenden Jahr erwartet", erklärte der Techniker, ließ sich auf seinem angestammten Platz nieder. „Man schmilzt das Metall und läßt es dann in kaltes Wasser fallen. Die Art, wie es bei der Berührung mit dem Wasser erstarrt, soll Rückschlüsse auf die Zukunft bringen. Ist ein ganz lustiges Spielchen ..." Er grinste.
Vashtu schürzte nachdenklich die Lippen.
Wenn sie das richtig verstand, glaubten die Menschen zwar nicht mehr an das, was sie da taten, retteten ihre Bräuche aber auch in diese Zeit hinein. Und irgendwie schien das ganze mit Explosionen zusammenzuhängen. Dazu kam dann dieser ominöse Drang, die Zukunft zu erforschen - ja, hatten sie denn noch nicht genug zu erforschen?
Aber vielleicht ergab sich daraus auch eine Möglichkeit, wie sie sich für die doch recht herzliche Begrüßung auf der Erde zu revangieren. Immerhin hatte Walter ja gerade selbst gesagt, daß die Mitarbeiter, die heute Dienst hatten, eben nicht feiern konnten, es vielleicht aber wollten.
Ein Gedanke begann in Vashtus Hirn zu reifen ...
Einige Stunden später

Vashtu schleppte einen Koffer, sowie den Bunsenbrenner, den sie aus einem der leeren Labore erbeutet hatte, in die Kantine, stellte beides ab und schob zwei Tische zusammen.
Die Bedienung, die heute Dienst tat, eine ältere Frau mit dem Vornamen Alicia, beobachtete sie skeptisch bei ihrem Tun, als sie nun begann, den Brenner aufzustellen und einen Anschluß für das Gas suchte, aber keinen fand. Gut, dann würde sie wohl noch einmal zurück müssen und eine der Gasflaschen holen ...
Vashtu richtete sich wieder auf, nachdem sie den Koffer sorgsam unter den Tischen plaziert hatte und strahlte die Bedienung gewinnend an.
„Miss Uruhk?" fragte diese leise.
„Alicia!" Die Antikerin trat beherzt an den Tresen und stützte sich darauf. „Müssen Sie heute etwa auch arbeiten?"
Die Küchenangestellte nickte stumm.
„Das tut mir leid. Ist sicher nicht das, was Sie gern möchten, oder?"
„Hatte Weihnachten frei", antwortete die Frau. „Da kam meine Tochter mit ihrem Kind vorbei."
Vashtu nickte bedeutungsschwer, schielte an Gestalt der Bedienung vorbei begehrlich auf einen großen Topf. „Brauchen Sie den?" fragte sie dann.
Alicia stutzte, drehte sich halb um.
Vashtu fiel augenblicklich noch eine große Metallschüssel ins Auge. „Und die? Brauchen Sie die?"
„Warum?"
Vashtu setzte ein betont unschuldiges Gesicht auf. „Weil ich für die, die heute arbeiten müssen, eine kleine Überraschung vorbereite. Und da kämen mir der Topf und die Schüssel sehr gelegen - und ein bißchen Wasser." Sie blinzelte mit großen, unschuldigen Augen.
Alicia stutzte. „Eine Überraschung?" fragte sie.
Vashtu nickte. „Genau. Und darum habe ich jetzt gerade nicht viel Zeit, weil ich noch eine Menge vorzubereiten habe. Kann ich mir beides von Ihnen ausleihen?"
Alicia sah alles andere als glücklich aus, eine solche Entscheidung fällen zu müssen, nickte dann aber widerstrebend.
Vashtu strahlte wieder über das ganze Gesicht. „Sehr schön. Wenn Sie können, füllen Sie die Schüssel doch bitte mit Wasser. Ach ja, und ein paar Löffel bräuchte ich noch - aber bitte die Edelstahl-Ausführungen, nicht die billigen. Okay? Bis später!"
Damit verschwand die Antikerin wieder in den Gängen des ausgehöhlten Berges ...

Gegen Abend
Lt. Colonel Samantha Carter seufzte schwer, als es an der Tür klopfte und diese sich dann öffnete. „Miss Uruhk ..."
Vashtu grinste, sah sich kurz mit langem Hals um. „Wieso sind Sie in Landrys Büro?" fragte sie dann.
Sam sah sie auffordernd an. „Weil ich mit Ihnen reden möchte", antwortete sie. „Und in Anbetracht der Tatsache, daß heute ständig Dinge verschwinden, kommen Sie in deren Nähe, hielt ich es für angebracht, dieses Gespräch nicht in meinem Labor zu führen."
Vashtu zog ein betont unschuldiges Gesicht, trat endlich ein und schloß die Tür hinter sich. „Okay", sagte sie einfach nur und zuckte mit den Schultern.
Sam seufzte. „Der Wachhabende auf Ebene 12 sagte mir, Sie wären in der dortigen Waffenkammer gewesen. Als Sie wieder herauskamen, fehlten sämtliche Blend- und Handgranaten. Danach waren Sie verschwunden und sind einige Zeit später auf Ebene 6 aufgetaucht, dem C4-Lager. Dort fehlen ebenfalls einige Päckchen, sowie drei Fernzünder. Zudem wurde mir von Storm mitgeteilt, Sie hätten das Gelände verlassen und seien zwischen den Feldern verschwunden - mit einem Rucksack, in den Sie den Militärpolizisten nicht hineinsehen lassen wollten, obwohl er klar als Eigentum der US-Air-Force gekennzeichnet war." Sie sah auf. „Können Sie mir das vielleicht erklären?"
Vashtu setzte ihr bestes Pokerface auf und blinzelte unschuldig. „Ich bereite etwas vor", erklärte sie dann zögernd, nachdem ihr stummes Flehen nichts brachte.
„Und was? Wollen Sie das SGC allein übernehmen?"
Vashtu strahlte wieder. „Aber nicht doch! Kommen Sie doch einfach um 23.30 Uhr in die Kantine, dann werden Sie es sehen." Sie wies kurz blind zur Tür hinüber, dann ging sie und öffnete diese. Als sie gerade gehen wollte, drehte sie sich noch einmal um. „Ich bräuchte noch ein paar Videokameras und einen Bildschirm. Darf ich mich auf Sie berufen, Colonel?"
Sam stutzte, zögerte einen Moment, dann aber nickte sie. „Machen Sie", seufzte sie ergeben.
Dabei hatte sie eigentlich das Gefühl gehabt, zu der Antikerin vorgedrungen zu sein nach der Feier in Jacks Waldhütte ...

Gegen 23.30 Uhr - Kantine

Vashtu war nervös, ob auch wirklich alles klappen würde, wie sie es geplant hatte. Sie hoffte es sehr, denn immerhin wollte sie sich ja bei den Menschen bedanken, die sie auf der Erde aufgenommen hatten.
Gut, sicher wäre sie an für sich lieber in Atlantis geblieben. Sie konnte sich allerdings auch vorstellen, warum man sie eben auf der Erde haben wollte. Immerhin stand der Fortbestand der menschlichen Rasse auf dem Spiel. Und ...
Nein, sie würde jetzt nicht weiterdenken, sondern sich weiter um die Vorbereitungen kümmern.
Unter Alicias skeptischen Blicken setzte sie den Topf auf den Bunsenbrenner, dessen Flamme sie gleich noch entzünden würde. Dann nahm sie endlich den Koffer, der immer noch unter den zusammengeschobenen Tischen gestanden hatte, und schüttete dessen Inhalt in den Topf, ehe sie den Deckel daraufstülpte.
Einmal kurz sah sie auf die Uhr, während es sie mit Stolz erfüllte, daß sich die Kantine immer mehr füllte.
Ja, das würde sicher ein gelungener Jahresabschluß werden, davon war sie überzeugt.
Als schließlich auch Lt. Colonel Carter und Sergeant Harriman den Raum betraten, dauerte es noch eine Vierteilstunde bis zum neuen Jahr und Vashtu hatte auch ihre sonstigen Utensilien, die sie benötigte, sorgsam verteilt und grinste siegessicher in die Runde.
„Ich möchte mich noch einmal sehr dafür bedanken, daß ich so herzlich aufgenommen wurde auf der Erde", begann sie schließlich, zündete das Stabfeuerzeug und hielt es an den aufgedrehten Bunsenbrenner. „Und deshalb dachte ich, da heute ohnehin nichts weiter anliegt, daß wir hier den Jahreswechsel begehen, und zwar mit den Traditionen, die ihr Menschen doch so pflegt. Darum habe ich hier auch eine Art ... Bleigießen vorbereitet. Und ab Mitternacht wird es ein Feuerwerk geben." Sie strahlte in die Runde.
Die meisten Gesichter, die ihren Blick erwiderten, waren offensichtlich positiv überrascht und nickten ihr zu. Einzig Sam Carter schien etwas skeptisch zu sein, was ihre Redlichkeit betraf. Aber sie würde Vashtu bestimmt auch noch überzeugen können.
Irgendetwas im Topf tat sich. Es rumpelte etwas, als hätte jemand zu schwer gegessen.
Vashtu wandte sofort ihre Aufmerksamkeit wieder ihren Vorbereitungen zu und runzelte die Stirn.
Sie hatte sich doch schlau gemacht über das Bleigießen - hoffte sie zumindest. Immerhin hatte es in diesem Artikel doch geheißen, sie müsse Blei erhitzen, so daß dieses schmolz. Nun ... in Ermangelung an Blei und da die Krankenstation ihr keine Bleiweste hatte zur Verfügung stellen wollen, war sie auf die nächstmögliche Lösung gekommen und hatte schlichtweg Munition in den Topf gekippt.
Daß das vielleicht ein Fehler war, erkannte Vashtu zu spät ...

2 Tage später
Zeitungsmeldung aus der Colorado Springs Gazette

Unfall auf den Feldern - Das Militär gibt einen Fehler der Munition zu

Bei den Explosionen, die nicht nur die Militärbasis Cheyenne-Mountain in der Neujahrsnacht trafen, sondern auch einige der angrenzenden Felder verwüsteten, handelte es sich den Angaben des Stützpunktleiters Maj. Gen. Hank Landry um einen bedauernswerten Unfall.

Wie wir bereits berichteten, kam es zu einer ganzen Reihe von größeren und kleineren Explosionen, die sich sowohl innerhalb des Berges, wie auch an dessen Flanken ereigneten. Die Farmer H.H. und W.V. fanden ebenfalls auf ihren nahe gelegenen Feldern einige tiefe Krater vor, die auf die gleichen Ursachen schließen lassen. Die Analysen der Bodenproben stehen noch aus, allerdings gab ein Mitglied des Sheriff-Departments bereits ein unbestätigtes Interview (wir berichteten), in dem er sagte, auf den Feldern habe es nach C4 gerochen. Wobei Sprengstoffexperten allerdings einschränken, daß C4 geruchlos ist.

Wie Maj. Gen. Hank Landry in einem ersten Statement zum Ausdruck brachte, kam es am Silvestertag innerhalb der Waffenkammern wohl zu einigen Zwischenfällen, die letztendlich auch die bewaldeten Flanken des Berges erfaßten und, so die einhellige Aussage der meisten Augenzeugen, für „das schönste Feuerwerk in ganz Colorado" sorgten. Das ganze sei auf falsche Lagerung zurückzuführen, so der Sprecher des Stützpunktes, sowie auf unsachgemäße Behandlung durch Dritte. Glücklicherweise habe der Stützpunkt sofort evakuiert werden können, so daß es nur einige Leichtverletzte zu beklagen gab, die sich bereits wieder auf dem Wege der Besserung befinden.

Augenzeugen, die eine schwarzhaarige Frau, gekleidet mit einer braunen Fliegerjacke, auf einem Skateboard in Richtung der beschädigten Felder haben fahren sehen, müßten sich geirrt haben, so der Sprecher des Cheyenne-Mountain weiter. Auffällig war bei dieser Sichtung vor allem der große Militärrucksack gewesen, so waren sich alle Zeugen einig. Doch auch wenn eine Frau, auf die die Beschreibung paßt, auf dem Stützpunkt arbeitet, so sei doch klar, daß sie sich unter den Opfern befand und somit wohl kaum für das Chaos verantwortlich sein könne. Zudem sei Ms. U. Mitglied einer Fahrgemeinschaft und könne nicht mit einem Skateboard umgehen.

So bleibt es denn wohl bei einer unbefriedigenden Antwort, und wieder wird der Öffentlichkeit ein Schuldiger vorenthalten. Denn die ersten Rüstungsunternehmen nahmen bereits Abstand von dem unausgesprochenen Vorwurf, ihre Produkte seien gefährlich.

Am Ende bleiben denn nur einige sehr gemischte Erinnerungen der Beteiligten und Augenzeugen, die allerdings allesamt der gleichen Meinung sind: Es wird ein unvergessener Jahreswechsel bleiben.

ENDE

23.10.2009

Weihnachtliche Traditionen unterm Mistelzweig II

TV-Serien: Stargate (generell)
Genre: ship, humor
Rating: G
Zeitleiste: Diese Fanfiktion spielt für Stargate: Atlantis in der ersten Hälfte der 3. Staffel, für Stargate SG-1 in der ersten Hälfte der 10.
Nikolausabend - Gen. Jack O'Neills Jagdhütte

Teal'c parkte den Wagen, den er sich geliehen hatte für dieses Wochenende, neben den anderen und schaltete den Motor aus. Schon von hieraus konnten er und seine Begleiterin die Musik hören, die aus dem abseits gelegenen modernen Blockhaus schallte.
Vashtu Uruhk reckte den Hals und blickte hinüber zu den hellen Silhouetten, die scharfe Schatten auf den festgetretenen Boden vor der Hütte warfen.
„Donnerwetter!" entfuhr es ihr. „Das sieht aber wirklich nach jeder Menge Spaß aus, oder, Teal'c?"
Der Jaffa lächelte und nickte ihr zu. „In der Tat."
„Nicht wahr?" Vashtu löste den Sicherheitsgurt, zögerte dann aber. „Und ich habe das wirklich richtig verstanden? Der General wollte keine Geschenk von mir, sondern, daß ich dir das Geld gebe, damit du etwas für ihn besorgst?"
Teal'c nickte wieder, ein leichtes Lächeln auf den Lippen.
Vashtu hob eine Braue, öffnete dann aber doch die Tür und stieg aus dem Wagen.
Wozu auch immer Teal'c einen Dollar von ihr wollte, es würde sie nicht sofort umbringen, auch wenn sie immer noch nicht so ganz verstand, was hier eigentlich vor sich ging.
Weihnachten, soviel war klar. Und auch die Party machte in ihren Augen durchaus einen Sinn. Wenn da nicht ...
Vashtu seufzte und drehte sich um, während Teal'c zu ihr aufschloß. Die Antikerin bedachte ihn mit einem langen Blick. „Hast du das Geschenk etwa noch nicht besorgt?" fragte sie lauernd.
Das fehlte nun wirklich noch! Da wurde sie eingeladen und dann....
Die Tür zum Haus öffnete sich und eine Gestalt winkte ihnen zu. „Miss Uruhk, Teal'c!"
O'Neills Stimme.
Vashtu seufzte erleichtert und marschierte weiter, den Jaffa dicht hinter sich wissend.
O'Neill erwartete sie an der Tür und strahlte sie zufrieden an. „Schön, daß Sie kommen konnten, Miss Uruhk. Das freut mich ganz besonders, glauben Sie mir."
Vashtu nickte. „Schon gut!"
O'Neill strahlte nun Teal'c, der ebenfalls herangekommen war, an. „Alter Freund. Was macht Bra'tac?"
„Es geht ihm ausgezeichnet." Der Jaffa neigte würdevoll den Kopf.
„Sehr schön!" O'Neill klatschte befriedigt in die Hände. „Dann kommt mal rein. Wird euch sicher Spaß machen."

ca. eine Stunde später

Vashtu fühlte sich schon etwas ... merkwürdig. Dieser Eierpunsch, auch wenn er sehr gut schmeckte, hatte eine eigenartige Wirkung auf sie. Sie fühlte sich, als würde sie gleich abheben und von allein schweben und davonfliegen können.
Davonfliegen ... nach Atlantis zurückfliegen ... noch besser, dort jemandem in die Arme fliegen ... sich von ihm wieder umarmen lassen, damit sie auf die Erde zurückkehren konnte - in eben seinen Armen.
Vashtu seufzte und nahm noch einen Schluck des gelblich weißen warmen Getränkes. Sie stand im Durchgang zu dem kleinen Flur und beobachtete die Leute, die sich im Wohnraum versammelt hatten. Musik dröhnte aus den Lautsprechern, eine rauhe Stimme besang die Weihnachtszeit. Vashtu mußte zugeben, diese Stimme hatte etwas, sie mochte sie, ebenso wie den weichen, dennoch durchaus rockigen Rhythmus des Liedes.
„Sie stehen hier ganz allein?" mischte sich eine andere weibliche Stimme in das Lied, ließ die Antikerin zusammenzucken.
„Oh, entschuldigen Sie."
Vashtu schlug das Herz bis zum Hals, als sie sich umdrehte. Hinter ihr stand, noch im Mantel, Lt. Colonel Samantha Carter und lächelte sie freundlich an. Unwillkürlich erwiderte sie das Lächeln, zog die Schultern hoch.
„Ist meine erste Weihnachtsfeier. Ich beobachte lieber, ehe ich noch Fehler mache", antwortete sie, ließ ihr Lächeln zerknirscht aussehen.
Sam Carter nickte verstehend. „Teal'c war genauso", erklärte sie und begann, ihren Mantel zu öffnen.
Vashtu wurde auf einen schlanken, hochgewachsenen Schatten aufmerksam, der auf der anderen Seite der Tür im Dunkels stand, sich offensichtlich mit jemandem unterhielt.
Noch ein Gast?
Vashtu war sich da nicht so ganz sicher. Irgendwie kam ihr die Silhouette bekannt vor, wenn sie auch nicht ganz genau wußte, woher. Wahrscheinlich wirklich aus dem SGC, denn sie ging kaum aus.
Statt dessen wollte sie lieber nach Atlantis zurück und dort ...
„Ich hörte, daß Sie ein recht gutes Verständnis für die Technologie Ihres Volkes besitzen würden", wandte sich Sam Carter an sie und riß sie abermals aus ihren Gedanken.
Vashtu überlegte einen Moment lang, dann nickte sie. „Ist eigentlich gar nicht so schwer, wenn man es einmal heraushat", gab sie zu.
Sam nickte sinnend. „Sie sind immerhin die einzige Person, die ich kenne, die an den Mechaniken eines Sternentores manipuliert. Also sollten Sie Ihr Licht vielleicht nicht so unter den Scheffel stellen, finden Sie nicht?" Sie lächelte wieder, legte sich ihren Mantel über den Arm.
Vashtu zögerte, zuckte dann mit den Schultern. „Soweit ich das gesehen habe, ist Ihr Volk zwar über das eine oder andere gestolpert, aber Sie trauen sich nicht so wirklich, diese Technologie auch einzusetzen."
Carter lachte bitter. „Die Sache mit dem 'Einsetzen' ist etwas heikel, Miss Uruhk. Ich weiß nicht, ob Sie darüber informiert sind, daß General O'Neill zweimal Antikerwissen in seinem Hirn trug."
Vashtu stutzte. „Sie haben Bewahrer gefunden?" frage sie mit weit aufgerissenen Augen.
Sam blinzelte. „Bewahrer?"
Die Antikerin nickte. „Halborganische Technologie, die auf das Gen meines Volkes reagiert. Sie bewahrten das gesamte Wissen meines Volkes, um im Bedarfsfall abgerufen zu werden. Ähnlich dem Stargate-Netzwerk gibt es auch ein Bewahrer-Netzwerk, mit regelmäßigen Updates."
Sam lehnte sich gegen die Wand. In ihren Augen blitzte pure Neugier. „Wollen Sie damit sagen, man kann steuern, was diese Bewahrer gespeichert haben?"
Vashtu nickte. „Natürlich. Wenn man hineinsah, übermittelte man seinen Wunsch mithilfe der Gedanken. Mithilfe eines Retina-Scans konnte ein Bewahrer mithilfe des Auges diesen Wunsch abrufen. Darum war es wichtig, daß der Bewahrer eine Art Arme ausfuhr, damit eine deutliche und dämmrige Szenerie vorgegaukelt werden kann. Ansonsten ... ich wage zu bezweifeln, daß etwas gutes dabei herauskommen würde, würde ein ungeschulter Geist einen Bewahrer benutzen, zumal ein Mensch ..."

Neben der Haustür - gerade angekommen

General Jack O'Neill rieb sich vor Vergnügen die Hände, als er den Überraschungsgast begrüßte, den Sam mitgebracht hatte.
„Schön Sie zu sehen", begrüßte er ihn.
Der andere nickte.
„Mitkommen!" Jack klopfte dem anderen auf die Schulter und ging dann vor, den schmalen Flur entlang, bis zu seiner Schlafzimmertür. Dort drehte er sich um und musterte seinen Gast. „Ich bin wirklich froh, daß Sie kommen konnten. Hätte ja auch anders ausgehen können. Nach allem, was man so hört ..."
„Sir, ich denke, man wird auch dieses Wochenende ohne mich verbringen können. Es war immerhin ein Befehl von General Landry, Sir", antwortete der andere.
Jack nickte und fühlte einfach nur eine diebische Freude in sich wachsen. Damit hatte er dann wohl im IOA einen ziemlichen Brocken reingewürgt. Immerhin bestanden diese Schreibtischtäter ja auf dem, was sie da angerichtet hatten. Nun ja, Woolsey dürfte er wohl auf seine Seite gebracht haben und würde dafür sorgen, daß dieser ebenfalls seinen Stall bearbeitete. Und währenddessen würde er weiterhin dafür sorgen, daß die offensichtlichen Verstecke sehr sorgsam übersehen wurden und den beiden ... Immerhin stand da einiges im Raum, was auch für die Zukunft der Erde sicherlich von Nutzen sein würde - also, soo selbstlos handelte er nicht einmal.
Wenn er allerdings daran dachte, wie lange es jetzt schon zwischen Sam und ihm ... Nein, besser nicht!
„Kommen Sie rein", forderte er den anderen auf und öffnete die Tür zu seinem Schlafzimmer. Sein Gast folgte ihm ahnungslos, blinzelte dann, als Jack das Licht einschaltete, etwas geblendet.
„So, wir beide mimen den Nikolaus und seinen Begleiter - Knecht Ruprecht", erklärte er, nahm die wenig geschmackvolle Verkleidung des letzteren zur Hand und drückte sie seinem Gast in die Arme. „Umziehen und Tarnen!"
„Aber ... ?" Die haselnußfarbenen Augen sahen ziemlich ratlos drein.
Jack hob einen Finger, was seinen Gast veranlaßte, skeptisch eine seiner Brauen zu heben. „Ich habe mich lange mit Dr. Vogel unterhalten", erklärte der General mit einem breiten Grinsen. „Und der sagte mir, in Deutschland gäbe es zwei Begleiter des Santa: Das Christkind und Knecht Ruprecht. Letzteres ist üblicherweise weiblich und flattert am Heiligabend herum, ersterer kommt am heutigen Abend zum Einsatz und darf die strafen, die im vergangenen Jahr 'böse' gewesen sind. Also ... wenn Sie sich keiner Geschlechtsumwandlung unterziehen wollen, sollten Sie doch eher in Ihr Kostüm schlüpfen und mir helfen."
„Und wer ist Santa auf Ihrer Rechnung, Sir?" erdreistete sein Gast, ihn zu fragen.
Jack strahlte breit und sehr zufrieden. „HOHOHO!" war alles, was er darauf antwortete, wenn auch in seiner tiefsten Stimmlage.

***

Nachdem Carter und sie sich eine ganze Weile unterhalten hatten, hatte die Wissenschaftlerin sich endlich abgeseilt und war dazu übergegangen, die anderen Anwesenden zu begrüßen.
Teal'c saß auf dem Sofa und lauschte der Musik aus der kleinen Stereoanlage, General Landry, in zivil erkannte Vashtu ihn kaum wieder, war in ein Gespräch mit Lt. Colonel Mitchell vertieft. Einige andere Mitglieder des SGC standen herum und unterhielten sich mehr oder weniger laut und angeregt.
Vashtus Interesse hatten allerdings Vala und Dr. Jackson geweckt. Die beiden hatten von ihrer Ankunft kaum etwas mitbekommen und auch jetzt schienen sie mehr mit sich selbst beschäftigt als wirklich anwesend zu sein.
Das allerdings war ein vollkommen anderes Bild als sie aus dem SGC kannte. Üblicherweise erschien es ihr viel zu oft, als würde Jackson Vala mehr oder weniger bei ihr „parken", um seine Ruhe zu haben. Und da sie beide nicht sonderlich gut aufeinander zu sprechen waren ...
Vashtu seufzte, richtete sich dann auf, als zwei Männer an ihr vorbei den Wohnraum betraten: Einer als Santa Clause verkleidet, der andere ganz in schwarz und grau, eine Kapuze über den Kopf gezogen und mit verschmierten Wangen, wie sie einmal kurz erkennen konnte, als ihre Blicke sich kreuzten.
Augenblicklich wurde es der Antikerin heiß und kalt, ihr Herz begann schneller zu schlagen und sie war sich sehr sicher, daß sie denjenigen kannte, der da einen Sack auf dem Rücken schleppte und dem Santa Clause auf dem Fuße folgte. Sollte das der ominöse Gast sein, den sie vorhin nicht wirklich hatte erkennen können?
„Hohoho!" rief der Rotbemäntelte, und Vashtu erkannte augenblicklich General O'Neill. Fragend und verständnislos hob sie eine Braue.
Was ging hier gerade vor?
„Da haben wir heute aber eine Menge guter Menschen hier versammelt", fuhr O'Neill mit leicht verstellter Stimme fort. „Nun, dann wollen wir mal sehen, ob den auch jeder sich ein Geschenk verdient hat. Denn sonst ... Mein Knecht Ruprecht wird die strafen, die sich nicht haben benehmen können."
Sam Carter kam zurück, jetzt ebenfalls ein Glas in der Hand und lehnte sich an der anderen Seite des Durchgangs gegen die Wand. „So ist er eben ... ein großer Kindskopf!"
Vashtu drehte sich zu der anderen um. „Was soll das heißen?"
Sam lächelte milde und nickte in den Wohnraum hinein. Daniel Jackson erhielt gerade ein kleines Päckchen von Santa. Noch immer schleppte „Knecht Ruprecht" den Sack und ging dadurch etwas gebückt, so daß man seine wahre Größe nur raten konnte.
Was war so bekannt an diesem „Knecht Ruprecht"? Wer war er?
O'Neill fuhr mit seinen „Hohoho!"-Rufen fort und wandte sich dem nächsten Gast zu, dem er ebenfalls ein Geschenk überreichte, nachdem er seinen Helfer angewiesen hatte, den Sack zu öffnen, was dieser auch widerspruchslos tat.
Sam lächelte. „Er hat bestimmt wieder irgendetwas falsch verstanden, darauf wette ich", sagte sie.
Vashtu war immer noch verwirrt.
Okay, für sie waren diese ganzen Weihnachtsbräuche ohnehin noch etwas vollkommen neues. Hätte O'Neill sie nicht aufgeklärt ... wobei ihr jetzt doch Zweifel kamen, ob das, was er ihr erzählt hatte, auch wirklich alles der Wahrheit entsprach.
„Dann ist das da kein Brauch?" fragte sie und nickte zur nächsten Bescherungsszene hinunter. Dieses Mal war einer der Mitglieder aus einem anderen SG-Team der Glückliche.
„Er ist zumindest nicht amerikanisch, wenn Sie das meinen. Keine Ahnung, woher Jack das jetzt wieder hat", antwortete Carter ruhig. „Normalerweise findet seine Weihnachtsfeier auch später statt. Aber dieses Mal war dies der letzte zur Verfügung stehende Termin im alten Jahr. Da blieb ihm nichts anderes übrig, als heute zu feiern."
Vashtu nickte, während nun Vala bedacht wurde. Die Außerirdische stürzte sich sofort auf ihr Päckchen und beraubte es seines Geschenkpapiers. Was genau das Präsent war, konnte Vashtu nicht sehen, aber sie hörte den Entzückensschrei mehr als deutlich. Vala sprang auf und fiel dem Santa um den Hals. Dann tanzte sie ein paar Schritte wie ein kleines Kind, ehe sie sich freudestrahlend über Jackson beugte und ihm den Inhalt ihres Päckchens präsentierte. Der sah sehr überrascht aus.
Vashtu grinste.
Ja, etwas in der Art hatte sie von Vala erwartet. Die Außerirdische war teils sehr leicht zu durchschauen und ...
Ein Blick aus haselnußfarbenen Augen traf sie und ließ sie erschaudern.
Himmel! Wer war dieser Mann, der da dem Santa half? Sie war sich ganz sicher, daß sie ihn kannte!
„Sie meinten vorhin, es wäre möglich, daß wir noch auf eine Kristallverarbeitungsstätte stoßen würden", wandte Carter sich plötzlich an sie und riß sie aus ihren Gedanken.
Vashtu blinzelte, nickte dann aber. „Ja, die Module mußten ja irgendwo hergestellt werden. Also müßte es irgendwo eine ZPM-Werkstatt geben."
„Kennen Sie sich da aus?" Carter hatte sich wieder interessiert aufgerichtet.
Vashtu zögerte, zuckte dann mit den Schultern. „Nicht so richtig, muß ich zugeben", antwortete sie. „Natürlich weiß ich um die Verwendung und kenne einige der Schaltkreise - zumindest dem Aufzeichnungen im Hauptrechner nach - aber ..." Sie lächelte entschuldigend.
„Aber über die Vakuumenergie wissen Sie Bescheid?"
Wie aus weiter Ferne war wieder das „Hohoho!" von O'Neill zu hören.
Vashtu nickte. „Im großen und ganzen schon. Darüber wurde ich ja nach meiner Ankunft hier auch befragt. Sicher bin ich mir nicht, aber sollten Sie eine solche Werkstatt finden, kann ich vielleicht helfen."
Carters Augen schienen zu leuchten. „Das ist wirklich interessant, Miss Uruhk. Wir können von Ihnen noch so viel lernen ..."
Vashtu grinste zerknirscht. „Naja, ich schätze, eher nicht. So schlau bin ich nicht."
„Oh, sagen Sie das nicht. Da bin ich absolut ..."
Jackson tauchte im Durchgang auf, wo sie beide standen, und warf erst Carter, dann Vashtu einen langen Blick zu. Gerade als er weitergehen wollte, war Vala auch schon hinter ihm.
„Was sehe ich denn da?" freute sie sich.
Vashtu runzelte die Stirn.
Etwas sehen? Was denn?
„Ein Mistelzweig!"
Hä?
Vashtus Blick glitt suchend hin und her, bis er schließlich an einem grünen, halb vertrockneten Zweig hängenblieb, der über dem Durchgang angebracht worden war.
Ein Mistelzweig?
„Ich war schon verheiratet, Vala." Jackson trat einen Schritt zurück, so daß er nicht mehr auf der Schwelle stand.
„Ach, Unsinn!" Die Außerirdische folgte ihm augenblicklich auf dem Fuße, während der Wissenschaftler sein Heil in der Flucht suchte.
Vashtu sah den beiden irritiert nach, bis sie in der Küche verschwunden waren. Dann heftete sie ihr Interesse wieder dem Zweig mit den seltsamen Beeren zu, der über der Schwelle hing.
„Mistelzweig ..." murmelte sie verständnislos.
„Es heißt, wenn zu Weihnachten ein Single unter einem Mistelzweig steht, darf jeder andere Single einen Kuß fordern", erklärte Carter ihr, die wohl ihre Reaktion deutlich bemerkt hatte.
Vashtu blinzelte verständnislos.
Okay, dann sollte sie vielleicht ... Immerhin waren doch wohl einige Unverheiratete hier versammelt ...
Aber gerade als sie sich von der Schwelle verdrücken wollte in den Wohnraum hinein, um sich unauffällig neben Teal'c zu setzen und unschuldig zu tun, wurden O'Neill und sein eigenartiger Helfershelfer auf sie aufmerksam.
„Hoho, was sehe ich denn da?" rief der General lautstark aus. „Wenn das nicht zwei einsame und unverheiratete Damen sind, die unter einem Mistelzweig stehen ..."
Irgendwie beschlich die Antikerin augenblicklich das Gefühl, O'Neill habe genau dieses Ergebnis provozieren wollen. Sie schoß einen wütenden Blick auf ihn ab, doch seine Augen lachten nur. Er sah sie kaum an, ging ihr auf. Sein ganzes Interesse galt ...
Vashtu sah zu Carter hinüber, die immer noch dastand, sich jetzt aber wieder aufgerichtet hatte und ebenfalls in den Wohnraum sah. Dabei hatten ihre Wangen sich leicht gerötet und ein eigenartiges Strahlen lag in ihren Augen.
Was zum Kuckuck ging hier vor?
Als sie sich wieder zu O'Neill und seinem „Knecht" zuwandte, sah gerade letzterer zu ihr hinüber. Nein, er sah nicht. Seine Augen klebten beinahe an ihr, mit einem Blick, der irgendwo zwischen „übermütiger Junge" und „treudummer Hund" lag.
Vashtu fühlte, wie ihr die Knie weich wurden. Sie schluckte, nachdem ihre Kehle komplett ausgedörrt zu sein schien.
„Nun, ich schätze, ich kann mich nicht um beide kümmern", fuhr O'Neill fort und trat langsam näher, im Schlepptau noch immer seinen „Knecht". „Also wird sich wohl jemand anderes für die zweite Dame finden müssen. Ruprecht, willst du das übernehmen?"
Die Kapuze nickte nur stumm, und Vashtu hatte das untrügliche Gefühl, daß er im Moment schlichtweg nicht sprechen konnte.
Endlich jedoch richtete der „Knecht" sich zu seiner vollen Größe auf, während er sich jetzt von O'Neill trennte und sich vor ihr aufbaute. Er war gut einen Kopf größer als sie, dabei aber auch schlanker als der General, wie ihr aufging. Und diese Augen ...
O'Neill hatte sich währenddessen vor Carter aufgebaut und umarmte die Wissenschaftlerin gerade. Vashtu gingen fast die Augen über, als sie sah, mit welcher Leidenschaft die beiden sich dann küßten. Und sie verstand, warum sie so standen, wie sie standen, denn auf diese Weise würde im Wohnraum kaum jemand das ganze Ausmaß der Leidenschaft erkennen, die sich da gerade in einem Kuß entlud.
Vashtu drehte den Kopf, als Ruprecht sich bewegte und sie dadurch wieder auf ihn aufmerksam wurde.
Der „Knecht" hob die Hand und strich die lästige Kapuze endlich von seinem Haar herunter. Haar, das sich beinahe sofort wieder aufrichtete, nachdem die Last von ihm genommen war, und verwegen der Schwerkraft zu trotzen schien.
Und endlich erkannte Vashtu, WEN sie da vor sich hatte.
„John!" entfuhr es ihr entgeistert. Und er lächelte nur, während er sich über sie beugte und seine Arme sie umfingen.
Dieser Brauch, daß sich Unverheiratete unter einem Mistelzweig küssen sollten, gefiel Vashtu augenblicklich sehr gut ...

ENDE

16.10.2009

Die Einladung I

TV-Serie: Stargate (generell)
Genre: humor, scifi
Rating: G
Zeitleiste: Diese Fanfiktion spielt für Stargate SG-1 zu Beginn der 10. Staffel.
Author's Note: Eigentlich noch ein bißchen früh für Weihnachten, aber zeitlich richtig eingesetzt spielt diese FF zwischen dem Auftakt Vashtu und der ersten SG-V-Story. Und darum bringe ich sie schon jetzt.


Vashtu Uruhk blieb stutzend stehen, die Hand schon am Türgriff, während ihre Augen sich weiteten.
Was, um Himmels Willen, war denn das für ein ... Dingens?
Von der Mitte des Türmetalls strahlte sie ein weißbebarteter, pausbäckiger Mann mit einer roten Zipfelmütze an, der eine Flasche eines bekannten Erfrischungsgetränkes in einer Hand hielt.
Vashtu wich einen Schritt zurück und musterte das Gesamtkunstwerk.
Was hatte das zu bedeuten? Und was war das für ein komischer, grüner Zweig mit diesen komischen dicken Beeren dran, der über der Tür hing.
Wenn sie jetzt darüber nachdachte, ging ihr auf, hatte sie solches und ähnliches merkwürdiges auf dem Weg zur Arbeit gesehen. Menschen, die auf den Dächern ihrer Häuser herumkrochen oder beleuchtete Tiere, die entfernt an eine Hirschart erinnerten, die sie noch von vor zehntausend Jahren kannte. Und überall auch dieser pausbäckige, weißbartige Typ mit der roten Zipfelmütze, rotem Mantel und Hosen und schwarzen Stiefeln. Meist in der Ausführung „könnte auch mal einen Blick ins Fitneßstudio riskieren".
Waren die Menschen plötzlich irrsinnig geworden?
Sicher war sie sich da nicht, mußte sie zugeben. Allerdings waren ihr schon des öfteren arge Zweifel an den Verstandeskräften der Erben ihres Volkes gekommen.
Die Tür öffnete sich nun doch.
„... Hank, das ganze ist ja nicht so schlimm", sagte eine ihr bekannte Stimme.
Vashtu richtete sich unbewußt auf und begann breit zu grinsen.
Das hatte ihr natürlich mal wieder keiner gesagt: General Jack O'Neill war im Haus. Wenn das kein gutes Zeichen war!
Der General riß jetzt schwungvoll die Tür auf und drehte sich im Gehen um, um mitten in der Bewegung zu erstarren. Eine halbe Sekunde lang schien er wirklich zu überlegen, was er als nächstes tun sollte, dann begann er auch schon ihr Grinsen zu erwidern.
Ja, ihren Einstand auf der Erde hatte er ganz offensichtlich nicht vergessen.
„General O'Neill, guten Tag, Sir", begrüßte Vashtu ihn.
O'Neill nickte. „Miss Uruhk ..." Ein spitzbübisches Blitzen trat in seine Augen. „Schön, daß ich Sie nicht lange suchen muß. Ich hatte vor, Sie zu einer kleinen Feier am Wochenende einzuladen - auf meine Hütte im Wald."
Vashtu riß die Augen auf.
Die Jagdhütte des General war eine Art Insidertreff für SGC-Mitarbeiter. Wenn man sie dorthin einlud ... wow!
O'Neill neigte fragend den Kopf zur Seite. „Also?"
Vashtu strahlte. „Klar, Sir. Ich brauche bloß eine Mitfahrgelegenheit."
O'Neill winkte ab. „Teal'c hat einen Führerschein. Der kann Sie dann mitnehmen." Er drehte den Kopf und linste ins Büro zurück. „Hank, Miss Uruhk steht hier. Soll sie rein oder darf ich sie dir mal kurz entführen?"
„Nimm sie mit!"
O'Neill zwinkerte. „Einen Tee? Sie waren das doch, die man selbst mit Zureden nicht zum Kaffee überreden konnte, oder?"
Vashtu nickte. „Aber gern doch."

Kurz darauf in der Kantine
Mit gerunzelter Stirn beäugte Vashtu das eigenartige Plastikgesteck auf dem Tisch, an dem sie saß und auf den General wartete.
Irgendwie wollte ihr immer noch nicht so recht in den Sinn kommen, was genau das alles sollte. Ihr kam das genauso spanisch vor wie die Girlanden über der Essensausgabe oder der Tatsache, daß ein riesiges Wagenrad von Tannengrün-Kranz von der Decke hing. Eine dicke Stumpenkerze brannte darauf.
Was zum Kuckuck bedeutete das?
O'Neill kam mit einem Tablett und stellte zwei Tassen auf den Tisch, sowie einen Teller mit Gebäckstücken.
Vashtu stutzte wieder. „Was ... ?"
Der General blinzelte ihr verschwörerisch zu. „Sie hat noch keiner aufgeklärt, oder?" erkundigte er sich.
Die Antikerin sah ihn scheel an. „Ich frage mich in der Tat, ob im Moment alle durchdrehen", gab sie zu.
O'Neill verbarg sein Grinsen hinter der Tasse, nahm dann einen vorsichtigen Schluck. „Dachte ich mir. Heutzutage ist Weihnachten so selbstverständlich, daß keiner mehr dran denkt, daß es auch Planeten und Zivilisationen gibt, bei denen das Fest logischerweise nicht begangen werden kann."
Vashtu hob die Brauen. „Hä?"
O'Neill stellte seine Tasse ab, sah sie vordergründig ernst an. Doch noch immer blitzte da der Lausejunge in seinem Augenwinkel.
„Sagt Ihnen die Weihnachtsgeschichte etwas?" erkundigte er sich.
Vashtu dachte nach, zuckte schließlich mit den Schultern.
„Lesen Sie vielleicht mal rein - ganz interessant. Oder gucken sich 'Das Leben des Brian' an, da wird eigentlich alles wichtige erklärt."
Vashtu machte sich eine geistige Notiz. Wäre nicht der erste Film, der auf ihrer, immer länger werdenden Liste stand. Im Moment ackerte sie sich noch durch diverse gut oder schlecht gemachte Versionen von „Krieg der Welten" - bisher gefiel ihr die Version mit dem Titel „Independence Day" am besten ...
„Und worum geht es jetzt?" fragte sie unschuldig.
O'Neill grinste. „Mögen Sie Eierpunsch?"
„Hä?"
„Werden Sie kennenlernen - auf der Weihnachtsparty in meiner Hütte." Wieder ein Schluck aus der Tasse. Dann wurde ein Keks hinterhergeschoben.
Vashtu fühlte sich etwas auf den Arm genommen, wenn sie ehrlich war. Sie lehnte sich zurück und kreuzte die Arme vor der Brust. „Und was hat es jetzt mit diesem Deko-Wahnsinn auf sich?" erkundigte sie sich.
O'Neill knabberte den nächsten Keks. „Weihnachten", nuschelte er dabei.
„Hä?"
Der General schluckte. „Weihnachten, das Fest der Liebe und der Freundschaft. Santa gehört einfach dazu, ebenso wie seine Rentiere. Rudolf ist das bekannteste - wegen der roten Nase." Wie ein Oberlehrer hob er einen Finger.
Vashtus Gesicht verwandelte sich in ein einziges Fragezeichen.
O'Neill grinste wieder breit. „So wie Ihnen ging es vor einigen Jahren Teal'c", fuhr er fort. „Nur mit dem kleinen Unterschied, er wohnte hier in den Mannschaftsquartieren und nicht irgendwo draußen in der freien Wildbahn."
„In der Tat ..." Vashtu war immer noch ziemlich ratlos.
„Hat Ihnen schon einmal jemand gesagt, Miss Uruhk, daß Sie ganz offensichtlich zuviel mit meinem Jaffa-Freund zusammenhängen? Seinen Wortschatz haben Sie schon übernommen." O'Neill zwinkerte ihr zu, beugte sich dann vor.
Die Frau an der Essensausgabe schaltete ein Radio ein. Das Klingeln von kleinen Schellen schallte durch die Kantine - und damit verbunden begannen einige der Anwesenden, sich im Takt der Schellen mit den Köpfen zu nicken.
„Müßte doch eigentlich was für Sie sein, so als Frau. Sie dekorieren doch bestimmt gern", fuhr O'Neill endlich mit dem eigentlichen Thema fort.
Vashtu verbiß sich jede Antwort darauf. Es reichte ihr schon vollkommen, ihr Apartment einrichten zu müssen.
„Also, in der Weihnachtszeit wird das Haus, die Wohnung, der Arbeitsplatz geschmückt. Kleine Santas, Rentiere, Sterne ... eben weihnachtliches."
„Sterne sind ... weihnachtlich?" Irgendwie fiel es ihr schwer, das wirklich zu glauben. Immerhin waren die Sterne eigentlich immer da, gleich ob sie hinter Wolkendecken verschwunden waren oder nicht. Warum sollte irgendjemand sie mit einer bestimmten Jahreszeit in Verbindung bringen?
„Klar, wegen diesem ... da war so ein Stern mit Schweif über dem Stall ..." O'Neill unterbrach sich, scheinbar etwas hilflos, und nahm wieder einen Schluck aus seiner Tasse. Vashtu meinte hören zu können, wie sein Gehirn die Arbeit aufnahm. Offensichtlich hatte er sich da an irgendeiner Stelle verrannt.
O'Neill seufzte und stellte die Tasse wieder ab. „Also, bei Weihnachten geht es um Jesus. Nicht nur, aber auch. Darum werden Sie in den nächsten Wochen auch so viele Krippen sehen, belebte und unbelebte. In der Bibel steht, Jesus, der Sohn Gottes, sei an Weihnachten zur Welt gekommen", erklärte er. „Und das feiern wir jedes Jahr und tauschen Geschenke aus. Auch wenn Weihnachten eigentlich gar nicht der Geburtstag von Jesus sein soll, es ist eben bei diesem Datum geblieben. Paßt auch besser zu den Rentieren und dem Schnee."
Vashtu verstand allmählich gar nichts mehr.
Okay, von diesem Gott und diesem Jesus hatte sie schon gehört, das war jetzt nicht das Problem. Aber was hatten Rentiere und Schnee, ganz zu schweigen von diesem ominösen Santa, mit diesem Jesus zu tun? Und was hatte eine Krippe dabei zu suchen?
„Naja, wir freuen uns und verbringen die Tage zusammen mit unserer Familie oder denen, die uns am Herzen liegen. Dabei beschenken wir uns gegenseitig und stellen einen Baum auf", erklärte O'Neill.
War das jetzt die Kurzform?
Vashtu war sich da nicht so sicher. „Und ... ?" Sie stockte, nicht sicher, was sie zu diesen ganzen Informationen sagen sollte.
O'Neill grinste. „Und ich habe Sie zu einer Weihnachtsfeier am nächsten Wochenende eingeladen. Wir feiern draußen im Wald, wo es ruhig ist und man entspannen kann."
Vashtu nickte. „Und Sie erwarten ... ein Geschenk von mir?"
Was sollte sie dem General denn schenken? Nicht, daß sie etwas dagegen hätte, ihr war dieser Mann von Anfang an sympatisch gewesen. Nur wagte sie zu bezweifeln, ob das, was ihr möglicherweise als Geschenk für ihn vorschweben würde, auch wirklich auf dieser Welt erlaubt war ...
„Ich möchte, daß Sie viel gute Laune mitbringen und sich amüsieren ... und natürlich unsere Bräuche hier auf der Erde kennenlernen." O'Neill blinzelte wieder verschmitzt. „Übrigens gibt es auch noch eine Überraschung - wird Sie sicher freuen."
„Okay ..."
Sie begriff immer noch nicht wirklich den Zusammenhang, ließ es jetzt aber so stehen.
Auf jeden Fall sollte sie sich noch einmal zum Thema Dekorieren schlau machen, befand sie ...
Zwei Tage später

Vala Mal Doran bezahlte das Taxi und schritt dann munter aus in den Innenhof der Apartmentanlage hinein. Dann nahm sie die Treppen nach oben in den zweiten Stock.
Sie stutzte ein wenig über die bunten Flittergirlanden und ebensolchen Lichterketten, die jemand um das Geländer des zweiten Stockwerkes gewunden hatte. Allerdings hatte Daniel Jackson ihr an für sich sehr deutlich erklärt, was es mit dieser Zeit auf der Erde auf sich hatte.
Nun ja, alte Bräuche legte man eben nicht so schnell ab. Es gab noch mehr als genug Welten in der Milchstraße, die die Sonnenwenden feierten, einige Systemlords waren sogar so klever gewesen, eines dieser Daten besonders hervorzuheben - als den Tag ihrer Entstehung oder ihrer Gottwerdung oder ähnlichem. Ganz so dumm waren die Goa'uld nun doch nicht ...
Vala staunte allerdings nicht schlecht, als sie vor dem Apartment stand, in dem diejenige wohnte, die sie besuchen wollte.
An den beiden, zum Innenhof blickenden Fenstern, blinkten bunte Lichterketten und Silhouetten mit Rentieren, die Schlitten zogen sowie einem Stern. Eine rote Flittergirlande umwand die Wohnungstür, die zusätzlich mit einem dicken Kranz aus Tannenzweigen mit diversen Nüssen, Zapfen und Kunstäpfelchen geschmückt war. Zu beiden Seiten der Tür hielten zwei halbhohe, beleuchtete Figuren Wache: Ein Santa Clause und ein Schneemann.
Irgendetwas hier stimmte doch nicht, oder?
Vala riß sich zusammen, klopfte an die Tür.
Kurz darauf öffnete die Antikerin, an den Füßen Plüsch-Hausschuhe mit zwei Santas. Hinter ihr, in ihrem kleinen Flur, blinkte ein farbwechselnder Schriftzug, den sie irgendwie an der Garderobe festgemacht hatte, ein „Merry Christmas" und auf dem Kopf trug Vashtu ... ein Rentiergeweih.
„Hey!" begrüßte die Antikerin Vala, die unwillkürlich einen Schritt zurücktrat mit weitaufgerissenen Augen.
Oh Gott!
Vashtu sah sich kurz um, stutzte dann. „Ich probiere nur Weihnachten mal aus. Hab mich von General O'Neill darüber schlau machen lassen."

TBC ...

10.10.2009

Nachtrag: Willkommen auf der Erde

Author's Note: Dieser kleine Oneshot ist direkt nach Vashtus Einführung in die Stargate-Welt entstanden, quasi als eine Art Übergang zu "meiner" kleinen Serie SG-V (SG-27 und Stargate: Vineta). Es soll eigentlich zeigen, wie ähnlich sich Vashtu Uruhk und John Sheppard sind, denn an ihr wird das, was auf sie wartet, nicht immer ganz spurlos vorbeigehen.
Zeitlich spielt dieser Oneshot vielleicht zwei bis drei Monate nach den Ereignissen in der vorhergehenden FF.


Dr. Carson Beckett stieg aus dem Auto, sah sich neugierig um. Eine normale Straße in einer amerikanischen Stadt. Mehrfamilien- und Apartmenthäuser reihten sich aneinander, sauber gestutzte Rasenflächen, von Gärtnern gepflegte Beete, die einen Kontrast zu dem Grün bildeten. Ein Neubaugebiet, irgendwo in den Vereinigten Staaten von Amerika.
Beckett wandte sich dem Haus mit der Adresse zu, die er nach einigen Anläufen direkt von General O'Neill erhalten hatte. Scheinbar wollte irgendjemand nicht, daß das Atlantis-Team mit seinem Besucher aus der Vergangenheit weiteren Kontakt pflegte, etwas, was er nun so gar nicht verstand.
Er ging die Einfahrt zu dem modernen Apartmentgebäude hinauf und sah schon von weitem den Swimmingpool in der herbstlichen Sonne glitzern.
Zumindest schien sie gut untergebracht worden zu sein.
Beckett betrat den Innenhof, stieg eine Treppe in den zweiten Stock hinauf und suchte die entsprechende Tür, die ihn hoffentlich an sein Ziel führen würde.
Von General O'Neill hatte er nämlich erfahren, daß diese neue Bewohnerin der Erde sich weiterhin als etwas aus ihrer Art geschlagen gab. Im SG-Center war man nicht sonderlich glücklich mit ihr und wußte nicht so recht, wohin man sie stecken sollte. O'Neill selbst war dafür eingetreten, daß sie in den aktiven Dienst versetzt worden war, nachdem sie nacheinander so ziemlich alle Mitarbeiter der wissenschaftlichen Abteilungen gegen sich aufgebracht hatte. Selbst mit dem doch recht ruhigen Daniel Jackson hatte sie sich überworfen.
Er fand die richtige Tür und klopfte.
Von drinnen war zunächst kein Geräusch zu hören, und Beckett wollte unverrichteter Dinge schon wieder gehen, als er plötzlich ein eigenartiges Geräusch unter sich hörte. Er drehte sich um und sah etwas, was ihn ziemlich verblüffte:
Die Gesuchte war gerade in den Innenhof gekommen - auf einem Skateboard, das sie nun geschickt abbremste und mit einem Fuß hochklappte.
Beckett blinzelte und mußte zweimal hinsehen, ehe er sie erkannte. Wären da nicht die bekannten Gesten gewesen, wäre er wahrscheinlich in einer Menschenmenge an ihr vorbeigelaufen, ohne zu wissen, daß er sie eigentlich kannte.
Mit schnellen Schritten, das Board unter den Arm geklemmt, kam sie die Treppen hoch, eine Hand in der Fliegerjacke aus Leder.
„Vashtu?" rief Beckett leise herunter, als sie im Stockwerk unter ihm angelangt war und mit einem Schlüssel klimperte.
Sie blickte überrascht zu ihm auf, und gleich darauf erschien ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht. „Dr. Beckett! Was für eine Überraschung!" Sie beschleunigte ihre Schritte noch und hastete die letzte Treppe hinauf.
„Warten Sie schon lange?" erkundigte sie sich. In den Gläsern ihrer Sonnenbrille spiegelte sich der Besucher aus einer anderen Galaxie.
„Ich hätte mich gemeldet, aber auf dem Stützpunkt hat niemand eine Telefonnummer von Ihnen. Ich hoffe, ich störe nicht", sagte er.
Vashtu, die Antikerin, die vor einigen Monaten in Atlantis für einige Aufregung gesorgt hatte, winkte ab. „Ich mußte nur kurz etwas wegbringen. Kommen Sie rein." Sie steckte den Schlüssel ins Schloß und öffnete die Tür, dann ließ sie ihrem Besucher den Vortritt. Als sie selbst ihr Apartment betrat, lehnte sie das Board an die Wand neben der Tür, zog den Schlüssel wieder ab und steckte ihn von innen ins Schloß.
Beckett sah sich aufmerksam um. Die Wohnung war recht klein, aber relativ gemütlich eingerichtet. Ein Küchentresen ragte ins Zimmer hinein, ein gemütlich aussehendes Sofa und ein niedriger Couchtisch standen vor einem der modernen Flachbildschirme. An der Seite, wuchtig und doch urgemütlich aussehend, wartete ein alter Ohrenbackensessel auf einen möglichen Gast. Zwei Türen zweigten von dem schmalen Flur ab, eine führte sicherlich in ein Schlafzimmer, die andere in ein Bad.
„Setzen Sie sich." Vashtu drückte sich an ihm vorbei und trat hinter den Tresen. „Möchten Sie etwas trinken? Ich habe ausländisches Bier, eine Flasche Wein, Limonade und Wasser. Oder etwas warmes? Tee oder Cappuccino?"
Beckett streifte seine Jacke ab und hielt sie etwas hilflos über den Arm drappiert. „Danke, ein Wasser, bitte."
Vashtu nickte und öffnete einen großen Kühlschrank mit eingebautem Froster. „Legen Sie ihre Jacke einfach zu meiner. Ich habe noch keine Garderobe gefunden, die mir gefallen würde", sagte sie.
Beckett trat in den Flur zurück und legte seine Jacke ordentlich neben der einfach hingeworfenen, die die Antikerin getragen hatte.
Irgendwie schien er sich gerade wieder in einem Traum zu befinden. Eine solche Wohnung hätte er vielleicht Vashtus männlichem Gegenstück Lt. Colonel Sheppard zugetraut. Daß ihre Ähnlichkeit sogar den gleichen Einrichtungsgeschmack betraf, soweit hatte er damals nicht gedacht.
Beckett betrat wieder den Wohnraum, setzte sich langsam auf das Sofa.
Vashtu kam hinter dem Tresen hervor, zwei Gläser und eine Zwei-Liter-Flasche Wasser in den Händen.
Auf dem Tisch stand, wie achtlos liegengelassen, ein Laptop, der noch eingeschaltet war. Zahlenkolonnen ratterten über den Bildschirm.
Vashtu flätzte sich in den Sessel, nachdem sie ihrem Gast und sich selbst etwas zu trinken eingegossen hatte, strecke die Beine aus und grinste den Arzt an. „Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich freue, Sie einmal wiederzusehen."
Beckett lächelte schüchtern.
Die Antikerin war inzwischen beinahe unheimlich in ihrer Ähnlichkeit zu Sheppard, mußte er zugeben. Jetzt trug sie sogar eine ähnliche Frisur wie er.
Er konnte seinen Blick kaum von den wild abstehenden, schwarzen Haaren abwenden. Was war denn nur in sie gefahren?
„Wie steht es in der Heimat?" erkundigte Vashtu sich, beugte sich vor und musterte ihn interessiert.
„Oh, allen geht es gut", antwortete Beckett. „Ich soll Ihnen Grüße bestellen, sollte ich Sie sehen. Teyla vermißt das Training mit ihnen. Und Rodney ... Nun, kaum waren Sie durch das Tor gegangen, hat er auch schon Sheppard aufgesucht und von ihm verlangt, er möge den kompletten Speicher des Hauptrechners noch einmal hochfahren. Aber Sie hatten wohl vergessen, jemandem von uns die Kontrolle zu übertragen."
Vashtu grinste spitzbübisch. „Nein, vergessen habe ich es nicht", sagte sie. Ihr Gesicht drückte einen Moment lang Sehnsucht aus. „Wie geht es ... Colonel Sheppard?"
„Es geht ihm gut. Er hat viel zu tun." Beckett tastete nach seiner Brieftasche, zog einen Umschlag heraus. „Das soll ich Ihnen geben, wenn ich Sie sehen würde."
Einen Augenblick zögerte sie, dann griff sie doch nach dem Papier. Sehr vorsichtig legte sie es auf den Tisch und strich mit den Fingern liebkosend darüber.
„Wie lange sind Sie noch auf der Erde?" Ihre Augen stellten noch eine zweite Frage.
„Leider nicht mehr sehr lange. Wenn Sie ihm eine Antwort schreiben wollen, ich habe den ganzen Nachmittag Zeit."
Ein unsicheres Lächeln glitt über ihr Gesicht.
„Und wie geht es Ihnen?" erkundigte Beckett sich.
Sie kniff die Lippen aufeinander, sank wieder in den Sessel zurück. „Es ist langweilig hier", antwortete sie dumpf.
„Oh."
Sie nickte brütend. „Die ersten Wochen wurde ich von allen Seiten gepiesakt. Eine Untersuchung nach der anderen. Dabei hatten Sie mich doch schon auf Atlantis auf den Kopf gestellt. Angeblich, so hieß es, damit ich keine unbekannten Seuchen einschleppe. Die haben mir mindestens einen Liter Blut abgezapft."
Beckett nickte. „Und jetzt sind Sie im SG-Center beschäftigt, habe ich gehört?"
Sie zuckte mit den Schultern, behielt demonstrativ den leeren Bildschirm im Auge. „Man schiebt mich von einer Abteilung in die nächste. Dieses übersetzen, das anfassen, dort aushelfen." Sie seufzte. „Letzte Woche bekam ich neue Befehle. Ab übermorgen bin ich tatsächlich in den aktiven Dienst versetzt. Zumindest etwas. SG-15, von diesem Team schon einmal gehört?" Hoffnungsvoll sah sie auf.
Beckett hob die Schultern, ließ sie wieder sinken. „Leider nicht. Aber ich bin sicher, Sie werden das schon meistern."
„So sicher bin ich mir da nicht. Aber ich bin froh, endlich wieder etwas anderes zu sehen als die Erde. Wie gesagt, hier ist es langweilig, zumindest die meiste Zeit."
„Ich hörte, Sie hatten einige Probleme?"
Vashtu lächelte sarkastisch. „Probleme? Ich dachte, man würde mich aus Cheyenne-Mountain schmeißen." Sie sah ihn wieder an. „Ich habe Dr. Jackson von SG-1 die Meinung gesagt, nachdem er mehrere Tage wegen einer Übersetzung hinter mir herlief. Dabei hatte ich sie ihm schon längst gemailt. Es war nichts wichtiges."
Beckett nickte wieder, trank einen Schluck. „Er war da anderer Meinung?"
Vashtu nickte bedrückt. „Ja, war er, leider. Er meinte, offensichtlich sei ich nicht dazu in der Lage, wissenschaftlich zu arbeiten. Nun ja, ich fürchte, irgendwie hat er da recht."
Beckett streckte die Hand aus. „Aber Sie sind noch dabei, das ist doch gut."
Wieder ein Nicken gepaart mit einem dumpf brütenden Blick. „Nachdem ich in Landrys Büro zitiert worden bin und mit ihm und General O'Neill habe sprechen müssen. Danach wurde ich erst beurlaubt und letzte Woche erhielt ich, wie gesagt, neue Befehle."
„General O'Neill scheint große Stücke auf Sie zu halten, Vashtu. Ich habe selbst kurz mit ihm sprechen können. Er meinte nur, Sie sollten vielleicht ein wenig zurückhaltender sein. Ihr Gehirn arbeitet etwas schneller als das von uns Menschen. Damit hatten wir es ja bereits auf Atlantis zu tun."
Die Antikerin zog wieder eine Grimasse. „Ich halte mich ja zurück, das habe ich ihm auch gesagt. Aber ich verstehe nicht, warum ich ständig wegen irgendwelcher Kleinigkeiten herbeizitiert werde. Letztens drückte mir doch so ein Wissenschaftler ein Küchengerät in die Hand und sagte mir, ich solle es aktivieren und auf ein Ziel schießen."
Beckett verkniff sich ein Lachen.
„Ich weiß auch, daß Dr. Weir der Meinung war, dies sei die beste Lösung", fuhr Vashtu fort. „Aber irgendwo liegen doch auch Grenzen. Ich bin aus Atlantis hierher gekommen, weil ich etwas suchen wollte. Aber bisher durfte ich Versuchskaninchen und Übersetzerin spielen." Entrüstet richtete sie sich in ihrem Sessel auf und sah Beckett an. „Stellen Sie sich vor, irgendjemand hat eine alte Handwaffe meines Volkes gefunden. So weit, so gut. Aber das war das erste, was ich aktivieren sollte. Allerdings hatte wohl niemand damit gerechnet, daß diese Waffe nach zehntausend Jahren vielleicht defekt sein könnte. Sie wäre in meiner Hand explodiert, wenn ich sie nicht sofort weggeworfen hätte! Aber mich beschuldigte man, vorher hätte sie einen tadellosen Eindruck gemacht." Sie zog eine Grimasse, hielt ihre Linke hoch, als müsse sie beweisen, daß sie noch an ihrem Arm saß.
Beckett nickte nachdenklich.
„Ich kann mit Untersuchungen leben, ich kann sogar damit leben, daß ich Unsinn übersetzen soll. Aber es fällt mir wirklich schwer, das ständig zu tun. An die wichtigen Forschungen darf ich nicht mitarbeiten, und gegen die Ori soll ich noch nicht eingesetzt werden. Irgendjemand hat wohl entschieden, ich soll den Kontrollstuhl auf Antarktika bedienen, doch den habe ich bis jetzt noch nicht einmal zu Gesicht bekommen."
„Können Sie das denn?" erkundigte Beckett sich.
Vashtu zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, ich habe auf soetwas noch nie gesessen. Und auf Atlantis hatte ich weder Zeit noch Lust, es auszuprobieren."
Beckett sah sie wieder an. „Aber jetzt werden Sie die Milchstraße kennenlernen. Das ist doch schon was."
Die Antikerin hob die Brauen. „Wenn Sie meinen ..." Überzeugt schien sie keineswegs zu sein.
Beckett sah wieder auf den Umschlag, der auf dem Tisch lag.
Eigentlich war er hergekommen, weil er ihr ins Gewissen reden sollte, damit sie sich mehr anstrengte. Den Verantwortlichen beider Stargate-Projekte war sie nicht teamfähig genug. Aber vielleicht hatte man auch noch nicht ihre wirklichen Stärken ausgekundschaftet. Und zumindest General O'Neill hielt immer noch zu ihr.
„Was haben Sie dem General eigentlich erzählt?" fragte Beckett.
Vashtu sah überrascht auf. „Nichts anderes als ich Colonel Sheppard erzählt habe", antwortete sie, zögerte dann aber. „Naja, ein bißchen mehr. Es schien ihm zu gefallen. Jedenfalls, so sagte Landry zu mir, war er es, der darauf gedrängt hat, mich durchs Tor zu schicken."
Beckett nickte, fragte sich, ob O'Neill vielleicht auch die Berichte über sie und ihr Verhalten gelesen hatte. Wenn er richtig informiert war, war der General auch maßgeblich daran beteiligt gewesen, daß Sheppard zur Atlantis-Expedition kam. Jetzt schien er seine schützende Hand über Sheppards weiblichen Gegenpart zu halten.
„Der General ist schon schwer in Ordnung." Vashtu nickte nachdenklich. „Das habe ich schon bei unserem ersten Treffen gemerkt. Er sagte, er habe früher selbst SG-1 geleitet und später eine Zeitlang das Stargate-Center. Er hat viel mitgemacht. Ich mag ihn."
Beckett lächelte. Wenn er sich recht erinnerte, hatte auch Sheppard stets positiv über O'Neill gesprochen. Wieder einmal eine Gemeinsamkeit - warum überraschte ihn das nur nicht?
„Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich jetzt gern den Brief lesen." Vashtu legte ihre Hand auf den Umschlag. „Kann ich Ihnen sonst noch etwas anbieten? Möchten Sie sich ein bißchen umsehen, solange?"
„Ich kann warten. Vielleicht haben Sie noch Fragen danach." Beckett lehnte sich zurück und blickte auf den großen Bildschirm.
„Eines können Sie John auf jeden Fall schon einmal sagen: Mit Football hatte er recht. Ein sehr interessantes Spiel, wenn man es einmal begriffen hat."
Beckett schüttelte amüsiert den Kopf.

08.10.2009

Vashtu IX

Etwa zwei Stunden später

Vashtu hatte gerade das Gestränge mit der Schale abgestellt, als sie das schrille Jaulen hörte. Sofort rannte sie in das Cockpit des Jumpers, blickte durch die Frontscheibe hinaus und erbleichte.
Wraith-Darts!
Und noch etwas sehr viel gewaltigeres und finsteres erhob sich plötzlich nicht weit entfernt von ihnen. Dort, wo sich vormals dichte Wälder befunden hatten.
Vashtu wirbelte herum, raste zur Hecklucke.
„Johnson, schnell!" rief sie.
Ein gleißender Lichtstrahl blitzte kurz auf, und wieder erklang das Jaulen der schnellen Jäger.
Die Antikerin blieb auf der Rampe stehen, starrte auf den leeren Fleck, an dem sich vorher der Marine befunden haben mußte.
„Nein!"
Sie schluckte.
Johnson trug den Generator. Und das Gerät war mit ihm verschwunden.
Vashtus Augen zuckten hilflos hin und her. Das Jaulen der Jäger klang jetzt weiter entfernt, dennoch nicht zu weit.
Was konnte sie tun?
Wieder eilte sie zurück ins Cockpit, sah hinaus und konnte gerade noch beobachten, wie ein winziger, finsterer Punkt in dem gewaltigen Etwas verschwand.
Sheppard und McKay waren damit beschäftigt, die schwere Hülle des Ladegerätes durch die Höhlen zu schleppen. Der Colonel selbst hatte sie und Johnson vorgeschickt, um ihre Last abzulegen. Dann sollten sie beim Jumper auf die Rückkehr der letzten beiden warten.
Vashtu senkte den Kopf, ihre Finger krallten sich in die Polsterung der beiden Pilotensitze und ihre Kiefer spannten sich immer wieder an.
Wenn die Menschen von Atlantis von den Wraith bisher mit irgendeiner Antiker-Technologie erwischt worden waren, hatten sie nicht sehr lange Freude an diesen Entdeckungen gehabt. Die Wraith hatten zerstört, was sie bekommen konnten. Kein Wunder, den Krieg hatten sie letztendlich auch eher wegen ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit gewonnen und nicht wegen ihres technischen Know hows.
Wenn der Pilot des Jägers gewußt hatte - ein schwacher Punkt verschwand in der großen Finsternis.
Vashtu starrte wieder nach draußen.
Warum sollte ein Basis-Schiff hier landen? Soweit sie wußte, waren die Wraith erwacht und auf den Wegen zu ihren Weidegründen. Sie landeten ihre Basis-Schiffe dann nie, es sei denn, in den letzten zehntausend Jahren hatten sich ihre Angewohnheiten geändert.
Sie kniff die Lippen fest aufeinander und richtete sich auf. Sie war ohnehin nicht sicher auf diesem Planeten, solange die Wraith hier waren. Irgendwie, das wußte sie noch aus ihrer Zeit, konnten sie sie aufspüren, als hätten sie einen sechsten Sinn für Antiker.
Vashtu drehte sich um, griff nach ihrer P-90 und verließ den Jumper.

Sheppard richtete sich auf, streckte den Rücken. Dieses Gehäuse war verdammt schwer! Und irgendwie konnte er sich des Eindrucks nicht erwehren, daß er auch noch das schwerere Ende des Gerätes erwischt hatte.
„John?"
Er aktivierte sein Funkgerät. „Was ist?"
McKay blickte fragend auf. „Was will sie denn jetzt schon wieder?"
„Die Wraith sind hier", sagte Vashtu gerade. „Sie haben Johnson und den Generator."
Sheppards Augen wurden groß. Er drehte sich zu McKay um, der seinen Blick entsetzt erwiderte.
„Sie sind mit einem ihrer Basis-Schiffe nicht weit von unserem Jumper gelandet und ich glaube, der Jäger ist zurückgeflogen", fuhr die Antikerin fort. „Ich bin auf dem Weg, um Johnson wieder da heraus zu holen."
Sheppard drehte sich etwas hilflos herum. „Negativ", sagte er mit gespielt fester Stimme. „Du bleibst beim Jumper. Wir sind in einigen Minuten bei dir."
„Sie wissen, daß ich hier bin, John. Ich kann es fühlen."
Sheppard spannte die Kiefer an und preßte die Lippen aufeinander.
„Bleiben Sie beim Jumper, Vashtu", mischte McKay sich nun ein. „Das ist sicherer."
„Ich bin fast bei ihrem Basis-Schiff", kam die Antwort.
„Dann dreh um und warte, bis wir kommen. Allein hast du keine Chance", sagte Sheppard.
Kurze Zeit passierte gar nichts, es kam keine Antwort.Sheppard wurde immer nervöser, je länger das Schweigen dauerte.
„Wenn die Wraith den Generator in ihre Hände bekommen, werden sie ihn zerstören. Tut mir leid, John." Ein Klicken in der Leitung.
„Vashtu!" Sheppard tat einige entschlossene Schritte nach vorn. Seine Augen glühten zornig. „Vashtu, komm zurück! Vashtu!"

Die Antikerin zog ihren Detektor aus der Brusttasche und aktivierte ihn. Wie sie nicht anders erwartet hatte, konnte sie eine größere Energiequelle im Inneren des Schiffes wahrnehmen. Eine Energiequelle, die nichts mit den Antrieben der Wraith zu tun hatte.
Sie hob die P-90 an die Wange, stützte die Waffe mit ihrem Unterarm, daß sie weiter die Anzeigen auf dem Detektor lesen konnte, und huschte den Gang entlang. An der Ecke preßte sie sich eng an die Wand, beobachtete aufmerksam den Detektor, ehe sie in den nächsten einbog und lautlos weiterschlich.
Wenn sie sich nicht irrte, sah sie auch das Signal von Johnson. Zumindest erhielt sie zwei Punkte, die sich nicht bewegten.
„Halte durch", wisperte sie, huschte weiter, ein Auge auf den Gang gerichtet, mit dem anderen aufmerksam weiter den kleinen Bildschirm beobachtend.

„Nun machen Sie schon, Rodney!"
Sheppard griff nach dem Gehäuse, versuchte es hochzustemmen, rutschte aber ab. Das Gerät knallte auf den felsigen Boden.
„Es ist zu schwer. Wir sollten es zurücklassen." McKays Blick war gequält.
Sheppard warf ihm einen wütenden Blick zu. „Wir nehmen es mit. Es ist nicht mehr sicher, wenn die Wraith hier sind."

Vashtu drückte sich eng an die Wand und sah den drei Wraith nach, die den anderen Gang entlangkamen. Doch sie bemerkten sie nicht.
Kaum waren sie vorbei, schlüpfte sie hinter ihnen in den Gang und eilte so geräuschlos wie möglich weiter, den Blick wieder an den Detektor geklebt.
Ein dritter Punkt war aufgetaucht.

Sheppard krallte sich an das Gehäuse. Er würde dieses Gerät nicht zurücklassen, eher würde er ...
Was?
„Machen Sie schon, Rodney!" befahl er mit gepreßter Stimme.
Vashtu in einem Basis-Schiff der Wraith. Und er wußte nur zu gut, daß die Wraith weder zu unterschätzen noch dumm waren. Und sie konnten Antiker-Gene wahrnehmen.

Vashtu eilte weiter. Die Gänge weiteten sich etwas.
Sie wußte, wo sie sich befand. Sie hielt genau auf die Mitte des Schiffes zu, auf die Kammer der Königin. Und dort schienen auch Johnson und der Generator zu sein.
Hilflos beobachtete sie weiter die Anzeige auf dem Detektor. Zumindest der Generator, zumindest der. Es durfte einfach nicht alles umsonst gewesen sein!

Sheppard kroch den Abhang hinauf und blickte hinunter.
Warum hatte er ausgerechnet heute sein Nachtsichtgerät im Jumper gelassen? Warum war er so dämlich gewesen und hatte die Antikerin allein mit Johnson gehen lassen?
„Etwas zu sehen?" rief McKay von unten.
Sheppard rutschte den Abhang wieder hinunter. „Ja, Nacht. Es ist dunkel, Rodney", knurrte er, stellte sich vor dem Gehäuse auf und musterte es.
„Weiter", entschied er endlich, auch wenn inzwischen alles in ihm danach schrie, Vashtu nachzueilen und sie aus dem Basis-Schiff zu holen - und ihr eine gehörige Abreibung zu erteilen. Es war das zweite Mal, daß sie seinen Befehl mißachtete, und das würde er nicht so schnell vergessen.

Vashtu blieb stehen, atmete tief ein.
Die große Energieanzeige ... etwas stimmte nicht mit ihr. Das Lebenszeichen, von dem sie glaubte, es sei Johnson, war vollkommen erloschen. Und sie ...
Sie musterte die Wand vor sich. Sie war so dicht dran, so verdammt dicht dran!
Sie durfte jetzt nicht daran denken. Vielleicht konnte sie den Generator noch retten. Aber dazu mußte sie einsatzfähig sein.
Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren, dennoch hob sie die Waffe wieder und marschierte weiter.
Die meisten Wraith schienen auf Beutezug zu sein, das gewaltige Schiff wirkte leer. Oder zumindest der Teil, in dem sie sich befand.
Vorsichtig bog sie um die nächste Kurve und sah vor sich einen etwas helleren Lichtschein. Ein Durchgang!
Sie hielt darauf zu und blieb direkt davor stehen. Als sie in den Raum hineinblickte, sah sie eine Gestalt in Militäruniform am Boden liegen.
„Johnson!"
Sie vergaß ihre Vorsicht und eilte in den Raum, eher ein Saal. Den Detektor stopfte sie wieder in ihre Brusttasche, ließ sich auf ein Knie sinken und beugte sich über die Gestalt. Sie brauchte nicht nach einem Puls zu suchen. Beschämt wandte sie sich von dem ausgesaugten Leichnam ab und schloß eine Sekunde die Augen.
Johnson war tot.
Der Generator. Sie war gekommen, um den Generator zu suchen.
Immer wieder hämmerte sie sich diesen Satz ins Hirn, blickte schließlich suchend auf. In der Nähe stand ein Tisch. Und auf diesem Tisch ...
Vashtu kam mit einem Ruck wieder auf die Beine und tat die paar Schritte.
Verzweiflung zeichnete sich in ihrem Gesicht ab. Mühsam stützte sie sich auf der Tischkante ab und schüttelte den gesenkten Kopf.
Der Generator tat einen letzten, rasselnden Ausstoß, dann verloschen die Anzeigen - endgültig. Irgendjemand hatte ein Loch in dessen Hülle geschossen, vielleicht Johnson als letzte Verteidigung gegen den Angreifer, der ihm das Leben nehmen wollte, vielleicht die Wraith selbst.
Das konnte einfach nicht sein! Das durfte nicht sein! Sie hatten alle so viel riskiert, um dieses Ladegerät zu bekommen. Und jetzt ...
Sie war in der Königinnenkammer! Sie war im Herzen des Basis-Schiffes.
Keuchend holte Vashtu Atem, dann richtete sie sich langsam auf, brachte ihre Waffe in Anschlag und hob den Kopf. Die Wabenkuppel wölbte sich über ihr, und einen Moment lang glaubte sie, ein Geräusch zu hören.
Langsam wich sie von dem Tisch zurück, den Blick immer noch nach oben gerichtet. Und dann hörte sie das Zischen, direkt hinter sich.Sie fuhr herum. Ihre Augen schienen aus den Höhlen quellen zu wollen. Dann traf ein erster mentaler Schmerz sie und ließ sie einige Schritte zurücktaumeln. Die P-90 entglitt ihrer Hand.
„Lantianer!" zischte die Wraith-Königin.

Sheppard kam im Eilschritt voran, lief durch den Wald. McKay hatte er beim Jumper zurückgelassen, zum einen, weil er nicht glaubte, daß der Wissenschaftler eine sonderlich große Hilfe sein würde, zum anderen, weil er schneller voran kommen wollte.
Das Basis-Schiff erhob sich wie ein zweites, gewaltiges Gebirge vor ihm.

Vashtu taumelte zurück. Mit Mühe gelang es ihr, die Wraith-Zellen in ihrem Körper zu aktivieren. Verzweifelt stemmte sie sich gegen den mentalen Druck, den ihre Gegnerin auf sie ausüben wollte.
„Knie nieder!" kam es von allen Seiten auf sie hinunter, drückte sich auf ihre Schultern, ließ ihre Beine weich werden.
Die Wraith-Königin fauchte wieder.
Vashtu schloß die Augen und ballte die Fäuste, um sich gegen diesen mentalen Angriff zu wehren. Was war ihr nur in den Sinn gekommen, die fremden Gene nicht schon eher zu aktivieren?
Keine müßigen Gedanken!
„Knie nieder, Lantianer!" befahl die Wraith-Königin erneut. „Und sage mir, woher du kommst."
Vashtu bot all ihre Kraft auf, um sich gegen diese Befehle zu wehren. Sie riß, den Mund zu einem stummen Schrei verzerrt, den Kopf in den Nacken. Ihr Atem kam keuchend und sie zitterte am ganzen Leib.
Was für eine Qual! Wie sollte sie nur gegen diese Wraith bestehen? Sie schien alt zu sein, alt und mächtig.
Dann fühlte sie plötzlich, wie ein Ruck durch ihr Innerstes ging. Der mentale Druck ließ ein wenig nach.
Vashtu riß die Augen auf. Ihre Pupillen waren schwarz und vertikal geschlitzt.

Sheppard aktivierte seinen Detektor, als er in das Schiff eindrang, hastete jetzt durch die Gänge, die Waffe nach vorn gerichtet.
„Natürlich ist sie in der Mitte, wo denn auch sonst!"
Diese Worte waren ihm zischend entschlüpft, ehe er richtig nachgedacht hatte.
Sie mußte am Leben bleiben, sie mußte! Er würde es nicht ertragen, wenn die Wraith ihr das nahmen, nachdem sie sich so lange gesehnt hatte. Und er könnte nicht ...
Der zweite Punkt kam dem ersten näher.
Er wußte nicht, wer wer war, doch er vermutete etwas.
„Bleib weg von ihr!"

Vashtu kämpfte immer noch gegen den mentalen Druck an. Ihr ganzer Körper war steif, und Schmerzen zuckten wie Flammen durch ihr Hirn.
Sie stand der Königin bis auf wenige Schritte gegenüber, starrte sie an.
Die Wraith zischte und schien auf der Stelle zu tänzeln. Wie fragend neigte sie immer wieder den Kopf. „Was ist das? Was hast du getan?" fragte sie
„Was soll ich denn getan haben?" entgegnete die Antikerin mutiger, als sie sich im Moment fühlte.
Die Königin wich zurück, nur einen Schritt. „Du ... bist anders. Anders als die von deiner Art, an denen ich mich nährte."
Vashtu lächelte. „Vielleicht bin ich das wirklich", antwortete sie gepreßt.
Eine neue Welle mentaler Befehle drosch auf sie ein, zwang sie, sich noch weiter auf die fremden Zellen in ihrem Inneren zu konzentrieren.
Und dann traf Vashtu ein weiterer Schmerz in ihre rechte Hand. Ein Stechen.
Mit beinahe übermenschlicher Kraft hob Vashtu ihren Arm, öffnete die geballte Faust ... und blickte fassungslos auf einen rudimentären Saugmund.

Die P-90 bellte eine kurze Salve in den Gang hinaus.
Sheppard war unvorsichtig gewesen und einem Wraith fast in die Arme gelaufen. Jetzt jagte er dem Grünhäutigen noch eine Salve in den Leib, ehe er sich umdrehte und weiterrannte, den Blick wieder fest auf den Detektor gerichtet.
'Geh von ihr weg', betete er sich in Gedanken immer wieder vor, als könne er die Antikerin auf diese Weise erreichen. 'Bleib weg von ihr, komm ihr nicht zu nahe.'

Der Schrecken währte nur kurz. Vashtu fühlte, wie ihre zusätzlichen Gene den Dienst wieder versagen wollten, als sie auf den Saugmund starrte. Er verschwamm kurz in ihrer Handfläche, dann tauchte er deutlicher als zuvor wieder auf.
Der Druck, den die Königin auf sie ausübte, schien nachzulassen.
Vashtu blickte auf und griff ihrerseits an. Augenblicklich, als ihre Kräfte aufeinandertrafen, wurden beide zurückgeschleudert.
Die Antikerin krachte gegen den Tisch, konnte sich gerade noch halten, sonst wäre sie gestürzt.
„Ich werde dein Leben langsam und qualvoll nehmen, Lantianerin", zischte die Königin hinter ihr. „Und du wirst mir besser munden als je jemand deiner Art zuvor."
Da lag eine Stange!
Ohne groß nachzudenken, griff sie danach, packte sie fest und wirbelte herum.

Der Alarm ging los.
Sheppard blickte einmal kurz irritiert auf, dann steckte er den Detektor in seine Tasche.
Er war fast am Ziel. Er mußte nur noch durch diese verdammte Wand.
Gerade, als er wieder schießen wollte, ging ihm auf, daß es einen Zugang geben mußte. So war es auch damals mit Sumner gewesen.
Er hetzte um die Kurve.

Vashtu kämpfte und drängte die Wraith immer weiter mit dem Stock zurück. Aber sie glaubte nicht, daß sie damit irgendetwas anderes als ein bißchen mehr Zeit erkaufen konnte.
Dieses Mal hatte sie sich zu weit vorgewagt und verloren. Gegen eine alte Königin wie diese würde sie auf Dauer nicht bestehen können.
Aber vielleicht würde sie ihr gar nicht schmecken, wer konnte schon sagen, was die veränderten Gene auslösen würden.

Sheppard hetzte durch die Tür und blieb wie angewurzelt stehen, während er eine Sekunde lang zögerte.
Vashtu kämpfte gegen eine Wraith-Königin. Mit einem wirbelnden Stab in den Händen und sonst nichts
.Er hob die Waffe und drückte ab, als er hoffte, relativ freies Schußfeld zu haben.
Die Königin wurde durch die Wucht der Kugeln zurückgeschleudert und knallte hart gegen eine Wand. Vashtu fuhr herum.
Ihre Augen ...
Sheppard war das egal. Darüber konnte er sich später immer noch Gedanken machen. Er griff nach ihrer freien, rechten Hand, doch sie wich vor ihm zurück. Er runzelte ungeduldig die Stirn und packte ihren Arm.
„Wir müssen hier heraus!" brüllte er sie an, zerrte sie hinter sich her.
Am Rande bemerkte er den Leichnam von Johnson, doch er hatte keine Zeit zur Trauer. Das mußte warten.

Vashtu gelang es gerade noch, ihre P-90 wieder vom Boden aufzuheben, ehe Sheppard sie aus dem Raum und in die Gänge zerrte. Sie fühlte, wie der innere Druck der fremden Zellen in ihr nachließ, pendelte sie auf ein für sie erträgliches Maß ein.
„Rodney, schmeißen Sie die Kiste an. Wir kommen!" rief Sheppard in sein Funkgerät.
Das C4!
Warum hatte sie nicht eher daran gedacht?
Mit einem Ruck machte sie sich von ihm los, rannte zur nächsten Wand und rammte ihre Faust in das halblebendige Gewebe. Eine schmierige Flüssigkeit rann aus dem entstandenen Loch über ihren Arm, doch sie kümmerte das im Moment nicht.
So schnell wie möglich aktivierte sie den Zünder und brachte den Plastiksprengstoff innerhalb des Loches an.
„Wir haben keine Zeit", bellte Sheppard sie an, doch sie schüttelte nur unwillig den Kopf, hob ihre Waffe wieder und eilte ihm nach.
Der Alarm schrillte in ihren Ohren.

„Die Kiste anwerfen ... ?" McKay, der im Jumper zurückgeblieben war, sah etwas hilflos nach draußen.
Vor dem Frontfenster hatten sich mehrere gesichtslose Wraith versammelt und drehten immer wieder aufmerksam die Köpfe. Wie sollte er denn so den Jumper unbemerkt näher an das Schiff heranfliegen?

„Vashtu, wir müssen hier heraus!"
Eine weitere Ladung Sprengstoff wurde in die Wand gedrückt, dann flohen sie beide weiter.
Sheppard warf ihr immer wieder irritierte Blicke zu, doch sie kümmerte sich nicht weiter darum, hielt ihre P-90 im Anschlag und hoffte einfach nur, daß es ihnen tatsächlich gelingen würde, lebend aus diesem Schiff herauszukommen.

Sheppard bog um die nächste Ecke, wurde beinahe von einem Stunnerstrahl getroffen. Sofort wirbelte er herum und schoß. Sein Magazin mußte inzwischen fast leer sein.
Die Antikerin an seiner Seite sprang zurück und lief weiter.Irgendetwas mit ihr stimmte nicht, irgendetwas war anders als sonst. Er konnte es fühlen, aber er konnte es nicht benennen.
Hoffentlich hatte zumindest McKay den Jumper näher heranfliegen können, damit sie hier so schnell wie möglich verschwinden konnten.
Doch das würde nicht so einfach werden, wenn die Wraith wirklich zur Ernte hergekommen waren. Sheppard wußte, daß ihnen dann eine lange Nacht bevorstehen würde. Sicherlich würde diese noch länger werden, sollten sie die ganze Zeit von Wraith gejagt werden. Selbst mit der Tarnung waren sie nicht hundertprozentig sicher.
Vashtu warf ihre P-90 zu Boden, zückte die Beretta.
„Ladehemmung", war alles, was sie sagte, als sie seinen irritierten Blick bemerkte. Dann drückte sie sich plötzlich an die Wand und wurde stocksteif.
„Was ist?" zischte er.
Ihre Augen ruckten zu ihm, ihr Gesicht blieb erstarrt. „Sie folgt uns", flüsterte sie dann.
Sheppard sog scharf Luft in seine Lungen.

McKay beobachtete weiter die gesichtslosen Wraith, die unverrichteter Dinge vor dem Jumper standen.
Warum konnten sie nicht endlich von hier verschwinden?
Als hätten sie sein stummes Flehen bemerkt, drehten zwei sich um und marschierten in den Wald zurück. Aber die anderen ...

„Eine letzte Ladung", sagte Vashtu, während sie ihren Arm wieder bis zum Ellenbogen in der Wand versenkte.
Sheppard blickte unruhig den Gang hinauf, den sie gekommen waren. Sie mußten so schnell wie möglich aus diesem Schiff heraus! Wenn die Wraith sie nicht kriegen würden, die Explosionen würden sie erwischen. Er hatte keine Ahnung, was die Antikerin da gerade anrichtete. Er wußte nur, er wollte so weit fort wie möglich, solange es eben noch möglich war.
Sie lief leichtfüßig an ihm vorbei, blieb an der nächsten Kehre stehen und lugte vorsichtig herum.
Sheppard folgte ihr, beobachtete, wie sie die Hände hob, die Beretta mit einer losließ und ihm Zeichen machte.
Drei.
Er nickte und hoffte, daß das Reservemagazin, das sie ihm zugeworfen hatte, noch nicht leer war.
Gemeinsam sprangen sie in den Gang hinein und eröffneten das Feuer, doch die Antikerin zog sich rasch zurück, um nachzuladen.
Sheppard folgte ihr, noch immer nach hinten schießend, und wäre beinahe in sie hineingelaufen, als sie plötzlich stehenblieb.
„Was ist?" Er warf einen Blick über die Schulter und erstarrte.
Vor ihnen, den Gang blockierend, stand die Wraith-Königin und fauchte sie an. Und hinter ihr ... konnte er die Bäume des Waldes sehen. Sie waren am Ausgang.

Da kam doch tatsächlich noch ein fünfter Wraith!
McKay glaubte, im Boden versinken zu müssen. Er konnte den Jumper so lange nicht starten, wie ihre Feinde sich direkt vor ihm befanden. Natürlich hätte er sie einfach umfliegen können, doch er war sich nicht sicher, ob ihm eine solche Einlage gelingen würde.
Leider, mußte er sich eingestehen, er war weder Sheppard noch die Antikerin.

Sheppard ließ sich auf ein Knie nieder und schoß, nachdem er gesehen hatte, wie Vashtu irgendeine Stange aus der Wand gerissen und auf die Königin zugestürzt war. Er mußte ihr jetzt einfach vertrauen, ansonsten saßen sie in der Zange.
Immer mehr Wraith tauchten in ihrem Rücken auf, und er konnte nichts anderes tun als zu hoffen, daß seine Munition reichen würde. Hinter sich hörte er die Kampfgeräusche Vashtus und betete, daß sie sich nicht auf etwas eingelassen hatte, was sie nicht gewinnen konnte. Ein Verlust reichte ihm, und den ihren ... An dem würde er mehr zu knabbern haben als an Johnson, so leid dieser ihm auch tat.

Endlich!
Die Wraith gingen.
McKay schob sich in den Pilotensitz und startete die Triebwerke.
Der Jumper schoß in den Nachthimmel hinauf, noch immer unsichtbar für alle Blicke.

Vashtu schlug hart zu, wich zurück und wirbelte den Stock hinter ihrem Rücken.Kratzer und blutende Wunden waren an ihrem Hals und ihren Armen, und sie fühlte, daß selbst die vereinten Kräfte von Wraith und Iratus in ihr allmählich erlahmten. Und ihnen ging die Zeit aus!
Bald würden die Sprengladungen explodieren, und wenn sie auch nur ansatzweise die richtigen Stellen getroffen hatte, das Schiff bewegungsunfähig machen.
Sie sprang wieder vor und landete in der zuschlagenden Faust der Königin. Hilflos segelte sie durch die Luft und krachte gegen die nächste Wand. Aus den Augenwinkeln sah sie den erschrockenen Blick, den Sheppard ihr zuwarf.
Sie knirschte mit den Zähnen. Das Atmen fiel ihr schwer. Der Aufprall mußte ihr ein paar Rippen gebrochen haben. Aus ihrer Nase rann Blut.
Vashtu kam wieder auf die Beine, spannte die Kiefer an und kniff die Lippen fest aufeinander. Mit kaltem Blick starrte sie die Königin an, während neben ihr noch immer die P-90 ratterte.
Dann kam ihr ein Gedanke.
„Ich habe fast keine Munition mehr. Was auch immer du vorhast, mach es schnell", rief Sheppard ihr in diesem Moment zu.
Ein eisiges Lächeln legte sich auf Vashtus Gesicht. Sie packte den Stab, als wolle sie einen Hochsprung wagen, aktivierte ein letztes Mal die fremden Zellen in ihrem Inneren und raste gegen die Königin, die Stange gerade vor sich haltend.
Die Wraith schrie vor Wut und Schmerz auf, als die Stange mit voller Wucht in ihren Körper krachte. Vashtu ließ nicht nach, stemmte sich gegen den Widerstand des fremden Leibes. Die Königin taumelte zurück.
„Lauf, John!" schrie sie über die Schulter zurück. Mit einem letzten Ruck spießte sie die Wraith endgültig auf. Sie hatte noch eine solche Wucht in sich, daß die Stange am Rücken der Königin wieder austrat und auch noch in das halblebendige Material der Wand eindrang.
„Stirb, Vampir!" zischte Vashtu, ruckte noch ein kleines bißchen nach. Ihre Gesichter waren sich jetzt bis auf wenige Zentimeter nahe gekommen und sie konnte sehen, wie das Leben in den Augen ihrer Gegnerin allmählich zu verlöschen begann. Noch einmal ruckte sie nach, dann ließ sie den mageren Rest der Stange los und raste aus dem Schiff heraus, Sheppard nach.
Der erwartete sie neben dem Ausgang, packte sie wieder am Arm und hetzte mit ihr zusammen weiter.
„Hierher, hierher!" rief plötzlich eine Stimme.
Sofort änderten sie ihre Richtung und rasten auf den unsichtbaren Jumper zu. McKay kam wild gestikulierend aus dem Nichts gesprungen.
Sheppard fuhr den anderen Arm aus, um auch den Wissenschaftler mit sich zu ziehen.
In diesem Moment detonierte die erste Bombe im Schiff.
Alle drei stürzten auf die Rampe, Sheppard und Vashtu rappelten sich so schnell wie möglich wieder auf und hasteten ins Cockpit, während McKay erst noch seine Gliedmaßen sortieren mußte.
Die Hecklucke schloß sich, der Jumper gewann an Höhe und jagte davon.
Hinter ihnen folgte eine Explosion der anderen. Vashtus C4-Ladungen lösten eine Kettenreaktion aus und jagten schließlich das ganze Basis-Schiff in die Luft. Das blockierte Stargate verlor sein Wurmloch, so daß die drei Überlebenden nach Atlantis zurückkehren konnten.
„Wenn du mich immer noch in deinem Team haben willst, John Sheppard, dann sage ich ja."

Einen Tag später

Vashtu starrte frustriert auf die einzelnen Teile des Ladegerätes. Ohne den Generator, der auch gleichzeitig der Umwandler war, würde ihnen das alles nicht viel nutzen. So wie das Gerät jetzt war, war es nicht mehr als ein dekoratives Schaustück.
Die Tür hinter ihr öffnete sich.
Vashtu drehte sich um und sah Dr. Weir auf sich zukommen.
Die Expeditionsleiterin musterte die Antikerin forschend, stellte sich dann neben ihr auf.
„Ich habe Ihren Bericht gelesen", begann sie schließlich.
Vashtu verzog das Gesicht.
Weir betrachtete forschend das defekte Ladegerät. „Und Sie sind sich sicher, daß der Generator zerstört worden ist?"
Die Antikerin nickte. „Ich fürchte, Johnson selbst hat ihn zerstört, aber letztendlich klären werden wir das nie. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich ihn hätte reparieren können, wenn es Colonel Sheppard und mir gelungen wäre, ihn zu bergen."
Weir runzelte die Stirn, kreuzte die Arme vor der Brust und ging ein paar Schritte.
„Ich habe mit der Erde gesprochen", sagte sie schließlich. „Die meisten ZPMs haben wir bisher in der Milchstraße gefunden. Halten Sie es für möglich, daß es dort ein solches Ladegerät gibt und es noch aktiv ist?"
Vashtu starrte einen Moment vor sich hin, dann biß sie sich auf die Lippen und nickte mit gesenktem Kopf. „Das könnte sein, ja. Es ist sogar recht wahrscheinlich."
Weir drehte sich wieder zu ihr um und sah sie an. Vashtu spürte den Blick der anderen auf sich, wagte einen Moment lang nicht aufzusehen, um nicht diese Frage in Weirs Augen lesen zu müssen.
Atlantis war ihre Heimat, und hier wollte sie bleiben. Sie wollte nicht fortgehen, weder um etwas zu suchen, noch um irgendwo anders zu leben. Und doch ...
Sie erinnerte sich an ihre Pflicht. Sie hatte sich selbst die Aufgabe gestellt. Sie wollte für die Menschen nützlich sein und sich so ihren Platz hier verdienen. Sie war gescheitert, und doch bot sich ihr vielleicht eine Möglichkeit.
Schließlich blickte sie auf, wenn auch widerstrebend, und nickte.
Weir lächelte sie aufmunternd an und schloß die Augen. „Bleiben Sie noch ein Weilchen und erholen Sie sich. Außerdem denke ich, da ist noch eine Sache offen, nicht wahr?"
Vashtu nickte wieder.

Zwei Tage später
Sheppard schlich sich vorsichtig in den Jumper-Hangar. Irgendwie hatte ihn plötzlich das Gefühl überkommen, er müßte fliegen. Er konnte selbst nicht genau sagen, warum. Manchmal überkam ihn eben dieser Drang.
Doch seit seinem Ausflug mit Vashtu hatte Weir die strikte Order erteilt, die Jumper nur noch im Bedarfsfall einzusetzen. Also mußte er sich wohl kurzzeitig einen ausleihen.
Er pirschte um die Ecke und sah bereits Jumper 1 auf sich zukommen, als er eine Bewegung wahrnahm und abrupt stehenblieb. Als er sich umdrehte, stand er unvermittelt Vashtu gegenüber, die ihn schuldbewußt ansah.
„Was machst du denn hier?" zischte er, packte sie am Arm und zog sie in den Schatten der Fluggeräte.
„Und was willst du hier?" fragte sie leise zurück.
Sheppard richtete sich wieder auf und sah vorsichtig um die Ecke. „Ich wollte ein wenig nachdenken", antwortete er schließlich.
„Und ein bißchen fliegen", setzte sie hinzu.
Warum konnte er vor dieser Frau nur nichts verbergen?
Schuldbewußt nickte er und drehte sich zu ihr herum. Sie grinste. „Dann hatten wir ja den gleichen Gedanken."
Er runzelte die Stirn, dann erhellte sich sein Gesicht wieder. „Stimmt."
„Colonel, was tun Sie denn hier?"
Sheppard erstarrte und drehte sich langsam um, noch immer das breite und zufriedene Grinsen Vashtus vor Augen, während sie um die Ecke glitt. Der Mechaniker hatte sie nicht gesehen, ihn dagegen schon.
Sheppard trat zwischen den Jumpern hervor, bemerkte am Rande, daß sie zwischen den beiden Nummern 1 und 13 gestanden hatten. Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung wahr.
Warum eigentlich nicht?
Er beschleunigte seine Schritte, als wolle er zurück zur Treppe. Auf diese Weise zwang er den Mechaniker, dem Jumper den Rücken zuzuwenden.
„Ich wollte sehen, wie weit die Reparatur von Jumper 13 ist", erklärte er schließlich, drehte sich wieder um.
Die Innenbeleuchtung des kleinen Gleiters war angesprungen, und Vashtu saß auf dem Pilotensitz und winkte ihm übermütig zu. Sheppard schmunzelte, sah den Mechaniker an.
„Wir sind fast fertig, Colonel. Ich wundere mich nur, weil ..."
Sheppard blickte wieder nach oben. Vashtu saß ein wenig stutzend und hilflos da, sah schließlich zu ihm hinunter, mit einer stummen Frage in den Augen.
So unauffällig wie möglich zuckte er mit den Schultern. „Ich weiß, Dr. Weir hat Vergnügungsflüge bis auf weiteres ausgesetzt. Aber Sie kennen mich ja."
Die Beleuchtung erlosch, die Antikerin kam zwischen den beiden Fluggeräten wieder zum Vorschein und erntete einen bitterbösen Blick, als sie sich kurzzeitig der Nummer 1 zuwenden wollte. Beschwichtigend hob sie die Hände und drehte ab, um zur anderen Seite zu schlüpfen, wo die Nummer 9 bereit stand.
„Sie sagte sogar, wir sollten dafür sorgen, das Sie ..."
In diesem Moment hob der Jumper vom Boden ab und die Dachschleuse öffnete sich.
Der Mechaniker blinzelte verständnislos in das helle Tageslicht, drehte sich schließlich verblüfft um und sah die Maschine, wie sie in der Luft schwebte.
Sheppard ließ sich diese Gelegenheit nicht entgehen. So schnell wie möglich sprang er in seine geliebte Nummer 1 und fuhr die Triebwerke hoch. Dann folgte er Vashtu dicht auf in den blauen Himmel über der Stadt hinauf.

Im Kontrollraum saß Bowman ein wenig gelangweilt herum, bis er plötzlich die zwei Stimmen hörte, die über Funk hereinkamen. Dann sah er zu seinem Nachbarn hinüber, der etwas irritiert die Sensoren beobachtete.
„Da sind zwei Puddlejumper draußen. Aber warum?"
Bowman lauschte den undeutlichen Stimmen. Sie mußten die Frequenz falsch eingestellt haben, denn er konnte zwar ihre Stimmen hören, aber nicht verstehen, was sie sich zu sagen hatten. Dafür aber erkannte er sie und begann zu grinsen.
Dr. Weir betrat die Kommandozentrale und sah sich um. Dann blieb ihr Blick an den Sensorenanzeigen hängen. „Wer ist denn da unterwegs?" fragte sie interessiert und trat näher.
Bowman und sein Nachbar tauschten einen Blick. „Es scheint so, als seien es der Colonel und die Antikerin, Dr. Weir", antwortete Bowman nach einigem Zögern. Er wollte den beiden keine Unannehmlichkeiten bereiten.
Doch Weir nickte nur gedankenversunken. Ein kleines Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht.
„Soll ich sie anfunken, damit sie zurückkommen?" fragte Bowman.
„Nein, das ist nicht nötig. Lassen wir ihnen heute ihren Spaß." Damit ging die Expeditionsleiterin wieder, ließ den armen Bowman vollkommen verwirrt zurück.

Einige Stunden später

Sheppard nahm voller Energie die Treppen hoch zu Elizabeth Weirs Büro. Seine Augen funkelten und sein Körper schien von einer neuen Kraft beseelt.
Endlich hatten sie sich ausgesprochen! Endlich hatten sie einmal richtig miteinander reden können. Und ihr gemeinsamer Flug über den Planeten hinweg ... Er fühlte sich einfach nur gut. Und genau jetzt war der richtige Moment, um der Expeditionsleiterin die Änderung seines Teams mitzuteilen. Jetzt würde er sich holen, was ihm zustand, und könnte wesentlich mehr Zeit mit der Antikerin verbringen.
Er stürmte das Büro geradezu und lächelte Weir an. „Elizabeth, ich wollte mit Ihnen sprechen. Haben Sie kurz Zeit?"
Weir blickte von ihrem Bildschirm auf und nickte.
Sheppard ließ sich in den Sessel vor ihrem Schreibtisch fallen, beugte sich vor. „Ich wollte Ihnen nur kurz mitteilen, daß es eine Personaländerung in meinem Team geben wird. Übermorgen rücken wir aus, und da Ronon noch immer nicht zurückgekommen ist, möchte ich Vashtu mitnehmen."
Weir sah ihn nachdenklich an und nickte. „Gut."
„Vashtu wird im Team bleiben", tastete er sich, durch ihre zurückhaltende Reaktion ein wenig vorsichtiger geworden, weiter vor.
Weir blickte wieder auf ihren Bildschirm, legte ihn schließlich zu Seite. Die Hände vor sich auf der Arbeitsfläche des Tisches faltend, sah sie ihn wieder an. „Ich glaube, das wird nicht möglich sein, Colonel", sagte sie nach einer Weile.
Sheppard hatte in ihren Augen gelesen und wich nun zurück, den Kopf fragend zur Seite geneigt.
Weir betrachtete die Unterlagen vor sich, zog schließlich ein Blatt unter einem Stapel hervor und reichte es ihm. „Ich habe mit dem SG-Command gesprochen. Vashtu wird zur Erde gehen", sagte sie dabei.
Sheppards Hände zitterten, während er das Dossier las. Ungläubig hoben sich seine Brauen.
„Sie soll ein funktionsfähiges Ladegerät finden. Außerdem, so versicherte mir General Landry, benötigt die Erde im Kampf gegen die Ori jeden mit dem Antiker-Gen, den sie finden können. Die Frage war, sollen Sie gehen, John, oder Vashtu. Sie hat sich selbst entschieden."
Er preßte die Lippen zusammen, blickte hilflos auf.
Weir lehnte sich in ihrem Sessel wieder zurück. „Es ist die beste Lösung, John, glauben Sie mir. Zwei von Ihrem Kaliber kann Atlantis nicht gebrauchen. Mit der Zeit ..."
„Was soll das heißen?" Hilflos runzelte er die Stirn. „Vashtu hat alles ihr mögliche getan, mehr noch! Sie hätten sie auf dem Basis-Schiff sehen sollen! Jemanden wie sie brauchen wir hier auf Atlantis."
Weir schüttelte den Kopf. „Es ist ihre eigene Entscheidung gewesen, Colonel. Es tut mir leid. Es liegt nicht mehr bei uns."
Sheppard starrte sie nur an. Dann erhob er sich mit zusammengepressten Lippen und ging, betont langsam, zur Tür.
„In zwei Wochen reist sie ab", sagte Weir noch hinter ihm.
Voller unterdrückter Wut krachte seine Faust draußen vor ihrer Tür auf das Geländer.

Epilog

Zwei Wochen später

Sheppard betrat leise die Turnhalle. Das Morgenlicht tauchte den Raum in ein angenehmes, verspieltes Licht. Etwas, was er sonst sehr mochte. Doch dieses Mal war ihm das Herz schwer.
Teyla drehte sich zu ihm um, als sie seine Schritte hörte. Ein wissendes Lächeln schob sich auf ihre Lippen und sie verbeugte sich vor ihrer Trainingspartnerin.
Die jedoch hatte nur Augen für den Colonel, der etwas unschlüssig an der Wand stehengeblieben war und ihren Blick einfach nur erwiderte. Die Athosianerin konnte in beiden Gesichtern wieder einmal das gleiche lesen, einen tiefen Schmerz, den zu heilen ihr leider nicht möglich war.
Sie trat an Sheppard heran und hielt ihm ihre Kampfstöcke hin. Ohne einen Blick von Vashtu zu wenden, nahm er sie, ging an Teyla vorbei.
„Ich bin nicht gut in solchen Sachen", war tatsächlich das erste, was er sagte.
Vashtu sah ihn nur stumm an.
Teyla lehnte sich an die Wand und betrachtete das ungleiche Paar.
Ein Ruck schien durch die Gestalt des Colonels zu gehen. Er nahm die Stöcke in beide Hände und stellte sich der Antikerin gegenüber in Grundposition auf.
„Wie ein Tanz?" fragte er.
Ein Lächeln glitt über Vashtus im Schatten liegendes Gesicht. Auch sie nahm die Grundhaltung ein und antwortete: „Wie ein Tanz."
Langsam und konzentriert begannen sie sich zu umkreisen, ließen nur die Stöcke sich berühren. Zu Anfang stockten sie ab und an, doch dann gewannen beide die Sicherheit und schienen tatsächlich einen eigenartigen, langsamen Tanz aufzuführen.
Teyla kreuzte die Arme vor der Brust. Sie fühlte sich ein wenig unwohl, als Zeugin dieses eigenartigen Abschiedsrituals. Auf der anderen Seite schienen beide sie vollkommen vergessen zu haben. Was sie da taten, hatte mehr etwas von einem Ritualkampf als von ernstlichem Training. Einen Abschiedstanz.
Und dann, plötzlich, glitten Sheppard die Stöcke aus den Händen. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und starrte der Antikerin in die Augen. Vashtu hielt der Intensität dieses Blickes nur einen Atemzug stand, dann ließ auch sie die Stöcke fallen, die dumpf auf dem Boden aufprallten, und erwiderte sein Starren. Und wieder konnte Teyla so viel in ihren Gesichtern lesen, senkte den Kopf.
So starke Empfindungen und sie durften doch nicht zusammenbleiben. So viel hatten sie gemeinsam durchgemacht, und doch verließ sie ihn.
Teyla blickte wieder hoch und wurde Zeuge von etwas, das sie bisher noch nie mit dem Colonel erlebt hatte.
Plötzlich hob Sheppard die Arme, trat einen Schritt vor und fing Vashtu richtig ein, preßte sie fest an sich und vergrub sein Gesicht in ihrem Haar. Und die Antikerin erwiderte diese Umarmung nicht weniger heftig. Es war, als wollten die beiden Körper, die sich fast einen Geist zu teilen schienen, sich jetzt und hier vereinen in ihren Urzustand.
„Geh nicht", wisperte Sheppard in ihr Haar.
Und Vashtu preßte sich nur noch enger an ihn, hielt die Augen fest geschlossen und versuchte sich alles einzuprägen, jede einzelne Empfindung. Seinen Duft, seine Haut, die Muskeln in seinen Armen, die sie fest und sicher hielten. Sein Herz schlug an dem ihren, seine Lungen hoben und senkten sich. Sein Gesicht in ihrem Haar. Die Art, wie er sich an sie klammerte, die Art, wie sie diese Umklammerung erwiderte.
Und in diesem Moment öffnete sich die Tür und Dr. Weir trat ein.
Vashtu fühlte auch das, spürte, wie seine Muskeln sich verkrampfen wollten bei dieser Störung. Und sie wußte, wenn sie wirklich gehen wollte, war dies der einzige Augenblick.
Widerstrebend löste sie sich von ihm, ließ es zu, daß er noch nach ihrer Hand griff, sie kurz drückte, ehe sie sich von ihm befreite.
„Ich komme wieder", wisperte sie ihm zu, ehe sie Dr. Weir hinaus folgte.
Zurück blieb, wie erstarrt in seiner Haltung, Lt. Colonel John Sheppard. Und in seinen Augen lag ein abgrundtiefer Schmerz.

ENDE