30.01.2010

Inhuman IV

„Vashtu!"
Zwei Männer des militärischen Wachdienstes hielten John Sheppard zurück, der sich gegen die gläserne Außenverkleidung des Kommandopostens werfen wollte, als er sah, wie die Antikerin angeschossen wurde. Kurz und unkooridiniert wehrte er sich gegen sie, dann zog er sich unvermittelt wieder in sich selbst zurück, als Elizabeth Weir zu ihm hinübersah.
Kolya tauchte jetzt wieder im Zoom der Kamera auf und sagte noch etwas, was er nicht verstand, dann wechselte das Bild ruckhaft wieder auf den Raum, in dem sich der andere Mann aus dem Team der Antikerin befand.
Sheppard atmete heftig ein und aus, preßte die Lippen fest aufeinander.
Er mußte etwas tun! Irgendetwas mußte er tun, sonst würde er den Verstand verlieren. Er konnte das nicht mehr mitansehen.
Mit einem Ruck wandte er sich ab und lief die Treppe hinunter zum Torraum. Vor dem Wurmloch blieb er stehen, starrte darauf. Der Schild war gerade wieder aktiviert worden. Und selbst wenn nicht, er hätte keine Möglichkeit, zu ihr zu gelangen.
Hilflos die Fäuste ballend stand er vor dem geöffneten Wurmloch und starrte es an. Doch vor seinem inneren Auge sah er immer wieder, wie die Antikerin auf dem Stuhl zurückgeschleudert wurde.
Er mußte etwas tun!
Wenn doch nur McKay schon wieder hier wäre! Weir hatte den Wissenschaftler mit einer Eskorte noch einmal zu dem Planeten geschickt, auf dem er Vashtus Spuren gefunden hatte. McKay sollte im Speicher des dortigen Stargates suchen, ob sie nicht herausfinden könnten, wohin Kolya seine Geiseln gebracht hatte.
„John!"
Einen Moment zögerte er, dann drehte er sich um und blickte hoch zum Kommandoposten. Elizabeth Weir stand am Geländer und sah zu ihm hinunter. „Ich möchte mit Ihnen sprechen, allein."
Wieder ein Zögern, dann nickte er, ging die Stufen wieder hinauf und folgte der Expeditionsleiterin in ihr Büro.
„Wenn Sie sich nicht im Griff haben, muß ich Sie leider in Gewahrsam nehmen lassen, John", sagte Weir als erstes zu ihm. „Sie sind keine Hilfe für Vashtu, und Sie sind keine Hilfe für uns. Wir brauchen Sie hier, John, mit Leib und Seele."
„Sie weiß es nicht, nicht wahr?" fragte er plötzlich, nachdem er eine Weile nur dagestanden und sie angestarrt hatte. „Sie weiß nicht, wie ähnlich ihre Lage der meinen damals ist."
Weir lehnte sich gegen ihren Schreibtisch, musterte ihn. „John, ich war damals dafür, daß Vashtu uns verließ. Da war etwas zwischen ihnen beiden, und ... Ich habe den Verdacht, es ist immer noch da, vielleicht sogar stärker als vor einem Jahr."
„Sie braucht unsere Hilfe", beharrte er.
Weir schüttelte den Kopf. „Wir haben Anweisungen von der Erde, John, an die müssen wir uns halten. Keine Verhandlungen mit Kolya, und keine Alleingänge Ihrerseits. Ich habe Rodney losgeschickt, damit er sich umsieht. Finden wir etwas, leiten wir es an die Erde weiter. General Landry muß dann entscheiden."
„Er wird sie sterben lassen!"
„Das wissen wir nicht. Vielleicht wird auch eine Eingreiftruppe über die Gate-Brigde hergebracht. Und dafür könnten wir Sie dann brauchen. Nur müssen wir solange warten, bis wir genaueres wissen. Wir können nicht einfach blind vorstürmen und unsere ganze Verantwortung über Bord werfen." Sie richtete sich wieder auf und trat näher. „Zwischen Ihnen und Vashtu gibt es starke Gefühle, das weiß auch ich. Aber jetzt ohne zu überlegen zu handeln, käme Selbstmord gleich. Vashtu hat mit Carson gesprochen, es geht ihr offensichtlich soweit gut. Kolya hat uns eine Blutprobe von ihr geschickt, an der Beckett bereits arbeitet. Bald wissen wir mehr, und wenn Rodney zurückkommt, haben wir vielleicht ein Ziel."
„Und wenn er sie über zig Welten geschleppt hat?"
Weir sah ihn kopfschüttelnd an. „Durch wieviele Tore hat er Sie damals gebracht? John, Sie wissen sehr genau, daß Vashtu Uruhk auf sich selbst aufpassen kann, sie hat es uns allen mehr als einmal bewiesen. Sie haben General Landry gehört, auch er hält große Stücke auf sie."
„Trotzdem hat sie keine Ahnung ..." Den Rest des Satzes ließ er offen.
„Ich habe keine Befugnis darüber zu entscheiden, was den einzelnen Mitgliedern des SG-Command an Wissen zugestanden wird und was nicht, John. Ich weiß nicht, ob Sie es weiß oder nicht. Aber ich weiß, daß auch sie darum gebeten hat, Sie aus der Sache rauszuhalten. Und wenn Sie sich nicht endlich wieder im Griff haben, werde ich ihr zustimmen und Sie bei der nächsten Übertragung in die Arrestzelle sperren lassen."
„Sie wird sterben, wenn wir nicht eingreifen."
„Das wissen wir noch nicht genau." Doch Weir war sicher, eine Lüge ausgesprochen zu haben. Auch sie hatte die zweite Übertragung gesehen.

***

„Sie bluten." Babbis beugte sich über sie, wieder ein paar Kompressen in der Hand.
„Ist nicht möglich!" Sie kniff die Augen zusammen und schluckte einige Male. „Wenn auf einen geschossen wird, passiert das meistens, Peter."
„Ich meinte ja nur", murmelte er, kramte einen Verband aus der Kiste und begann, ihn ihr anzulegen.
„Erdrosseln Sie mich nur nicht. Kolya wird nicht sonderlich begeistert darüber sein."
„Ich bin vorsichtig." Babbis hockte halb über ihr und umwickelte ihren blutigen Hals.
„Zum Glück nur ein Streifschuß. Ich muß mich gerade bewegt haben, als er abdrückte." Sie blinzelte. „Hätte auch anders ausgehen können."
Babbis biß sich auf die Lippen, sagte aber nichts.
Dabei fragte er sich wirklich ernsthaft, warum man sie wieder aus ihrer Zelle geholt hatte. Was sollte das? Wozu? Und warum kam sie mit einer weiteren Schußwunde wieder zurück hierher, schwächer als sie vorher gewesen war.
„Machen Sie sich keine Sorgen. Es wird schon", wisperte sie ihm zu.
Als er zu ihr hinuntersah, bemerkte er ihren Blick. In ihren Augen stand nur allzu deutlich der Schmerz, den sie nicht zeigen wollte. Er wandte sich wieder seiner Arbeit zu und fädelte vorsichtig das Ende des Verbandes unter den restlichen Zellstreifen.
„Haben Sie diesen Kolya wütend gemacht, oder warum schießt er auf Sie?" fragte er dann.
Vashtu lehnte sich wieder gegen die Wand, zog ein Bein an und versuchte offensichtlich, eine halbwegs bequeme Haltung zu finden. „Er versucht, Atlantis zu erpressen, ebenso wie er mich erpressen will", antwortete sie leise. Ihre Stimme klang ein wenig heiser.
Babbis nickte und erhob sich. „Dieser eine war vorhin hier und hat etwas Nahrung und Wasser gebracht. Sie sollten etwas essen, dann geht es Ihnen bestimmt bald besser."
Vashtu lächelte wieder diese gequälte Grimasse, die er schon kannte. „Sie hören sich schon an wie Carson Beckett, der Arzt auf Atlantis."
Babbis holte die Kanne und das Stück groben Brotes. „Ich weiß, es heißt immer, wenn man gekidnappt wird, soll man nichts annehmen. Aber dieses hier scheint eine Ausnahme zu sein. Oder finden Sie nicht?"
Vashtus Kopf sank auf ihre Schulter. „Ich habe keinen Hunger. Aber essen Sie ruhig, Peter. Ich denke nicht, daß Kolya mich noch einmal vergiften will."
Babbis ließ sich wieder neben ihr nieder und runzelte die Stirn. „Noch einmal?"
Müde öffnete sie die Augen wieder und sah ihn an. „Mein Arm", sagte sie nur.
„Ist mir aufgefallen. Was ist damit?" Babbis stützte vorsichtig ihren Kopf und ließ sie ein wenig von dem Wasser trinken.
„Man hat mir etwas injiziert. Laut Dr. Weir ein Mittel, das Wraith tötet", antwortete sie, nachdem sie getrunken hatte.
Babbis sah sie verstehend an. „Darum heilen die Wunden nicht."
Sie nickte. „Ich halte die Fremdzellen unter Kontrolle, um ein bißchen Zeit zu gewinnen. Und darum wirke ich wohl auch nicht so recht auf dem Damm. Es kostet mich viel Konzentration."
„Aber dieses Mittel ist in ihrem Blutkreislauf."
Sie nickte wieder, blieb dieses Mal aber stumm.
„Wirkt es, einmal abgesehen von Ihrem Arm?"
Sie runzelte die Stirn. „Ich fürchte ja."

***

Sheppard war gerade auf dem Weg in die Krankenstation, als er McKays Stimme hörte. Unwillkürlich atmete er auf, bis er die Nachricht gehört hatte. Dann beschleunigte er seine Schritte nur noch mehr, traf kurz darauf im Labor ein, in dem Dr. Carson Beckett das Blut untersuchte, daß Kolya durch das Wurmloch geschickt hatte.
„Doc, bitte sagen Sie mir etwas positives", begrüßte er Beckett.
Der Arzt blickte stirnrunzelnd auf. Sein Gesicht war sehr ernst. Dann schüttelte er langsam den Kopf. „Tut mir leid, Colonel, aber es scheint, daß es tatsächlich die Impfung der Hoffaner gewesen ist, die ihr verabreicht wurde. Und sie gehört zu der Hälfte, die auf dieses Mittel anspricht."
Sheppard atmete tief ein und spannte die Kiefer an. Nach einer kleinen Weile nickte er auffordernd, nachdem er noch etwas im Gesicht des Arztes hatte lesen können.
„Es ist ..." Beckett seufzte und schüttelte wieder den Kopf. „Es sieht so aus, als würden der Reihe nach sowohl die Wraith- als auch die Iratus-Zellen ihren Dienst einstellen, Colonel. Ganz bin ich zwar noch nicht mit den Testreihen durch, aber ... Sind alle Zellen inaktiv und schreitet die Vergiftung fort, wird Vashtu ... Ihre Antiker-DNS ist nicht fähig ... Sie wird ihr wahres Alter erreichen."
Sheppard sah den Mediziner stumm an. „Das heißt ..." flüsterte er schließlich.
„Das heißt, das nur die Antiker-Stränge ihrer DNS nicht das halten können, was die Fremdzellen bewirken. Sie wird sterben, Colonel, an Altersschwäche."
Sheppard bezwang sich, sich keine Emotion anmerken zu lassen. „Kann man es noch aufhalten?"
Beckett neigte abwägend den Kopf von einer zur anderen Seite. „Möglicherweise, wenn ihr das Gegenmittel so schnell wie möglich verabreicht wird."
„Und was wäre das Gegenmittel?"
„Eine zweite Gentherapie, wie sie sie bereits einmal durchgemacht hat. Aber es müssen noch genug Fremdgene in ihr aktiv sein, damit sie anschlagen und die Zellen die Impfung bekämpfen können. Sie müssen gestärkt werden, um den Angriff des Hoffanerstammes zu überstehen, verstehen Sie?"
„Feuer mit Feuer bekämpfen", sagte Sheppard.
Beckett nickte. „Ganz genau. Das gute ist, sehr wahrscheinlich wird sie daraufhin immun gegen eine neue Impfung sein. Aber ..."
„Aber uns läuft die Zeit davon, richtig?" ergänzte Sheppard. Verzweiflung wollte ihn übermannen, wenn er an die Nachricht von McKay dachte.
„Das ist richtig. So schnell, wie die Impfung bei ihr wirkt, bleiben ihr vielleicht noch neun, bestenfalls zehn oder elf Stunden, ehe es zum Kollaps kommt." Beckett seufzte. „Glücklicherweise ist sie selbst Wissenschaftlerin genug, daß sie die zusätzlichen Kräfte bewußt unterdrückt. Würde sie sie einsetzen, würde es wesentlich schneller gehen. So muß das Mittel sich durch ihre Genstränge arbeiten und erkennt vielleicht nicht alles auf Anhieb."
Sheppard biß sich auf die Lippen, sagte aber nichts.
Was Kolya da mit Vashtu tun wollte, verstieß gegen wirklich alles, was man auch nur entfernt menschlich nennen konnte. Er wollte tatsächlich eine zehntausend Jahre alte Frau so gründlich vernichten, daß nichts mehr von ihr bleiben würde. Und bei dieser Vernichtung wollte er sie auch noch leiden lassen. Nein, das ging sogar noch fast über das hinaus, was er erlebt hatte.
„Es bleibt zu hoffen, daß, wenn Rodney zurückkehrt ..."
„McKay ist zurückgekehrt", antwortete Sheppard wie auf eine Frage.
Beckett sah ihn auffordernd an. „Dann wissen wir jetzt, wo Vashtu ist?"
Sheppard blickte auf, in die Augen des Mediziners. Langsam schüttelte er den Kopf. „Was immer Kolya mit dem Tor angestellt hat, um ein Wurmloch in die Milchstraße aufbauen zu können, er hat den Speicher des Gates zerstört. Wir sind genauso klug wie vorher."

***

„Und wenn Sie diesem Kolya doch den Kristall geben?" Babbis hockte neben der Antikerin und starrte vor sich hin. „Vielleicht läßt er uns dann gehen?"
Vashtu reagierte einen Moment lang nicht, dann seufzte sie. „Ich kann ihm den Kristall nicht geben. Ich habe ihn nicht mehr."
„Aber ... ?" Babbis sah zu ihr und runzelte die Stirn. „Ich dachte, Sie hätten ihn getragen, als wir im SGC losgegangen sind."
Vashtu schloß immer wieder die Augen, als würde sie kurz wegsacken. Dann schluckte sie und schüttelte leicht den Kopf. „Ich hatte ihn dabei, ja, aber ... jetzt habe ich ihn nicht mehr." Ihr Blick glitt vielsagend zur Decke, dann zu den Wänden.
Babbis verstand. Darum antwortete sie auf dieses Thema immer so ausweichend. Sie fürchtete, sie würden abgehört werden.
Aufmerksam blickte er sich jetzt in dem Raum um, der ihre Zelle geworden war. Groß war er nicht, etwa ein Dutzend Schritte in jede Richtung. Sie hockten gegenüber der Stahltür, die hinaus auf einen Gang führte. Die Wände waren grob verputzt, und an einer Seite, ihnen schräg gegenüber, befand sich ein großer Spiegel. Von irgendwelchen Abhörgeräten war nichts zu sehen. Aber er hatte auch keine Ahnung, wie weit die Technik der Genii reichte.
Er fühlte, wie ihr Bein ihn vorsichtig anstieß, drehte sich wieder zu ihr um. Vashtu hatte sich gerade aufgesetzt, ihr Gesicht war ernst. Mit den Augen bedeutete sie ihm, näher zu kommen. Als er sich dicht über sie beugte, begann sie leise zu wispern. So leise, daß er sie kaum verstand:
„Ich habe den Kristall versteckt, nachdem ich angeschossen wurde. Meine Hoffnung war, daß ein Team aus Atlantis ihn finden würde."
Babbis nickte verstehend. „Und?"
Ihr Gesicht verzog sich wieder zu dieser bitteren Parodie auf ein Lächeln. „Ich kann ja wohl schlecht nachfragen, ob er auch dort angekommen ist, oder? Was denken Sie, was Kolya dazu sagen würde?"
Babbis hatte den pockennarbigen Genii nur einmal gesehen, als sie gefangengenommen wurden. Danach schien der sich nur noch um die wichtige Beute zu kümmern. Doch wenn er sich Vashtu jetzt ansah, mußte er sich eingestehen, daß eine solche Frage sehr wahrscheinlich den Zorn dieses Mannes mehr als nur erregt hätte.
„Sie sollten nachfragen, irgendwie. Eine List, etwas, was die Expedition auf die richtige Spur führen könnte", schlug er zischend vor.
Sie nickte. „Das werde ich tun. Vor allem ..." Sie zögerte, hustete dann einmal kurz. „John weiß nichts davon, aber ich habe ihm damals fast alle Benutzerreche über Atlantis eingeräumt, ehe wir beschlossen, daß ich den Kristall mit zur Erde nehmen sollte. Gibt er einen bestimmten Code ein und benutzt den Kristall, sind die Tiefraumscanner von Atlantis in der Lage, unsere ID-Chips aufzuspüren, egal, wo in der Pegasus-Galaxie wir uns befinden."
„Wir brauchen einen Code, um den Code zu verschlüsseln, den er eingeben soll." Babbis richtete sich nachdenklich auf. Er hob die Hand und legte Daumen und Mittelfinger aneinander.
„Peter!" Ihre Stimme klang warnend.
„Verzeihung." Er ließ die Hand wieder sinken, griff sich statt dessen den Brotkanten und riß ein kleines Stück davon ab. Nachdenklich kaute er darauf herum.
„Kann ich Sie mit dem Problem allein lassen, Peter?" fragte die Antikerin.
Verstört blickte er auf. „Warum?" Dann sah er, wie die Tür geöffnet wurde.
„Weil die Zeit für unser trautes Beisammensein wieder einmal vorbei ist."

***

„Ich verstehe ..." Landrys Stimme klang nachdenklich.
„Uns bleibt nicht mehr viel Zeit, Sir", wandte Sheppard ein. „Laut Dr. Beckett hat Vashtu noch knapp sieben Stunden, danach ist nichts mehr zu machen und sie wird sterben."
„Aber wir wissen immer noch nicht, wo sie und Dr. Babbis sich befinden", wandte Landry ein. „Ich habe ein Team bereitstehen, Colonel. Washington hat grünes Licht für eine Rettungsmission gegeben. Aber, und das ist die Voraussetzung, wir brauchen eine Gate-Adresse. Solange Sie die nicht vorweisen können, sind auch mir die Hände gebunden."
Sheppard fühlte leichten Aufwind. Erleichtert nickte er. „Wir werden bereitstehen, Sir, und Ihnen sofort mitteilen, sollten wir irgendetwas herausfinden. Dr. McKay versucht zur Zeit den Absender der Gate-Aktivierungen durch Kolya herauszufinden. Aber das ist nicht einfach."
„Und Sie bleiben, wo Sie sind, Colonel."
Sheppard nickte wieder. „Ja, Sir, ich bleibe, wo ich bin. Ich habe verstanden."
Landry seufzte. „Es reicht mir schon, daß ich hier zwei Leute habe, die auf Biegen und Brechen ihrem Team nach wollen. Halten Sie Ihre Füße still, Sheppard."
„Aber, Sir", wandte er ein, „sollte die Zeit nicht mehr ausreichen ..."
„Darüber reden wir, wenn die Zeit nicht mehr ausreicht. Wann erwarten Sie die nächste Übertragung? Wieder drei Stunden nach der letzten?"
Sheppard schluckte, zwang seine Erinnerungen in die Tiefen seines Geistes zurück. „Ja, Sir. In einer Viertelstunde."
„Gut, dann ..." Landry zögerte, wechselte dann unvermittelt das Thema: „Colonel, ich weiß nicht, ob Sie sich noch an Dr. Babbis erinnern können?"
Sheppard runzelte die Stirn. „Den Begleiter von Vashtu? Ich bin mir nicht sicher, Sir."
Landry zögerte wieder. „Sagt Ihnen SG-27 noch etwas?"
Sheppard hob den Kopf. „Ja, Sir, das sagt mir etwas." Er stutzte. „Soll das heißen ..."
„Miss Uruhk hat Ihr altes Team geerbt, Colonel, das soll es heißen", fiel Landry ihm ins Wort. „Und sie hat ihre Sache bisher sehr gut gemacht. Böse Zungen behaupten, besser als Sie. Ich denke eher, wenn Sie mehr Zeit mit ihnen verbracht hätten, wäre es Ihnen ebenfalls gelungen, die Jungs auf den richtigen Weg zu bringen."
Sheppard wußte nicht recht, was er mit dieser Information anfangen sollte. SG-27, sein Chaoten-Team. Das Team, das nicht einmal einen Einsatz unbeschadet überstanden hatte. Nie hatte er sich damals mehr nach Rodney McKay gesehnt!
„Ich will damit sagen, daß Miss Uruhk, trotz all ihrer Schwächen, ein wertvolles Mitglied des SGC geworden ist, Colonel. Wir werden sie nicht zurücklassen, glauben Sie mir. Landry Ende." Die Verbindung brach ab.
Sheppard atmete etwas erleichtert auf, drehte sich dann um und winkte Lorne zu sich, seinen Stellvertreter.

***

Vashtu sah Kolya aus der Dunkelheit auftauchen, spannte sich an. Die Schmerzen in ihrem Inneren wurden schlimmer, doch sie zwang sich, sich dagegen zu sperren. Nicht ganz einfach, wenn die Schmerzschwelle sonst durch fremde Gene gesteuert wurde, das mußte sie zugeben.
„Sie sehen inzwischen nicht mehr recht frisch aus, Vashtu Uruhk", bemerkte Kolya. „Haben Sie Schmerzen?"
„Sie wissen verdammt genau, daß ich Schmerzen habe, Kolya", entgegnete sie so aggressiv wie möglich. „Was wollen Sie?"
Kolya musterte sie amüsiert. „Es bereitet mir eine gewisse Befriedigung, Sie leiden zu sehen. Das sollten Sie wissen. Denn wenn ich den Schmerz in ihrem Gesicht lesen kann, kann Colonel Sheppard das auch, wahrscheinlich sogar besser als ich."
„Sie irren sich, wenn Sie meinen, Sie könnten ihn mit meinem Tod unter Druck setzen, Kolya. Wir haben uns seit einem Jahr nicht mehr gesehen."
Er nickte sinnend. „Dennoch scheint er immer noch sehr interessiert an Ihnen zu sein."
Vashtu schluckte wieder, begegnete seinem Blick so entschlossen wie möglich. „Wir lassen niemanden zurück", war alles, was sie darauf entgegnete.
Kolya nickte, zog wieder die Ampulle aus seiner Manteltasche und spielte mit ihr herum. Nachdenklich ging sein Blick zwischen ihr und ihrer möglichen Rettung hin und her.
„Nein!" war alles, was sie auf die stumme Frage sagte.
Er nickte, trat vor sie und beugte sich über sie. „Vielleicht sollte ich Ihnen ein kleines Geheimnis verraten, Vashtu Uruhk." Er senkte seine Stimme zu einem bloßen Wispern herab und musterte sie sehr genau. „Denn offensichtlich hat man auf der Erde vergessen, Ihnen etwas mitzuteilen, was vielleicht wichtig für Sie wäre ... jetzt!"
„Ich denke nicht, daß es irgendetwas über Sie gibt, was ich nicht auch ohne die Berichte zu kennen über Sie weiß, Kolya. Sie sind ein Sadist!" spie sie ihm entgegen.
Seine Hand schoß vor, packte sie unter dem Kinn und riß ihren Kopf in den Nacken. Sehr aufmerksam musterte er sie wieder, dann beugte er sich noch tiefer über sie. Sein Mund näherte sich ihrem rechten Ohr.
Vashtu zwang sich, weiter ruhig zu bleiben, auch wenn in diesem Moment wirklich alles in ihr danach brüllte, sich irgendwie zur Wehr zu setzen. Die Nähe ihres Feindes, dabei mußte sie sich immer wieder ins Gedächtnis rufen, daß er nicht einmal ihr Feind war, sondern der von Sheppard, wirkte beinahe zu verführerisch auf sie.
„Sie sind nicht die erste, die auf einem solchen Stuhl sitzt, Ahnin", wisperte Kolyas Stimme in ihr Ohr.
Vashtu zwang sich weiter ruhig zu bleiben, spannte die Kiefer an und wartete.
„Ihr heißgeliebter Colonel Sheppard hatte das Vergnügen ebenfalls, wissen Sie?" fuhr der Genii in einem süffisanten Tonfall fort zu berichten. „Ja, er saß in einem ähnlichen Bunker auf einem ähnlichen Stuhl, war ähnlich wie Sie gefesselt und es gab ähnliche Übertragungen wie jetzt bei Ihnen. Nur mit einem deutlichen Unterschied ..." Er schwieg und richtete sich wieder auf, noch immer ihr Kinn mit seiner Hand hart haltend. Aufmerksam starrte er sie an, ein kaltes Lächeln unterdrückend.
Als er nicht fortfuhr, sah Vashtu sich irgendwann befleißigt, doch nachzufragen: „Und was war jetzt Ihr großer Unterschied?"
Nichts davon glaubte sie, rein gar nichts! John war zu klever, um ausgerechnet Kolya in die Hände zu fallen. Nein, das hätte man ihr mitgeteilt, davon war sie überzeugt. Landry und O'Neill wußten schließlich ...
„Ich hatte einen Wraith."
Diese Worte waren wie ein Hammerschlag, der sie voll traf. Ihre Augen weiteten sich entsetzt.
Kolyas kaltes Lächeln trat jetzt voll hervor. Langsam nickte er, beugte sich wieder tiefer über sie. „Und ich ließ es zu, daß dieser Wraith sich an Sheppard nährte", fuhr er fort.
Alles Blut wich ihr aus dem Gesicht. Sie konnte in den Augen des Genii lesen, daß er die Wahrheit sagte, daß es geschehen war!
John, an dem sich ein Wraith nährte! John, dessen Leben ausgesaugt wurde, der immer älter wurde. John Sheppard, der Greis!
Vashtu schluckte, versuchte mit aller Macht, die plötzlich aufkommende Panik zu bekämpfen. Dabei wurde ihr klar, wie sehr sie sich doch auf ihn verlassen hatte. Darauf, daß John kommen würde, daß er sie hier herausholte und nach Atlantis brachte. Aber all diese Hoffnung, die sie nicht einmal hatte zugeben wollen, hatte Kolya gerade mit einem einzigen Satz gründlich zerstört.
Der Genii richtete sich wieder auf, ließ ihr Kinn los und lächelte weiter. „Ja, der Colonel muß dem Wraith sehr gemundet haben. Dreimal nährte er sich an ihm, Vashtu Uruhk, dreimal. Nur das Eingreifen der Atlanter verhinderte, daß Sheppard starb."
Vashtu spannte die Kiefer an, starrte vor sich hin, von blankem Entsetzen gepackt. Immer wieder schluckte sie.
Nein, das konnte nicht sein! Nein, nein, nein! Nicht John! Nicht Sheppard, nicht ausgerechnet er!
„Nach dem dritten Mal sagte der Wraith mir, daß, wenn er weitergemacht hätte, er den Colonel getötet hätte und dies doch wohl nicht in meinem Sinne gewesen wäre." Kolya weidete sich an ihrem Entsetzen, sie konnte es spüren, doch sie konnte es nicht ändern.
Sie mußte hier heraus! Sie mußten es selbst schaffen. John würde ihr keine Hilfe sein, gar keine. Aus welchem Grund auch immer Kolya ausgerechnet sie hierher verschleppt hatte, es KONNTE schlichtweg nicht John sein. Der Genii würde keinen uralten Mann mehr als Bedrohung sehen. Sehr wahrscheinlich würde ein wie auch immer gearteter Versuch ausgerechnet von John Sheppard Kolya nur ein müdes Lächeln abverlangen.
Vashtu schüttelte den Kopf, riß sich so gut es ging zusammen und schluckte einige Male, um ihre Stimme wieder unter Kontrolle zu bringen. Erst dann blickte sie wieder auf, versuchte so viel Entschlossenheit wie möglich in ihren Blick zu legen. „Ich glaube Ihnen nicht ein Wort!" zischte sie.
Doch Kolya lächelte nur weiter, nickte einmal kurz.

TBC ...

29.01.2010

Inhuman III

Dr. Peter Babbis bewegte gerade vorsichtig den Kiefer, als sich die dicke Stahltür zu dem Raum öffnete, in dem er sich befand. Erschrocken und auch ein wenig verängstigt erhob er sich, drückte sich gegen die Wand.
Zwei Männer in Uniform schleiften eine dritte Gestalt in den Raum, ließen sie dann einfach fallen. Der zweite sah ihn kurz an, während er eine kleine Kiste neben den am Boden liegenden Körper warf. Dann waren die beiden auch schon wieder verschwunden.
Babbis wagte endlich auszuatmen, trat vorsichtig näher.
Die Antikerin lag, sich halb ohnmächtig windend, mit auf dem Rücken gefesselten Händen am Boden, die Augen geschlossen. Blut rann aus einer Wunde an ihrem Schlüsselbein.
„Vashtu!" Babbis fiel auf die Knie, beugte sich über sie.
Mühsam öffnete sie die Augen, hob dann den Kopf. „Peter", flüsterte sie heiser. „Schön, daß Sie noch leben." Ihr Gesicht wirkte angespannt bei diesen Worten. „Aber gut sehen Sie nicht gerade aus."
„Sie auch nicht, wenn Sie mich fragen." Vorsichtig griff er zu und zog sie auf die Beine. „Was ist mit Ihnen passiert?"
Sich auf ihn stützend kämpfte Vashtu sich zur Wand, an der er gestanden hatte, ließ sich mit einem erleichterten Seufzen daran zu Boden sinken. Ihr Atem ging keuchend, wie er ihn noch nie gehört hatte.
„Ein bißchen Folter, würde ich behaupten", antwortete sie schließlich, streckte die Beine aus und lehnte den Hinterkopf an die Wand. Aus schmalen Augenschlitzen sah sie ihn wieder an. „Wie bei Ihnen wohl auch, was?"
Babbis betastete sein Gesicht. „Sie haben mich nur verprügelt. Aber Sie sehen ... sehen ..."
„Nicht gut aus, ich weiß." Sie schloß die Augen wieder und schluckte.
„Was ist mit Ihren Fremdzellen? Warum heilt die Wunde nicht?" Babbis ging plötzlich auf, daß er den Kasten vergessen hatte, den der Genii zurückgelassen hatte. „Moment." Er erhob sich und holte den metallenen Gegenstand. Als er ihn öffnete, fand er einiges an Verbandsmaterial darin. „Ein Erste-Hilfe-Kasten. Zumindest sind sie so human, ihn uns zu überlassen."
Vashtu warf dem Gegenstand nur einen schmalen Blick zu. „Damit ich nicht so schnell sterbe, schätze ich." Ihre Brauen zogen sich zusammen, kurz zuckte es in ihrem Gesicht. „Das hat er also gemeint."
„Wer?" Babbis fand ein paar Kompressen und einige Mullbinden, aber keine Schere. Überhaupt keinen scharfen Gegenstand.
„Kolya." Vashtu beobachtete ihn bei seinem Tun. „Verarzten Sie sich erst einmal selbst, Peter."
Unwillig sah er auf. „Ich will Ihnen helfen", entgegnete er, kroch näher. Etwas unsicher verhielt er und blickte sie etwas hilflos an. „Ich muß ... Ich meine ..."
„Tun Sie, was Sie müssen, Peter. So feinfühlig bin ich beileibe nicht." Sie versuchte sich an einem Lächeln, doch das mißlang gründlich.
„Vielleicht klappt es auch so." Vorsichtig griff er nach dem Kragen ihres T-Shirts und zerrte an ihm, damit er nachgab.
Vashtu sog hart Luft in die Lungen, als sich das Baumwollgewebe von der Schußwunde löste. Die Blutung mußte doch etwas zum Stillstand gekommen sein, damit der Stoff an der Wunde festklebte.
„Warum tragen Sie Handschellen?" Babbis zupfte weiter an dem Kleidungsstück, bis er endlich halbwegs an die Wunde gelangte.
„Woher soll ich das wissen? Ich bin Kolya nur einmal begegnet."
Er fühlte ihren Blick auf sich und versuchte sich zu konzentrieren auf das, was er tun mußte. „Ich kann kein Blut sehen", murmelte er nach einigem Zögern, während er die Kompressen auf die Wunde drückte.
Vashtu richtete sich unvermittelt wieder auf und erstarrte. „Verdammt! Peter!" quetschte sie zwischen den zusammengebissenen Zähnen hervor.
„Entschuldigung." Sofort nahm er seine Hand von der Wunde. „Die Kugel ..."
„Die Kugel steckt noch in der Wunde, ich weiß. Und wie es sich anfühlt, ist der Knochen gebrochen. Es wäre wirklich sehr nett von Ihnen, wenn Sie ein bißchen vorsichtiger wären, wenn Sie schon an mir herumdoktern müssen." Wieder kam ihr Atem keuchend.
„Und wer ist dieser Kolya?" Babbis bemühte sich, nicht allzu viel Druck auszuüben, während er jetzt vorsichtig begann, den Verband anzulegen.
„Meine Meinung oder das, was ich von ihm weiß?" fragte sie.
Babbis sah ihr ins Gesicht. Das war schweißnaß. In ihren Augen stand deutlich Schmerz und ihre Lippen wirkten verkniffen.
„Warum sollte dieser Kolya uns gefangennehmen?"
Vashtu beugte sich ein wenig vor, damit er sie besser verbinden konnte. „Weil er meinen Kristall haben will", antwortete sie. „Und, nebenbei als Zuschuß sozusagen, will er auch noch John und mich ein bißchen quälen."
„John?" Etwas hilflos sah Babbis sich nach etwas um, womit er den Verband befestigen konnte.
„Lt. Colonel John Sheppard von Atlantis", antwortete sie. „Eigentlich sind die beiden sich Spinnefeind. Aber schon beim letzten Mal bin ich in die Schußlinie geraten."
Babbis stutzte und richtete sich auf. „Sie kennen den Colonel?"
Vashtu nickte. Wieder verzog sich ihr Gesicht zu etwas, was man mit viel Geduld als ein Lächeln bezeichnen konnte. „Ja, ich kenne ihn. Ich kenne ihn sogar recht gut, zu gut für Kolya. Er denkt, ich bin seine Schwachstelle."
Babbis sah sie groß an. „Das ist also diese geheimnisvolle Bindung, über die Sie nicht reden wollen. Sie haben ein Verhältnis mit Sheppard."
Trotz der Schmerzen, die sie zu haben schien, wurde ihr Lächeln zu einem Grinsen. „Oh, Peter. Sind Sie etwa eifersüchtig?" Dann wurde sie wieder ernst. „Nein, ich habe kein Verhältnis mit ihm. Aber wir beide verstehen uns sehr gut, da kann der eine oder andere auf die falsche Idee kommen."
Babbis sah sie skeptisch an. Er konnte beinahe fühlen, daß sie ihn anlog, doch er sagte nichts. Vielleicht war es zwischen den beiden auch wirklich nie zu mehr gekommen, wer konnte das schon sagen?
Er wandte sich wieder dem Verbandskasten zu und kramte in ihm herum, auf der Suche nach etwas, mit dem er sich selbst verarzten konnte.
Vashtu lehnte sich wieder gegen die Wand und seufzte. Ihr Blick glitt ins Leere.
„Nicht einschlafen!" mahnte Babbis. „Ich könnte Ihren Grips gebrauchen."
„Diesmal nicht meinen überlegenen Intellekt? Sie steigern sich."
Eine Salbe. Vorsichtig schraubte er den Verschluß ab und roch daran. Konnte durchaus eine Eissalbe sein. Er gab ein bißchen auf seine Fingerspitze und tupfte damit an der Schwellung an seinem Wangenknochen herum.
„Warum will er diesen komischen Kristall?" fragte er nach einiger Zeit.
Vashtu sah ihm amüsiert zu. Im Moment schienen ihre Schmerzen nachgelassen zu haben. „Sie ahnen es nicht einmal, oder?"
Babbis runzelte die Stirn. „Was soll ich ahnen?"
„Dieser Kristall ist der Steuerkristall des Hauptrechners von Atlantis", erklärte sie nach einigem Zögern. „Er wurde mir sozusagen aus alter Zeit herübergereicht. Mit diesem Kristall hat man die absolute Befehlsgewalt über die Stadt."
Babbis starrte sie an. „Und Sie tragen das Ding die ganze Zeit mit sich herum?"
„Ich habe ihn damals mitgenommen, als ich auf die Erde kam. Es war ein Spiel mit dem Colonel, ein dummer Gedanke von uns beiden. Darum habe ich ihn immer bei mir getragen. Er ist zu wertvoll. Wenn der Trust erfahren würde ..."
„Wo ist er jetzt?" Babbis sah sie an. „Hat dieser Kolya ihn Ihnen abgenommen?"
Sie schüttelte leicht den Kopf. „Nein, hat er nicht. Ich weiß nicht, wo er ist, Peter. Ich weiß es wirklich nicht. Aber ich hoffe, daß er in Sicherheit ist."

***

John Sheppard beobachtete mit leeren Gesicht das Treiben auf dem Bildschirm vor sich. Ein Mann in der Militäruniform der Erd-SG-Teams versorgte Vashtu. Kurz schienen ihre Schmerzen zuzunehmen, als er ihre Schußwunde versorgte, dann sank sie wieder in sich zusammen.
Die Übertragung war in schlechter Qualität, und doch glaubte er sehen zu können, daß es ihr bereits schlechter ging.
Die Impfung der Hoffaner! Das Todesurteil für jeden Wraith, der auch nur einmal kurz an der Lebenskraft eines Menschen nippen wollte. Und dieses Todesurteil floß jetzt durch Vashtus Adern, wurde mit jedem Herzschlag mehr in ihrem Körper verteilt. In dem Körper, der zu einem Drittel aus Wraith-Zellen bestand!
„Sobald die Verbindung abbricht, wählen Sie auf der Stelle die Erde an", hörte er Weir befehlen.
Vashtu!
Er hatte geglaubt, allmählich über sie hinweggekommen zu sein. Doch als er sie vorhin wiedersah ...
Mit einem Ruck wandte er sich ab. Kalte, bittere Wut brodelte in ihm. Wenn er gekonnt hätte, er wäre sofort zu dem Planeten gegangen, auf dem Vashtu und ihr Begleiter sich befanden, und hätte Kolya eine ordentliche Ladung Blei verpaßt.
Dieser Mistkerl sollte zahlen! Er sollte für das zahlen, was er ihm angetan hatte. Er sollte für das bezahlen, was er Vashtu gerade antat. Und er würde irgendwann bezahlen, das schwor John Sheppard sich. Und wenn es das letzte wäre, was er in seinem Leben tun würde. Acastus Kolya würde sterben, und er würde sein Henker sein!
„John?" Weir drehte sich zu ihm um und sah ihn an. „Wir werden uns beim SGC erkundigen, ob Miss Uruhk tatsächlich verschwunden ist. Vielleicht ..."
Er sah sie nur an und sie verstummte. „Geben Sie mir Ihr Einverständnis, Elizabeth. Sobald wir wissen, wo sie sich aufhalten, holen wir sie da heraus." Seine Stimme klang beherrscht.
Elizabeth Weir sah ihn besorgt an. „Sie haben selbst gehört, was Vashtu gesagt hat. Wir sind der Pflicht entbunden, John. Die Erde ist für sie zuständig, nicht wir."
„Das ist mir egal."
Weir schüttelte den Kopf. „Ich kann das nicht zulassen, John. Es tut mir leid. Wir sind nicht zuständig."
„Das ist mir gleich! Vashtu hat mehr für Atlantis getan als manch ein anderer. Sie hätte vor einem Jahr mehr als einmal draufgehen können. Wir schulden ihr etwas!"
„Sie hat Sie aus der Pflicht entlassen, John. Noch deutlicher konnte sie nicht werden. Das müssen Sie akzeptieren", versuchte Weir ihn zu beschwichtigen.
Sheppard trat drohend einen Schritt näher. Seine Augen glühten beinahe vor Haß. „Ich werde sie nicht Kolya überlassen, Elizabeth! Es ist mir gleich, was sie gesagt oder nicht gesagt hat. Ich lasse niemanden zurück in den Händen des Feindes."
Weir wich nicht vor ihm zurück, sondern erwiderte seinen Blick. „Ich habe es auch gesehen, und ich bin entsetzt über das, was ich gesehen habe. Aber wir können nichts tun, John, gar nichts. Vashtu wußte, was sie sagte. Was, denken Sie, wird passieren, wenn ich Sie jetzt da hinauslasse, auf einen Planeten zusammen mit Kolya? Er will Sie provozieren, John. Sie sollen zu ihm kommen. Begreifen Sie das denn nicht? Vashtu hat die einzige Lösung gefunden, die Ihnen hilft."
„Ich werde nicht mitansehen, wie sie verreckt!" Wieder war seine Stimme hart und laut. Sein Gesicht war starr, doch seine Kiefer arbeiteten. Seine ganze Gestalt war angespannt.
„Wir wissen doch noch gar nicht, ob das eintritt", versuchte Weir ihn zu beschwichtigen. „Es kann doch auch sein, daß die Impfung nicht anschlägt."
„Dann holen Sie Beckett her, auf der Stelle! Er soll sie sich ansehen, solange wir noch ein Bild haben."
Weir sah ihn immer noch an, als könnten allein ihre Augen ihn vor einer Dummheit bewahren. Langsam nickte sie, aktivierte ihr Funkgerät. „Carson, kommen Sie bitte umgehend zur Kommandozentrale", sagte sie, schaltete den kleinen Apparat wieder ab. „Er kommt her und sieht sich an, was wir haben. Und Sie, Colonel Sheppard, werden ebenfalls hierbleiben. Haben Sie das verstanden?"

***

Vashtu war in eine Art Schlummer gefallen. Ihr Gesicht zuckte ab und an, dann öffnete sie kurz die Augen, doch sie schwieg.
Babbis beobachtete die Antikerin genau. Irgendetwas war mit ihr passiert, was sie ihm noch nicht gesagt hatte. Es ging ihr schlechter, und die Wunde an ihrem Schlüsselbein wollte nicht heilen. Nicht wie sonst.
Seine Finger trommelten leise auf dem Metallkasten herum.
„Lassen Sie das, Peter."
Er blinzelte. Vashtu hatte die Augen einen Spaltbreit geöffnet und sah ihn an. „Lassen Sie das, sonst breche ich Ihnen die Finger."
Ein kurzes Lächeln zuckte über sein Gesicht. „Hohles Geschwätz."
Sie atmete tief ein, ihr Gesicht wurde wieder starr. Die Wunde mußte ihr Schmerzen bereiten, wahrscheinlich der gebrochene Knochen, vielleicht aber auch die in ihm steckende Kugel.
„Wenn wir hier heraus sind, habe ich ein Wörtchen mit Ihnen zu reden, Peter", sagte sie. „Und dabei wird es auch um Ihre Angewohnheit gehen, auf allem herumzutrommeln oder mit den Fingern zu schnippen."
„Ich denke nach", entgegnete er.
„Das tue ich auch. Aber ich muß nicht um mich herum Lärm veranstalten." Sie schloß wieder die Augen.
Babbis setzte sich auf. „Warum geben Sie Kolya nicht irgendetwas und behaupten, es sei der Steuerkristall. Dann wird er uns sicher hier herauslassen. Danach können wir immer noch überlegen, wie es weitergeht."
„Er wird nicht darauf hereinfallen. Kolya ist klüger als Sie denken, Peter", antwortete sie und schüttelte leicht den Kopf.
Sie hatte schon selbst daran gedacht, wurde ihm klar. Doch sie hatte diesen Gedanken sehr schnell wieder verworfen.
Babbis senkte den Kopf.
„Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er uns hier herauslassen würde, wenn ich geben könnte, was er will", sagte sie plötzlich. „Ich glaube eher, es ist ... anders."
Geräusche von der Tür.
Babbis drehte sich um, Vashtu hob den Kopf. Aus den Augenwinkeln sah er, wie ihr Gesicht sich anspannte.
Die Tür öffnete sich, die zwei Bewaffneten traten ein. „Mitkommen!" befahl der eine und winkte ungeduldig mit seiner Waffe.
Vashtu nickte, preßte sich gegen die Wand und stemmte sich mühsam und ächzend auf die Beine. Ihre Schritte wirkten schleppend, als sie auf die beiden Wächter zuging.
Babbis sah jetzt das erste Mal ihren linken Arm. Der war gerötet und sehr angeschwollen. Die Haut glänzte ungesund. Er schluckte, als ihm klar wurde, daß da noch etwas vor sich ging, von dem er noch keine Ahnung hatte. Sie hatte es ihm nicht mitgeteilt.
Grob packte der andere Wächter die Antikerin, die sichtlich zusammenzuckte, und stieß sie vor sich her. Der mit der Waffe in der Hand folgte den beiden und schloß die Tür wieder.
Babbis blieb allein zurück. Und ihm ging auf, daß es wirklich nicht gut aussah für sie beide.

***

„Sie und Dr. Babbis sind nicht zurückgekommen, das ist wahr." General Landry schien besorgt. „Sergeant Dorn berichtete uns von einem Schußwechsel. Als wir ein Rettungsteam auf den Planeten schickten, fanden wir nicht eine Spur von den beiden."
„Weil sie in der Pegasus-Galaxie sind." Sheppards Stimme klang kalt und beherrscht.
„Und Sie sind sich sicher? Es kann keine Verwechslung gegeben haben?"
„Sir, bei allem Respekt, aber ich erkenne Vashtu, wenn ich sie sehe", gab Sheppard zurück.
„Sie sagte uns, wir sollten nicht handeln, da sie nicht zu Atlantis gehört", setzte Weir hinzu. „Wir handeln nach der Direktive. Kolya gilt auch in der Milchstraße als Terrorist."
„Ich habe die letzten Berichte über ihn gelesen." Landry klang wirklich beunruhigt. „Bleiben Sie dabei. Keine Verhandlungen mit Terroristen."
„Er wird sie umbringen!" entfuhr es Sheppard.
„Das wissen wir noch nicht. Er will etwas von ihr, Colonel, und er will etwas von Atlantis. Er wird seine Geisel nicht töten, solange die Chance besteht, daß er vielleicht doch bekommt, was er will."
Weir seufzte. „General, ich glaube, Sie kennen Acastus Kolya nicht wirklich. Er will sie töten, weil sie eine Antikerin ist und sich mit uns und nicht mit den Genii eingelassen hat."
„Keine Verhandlungen, Dr. Weir. Miss Uruhk hat Sie aus der Verantwortung entlassen und diese der Erde übertragen. Und wir werden nichts tun", entschied Landry.
„Wir lassen niemanden in den Händen des Feindes zurück, General, bei allem Respekt!" Sheppards Stimme klang gepreßt, seine Kiefer mahlten wieder.
„Colonel Sheppard, als höherrangiger Offizier gebe ich Ihnen den strikten Befehl nicht einzugreifen. Haben Sie das verstanden?" Landrys Stimme hatte bei diesen Worten an Autorität gewonnen. „Miss Uruhk hat einen erstaunlichen Überlebenswillen, das sollten Sie ebenfalls wissen. Und sie hat Ihnen die Anweisung gegeben, ihr nicht zu helfen. Sie werden sich daran halten, sonst werden Sie die Konsequenzen tragen."
Sheppard starrte auf den leeren Bildschirm, sagte jetzt aber nichts mehr.
Weir beobachtete ihren militärischen Leiter sehr genau. „Ich habe den Eindruck, Acastus Kolya will gerade provozieren, Colonel Sheppard auf diesen Planeten zu locken. Er würde sich zweier Feinde auf einem Schlag entledigen können."
„Und eben darum werden Sie nichts unternehmen, Colonel", stimmte der General zu. „Halten Sie uns auf dem laufenden, Dr. Weir. Erwarten sie eine weitere Übertragung?"
Sheppard hatte sich abgewandt und starrte den blauen Datenkristall in seiner Hand an.
„Wenn Kolya weiter so handelt ..." Weir stockte und atmete tief ein. „In wenigen Minuten, General. Dann laufen die ersten drei Stunden ab."
„Gut, senden Sie uns die Daten zu, sobald Sie sie haben und die Verbindung wieder abreißt", entschied Landry. „Und, Dr. Weir, wir alle sollten auch Dr. Babbis nicht unterschätzen. Er und Miss Uruhk haben schon Probleme gelöst, die wir alle für unlösbar gehalten haben. SGC Ende." Die Verbindung brach ab.

***

Vashtu atmete beherrscht aus. Ihr Hals kratzte. Sie schluckte ein wenig Speichel, doch das Kratzen verging nicht. „Was wollen Sie?" Ihre Stimme klang rauh.
Kolya, der aus der Dunkelheit aufgetaucht war und sich vor ihr aufgebaut hatte, zog eine Ampulle aus seiner Manteltasche und hielt sie ihr hin. „Informationen und Zusammenarbeit. Dann könnte ich mich dazu überreden lassen, Sie laufen zu lassen, Vashtu Uruhk."
„Noch eine Dosis?" Sie grinste gequält. „Sparen Sie es sich. Die erste Ladung reicht vollkommen aus."
„Ein Gegenmittel", entgegnete Kolya ruhig.
Vashtu starrte ihn an. „Was?"
Der Genii nickte, ließ die Ampulle wieder in seiner Manteltasche verschwinden. Ein zufriedenes Lächeln legte sich auf sein Gesicht. „Sie haben richtig gehört. Es gibt ein Gegenmittel für die Impfung."
Die Antikerin atmete tief ein, hustete dann. „Halten Sie mich für käuflich?" krächzte sie schließlich. „Ich weiß, warum ich mich Ihrem Volk nicht angeschlossen habe, Kolya. Ich mag Ihre Art nicht!"
Eine schallende Ohrfeige traf sie, wirbelte ihren Kopf herum. Langsam sah sie wieder auf und starrte den Genii an. „Sie haben also endlich begriffen, daß der Kristall allein Ihnen nicht weiterhelfen würde, wie? Sie brauchen jemanden wie mich, oder jemanden, der das Gen der Vorfahren trägt. Aber unter Ihren Männern ist niemand. Ich weiß das, ich kann es spüren. Die Genii sind degeneriert, Kolya. Sie haben das Gen nicht mehr. Und damit können Sie nichts mit Atlantis anfangen, es sei denn, es gelingt Ihnen, jemanden wie mich auf Ihre Seite zu ziehen. Aber, und das schwöre ich Ihnen, mich kriegen Sie auf diese Weise nicht klein! Ich habe vor zehntausend Jahren gegen Leute wie Sie antreten müssen. Damals habe ich einmal zu oft den kürzeren ziehen müssen. Diesmal wird das nicht der Fall sein, das schwöre ich Ihnen!"
Diesmal traf die Ohrfeige die andere Wange.
Vashtu genoß den Schmerz geradezu. Viel zu verführerisch war bereits jetzt dieses Angebot gewesen. Sie spürte, wie ihrem Körper immer mehr Kraft entglitt.
Die Zeit lief ihr davon, und sie würde sie nicht aufhalten können, solange man sie gefangenhielt. Und bisher war ihr nichts eingefallen, wie sie und Babbis hier herauskommen konnten. Ein Gegenmittel gegen die Schmerzen, zurückkehrende Kraft und Gesundheit. Natürlich würde sie sich Kolya dann immer noch entledigen müssen. Doch sie glaubte nicht so recht daran, daß dieser Handel ein wirkliches Schlupfloch für sie bot. Kolya würde ihr nicht trauen, ebensowenig wie sie ihm traute. Und damit war das Angebot vom Tisch.
Der pockennarbige Genii packte sie am Kragen und riß sie so weit hoch, wie die Fesseln es zuließen. „Sie haben ja noch keine Ahnung, was noch auf Sie zukommen wird, Ahnin", zischte er sie an. In seinen Augen glitzerte kalte Wut. „Oh ja, ich werde es genießen, Sie sich winden und verrecken zu sehen. Und ich werde dafür sorgen, daß auch Sheppard Ihren Tod mitansehen muß. Ich werde sie beide zerstören, hören Sie? Sie beide werden sterben, elendig zu Grunde werden Sie gehen, das schwöre ich Ihnen! Nur schade, daß Sie das Ende von Sheppard nicht mehr miterleben werden. Aber ich werde ihm gern Grüße von Ihnen ausrichten, Vashtu Uruhk." Damit ließ er sie los und nickte ihren Wächtern zu.
Vashtu starrte auf seinen Rücken, als könne sie ihn nur mit ihren Blicken erdolchen.
Niemals würde sie auf dieses perverse Angebot eingehen, nie!
Vashtu war sich im klaren darüber, daß etwas in ihrem Körper vor sich ging. Es sah nicht gut für sie aus. Die Wunde am Schlüsselbein heilte nicht. Und noch immer war da diese Hitze, die sich allmählich auch immer tiefer in ihren Geist fraß.
Aber aufzugeben war für sie noch nie in Frage gekommen. Im Moment konzentrierte sie sich darauf, ihre zusätzlichen Fähigkeiten stillzulegen, um so vielleicht ein bißchen mehr Zeit zu gewinnen. Je weniger sie die Kräfte, die die fremden Gene ihr gaben, benutzte, desto höher war noch ihre Überlebenschance - hoffte sie zumindest.
Sie mußte Babbis und sich hier so schnell wie möglich herausholen. Ihr war klar, welche Rolle der Wissenschaftler für Kolya spielte. Solange Babbis lebte, hatte er einen billigen Sanitäter. Doch in dem Moment, in dem ihr nicht mehr zu helfen sein würde, in dem ihr Leben verlosch, würde auch Babbis keine Rolle mehr spielen. Er würde ebenfalls sterben, und das würde sie nicht zulassen.
„Vergessen Sie's!" zischte sie ihn an.
Kolya trat zurück, starrte auf sie nieder. Dann nickte er und drehte sich um, nachdem er seinen Männern ein kurzes Zeichen gegeben hatte.
Vashtu atmete noch einmal tief ein, ehe man sie knebelte. Ihr Blick bohrte sich in den Rücken des pockennarbigen Genii, der jetzt wieder vor der Kamera stand, die leise surrte.
„Es gibt nichts mehr zu sagen, Kolya." Weirs Stimme.
Vashtu hob den Kopf und konzentrierte sich darauf, nicht zu krank auszusehen. John Sheppard würde ganz sicher auch die Übertragung beobachten, und ihn wollte sie hier als allerletztes sehen.
„Ich denke doch, daß wir noch einiges zu besprechen haben, Dr. Weir", entgegnete Kolya. „Wir haben sogar sehr viel zu besprechen. Ist Colonel Sheppard auch anwesend?"
„Ich bin da."
Vashtu atmete so tief wie möglich ein.
Natürlich war er da, sie wäre auch da, wenn ihm etwas ähnliches geschehen würde. Es würde sie zwar fast um den Verstand bringen, aber sie wäre da. Nur allein um ihm zu zeigen, daß sie ihm helfen wollte.
„Gut." Kolya drehte sich wieder von der Kamera weg, so daß sie ins Bild kam. „Ich denke, damit Sie mir glauben, werde ich Ihnen eine Probe ihres Blutes zur Verfügung stellen. Vashtu Uruhk hat sicher nichts gegen eine zweite Meinung, nicht wahr?"
Voll kaltem Zorn fixierte sie den Genii, regte sich aber nicht.
Der Mann, der ihr das Mittel injiziert hatte, trat wieder aus dem Schatten und griff nach ihrem Arm. Sie sog scharf Luft in ihre Lungen und versteifte sich kurz.
Verdammt, das tat weh!
Wieder wurde ihr eine Nadel unter die Haut geschoben, doch diesmal, um ihr Blut abzunehmen. So ruhig wie möglich ließ sie es über sich ergehen, auch wenn sie glaubte, ihr Arm würde gleich explodieren.
Der Mann zog die Spritze wieder aus ihrem Gewebe und trat zu Kolya. Der hielt sie in die Kamera. „Ich werde Ihnen jetzt diese Probe durch das Tor senden, Dr. Weir. Dann können Ihre Mediziner sich das bisherige Ergebnis ansehen." Er reichte die Spritze zurück und nickte dem Mann zu, der daraufhin im Schatten verschwand.
Vashtu sah ihm nach, richtete dann ihre Aufmerksamkeit wieder nach vorn.
„Colonel, möchten Sie mit der Ahnin reden? Jetzt wäre gerade ein wenig Zeit", sagte Kolya gerade.
Fast unmerklich nickte sie in die Kamera.
„Ja", kam die gepreßt wirkende Antwort. John schien sich nur mit Mühe unter Kontrolle zu haben.
Einer der beiden Wächter trat vor und nahm ihr wieder den Knebel ab. Sie atmete einige Male tief ein.
„John, geh weg. Hörst du? Geh weg! Du ... ich möchte nicht, daß du das mitansiehst", sagte sie dann.
Kolya hob den Kopf und starrte sie an.
Sie schluckte.
„Vashtu, hier ist Carson Beckett", ließ sich eine andere Stimme vernehmen. Eine Stimme, auf die sie gehofft hatte.
Erleichtert schloß sie die Augen. „Carson! Gut, Ihre Stimme zu hören."
„Ich wünschte, ich könnte das gleiche behaupten. Wäre netter gewesen unter anderen Umständen wieder aufeinanderzutreffen", entgegnete der Mediziner mit seiner akzentschweren Stimme.
Sie nickte. „Sie wollen sicherlich wissen, wie es mir geht."
„Sie sollten nicht jede Impfung mitnehmen, die Sie kostenlos bekommen können. Man weiß nie, was dabei herauskommen kann."
Der Scherz war lahm, aber sie lächelte trotzdem. „Mein Arm ist entzündet und angeschwollen. Ich habe leichte Schwierigkeiten mit der Atmung und die Wunden heilen nicht", sagte sie so präzise wie möglich.
„Fieber?"
Sie schüttelte den Kopf. „Noch nicht, aber ein leichtes Schwindelgefühl. Und, Carson, mein Schlüsselbein ist gebrochen. Die Kugel steckt noch. Es ist nicht gerade einfach, das zu ertragen."
„Schon klar." Becketts Stimme klang nachdenklich.
„Tun Sie mir noch einen Gefallen", fügte sie hinzu. „Setzen Sie Ihren anderen Patienten unter Narkose, damit er keine Dummheiten ..."
Der Schuß krachte und schleuderte sie wieder gegen den Stuhl. Eine Flammenzunge leckte an ihrem Hals. Benommen senkte sie den Kopf wieder, der ihr in den Nacken geflogen war. Ihr Atem kam hektisch.
Kolya trat vor die Kamera. „Eines sollten Sie noch wissen, Colonel Sheppard, Dr. Weir. Für jedes Gespräch, das Sie führen, werde ich der Ahnin eine Wunde beibringen. Nichts lebensgefährliches, aber sie wird immer schwächer werden."
Sie schloß die Augen.

TBC ...

27.01.2010

Inhuman II

Heute

Vashtu Uruhk trat aus dem geöffneten Wurmloch und runzelte die Stirn. Es war Nacht um sie her. Sterne glommen am Himmel, ihre Umgebung konnte sie nur schemenhaft wahrnehmen.
Irgendetwas aber war anders.
Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen, verließ die direkte Umgebung des Sternentores und blickte sich aufmerksam um. Allmählich gewöhnten ihre Augen sich an die Dunkelheit.
„Was war das denn?" Dr. Peter Babbis, der hinter ihr aus dem Wurmloch gekommen war, stolperte neben ihr her. „Ist Ihnen auch aufgefallen, daß das Wurmloch plötzlich eigenartig war?"
Vashtu sah sich weiter aufmerksam um, während sie hörte, wie auch die letzten beiden Mitglieder von SG-27 aus dem Gate traten.
Irgendetwas war ihr seltsam vertraut, obwohl es ihr fremd sein sollte. Nur wußte sie selbst noch nicht genau was. Vorsichtig, die P-90 im Anschlag, ging sie weiter, verursachte kaum ein Geräusch.
„Mam? Dieses DHD sieht eigenartig aus. Vollkommen anders als die, die ich kenne", rief ihr Dr. James Wallace zu.
Und da ging es ihr auf. Ihr Kopf ruckte zum Himmel. Die Sterne!
„Zurück zum Gate! Sofort!" befahl sie mit harter Stimme und wirbelte herum. Und da sah sie die Kabel, die noch am Stargate angebracht waren.
Sie waren nicht in der Milchstraße, sie waren in der Pegasus-Galaxie!
„Was?"
In diesem Moment hallten die ersten Schüsse durch die Nacht.
„Dorn, sofort Rückzug zum SGC, nehmen Sie Wallace mit. Peter, rennen Sie!" Sie hob die P-90 an die Wange und gab die erste Salve ab. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Babbis seine Automatik zog. „Zurück zum Tor, solange es noch offen ist. LOS!" bellte sie ihn an und gab ihm einen unsanften Stoß mit der Schulter.
„Mam?" rief Dorn ihr zu.
Vashtu warf einen kurzen Blick über die Schulter. „Vertrauen Sie mir, Serge. Es wird gehen. Durch das Tor, schnell!"
Endlich schien auch Babbis aufzugehen, daß die Situation sich vollkommen verändert hatte und hastete, an ihrer Seite, zurück zu dem noch aktivierten Gate. Dorn hatte sich Wallace geschnappt und zerrte den Wissenschaftler gerade durch den Ereignishorizont.
Vashtu gab blind Salve um Salve nach hinten ab und bildete inzwischen das Schlußlicht. Babbis rannte vor ihr her.
Sie waren fast am Gate, sie waren fast da.
Da traf sie der erste Schuß, riß sie herum und ließ sie torkeln. Die P-90 wurde ihr fast aus der Hand gerissen, weil ihre Finger sich um den Abzug gekrallt hatten. Eine letzte Salve bohrte sich in den Boden zu ihren Füßen, während sie versuchte, wieder ins Gleichgewicht zu kommen.
Babbis blieb stehen und wirbelte herum. Seine Waffe hatte er im Anschlag und ließ die Mündung aufleuchten.
„Laufen Sie, Peter. Zurück zur Erde, schnell!"
Sie war auf der Höhe des DHD angelangt, ließ die P-90 endgültig fallen und versuchte, zu einem letzten Spurt anzusetzen, als sie nach vorn gerissen wurde. Heißer Schmerz brannte sich zwischen ihre Schulterblätter, fast überschlug sie sich wegen der Wucht des Schusses noch.
„Vashtu!"
Ihre Finger krallten sich in die Erde vor dem Tor.
Dieser Schuß war anders, wie auch der erste. Irgendetwas war anders. Sonst hatte sie nicht solche Schmerzen.
Das Licht des Wurmlochs erlosch, noch während sie versuchte, sich wieder auf die Beine zu kämpfen. Kraftlos ließ sie sich auf den Boden zurücksinken und hörte Schritte.
„Vashtu, was ist mit Ihnen?"
Das war eine Falle! Das mußte eine Falle sein.
Mit letzter Kraft griff sie nach der Kette um ihren Hals und zerrte daran. Es fiel ihr so verdammt schwer, die fremden Gene in ihrem Inneren zu aktivieren. Doch dann gelang es ihr wenigstens, auch wenn eine zweite Flammenspur in ihrem Nacken leckte, die Silberkette zu sprengen. Mühsam wechselte sie den Kristall in die andere Hand, während sie auf die näherkommenden Schritte achtete, und warf ihn zum DHD hinüber. „Ich habe doch gesagt, Sie sollen durch das Gate verschwinden!" stöhnte sie dabei.
„Keine Bewegung!"
Sie konnte hören, wie Waffen entsichert wurden. Ihre Finger krallten sich wieder in den Boden, vor Schmerz kniff sie die Augen zusammen.
„Schon gut, schon gut", hörte sie Babbis beschwichtigend sagen. Vorsichtig und langsam, die Arme so weit wie möglich abgespreizt, mühte sie sich, sich auf den Rücken zu rollen. Ein Fuß kam ihr unsanft zu Hilfe.
Und als sie die Augen öffnete, sah sie in ein Gesicht, von dem sie gehofft hatte, es niemals wiederzusehen. Ihre Miene erstarrte.
„Kolya!"

***

Lt. Colonel John Sheppard trat mit erhobener Waffe durch das Gate, Teyla an seiner Seite wissend. Kurz überprüfte er mit seinem Detektor die Umgebung, ehe er die Waffe sinken ließ.
„Hier ist nichts, Rodney", sagte er.
Dr. Rodney McKay, der inzwischen ebenfalls den Ereignishorizont durchquert hatte, tippte auf seinem tragbaren Rechner herum. „Hier war aber etwas. Es war nicht die erste Energiespitze, die wir gemessen haben."
Sheppard tauschte einen hilflosen Blick mit der Athosianerin, ging dann zum DHD hinüber. „Beeilen Sie sich, Rodney", murrte er dabei.
Das Licht seiner P-90 fiel auf einen glänzenden Fleck am Boden. Es schimmerte dunkelrot.
Sheppard ließ sich auf die Knie nieder und beleuchtete die Lache, die sich vor ihm ausbreitete. „Blut ..." murmelte er dabei und runzelte die Stirn, während er etwas von der Flüssigkeit zwischen seinen Fingern verrieb.
„Colonel Sheppard, hier liegt eine Leiche", rief Teyla ihm zu.
Offensichtlich war hier doch etwas gewesen, und das konnte noch nicht allzu lange her sein. Hing es mit der Energiespitze zusammen, die die Tiefraumscanner von Atlantis gemessen hatten?
Er wußte es nicht, doch auf jeden Fall war sein Argwohn wieder geweckt. Er richtete sich auf und hob seine Waffe.
„Rodney, beeilen Sie sich. Hier stimmt etwas nicht", sagte er und leuchtete in die Umgebung. Wieder ein Blutfleck, ein kurzes Stück weiter vom DHD entfernt.
Was war hier los gewesen?
Sheppard wollte zu dem zweiten Fleck gehen, als er einen Widerstand an seinem Fuß wahrnahm. Als er die Lampe senkte, erstarrte er.
Zwischen seinen Füßen schimmerte ein bläulicher Kristall an einer Kette. Diese war zerrissen und hatte sich an sein Hosenbein geheftet. Und der Kristall ...
Er beugte sich vor und hob ihn auf. Sein Gesicht war sehr ernst, als er ihn untersuchte.
„Vashtu", wisperte er schließlich fragend.
Aber wie konnte das sein?

***

Die Antikerin ließ es zu, daß sie auf einen Stuhl gefesselt wurde. Noch immer brannten Schmerzen in den Schußwunden, aber sie bemerkte auch, daß ihre Fremdzellen inzwischen doch beschlossen hatten, sich der Verletzungen anzunehmen. Noch ein wenig benommen vor Schmerz blickte sie auf, als der Genii den Raum betrat.
„Acastus Kolya", sagte sie mit gepreßter Stimme. „Ich hatte die Hoffnung, Sie niemals wieder zu sehen."
Kolya blieb vor ihr stehen, gab seinen Männern einen Wink, die daraufhin hinter der Antikerin Aufstellung nahmen. „Vashtu Uruhk, die Ahnin, die sich den Erdenmenschen angeschlossen hat. Ich bin überrascht. Man erkennt Sie kaum wieder. Oder vielleicht doch, wenn man Ihren Umgang hier bedenkt?"
Ein bitteres Lächeln glitt über ihr Gesicht. „Es haben sich ein paar Dinge geändert. Wo ist Dr. Babbis? Und was haben Sie mit dem Stargate angestellt?"
Kolya lächelte zufrieden. „Dr. Babbis, so heißt er also."
„Ja, das ist sein Name. Und wo ist er?"
Kolya winkte desinteressiert ab. „Sie werden ihn bald wiedersehen. Ich habe an für sich keine Verwendung für ihn, aber vielleicht ist er doch noch nützlich."
Vashtu stemmte sich gegen die Fesseln und versuchte sich aufzurichten. Sofort hörte sie das Klicken zweier Waffen hinter sich. Sie kniff die Lippen fest aufeinander und funkelte den Genii mit dem pockennarbigem Gesicht an.
„Was das Sternentor angeht ... das ist meine Sache." Kolya wandte sich ab und sah sich aufmerksam in dem schlecht beleuchteten Raum um. „Sie brauchen nicht zu wissen, was genau getan wurde. Es reichte, um Sie herzulocken."
„Ich bin kein Druckmittel mehr für Sie, Kolya. Ich lebe auf der Erde und arbeite für das dortige Stargate-Command. Das wird Ihnen nichts nutzen!"
„Vielleicht doch? Ihre Gefühle für Colonel Sheppard, beziehungsweise seine für Sie. Außerdem ... Ich habe da etwas sehr interessantes erfahren durch einen meiner Informanten. Und ich würde Ihnen gern einen Handel vorschlagen." Kolya drehte sich wieder zu der Antikerin um und musterte sie. „Ihr Leben gegen den Steuerkristall von Atlantis. Ist doch fair, oder?"
Sie starrte ihn entgeistert an.
Woher wußte er von dem Kristall? Wieso ... ?
Sie schluckte und zwang sich, sich nichts anmerken zu lassen. Also war ihre rein instinktive Handlung, den Kristall zu verstecken, doch richtig gewesen. Sie konnte nur hoffen, daß Kolya die kleine Wunde in ihrem Nacken nicht aufgefallen war und er eins und eins zusammenzählte.
„Der wird Ihnen nichts nutzen, der Kristall ist auf mein Genom geeicht", entgegnete sie.
Kolya hob eine Braue und kreuzte die Arme vor der Brust. „Tatsächlich?" fragte er.
Sie nickte.
„Dann haben sich die Bedingungen gerade geändert, Vashtu Uruhk."
Es überlief sie eiskalt bei diesen Worten, doch wieder zwang sie sich, sich keine Regung anmerken zu lassen. Was hatte Kolya mit ihr vor?

***

John Sheppard nahm im Laufschritt die Treppe in die Kommandozentrale von Atlantis. Von seiner Faust baumelte der Steuerkristall der Antikerin an den Resten der Kette.
Irgendetwas ging hier vor. Irgendetwas eigenartiges. Und um seinen Verdacht zu zerstreuen mußte er so schnell wie möglich Kontakt zum SGC auf der Erde aufnehmen.
Dr. Elizabeth Weir trat ihm entgegen, als er in die Zentrale kam.
„Was war los, John? Warum haben Sie den Einsatz abbrechen lassen?" verlangte die Expeditionsleiterin zu erfahren.
In Sheppards Gesicht arbeitete es, dann hob er die Faust und präsentierte ihr den Kristall. „Ich habe Blut gefunden und den hier. Erkennen Sie ihn, Elizabeth?"
Weir wurde ernst. „Das ist unmöglich. Atlantis ist das einzige Tor mit Verbindung zur Erde. Wir hätten bemerkt, wenn ..." Sie stockte, als sie in sein Gesicht sah.
„Irgendetwas ist da vorgefallen, denn ich glaube nicht, daß Vashtu den Kristall in andere Hände gibt. McKay meint, die Energiespitze hätte ausgereicht für ein Wurmloch in die Milchstraße. Und ich möchte mit dem SGC sprechen. Vielleicht ..."
In diesem Moment ging der Alarm los und ein Wurmloch entstand. Sofort reagierte der zuständige Techniker und zog den Energieschild von Atlantis hoch.
„Eingehende Audioübertragung", meldete er verwirrt.
„Schalten Sie es laut", befahl Weir.
Sheppard sah sie stirnrunzelnd an.
Die Erde konnte Atlantis nicht anwählen, dazu fehlte ihnen die Energie. Aber ...
Dann hörte er die Stimme. Seine ganze Gestalt spannte sich an, sein Blick wurde eiskalt.
„Dr. Weir, ich hoffe, Sie können mich hören." Die Stimme gehörte niemand anderem als Acastus Kolya.
Sheppard trat an den Lautsprecher heran. In seinem Innersten brodelte kalter Zorn wie ein Vulkan. „Kolya!" zischte er.
„Colonel Sheppard, schön, Ihre Stimme zu hören." Der Genii klang sehr selbstzufrieden. „Ich hätte Dr. Weir ohnehin gebeten, Sie kommen zu lassen. Ich habe da etwas für Sie, falls Sie es sehen wollen."
„Eingehende Videodaten. Soll ich sie auf den Bildschirm legen?" fragte der Techniker.
Kurz darauf flammte der Monitor auf und zeigte den pockennarbigen Genii.
Sheppard war es, als sei er plötzlich in einem beängstigenden Deja Vú gefangen. Zwar hatte er diese Szenerie nie aus dieser Perspektive gesehen, doch alles andere ...
Die Erinnerung drohte ihn zu übermannen. Die Erinnerung an etwas, das er am liebsten weit von sich gewiesen und für immer tief in seinem Geist verschlossen hätte. Er wollte nicht mehr daran denken. Es hatte ihn schon genug Alpträume gebracht.
„Nun, ich denke, wir können uns jetzt ganz entspannt unterhalten." Kolya lächelte.
„Was wollen Sie?" zischte Sheppard zwischen zusammengepreßten Kiefern vorher.
Der Genii hob leicht den Kopf, als müsse er der Stimme und ihrem Klang nachlauschen. „Colonel, ich habe da etwas für Sie. Das wird Sie sicher interessieren." Er trat zur Seite.
Sheppard holte tief und ruckhaft Atem, als er die verschwommene Gestalt auf dem Stuhl sitzen sah. Wieder eine Erinnerung, die er nur zu gern abgelegt hätte.
Die Kamera zoomte etwas an das Gesicht heran, so daß er erkennen konnte, wer da saß.
Sie hatte sich inzwischen die Haare noch kürzer schneiden lassen, das wußte er von Beckett. Und er wußte auch, daß sie im SGC mit einem Team arbeitete, was die fremden Uniformteile erklärte. Sie jedoch so zu sehen ...
Sheppard wandte sich mit einem Ruck ab. Er konnte das nicht ertragen.
„Ich höre gar nichts, Colonel", sagte Kolya. „Erkennen Sie sie nicht wieder? Möchten Sie mit ihr sprechen?"
Weir legte ihm eine Hand auf die Schulter, als er nicht antwortete. Er sah sie kurz an, drehte sich dann wieder um und sagte: „Ja, ich will mit ihr sprechen."
Er konnte beobachten, wie einer der beiden Wächter sich über sie beugte und den Knebel entfernte.
„John!" schrie sie los. „Laß dich auf nichts ein! Tu nichts, was dieser ..." Weiter kam sie nicht.
„Sie ist noch etwas ungestüm. Eine gewisse Ähnlichkeit zwischen ihnen, nicht wahr? Charmant wie Sie, Colonel." Kolya trat wieder ins Bild.
„Und was jetzt? Haben Sie wieder einen ... Wraith gefangen?" preßte Sheppard zwischen den Zähnen hervor.
Kolya sah sinnend in die Kamera. „Ich bitte Sie, Sheppard, ein bißchen mehr Einfallsreichtum dürfen Sie mir schon zutrauen."
„Was dann? Was wollen Sie?"
Kolya sah in die Kamera und schien ihn anzustarren, noch immer dieses Lächeln auf den Lippen. „Was ich will? Die Kontrolle über Atlantis, das will ich."
„Wir werden das niemals zulassen, Kolya!" entgegnete nun Dr. Weir.
Kolya nickte. „Sie nicht, das ist sicher. Aber unsere reizende Ahnin hat ja selbst ihre kleinen Geheimnisse. Nicht wahr, Colonel?"
Sheppards Augen weiteten sich. „Was haben Sie vor, Kolya?"
„Ich möchte, daß Sie beide Zeuge von etwas werden, Sie und Dr. Weir, Colonel Sheppard. Sie werden mitansehen, wie die letzte verbliebene Ahnin stirbt, ganz langsam und sicherlich ziemlich schmerzhaft. Sie erinnern sich doch sicher noch an die Impfung der Hoffaner, nicht wahr?"
Vashtu sah, wie Kolya eine Ampulle in die Kamera hielt und runzelte die Stirn.
Was sollte das? Was ging hier vor?
Sie wußte es nicht. Aber sie spürte, daß ihre Kräfte ganz allmählich wieder zurückkehrten. Noch ein wenig und sie würde die Fesseln sprengen und Kolya den Hals umdrehen können. Dann aber erstarrte sie.
„Ich habe das Blut ihrer hübschen Freundin untersuchen lassen, Colonel Sheppard. Was, denken Sie, wird geschehen, wenn ich sie mit dem Mittel impfen lasse? Wie lange werden die Wraith-Zellen in ihrem Inneren dem wohl standhalten, mh?"
Mit einer Mischung aus Schreck, Begreifen und Entsetzen beobachtete die Antikerin, wie Kolya die Ampulle öffnete, eine Spritze mit deren Inhalt füllte und dann an einen anderen Genii weitergab. Sie hatte keine Möglichkeit, sich zu wehren. Noch waren die Wunden nicht ganz verheilt, noch war da eine gewisse Schwäche in ihr.
„Tun Sie es nicht!" hörte sie Dr. Weir sagen, während der Mann mit der Spritze zu ihr kam.
„Kolya", Sheppards Stimme klirrte und schien vollkommen empfindungslos, „sollten Sie ihr auch nur ein Haar krümmen, ist das nur ein Grund mehr für mich, Sie zu töten!"
Die Spritze berührte ihre Haut, stach hindurch.
Vashtu war plötzlich starr, ihr Atem ging hektisch, während sie fühlte, wie dieses merkwürdige Zeug ihr injiziert wurde. Es brannte in ihren Adern wie Feuer.
„Kolya!" Sheppards Stimme schien überzuschnappen.
„Beruhigen Sie sich. Es braucht ein paar Minuten, dann können wir alle uns davon überzeugen, ob Vashtu Uruhk auf die Impfung anspricht. Und ich denke, inzwischen sollte sie sich so weit erholt haben, daß Sie noch einmal mit ihr sprechen können. Das möchten Sie doch, oder?" Unvermittelt drehte Kolya sich zu ihr um und sah sie fragend an.
Vashtu atmete tief ein, dann nickte sie.
Sie hatte keine Ahnung, was da gerade mit ihr passiert war, aber sie spürte die Auswirkungen. Flammenzungen leckten durch ihren Arm, bittere Galle stieg in ihren Mund.
Der Knebel wurde ihr wieder abgenommen und sie sah, wie die Kameralinse auf sie einschwang.
„John, hör zu!" Ihre Stimme klang heiser. „Ich gehöre nicht zu euch. Ich gehöre zur Erde, hast du das verstanden?"
„Wie geht es dir?" Sheppard klang besorgt.
Sie runzelte die Stirn und versuchte angestrengt in die Kamera zu lächeln. „Es wird gehen. John, tu nichts, hörst du?"
„Miss Uruhk, wissen Sie von der Impfung der Hoffaner?" fragte nun Weirs Stimme.
Ihr Mund war trocken. Sie wollte jetzt sicher keine schlechten Nachrichten hören, ganz sicher nicht. Sie biß sich auf die Lippen und konzentrierte sich wieder auf Kolya, der neben der Kameralinse stand und sie genau beobachtete.
„Miss Uruhk, diese Impfung tötet Wraith", sagte Weir endlich.
Vashtu schloß die Augen, öffnete sie dann wieder. „Es geht mir gut. Ich gehöre nicht zum SGA, ich gehöre zum SGC. Also handelt danach. Ich bin sicher, General Landry ..." Sie stockte, als sie unvermittelt in den Lauf einer Waffe starrte.
Dann riß die Wucht der Kugel sie gegen den Stuhl, während sie noch das Mündungsfeuer sah und das heisere Bellen hörte. Mit Mühe kämpfte sie um ihre Besinnung, doch die Schmerzen waren zu stark. Nach einem letzten Blick in die Kamera sank ihr Kopf auf die Brust.
Kolya trat wieder ins Bild. „Eine Wunde, nicht einmal schwer", sagte er. „Aber daran werden wir kontrollieren können, wie die Impfung wirkt. Colonel Sheppard, Dr. Weir, Sie werden Zeuge werden, wie die Ahnin stirbt. Es sei denn, Sie überlassen mir Atlantis."

TBC ...

25.01.2010

1.10 Inhuman I

TV-Serie: Stargate general
Reihe: SG-V (SG-27)
Genre: action, drama scifi
Rating: PG
Author's Note: Da mich bis heute die SGA-Episode Common Ground fasziniert lag es nahe, mal auszutesten, wie wohl meine werte Heldin in einer ähnlichen Situation handeln würde. Wie würde Kolya auf sie reagieren? Was würde John Sheppard sagen, wenn er sich plötzlich auf der anderen Seite der Kamera, nämlich am Bildschirm, wiederfindet?
Damit auch diese Fic nicht wieder allein auf meine Fahnen geschrieben wird: Arielen hat mir damals einige Szenen-Ideen gegeben. Lob bitte an ihre Adresse - wie immer.
Widmung: Wenn auch verstorben, so möchte ich diese Geschichte posthum Kat (Jane Sheppard) widmen. Für die beste Freundin, die ich je hatte!



Ein Jahr zuvor:

Acastus Kolya senkte kurz das Fernrohr und lächelte. „Sieh an, Colonel, sieh an", murmelte er sehr zufrieden mit sich und dem Rest der Welt. Dann hob er das kleine Messingrohr wieder ans Auge und beobachtete die beiden Gestalten.
Ein hochgewachsener, schlanker Mann mit wirrem dunklem Haar hatte sich über eine, fast einen Kopf kleinere Frau mit schulterlangem, schwarzem Haar gebeugt und wisperte ihr offensichtlich etwas ins Ohr. Die Fremde begann zu lachen, wobei in ihren Augen ein gewisser Schalk aufblitzte.
„Wissen wir, wer sie ist?" fragte der ehemalige Anführer einer Spezialeinheit der Genii.
„Alles was wir wissen ist, daß sie die Kleidung der Atlanter trägt und mit ihnen gekommen ist", antwortete der mausgesichtige Mann neben ihm. „Sie sollen hier Verhandlungen über ein Handelsabkommen führen, aber das scheint ihn nicht sehr zu interessieren."
Kolya nickte, beobachtete das Paar weiter durch sein Fernrohr. „Colonel Sheppard wird angreifbar", sagte er. „Er hätte sich diese Gefühlsduselei sparen können. Aber offensichtlich ... Behaltet sie weiter im Auge. Sobald die beiden einmal getrennt sind, schlagen wir zu."
Mausgesicht starrte den hochgewachsenen Mann mit dem pockennarbigen Gesicht groß an. „Was wollen Sie tun?"
Kolya lächelte wieder. „Sheppard zerstören, das will ich."

***

Vashtu ließ sich auf dem Rand des Brunnens nieder, senkte eine Hand in das kühle, kristallklare Wasser. „Es tut gut, einmal ein bißchen Frieden genießen zu dürfen", sagte sie.
John Sheppard ließ sich neben ihr nieder, holte einen Energieriegel aus seiner Überlebensweste und öffnete die Verpackung. „Es ist schön, hier zu sein. In der Sonne und ohne eine ... Du weißt, was ich meine."
Die Antikerin nickte, strich sich das Haar hinters Ohr und sah ihn von der Seite an. „Es tut mir leid, daß ich dir nicht eher gesagt habe, daß ich zur Erde gehen werde."
Johns Gesicht verdüsterte sich. „Bitte verdirb uns diesen Tag nicht, Vashtu. Laß ihn uns einfach genießen. Er wird schon viel zu früh wieder ernst." Er seufzte.
„Führst du nicht gern Verhandlungen?" In ihrem Gesicht leuchtete es auf. „Wenn du möchtest, könnte ich das übernehmen."
„Bloß nicht!" John kaute auf seinem Riegel, sah sie nun ebenfalls an. Vorsichtig hob er seine Hand und strich ihr eine Strähne ihres Haares aus dem Gesicht. Als seine Fingerspitzen dabei ihre Haut berührten, war es, als fühle er einen elektrischen Schlag. Unsicher lächelte er.
Vashtu schloß die Augen, reckte das Gesicht der Sonne entgegen.
Es war kaum zu glauben, daß sie wirklich erst vor wenigen Tagen gegen eine Wraith-Königin gekämpft - und gewonnen - hatte. All die Schrammen und Blessuren waren verschwunden. Nur die gebrochenen Rippen behinderten sie noch ein wenig, doch auch diese Verletzung konnte er erst auf den zweiten Blick wahrnehmen.
„Ich hätte dich wirklich gern in meinem Team gehabt", sagte er leise.
Vashtu nickte stumm, hielt die Augen geschlossen und das Gesicht noch immer der Sonne zugewandt.
„Ich hätte dir auch ein eigenes Team gegeben, wenn du geblieben wärst."
„Das wäre nicht gut gegangen, John." Jetzt senkte sie den Kopf wieder, sah ihn offen an. „Dr. Weir hat recht. Zwei wie uns kann Atlantis nicht vertragen."
„Unsinn!"
Sie lächelte sehnsüchtig, richtete den Blick wieder nach vorn. „Ich glaube, Dr. McKay und Teyla kommen zurück."
John erhob und streckte sich. Vashtu glitt katzengleich vom Brunnenrand hinunter.
„Xanyandar möchte so schnell wie möglich mit Ihnen sprechen, Colonel Sheppard", meldete die Athosianerin. Ihr Blick fiel auf Vashtu und ein Lächeln glitt über ihr Gesicht. „Aber ich fürchte, diese Einladung gilt nur für Sie und mich."
John warf der Antikerin einen Blick zu. „Dann ... Sieh dich hier um, Vashtu. Vielleicht gefällt dir ja etwas."
Sie nickte lächelnd. „Viel Glück."

***

Vashtu wanderte gedankenversunken den Basar entlang, blieb hier und dort stehen, um sich eine Auslage genauer anzusehen. Doch tatsächlich dachte sie wieder einmal über das nach, was zwischen John und ihr war.
Sie wußte noch immer nicht wirklich, ob es vielleicht doch noch Nachwirkungen ihrer Pheromone waren, die ihn so sehr aus seinem Alltag rissen, oder ob er ihre Gefühle teilte. Die wichtigen Worte waren nicht gefallen, und wenn sie es verhindern konnte, würden sie auch nicht fallen. Viel zu sehr würde sie dann ihren Weggang von Atlantis bedauern, viel zu sehr würde sie sich nach ihm sehnen.
John Sheppard, dieser Mann, der so deutlich Begabungen zeigte, über die auch ihr Volk geboten hatte. Sicher, er war noch immer nicht geübt in allem, aber vielleicht würde er mit der Zeit mehr lernen.
Vashtu lächelte, als sie an das dachte, was er ihr vor kurzem ins Ohr geflüstert hatte. Für einen zufälligen Beobachter mochte es ausgesehen haben, als lausche sie Zärtlichkeiten. Tatsächlich aber hatten sie beide einen kleinen Plan ausgeheckt. Vielleicht, in seinem Fall, um ihre Abwesenheit so kurz wie möglich zu gestalten. Für sie jedoch ... Nun, sie würde jede Chance ergreifen, Dr. Rodney McKay ein wenig auflaufen zu lassen.
John war eingefallen, daß der Hauptrechner von Atlantis auf ihre Daten reagierte. Seit sie durch die Aktivierung eines zehntausend Jahre alten Programms von Janus' Plan erfahren hatte, hatte sie den Menschen von der Erde jede einzelne Datei des Rechners zugänglich gemacht. Doch jetzt näherte sich ihre Zeit in der alten Heimat ihrem Ende. John hatte vorgeschlagen, sie solle doch den Steuerkristall, der ihr uneingeschränkte Macht über die Stadt verlieh, entfernen und mitnehmen. Und sie konnte ihm nur zustimmen.
Dr. McKay würde nicht sehr begeistert sein, wenn er plötzlich Daten gesperrt fand, die er vorher noch hatte einsehen können. Eine Manipulation war nicht einmal nötig, so tief, wie er sich jetzt schon in das vormals verschlossene Wissen eingegraben hatte.
Vashtu würde den Kristall mit zur Erde nehmen und auf Nachricht warten. Und sie war sich sehr sicher, bald würde sie etwas erfahren. Vielleicht sogar doch die erlösende Antwort.
Langsam ging sie weiter die Straße hinunter, blieb dann an einem Stand mit bunt eingefärbten Stoffen stehen und betrachtete die Auslage.
Einige sehr schöne Farben waren dabei. Sie war zwar nicht sonderlich begabt in Dingen wie dem Anfertigen von Kleidung, aber genießen durfte sie schließlich auch so. Und ihre Gedanken schweifen lassen.
Da hörte sie einen kleinen Tumult in der Nähe ausbrechen. Stirnrunzelnd blieb sie stehen und reckte den Hals. Dabei fiel ihr auf, daß sie McKay irgendwo vergessen hatte - oder vielleicht auch er sie. Wer konnte das schon sagen?
Sie konnte nichts sehen, runzelte die Stirn und trat vorsichtig näher an das Geschehen heran. Da traf sie ein Schlag an den Hinterkopf und ließ sie, einen Moment lang benommen, nach vorn taumeln.
Ohne zu überlegen riß sie die Beretta aus dem Holster und hob die Waffe zu dem vermeintlichen Angreifer hin, doch da war niemand mehr.
Vorsichtig entspannte sie sich und richtete sich wieder zu ihrer vollen Größe auf. Noch immer mißtrauisch sah sie sich um.
Der Tumult war offenbar abgeflaut, was auch immer es gewesen sein mochte. Sie beschloß, auf die Suche nach Dr. McKay zu gehen. Auch wenn sie den Wissenschaftler nicht sonderlich mochte, mußte sie zugeben, er war an für sich klüger als manch ein anderer. Und sie wollte nicht riskieren, daß die Gruppe ohne sie loszog, auch wenn sie sicher war, John allein würde schon dafür sorgen, daß das nicht geschah.
Noch immer ein wenig mißtrauisch trat sie den Rückweg zum Brunnen an. Irgendwo würde sie McKay schon finden.

***

Kolya verbarg sich in der Menge und beobachtete die Fremde sehr genau. Er hatte geglaubt, seine Leute hätten leichtes Spiel mit ihr. Doch ihre Reflexe und ihre Widerstandskraft waren erstaunlich. Sie hatte den harten Schlag weggesteckt als habe man ihr eine leichte Backpfeife gegeben.
Etwas an dieser Frau stimmte nicht ...

***

Eine Stunde später saß Vashtu wieder am Brunnenrand und verspeiste mit wenig Genuß einen der Energieriegel, die sie in ihrer Überlebensweste gefunden hatte. Lieber hätte sie eine der Früchte probiert, die ein Händler auf dem Markt anbot, aber ihr war kein passender Handel eingefallen.
McKay hatte sie nicht aufgespürt, und im Moment auch keine Lust mehr dazu. Zumindest hatte er sich bei ihr über Funk gemeldet und mitgeteilt, daß er zum Jumper zurückgekehrt wäre, um dort irgendetwas zu tun. John und Teyla waren noch immer mit den Verhandlungen beschäftigt, und der einzige Grund für sie, zum Puddlejumper zurückzukehren, wäre der gewesen, daß sie hätte fliegen dürfen. Doch das hatte der Colonel ihr strikt untersagt.
Ein Schatten verdunkelte ihre Sicht. „Guten Tag", sagte eine fremde Stimme.
Vashtu blinzelte, konnte aber nicht mehr als die Umrisse eines großgewachsenen Mannes erkennen, der schräg vor ihr stand. „Hallo." Sie lächelte blinzelnd.
„Sie gehören zu den Atlantern?"
Sie zuckte mit den Schultern. „Sozusagen, ja. Wollen Sie Verhandlungen über irgendetwas führen? Ich bin leider nicht dazu autorisiert. Tut mir leid."
Der Mann schüttelte leicht den Kopf. „Wo ist Ihre Heimatwelt? Kommen Sie von der Erde?"
Vashtu runzelte die Stirn. „Der Erde? Nein, ich komme nicht von der Erde. Warum?"
„Von wo dann?"
Dieses Gespräch war merkwürdig und trug ein paar Züge, die ihr nur allzu gut in Erinnerung waren. Sie erhob sich vom Brunnenrand, um dem strahlenden Licht der Sonne zu entkommen. Der Fremde bewegte sich ein kleines Stück zur Seite, gerade genug, daß die Sonne sie wieder blendete, versuchte sie in sein Gesicht zu sehen.
„Ich weiß nicht, was Sie das angeht", antwortete sie schließlich. All ihre Sinne waren plötzlich sehr gespannt, und ihre Hand berührte leicht die Beretta. Dabei stand sie so, daß der Fremde dies nicht sehen konnte, da ihr Körper Hand und Waffe verdeckte.
„Ich will Sie nur warnen. Sie haben sich da mit jemandem eingelassen, der nicht sonderlich angesehen ist bei vielen."
Jetzt war sie doch verblüfft. „Den Lt. Colonel?"
Der Fremde nickte knapp. „Sie sollten sich von ihm fernhalten, sonst könnte es auch Ihnen schlecht ergehen."
Sie ahnte die Bewegung mehr, als daß sie sie wirklich sehen konnte. Und sie reagierte in der Millisekunde, in der ihr Hirn diese Information noch verarbeitete. Sie riß die Beretta aus dem Halfter und entsicherte sie. Mit einer fließenden Bewegung legte sie auf den Fremden an und sah, wie auch er eine Waffe auf sie richtete.
„Ich würde sagen, wir haben ein Patt", bemerkte sie gelassen. Ihre Augen wurden hart und kalt wie Eis.
„Sie sind gut, wer auch immer Sie sind", meinte der Fremde. „Aber sind Sie gut genug?"
Verstehend riß sie die Augen auf, konzentrierte sich dann aber wieder mit einem kühlen Lächeln. „So dumm bin ich nicht! Pfeifen Sie Ihre Männer zurück."
Der Fremde trat endlich aus der Sonne, noch immer seine eigenartige Waffe in der Hand. Vashtu folgte ihm mit langsamen Schritten.
Der Lärm des Basars war verstummt, eine tödliche Stille hatte sich über die Stadt gesenkt. Vashtu nahm die anderen, die Waffen auf sie gerichtet hatten, aus den Augenwinkeln wahr. Doch sie war sich verdammt sicher, daß diese sahen, daß sie auf deren Anführer zielte, und daß niemand auf sie schießen würde, solange sie ihn bedrohte.
„Wer sind Sie?" zischte sie.
Der Fremde mit dem pockennarbigen Gesicht lächelte. Seine Augen waren kühl und berechnend auf sie gerichtet. „Acastus Kolya von den Genii. Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen."
Vashtu nickte. „Stehenbleiben, Acastus Kolya von den Genii. Sie werden nicht aus der Schußlinie ihrer Männer entkommen, solange ich es nicht bin."
Er tat, was sie gesagt hatte, neigte den Kopf ein wenig. „Sie sollten es sich wirklich überlegen, wer immer Sie sind", sagte er. „Meine Feindschaft ist nicht angenehm, glauben Sie mir."
„Ich gehe nicht davon aus, daß Sie die meine suchen, Kolya." Sie visierte noch immer sein Herz an. Auf diese Entfernung würde sie auf alle Fälle treffen, ein Blinder hätte getroffen.
„Nun, da Sie wissen, wer ich bin, wäre es nur fair, mir zu sagen, wer Sie sind und woher Sie kommen."
„Vashtu Uruhk, und ich komme aus Atlantis. Leider kann ich nicht behaupten, daß ich erfreut bin, Ihre Bekanntschaft zu machen", sagte sie endlich.
Kolya sah sie plötzlich sehr aufmerksam an. „Aus Atlantis? Sie sind eine Lantianerin?"
Sie antwortete nicht.
Der Genii hob den Kopf. „So ist das also. Irgendwie sind die Menschen von der Erde über Sie gestolpert und haben Sie wieder zurückgeholt. Eine echte Ahnin."
Noch immer schwieg sie.
Irgendetwas ging hinter ihr vor, irgendetwas ... Sie hatte nur noch nicht wirklich herausfinden können, was es war. Da waren nur ihre Sinne, geschärft durch die fremden Gene, die sie warnen wollten. Doch mit dieser Warnung konnte sie im Moment nichts anfangen.
„Dann sollten Sie sich erst recht überlegen, auf welcher Seite Sie stehen wollen, Vashtu Uruhk." Unvermittelt hob Kolya seine Arme und sicherte seine Waffe wieder. „Die jetzigen Bewohner der Stadt der Ahnen sind nicht überall gut angesehen. Sich der falschen Seite anzuschließen, könnte sehr schwere Folgen haben."
In diesem Moment hörte sie hinter sich Johns Stimme etwas rufen. Sie konnte nicht verstehen was, denn plötzlich drückten die Schützen um sie her ab, versuchten sie zu durchlöchern. Johns Tonfall änderte sich.
Vashtu fühlte die Treffer, auch die Streifschüsse, die sich in ihren Körper und ihre Glieder bohrten. Sie duckte sich, um den Kugeln zu entkommen, die ihren Kopf hätten zerstören können und gab einen einzelnen Schuß auf Kolya ab.
Die Wraith-Zellen in ihr arbeiteten auf Hochtouren, heilten die Einschüsse fast ebensoschnell, wie sie ihr zugefügt wurden. Trotzdem wurde sie kräftig durchgeschüttelt und ließ sich zur Seite fallen, in den Brunnen hinein. Das Wasser schlug über ihr zusammen und spritzte auf den Vorplatz. Es färbte sich rasend schnell rosa.
Sie ließ sich ein Stück weit in die Dunkelheit absinken, den Kopf in den Nacken gelegt.
Was sollte das? Warum hatte dieser Genii sie angegriffen? Sie hatte keinen Streit mit ihm, sie wollte auch keinen.
Sie war wütend und hoffte irgendwie, daß sie ihn getroffen hatte. Doch sie meinte, sie hätte den Schuß verrissen, da sie selbst gerade zuviele Kugeln trafen. Sie hätte mit dieser Hinterhältigkeit rechnen müssen!
Das dumpfe Donnern der Schüsse über ihr verklang, und ihr wurde allmählich die Luft knapp. Den Kopf in den Nacken gelegt starrte sie in das helle Rund hinauf, in dem sich der Sonnenhimmel spiegelte.
Ihre Lungen verlangten nach Luft, und daran konnte keines ihrer fremden Gene etwas ändern. Vorsichtig näherte sie sich der Wasseroberfläche, als sie einen Schatten dort auftauchen sah. Einen Moment wollte sie sich wieder hinuntersinken lassen, bis sie Johns strubbeligen Haarschopf erkannte und doch auftauchte. Tief Atem holend trat sie Wasser.
„Du lebst!"
Sie packte die Mauer und machte sich daran, aus dem Brunnen zu klettern. „Ja, ich lebe. Dieser Kerl sollte seinen Leuten beibringen, wie man schießt." Mit Schwung hievte sie sich aus dem Brunnen. Dann aber versagten ihre Kräfte und sie sank zusammen.
„Bist du verletzt?" John beugte sich besorgt über sie.
Vashtu zog die Beine an und stützte ihren Kopf auf die Knie. „Nicht wirklich. Nur die Rippen tun mir wieder weh."
„Wie ein Wraith", hörte sie Teylas Stimme flüstern und runzelte die Stirn.
„Ich habe Wraith-Gene, Teyla. Natürlich heilen die mich!"
„Das hier ist kein sicherer Ort mehr für dich", sagte John leise. „Ich bringe dich zum Jumper zurück."
„Wer ist dieser Kolya, John? Warum wollte er mich töten, nachdem er erfahren hat, was ich bin?" Sie blickte nun doch wieder auf und sah ihm in die Augen.
Sein Gesicht wurde plötzlich hart. „Kolya? Dann ..." Er verstummte.
„Du hast seinen Namen gerufen, du hast ihn auch gesehen!"
John kniff die Lippen aufeinander.
„Dein persönlicher Feind macht sich an mich heran?" Vashtu lachte bitter. „John, dir dürfte klar sein, daß ich es nicht sonderlich schätze, von Kugeln durchlöchert zu werden. Das nehme ich persönlich!"
Er sah sie nur an.

***

Acastus Kolya glaubte seinen Augen kaum, als er die Ahnin sah, wie sie aus dem Brunnen kletterte.
Das konnte nicht sein! Er hatte mit eigenen Augen gesehen, wie sie von den Kugeln seiner Männer durchsiebt wurde. Sie konnte nicht mehr leben!
Und doch saß sie jetzt auf dem Boden vor dem Brunnen, tropfnaß und wieder mit diesem kalten Gesicht.
„Kommandant?" Mausgesicht trat auf einen fast unsichtbaren Wink von ihm heran.
„Sie lebt noch." Kolya verzog das Gesicht und tastete nach der Schußwunde in seiner Seite. Sie hatte bereits aufgehört zu bluten.
„Sie lebt noch? Das ist unmöglich!"
Kolya starrte die Antikerin noch immer an. Haß brannte sich in seinen Geist hinein.
Wenn sie es so wollte, sollte sie es bekommen. Nicht hier und nicht heute, das war klar, aber irgendwann ...
„Wir ziehen uns zurück", entschied er endlich. „Aber eine Sache wäre da noch: Ich will, daß jemand die Kugeln einsammelt, die sie getroffen haben. Irgendwo muß Blut von ihr sein. Sie wurde mehrmals getroffen. Sorgen Sie dafür, daß ich eine Probe erhalte."
Steif erhob er sich und sah seinen mausgesichtigen Spion an. „Sie kennen die Adresse, unter der Sie mich finden können. Schicken Sie mir die Kugeln und das Blut so schnell wie möglich."
„Ja, Kommandant."
Kolya starrte wieder zum Fenster hinaus, während sein Spion den Raum verließ.
Vashtu Uruhk also, und sie war eine Ahnin. Eine Ahnin, die sich den Atlantern angeschlossen hatte. Nun, er würde dafür sorgen, daß die Menschen von der Erde nicht viel Spaß mit ihr haben würden, vor allem einer nicht.
Kolya ballte die Hände zu Fäusten, als wolle er die beiden Gestalten dort unten am Brunnen mit ihnen zerquetschen.
„Das ist nicht unser letztes Treffen, Colonel Sheppard, Ahnin Vashtu Uruhk."

TBC ...

22.01.2010

Neue Verbündete II

„Es tut mir leid, daß du warten mußtest, Vashtu Uruhk." Mrinosh erhob sich und bot ihr galant einen Stuhl an seinem Tisch an. „Leider bin ich zur Zeit sehr beschäftigt, wie du sicher hast feststellen können. Meine Untergebenen müssen erst wirklich von meiner Übermacht überzeugt werden."
Vashtu nickte verstehend und ließ sich nieder. „Umso höher schätze ich deine Bereitschaft, mir als Sprachrohr der Erde zuzuhören, Lord Mrinosh. Die Erde wird deinen Status selbstverständlich voll und ganz anerkennen. Sofern uns selbst möglich, sind wir auch gern bereit, dir mögliche Unterstützung zur Verfügung zu stellen, solltest du in Schwierigkeiten geraten."
Der junge Warlord hob überrascht die dünnen Brauen, beugte sich dann vor und goß sich eine durchsichtige Flüssigkeit in einen Becher. Ihr hielt er auffordernd die Kanne hin. Vashtu schüttelte den Kopf.
„Ein großzügiges Angebot, Vashtu Uruhk. Warum hat Major Collins nichts davon gesagt?" Mrinosh lehnte sich zurück und nahm einen Schluck.
„Der Major ist manchmal etwas impulsiv. Ich bitte für sein Verhalten um Verzeihung und hoffe, du wirst ihn dennoch gehen lassen." Vashtu neigte den Kopf, um ihre Ehrerbietung zu zeigen.
Mrinosh stellte den Becher zurück auf den Tisch und lehnte sich entspannt nach hinten. „Laß uns von angenehmeren Dingen sprechen, Vashtu Uruhk. Du hast dich erboten, meinen Männern den Umgang mit Waffen und das Kämpfen beizubringen. Gilt dieses Angebot noch?"
Vashtu breitete die Hände in ihrem Schoß aus. „Selbstverständlich, Lord Mrinosh. Ich biete meine Dienste nicht leichtfertig an."
Der junge Warlord musterte sie wieder interessiert. „Du bist eine schöne und gefährliche Frau, Vashtu Uruhk. Gibt es noch mehr von deiner Sorte dort, woher du kommst?"
In ihrem Gesicht zuckte kein Muskel. „Ich fürchte, ich bin die letzte meines Volkes." In ihrem Inneren lehnte sich alles dagegen auf, diesen Satz zu benutzen, vor allem nach ihren jüngsten Erlebnissen.
Mrinoshs Blick zeigte Mitgefühl. „Keine schönen Zukunftsaussichten. Es tut mir leid." Er beugte sich vor. „Es ist tatsächlich ungewöhnlich für jemanden wie mich, sich mit einer Frau als gleich und gleich zu unterhalten, Vashtu Uruhk. Aber dein Auftreten und die Vorführung deiner Kampfkünste haben mich überzeugt, daß auch du wohl eine Anführerin warst ... als dein Volk noch lebte."
Vashtu hob einen Mundwinkel, antwortete aber nicht auf diese Schmeichelei.
„Du solltest wissen, selbst ich bin noch anderen unterstellt in unserer Allianz. Es gibt noch Mächtigere als mich, aber ich denke, wenn die Tau'ri wirklich einen Handel mit uns schließen wollen, kann ich euch an die richtigen Stellen verweisen. Allerdings sollten wir zunächst zu einer eigenen Einigung kommen", erklärte Mrinosh.
„Das ist ganz in meinem Sinne." Vashtu lächelte nun wirklich. „Um ehrlich zu sein, habe ich bisher kaum gute Erfahrungen mit der Lucian Alliance machen dürfen. Nicht so sehr mein Geschlecht als vielmehr die ... Impulsivität einiger anderer Lords ... Nun, sagen wir, wir konnten uns bisher nicht einigen."
„Verständlich." Mrinosh nickte. „Es ist meist nicht einfach mit den Herren der Mutterschiffe in Kontakt zu treten. Ich versuche einen anderen Weg. Ob dieser mir gelingen wird, wird die Zeit zeigen."
Vashtu beugte sich interessiert vor. „Du willst herrschen, ohne Gewalt anwenden zu müssen, nicht wahr?"
Der junge Lord nickte. „Durch das Labyrinth habe ich ein gewisses Druckmittel den anderen gegenüber. Aber ..." Unwillig schüttelte er den Kopf und lächelte ein wenig verlegen. „Du bringst mich dazu, Dinge mit dir zu besprechen, die an für sich mein Geheimnis sind, Vashtu Uruhk."
„Nenn mich Vash, das sagen meine Freunde zu mir." Spontan hielt sie ihm ihre Rechte hin.
Mrinosh blinzelte, dann breitete sich wieder dieses Lächeln über sein Gesicht aus und er schlug ein. „Mrinosh von Ashmath, und ich bin stolz, zu deinen Freunden zählen zu dürfen." Sein Gesicht wurde wieder ernst. „Erzähl mir von dieser Waffe gegen die Ori, Vash, bitte."
Die Antikerin biß sich auf die Lippen und lehnte sich zögernd wieder zurück. „Sie sitzt vor dir", sagte sie schließlich.
Mrinosh blinzelte. „Wie bitte?"
Sie nickte. „Ich bin die Waffe gegen die Ori, du hast schon ganz richtig verstanden." Sie runzelte die Stirn. „Und ich hoffe, du wirst dieses Wissen nicht gegen mich einsetzen. Auch deine Zukunft könnte davon abhängen, daß ich tun kann, was ich tun soll."
Mrinosh starrte sie von Kopf bis Fuß an. „Aber ..." Er schloß verwirrt den Mund. „Wie kann das sein?"
„Auf der Erde gibt es eine Waffenplattform, die nur ich im ausreichenden Maße bedienen kann, Mrinosh. Und die Munition ... Nun, sie hat schon ganz anderes erledigt als Ori-Schiffe." Sie kreuzte die Arme vor der Brust. „Mein Volk ist seit langem ausgestorben, seit sehr langer Zeit. Ich bin die letzte Überlebende, weil ich ... äh, einen sehr langen Schlaf hinter mir habe."
Mrinosh nickte verwirrt, schwieg jetzt aber.
„Ich bin ehrlich zu dir, weil du ein Freund bist, Mrinosh", fuhr die Antikerin fort. „Wenn ich kann, werde ich deinen Planeten und die deiner Verbündeten beschützen. Aber im Moment ... Es würde einen sehr großen Aufwand kosten, wenn du verstehst, was ich meine. Ich denke, ich könnte es, sollten die Ori hier einfallen, aber sicher ist es noch lange nicht."
Wieder ein Nicken des Warlords.
Vashtu seufzte. „Die Erde ist auf der Suche nach anderen Waffen meines Volkes, effektiveren Waffen, mit denen ich mehr tun könnte. Es gibt Hinweise darauf, daß es sie gegeben hat. Und wir gehen jedem Hinweis nach und versuchen, sie in unseren Machtbereich zu bringen."
„Was ist das Problem?" Mrinosh sah sie wieder an.
„Das Problem sind die Ori selbst. Du hast einen Prior getroffen, sagtest du?"
„Ja, er kam auf meine Heimatwelt, vor einigen Monden erst. Mir gelang glücklicherweise die Flucht hierher, sonst ..." Hilflos zuckte er mit den Schultern.
Vashtu nickte. „Dann kennst du die Macht, die auch die Ori ihr eigen nennen. Sie sind ... die Erde nennt es aufgestiegen, Mrinosh. Sie sind in eine höhere Existenzebene gewechselt, die den meisten von uns noch versagt ist. Man kann die Ori nicht einfach töten wie wir uns gegenseitig töten."
Mrinosh nickte wieder, griff erneut nach seinem Becher und nahm einen Schluck.
„Du hast von dem Labyrinth gesprochen", wechselte die Antikerin nun das Thema, „weißt du, woher es stammt? Ist es Goa'uld-Technologie?"
Mrinosh runzelte die Stirn. „Nein", er sah wieder auf, blickte ihr direkt in die Augen, „es ist eindeutig älter. Denkst du etwa ... ?"
„Kann ich es mir ansehen?" Vashtu beugte sich wieder vor. „Möglicherweise bist du über etwas gestolpert, wenn du sagst, dieses Labyrinth sei älter als die Dinge, die die Goa'uld benutzten."
„Du meinst, ich habe hier vielleicht eine Waffe gegen die Ori?" Hoffnung glomm in Mrinoshs Augen.
„Vielleicht. Ich müßte es mir erst ansehen." Sie erwiderte seinen Blick. „Und ich möchte den Major und seine Männer dort herausholen, ehe ihnen etwas zustoßen kann."
„Sie haben meine Autorität untergraben. Ich mußte sie bestrafen." Mirnoshs Brauen zogen sich zusammen.
„Und ich entschuldige mich für ihr Verhalten und hoffe, du nimmst diese Entschuldigung an."
Mrinosh sah sie wieder an, die Lippen nachdenklich zusammengekniffen, die Arme vor der Brust verschränkt. „Du sagst, du könntest versuchen, meine Welt und die meiner Lords zu schützen, aber du wüßtest nicht, ob dir das auch gelingen würde? Wie soll dann ein Bündnis zwischen uns entstehen?"
„Indem du mir vertraust. Die Erde hat mehr zu bieten als nur eine Waffe gegen die Ori, Mrinosh. Wir können dir und deinen Lords Dinge geben, von denen ihr bisher nicht einmal zu träumen gewagt habt, ganz zu schweigen von fachlicher Hilfe in vielen Bereichen. Du hast doch sicher Theorim befragt über sein Gespräch mit Dr. Wallace?"
Der junge Lord nickte. „Er war sehr begeistert, zugegeben. Nächstes Jahr, so hofft er, wird er die Erträge noch steigern können. Er sprach auch über einen Handel mit der Erde, in dem es um neues Saatgut geht."
Vashtu nickte. „Das sind Dinge, die die Erde dir bieten kann. Du kannst deine Macht festigen und mußt nicht Gewalt anwenden, zu der du sonst vielleicht gezwungen wärst."
Mrinoshs Blick glitt ins Leere. Er dachte angestrengt nach.
Vashtu lehnte sich zurück und wartete.
Der junge Lord dachte lange nach, doch schließlich blickte er wieder auf und musterte sie.
„Also gut, Vash, schließen wir den Handel. Und als Besiegelung darfst du deine Freunde mitnehmen", entschied er.
Vashtu verzog kurz das Gesicht, hütete sich aber, ihn zu korrigieren.

***

„Okay, eine Idee, Peter?" Vashtu stand vor einer hohen Wand und betrachtete diese stirnrunzelnd.
„Tja, dazu müßten wir erst einmal den Eingang finden." Babbis hatte wieder sein Palmtop gezückt und rief eifrig Daten ab.
Vashtu biß sich nachdenklich auf die Lippen, zog dann ihren Energiedetektor aus der Brusttasche und aktivierte ihn. Sie hielt ihn gegen die Mauer und las stirnrunzelnd die Daten ab. „Wie ich es mir gedacht habe ..." murmelte sie gedankenverloren, wandte sich dann von der Barriere ab und begann, an ihr entlangzuwandern.
„Wie Sie sich was gedacht haben?" Babbis lief eifrig hinter ihr her.
„Es stammt von meinem Volk", antwortete die Antikerin, ohne zurückzusehen. „Wozu es ursprünglich diente, kann ich allerdings nicht sagen, solange wir draußen sind. Aber etwas anderes kann ich sagen: Irgendwo da drin ist ein ZPM. Und dieses ZeroPointModule versorgt die Anlage mit Energie."
„Was? Aber das ist ... !" Babbis blieb der Mund offen stehen.
Jetzt drehte Vashtu sich doch zu ihm um und musterte ihn mit kühlem Blick. „Es ist gar nichts. Nach meinen Daten ist das ZPM fast erschöpft. Entweder wir besorgen Mrinosh ein neues oder wir sollten sehen, daß er sein Labyrinth so selten wie möglich benutzen muß. Sonst kann er seine Geheimwaffe nämlich bald vergessen."
Babbis klappte der Mund hörbar wieder zu. „Aber ... warum sollten wir einem Warlord der Lucian Alliance helfen wollen? Ich denke, bisher haben wir immer auf der gegnerischen Seite gestanden." fragte er verwirrt.
„Weil Mrinosh nicht wie die anderen Warlords ist, deshalb. Eine Stimme der Vernunft sollte selbst im größten Chaos hörbar sein, Peter. Gerade Sie sollten das wissen." Vashtu betrachtete wieder die hohe Wand an ihrer Seite, ging dann weiter. „Ein Stück weiter vorn ist der Eingang."
Babbis folgte ihr stirnrunzelnd. „Ich verstehe nicht ganz ..." murmelte er.
Die Antikerin seufzte resignierend. „Mrinosh ist alles andere als ein wüster Schläger und Aufschneider, wie wir sie bisher in der Lucian Alliance erlebt haben. Der Mann ist intelligent und versucht, einen anderen Weg zu finden. Ich denke, wir sollten ihm helfen, statt ihm das einzige zu nehmen, was ihn an der Macht hält", erklärte sie. „Er könnte ein Zünglein an der Waage sein, wenn es hart auf hart kommt. Außerdem hat Landry mir den Auftrag gegeben, in Verhandlungen mit Mrinosh zu treten. Sein geheimnisvolles Labyrinth ist selbst auf der Erde nicht ganz unbekannt."
„Und warum sagen Sie uns das nicht? Ich dachte, Sie vertrauen uns!" Eine leise Anklage schwang bei diesen Worten mit.
Vashtu schüttelte unwillig den Kopf und drehte sich wieder um. „Ich habe gesagt, daß ich einen Auftrag des General habe, das sollte genügen, Peter. Ich vertraue Ihnen, und ich vertraue Dorn. Bei Wallace bin ich mir da allerdings nicht so ganz sicher. Und gerade darum habe ich kein Wort verlauten lassen. Sie sind mit Wallace befreundet, und Dorn mißbrauche ich viel zu oft als seinen Babysitter. Gut möglich, daß einem von Ihnen ein falsches Wort herausrutscht."
Babbis hob die Brauen. „Dorn und ein falsches Wort herausrutschen? Vashtu, ich bitte Sie!" Allein die Vorstellung war absurd.
Vashtu trat an die hohe Mauer heran und legte ihre Hand auf eine Stelle, die sich offenkundig in nichts von dem umliegenden Material unterschied. Dennoch aber verschwamm plötzlich die Barriere vor ihnen und ließ einen Durchgang entstehen. „Der Hintereingang", kommentierte die Antikerin. „Damit sollten wir es etwas einfacher haben als Collins und sein Team."
Babbis trat näher und betrachtete das Innere des nun offenen Labyrinths. „Okay, das müßte zu schaffen sein." Er senkte den Kopf und begann auf seinem Bildschirm herumzutasten.
„Können Sie von hieraus wirklich bereits sagen, um was für eine Art Labyrinth es sich handelt?" Vashtu schien nun wirklich überrascht.
„Ein klassischer Irrgarten, vermute ich zumindest. Sehen Sie sich doch die massiven Wände an. In England können Sie diese Art von Labyrinthen sehr häufig sehen. Irgendwo sollte es ein Zentrum geben. Wenn SG-15 klug genug war, sollten wir sie dort finden", antwortete Babbis mit nachdenklicher Stimme.
„Gut, es gibt Abkürzungen für uns. Kommen Sie mit." Vashtu schritt munter auf die nächste Wand zu. Diese rückte ein gutes Stück zur Seite, so daß wiederum ein Durchgang entstand.
Babbis beobachtete das Geschehen mit gerunzelter Stirn. „Wozu brauchten Sie mich bitte nochmal?" fragte er ungehalten.
„Um Collins' Bewegungen nachzuvollziehen. Der Detektor ist hier vollkommen unnütz. Wir sind mitten in einem Energiefeld, und das stört sämtliche Lebensanzeigen." Vashtu stopfte ihren Detektor zurück in ihre Überlebensweste, entsicherte statt dessen ihre P-90 und hielt sie locker in den Händen.
„Denken Sie, wir treffen hier drin auf Widerstand?" Babbis wurde plötzlich unsicher. Nervös sah er über die Schulter zurück.
„Laut Mrinosh ja." Vashtu ging weiter, die nächste Wand öffnete sich vor ihnen, während die hinter ihnen wieder zurück in ihre Ausgangsposition glitt.
„Wie hat Mrinosh denn SG-15 hier herein gebracht?" fragte Babbis.
„Mit einem Antiker-Lift", kam die einsilbige Antwort. „Aber der funktioniert nur in eine Richtung."
„Oh!" Babbis folgte der Antikerin dicht auf, während diese immer tiefer in das Labyrinth eindrang. Die Querwände, die sie eigentlich in die Irre führen sollten, glitten vor ihnen auseinander, so daß sie sehr schnell vorankamen.
„Liegt das wieder an Ihrem Gen?" erkundigte Babbis sich nach einer Weile.
„Zum Teil." Aufmerksam sah Vashtu sich immer wieder um. „Aber am wahrscheinlichsten ist es, daß ich Zugang zu dieser Abkürzung habe, weil wir diesen Weg gehen und durch die Wartung in die Anlage eingedrungen sind. Hätte ich mich mittels Lift in die Mitte des Labyrinths beamen lassen, sähe das wahrscheinlich anders aus."
Der junge Wissenschaftler nickte nachdenklich.
Eine neue Wand glitt zur Seite, und sie betraten einen mehreckigen Platz, in dessen Mitte sich ein großer Obelisk befand.
Vashtu musterte diesen sehr aufmerksam. „Der Lift", murmelte sie schließlich und sah sich um. Zwei Ausgänge führten wieder in das Labyrinth hinein. „Dann versuchen Sie mal Ihr Glück, Peter. Welcher Gang?"
Babbis sah sich unschlüssig um, zuckte schließlich mit den Schultern. „Die Wahrscheinlichkeit ist 50/50, daß ich mich irre. Sie kennen Collins doch. Hat er eine Vorliebe für eine bestimmte Himmelsrichtung oder Seite?"
„Keine Ahnung, wir hatten nur zwei Einsätze zusammen." Vashtu mißbrauchte ihre Waffe als Armstütze und sah sich aufmerksam um.
„Und trotzdem sind Sie beide so wenig aufeinander zu sprechen?" Babbis staunte.
„Zwei Einsätze reichen mir für den Rest meines Lebens, glauben Sie mir." Vashtu trat an den rechten der beiden Durchgänge heran und lugte mit langem Hals hinaus.
„Wir sollten uns auf jeden Fall nicht trennen, oder was meinen Sie?"
„Wir trennen uns nicht. Ich brauche Sie." Vashtu zog sich von ihrem Spähposten wieder zurück und trat zu dem jungen Wissenschaftler. „Dann lassen Sie mal Ihre Begabungen spielen, Peter. Welche Richtung?"
Unschlüssig blickte Babbis sich um, zuckte schließlich mit den Schultern und wies auf den linken. „Da vielleicht. Aber, wie gesagt, die Chance ist Fifty-Fifty."
„Ist mir klar." Vashtu trat an ihm vorbei, die P-90 wieder im Anschlag. Sorgfältig sondierte sie nach beiden Seiten, dann glitt sie in den nächsten Gang, Babbis dicht hinter sich wissend.
„Nehmen wir jetzt keine Abkürzungen mehr?" erkundigte der sich.
„Nicht solange wir nicht wissen, wohin Collins uns seine Leute gegangen sind." Vashtu hielt sich die Waffe an die Wange und sicherte aufmerksam um die Ecke, dann hob sie den Kopf und nickte zu einem weiteren Durchgang. „Den?"
Babbis steckte endlich sein Palmtop weg. Hier würde ihm das nicht sehr viel nutzen. „Möglich."
Vashtu verzog unwillig das Gesicht, hob die P-90 wieder an die Wange und sicherte. „Nichts." Sie hob den Kopf und drehte sich um. Stirnrunzelnd betrachtete sie ihren Begleiter. „Sagen Sie, sollte nicht zumindest einer in SG-15 genug Verstand haben, um den Weg, den sie genommen haben, irgendwie zu markieren?"
Etwas hilflos hob Babbis zum dritten Mal die Schultern. „Es wäre eigentlich logisch. Entweder die gegangenen Wege oder die ausgeschiedenen zu markieren. Der sicherste Weg, aus einem Labyrinth herauszufinden."
Vashtu nickte und drehte sich wieder um. In diesem Moment hörten sie beide Schüsse. Und sie kamen von der anderen Seite des Labyrinths.
„Die Abkürzung!" Die Antikerin raste bereits an Babbis vorbei. Die Wand glitt zur Seite. Der schlacksige junge Mann hatte Mühe, ihr zu folgen. Hatte sie wieder ihre Fremdgene aktiviert?
Keuchend hastete er hinter seiner Leaderin her und mußte mehrmals aufpassen, nicht von den wieder an ihre eigentliche Stelle zurückgleitenden Wänden zerquetscht zu werden.
Die Schüsse wurden deutlicher, jetzt mischten sich auch Stimmen mit hinein, wenn man auch die Worte noch nicht verstehen konnte.
„Collins!" rief Vashtu über die Schulter zurück. Dann verlangsamte sie ihre Schritte und hob die Waffe wieder. „Sie sollten besser auch Ihre Automatik rausholen, Peter. Kann sein, daß wir auf Widerstand treffen."
Babbis nickte atemlos und warf der Antikerin einen neidischen Blick zu. Sie war nicht einmal außer Atem!
Die nächste Wand glitt zur Seite. Seite an Seite traten die beiden Mitglieder von SG-27 hindurch und gaben sich gegenseitig Feuerschutz. Doch der Gang war in beide Richtungen frei.
Die Stimmen wurden deutlicher, einzelne Worte waren inzwischen zu verstehen.
„Okay, im nächsten oder übernächsten Gang müßten wir auf sie treffen", hörte Babbis die Antikerin murmeln und nickte.
Wieder entstand ein Durchgang, wieder traten sie Rücken an Rücken hindurch, und wieder war da nichts. Dafür hörten sie ein eigenartiges hohes Brüllen, das nicht weit entfernt zu sein schien. Die Stimmen waren inzwischen sehr deutlich zu verstehen.
„Der nächste Gang!" Beide sahen sich an und nickten gleichzeitig. Dann traten sie, Seite an Seite vor.
Die Wand glitt zur Seite und gab einen Durchgang frei. Querschläger peitschten ihnen entgegen.
„Runter!"
Der Befehl war überflüssig. Babbis ließ sich so schnell wie möglich auf die Knie nieder und robbte vorwärts, Vashtu hinterher. Die Antikerin rollte sich in den nächsten Gang hinein, hob die Waffe an die Wange und begann zu schießen, das alles in einer einzigen fließenden Bewegung, viel zu schnell, als daß sie alle Informationen hätte bereits verarbeiten können.
Babbis warf sich nach vorn, kam neben ihr zu liegen und robbte in die richtige Position. Dann hob auch er die Waffe.
Was da zwischen ihnen und SG-15 im Gang stand, von den Kugeln hin- und hergeworfen wurde, war ein Alptraumwesen, wie er es noch nie zuvor gesehen hatte. Es hatte eindeutig zuviele Gliedmaßen und einen eigenartigen Auswuchs am Unterleib. Schlohweißes, ungepflegtes Haar fiel ihm in ein Gesicht, daß nur ansatzweise menschlich wirkte und vor allem von blitzenden Facettenaugen beherrscht wurde.
„Scheiße! Was ist das?" keuchte Babbis entsetzt.
Vashtus Gesicht war unbeweglich. Langsam richtete sie sich auf, stützte die P-90 mit einem Knie und drückte den Knopf, um auf Einzelfeuer zu gehen. Dann kam sie ganz auf die Beine und hetzte los.
„Nicht mehr schießen!" brüllte Babbis entsetzt los, als er sah, wie die Antikerin direkt in die Schußlinie von SG-15 rannte. Die P-90 in ihrer Hand spuckte einzelne Patronen aus, die dem merkwürdigen Wesen offenbar inzwischen doch zuzusetzen vermochten. Babbis begriff, daß sie einfach zu weit entfernt gewesen waren. Das Wesen mußte über eine äußere Panzerung verfügen. Eine Panzerung, die es fast unverwundbar machte, es sei denn, man kam ihm gefährlich nahe.
Mit einem letzten Schrei sank das Wesen endlich gegen die Wand. Vashtu jagte ihm noch mehrere Patronen in den Kopf, achtete nicht darauf, daß sie von der gelben, schleimigen Körperflüssigkeit des Monsters besudelt wurde. Erst als sie wirklich davon überzeugt war, das es tot war, hob sie die Waffe und sicherte sie, den Blick noch immer starr auf das Etwas vor ihren Füßen gerichtet.
Nicht ganz genau, aber eine ähnliche Darstellung hatte sie bereits einmal gesehen, wenn auch nur als schwaches Hologramm unter der Decke einer Eishöhle. Nur wie es hierher kam, weit entfernt von der geheimen Stadt ihres Volkes, wie es so lange hatte überleben können und immer noch aktiv genug war, für andere eine Gefahr zu werden, das wußte sie nicht.
Sie starrte weiter auf das Wesen hinunter, die Lippen fest aufeinander gepreßt.
„Was war das?" hörte sie schließlich Babbis' atemlose Stimme an ihrer Seite, wandte sich ab, den Kopf weiter gesenkt haltend.
„Ein Devi", antwortete sie, dann sah sie auf und musterte das reichlich angeschlagene SG-15. Die Männer starrten sie nur groß an.
„Major Collins, das SGC schickt SG-27, um Sie zu retten, Sir", sagte sie mit emotionsloser Stimme.

***

„SG-27, gute Arbeit." Landry nickte den vier unterschiedlichen Personen aufmunternd zu. „Vor allem der Kontakt zu der Lucian Alliance, hervorragend gelöst, Miss Uruhk. Ich hoffe, in Zukunft mehr solche positiven Dinge von Ihnen weitergeben zu können."
Die Antikerin lehnte an der Wand, nickte mit überkreuzten Armen, die Stirn aber blieb weiter gerunzelt und ihr Blick war nachdenklich.
„Auch an Sie beide, Dr. Wallace und Dr. Babbis, mein besonderes Lob für Ihre Leistungen. Ihre Leaderin hat Sie beide in ihrem Bericht als sehr gut bewertet. Sergeant Dorn, Ihre Zusammenarbeit mit Dr. Babbis wird ebenso erwähnt. Sie haben in einer schwierigen Situation die Nerven behalten." Landry blickte auf und lächelte. Dann aber, als sein Blick auf die andere Seite des Tisches fiel, verfinsterte sich sein Gesichtsausdruck.
„Major Collins, Ihnen und Ihrem Team muß ich leider einigen Tadel erteilen. Wie konnten Sie es überhaupt soweit kommen lassen? Und warum haben Sie sich selbst und Dr. Harper nicht durch das Wurmloch zurückgeschickt, ehe die Lage endgültig eskalierte. Hier hätten wir wesentlich besser mit Ihnen zusammenarbeiten und einen Notfallplan erstellen können. Keine sonderlich guten Aussichten, meine Herren."
SG-15 ließ gemeinsam die Köpfe hängen.
Landry lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. „Und wenn mir noch einmal ein Ausspruch wie der, Sie müßten hinter irgendeinem der anderen Teams herräumen, zu Ohren kommt, Major, finden Sie sich sehr schnell in AREA 51 wieder. Haben Sie das verstanden? Bis jetzt ist es zweimal SG-27 gewesen, das Ihr Chaos hat beseitigen müssen, nicht umgekehrt."
„Aber ..." Collins schloß unvermittelt den Mund und starrte die Antikerin an. Dann schnaubte er und lehnte sich zurück.
„Kein Aber, Major. Sie können auch sehr schnell wieder zum Captain werden, verstanden? Ihre Äußerung war unkollegial und inkorrekt. Ich hoffe, Sie werden sich das für die Zukunft merken." Landry schloß die Akte. „Sie können gehen."
Leise murmelnd erhoben sich beide Teams und verließen den Besprechungsraum, alle, bis auf die Antikerin und Landry.
„Sir?" fragte Vashtu leise und blickte endlich auf. „Wie kann es sein, daß ein Devi in dieser Galaxis ist und wir wußten nichts davon?"
Landry sah sie einen Moment lang nachdenklich an, dann bot er ihr wieder einen Sitzplatz an. Diesmal ließ sie sich auch tatsächlich nieder und blickte ihn hilfesuchend an.
„Ich weiß es wirklich nicht, Miss Uruhk", antwortete Landry im ruhigen Tonfall. „Aber Ihre Reaktion war richtig und schnell. Schade, daß dieser Mrinosh uns den Leichnam nicht zur Verfügung stellen will. Ich bin sicher, wir hätten vielleicht eine Antwort gefunden. Diese ... diese Devi sind auf jeden Fall das erste Mal in der Milchstraße aufgetaucht, das können Sie mir glauben. Bis jetzt ist uns keines dieser Wesen bekannt gewesen, und wenn Sie es nicht als solches identifiziert hätten, wüßten wir auch jetzt nicht, um was es sich gehandelt hat."
Vashtu senkte betreten den Kopf wieder und nickte mutlos.
Landry beugte sich vor und sah sie an. „Machen Sie sich keine Sorgen, Miss Uruhk", sagte er mit leiser Stimme. „Jetzt geht es um etwas anderes. Und genau darauf sollten Sie sich konzentrieren."
Verwirrt blickte sie ihn unter ihren Ponyfransen wieder an. „Was meinen Sie?"
Landry lächelte unsicher. „Die Entscheidung war schon längst fällig nach Ihrem Können mit dem Kontrollstuhl. Aber ... in der Internationalen Kommission wurde entschieden, daß Sie von jetzt an als Geheimnisträgerin einzustufen sind und die ganze Wahrheit über die Ori erfahren sollen. In Zukunft wird SG-27 etwas enger mit SG-1 zusammenarbeiten." Er hob die Hand, als die Antikerin zu reden beginnen wollte. „Ich weiß, Sie haben Ihre kleinen Differenzen mit dem einen oder anderen Mitglied dieses Teams. Dennoch werden Sie zukünftig enger mit ihnen zusammenarbeiten. Und zwar, weil wir auch Ihr Wissen brauchen, Miss Uruhk. Dr. Jackson weiß zwar viel über Ihre Rasse, aber bei weitem nicht soviel wie Sie selbst. Die Ori, Miss Uruhk, wollen in die Milchstraße - und sie werden kommen, das ist sicher. Aber sie wollen nicht nur neue Gläubige gewinnen. Sie wollen die Antiker vernichten, und damit auch Sie."
Vashtu starrte den General wortlos an. Dann holte sie einige Male tief Luft und nickte stumm.

ENDE