27.02.2010

Möge der Bessere gewinnen IV

Vashtu schlich sich von hinten an die gelandeten Jäger heran und sprang vorsichtig auf die Tragfläche des ersten.
Sie wollte verhindern, daß die verbliebenen Männer von Mitchell sie weiter jagen konnten. Also mußte sie die Maschinen außer Gefecht setzen. Das allerdings war nicht so einfach, wenn sie an den Wächter dachte, der unregelmäßig die Reihe der Jäger abschritt.
Sie hatte gewartet, bis er am anderen Ende fast im Wald verschwunden war, ehe sie sich hergeschlichen hatte. Sie war klein genug, daß man sie nicht sah, wenn sie an den Rechnern der F-302 arbeitete, wie sie es vorhatte, um sie außer Gefecht zu setzen. Aber erst einmal mußte sie ins Cockpit gelangen.
Vorsichtig lugte sie um die Kanzel herum, ehe sie sie öffnete und hineinglitt. Sofort zog sie sie wieder zu, griff sich ihre Taschenlampe und den Schraubendreher und begann mit ihrer Arbeit, sich tief in den Fußraum drückend.

***

Mitchell wartete. Und dieses Warten wurde ihm allmählich ziemlich lang.
Hatte die Antikerin nicht gesagt, sie würde bald kommen? Das mußte vor mehr als einer Stunde gewesen sein. So lange konnte sie doch wohl nicht aufgehalten worden sein, oder?
Wenn sie von einer Zat getroffen worden war, konnte sie durchaus so lange weggetreten sein, sehr wahrscheinlich sogar wesentlich länger.
Mitchell schluckte und sah sich sehr aufmerksam in der Kanzel um. Irgendwie schienen ihm die Wände plötzlich entgegenzukommen.

***

Vashtu huschte zum nächsten Jäger, sprang auf die Tragfläche und machte sich an die Arbeit. Sie trennte vorsichtig die Kabelverbindungen, so daß das Fluggerät nicht mehr würde fliegen können. Man würde nicht einmal die Triebwerke einschalten können.
Vorsichtig löste sie die letzte Verbindung und seufzte.
Das war's. Den letzten Jäger, wenn sie sich nicht sehr irrte, war es tatsächlich der des Colonel, brauchte sie selbst. Jetzt hieß es nur noch, die Wache auszuschalten.
Sie stopfte Taschenlampe und Schraubendreher zurück in ihre Taschen und harkte statt dessen die Zat aus. Dann glitt sie vorsichtig hoch auf den Pilotensitz und sah sich um. Ein kurzer, sichernder Blick auf ihren Detektor, dann kletterte sie wieder aus der Kanzel heraus, schloß sie leise hinter sich und sprang hinten von der Tragfläche. Sich unter der Maschine entlangduckend huschte sie nach vorn, verschanzte sich so gut es ging hinter dem Fahrwerk und wartete.
Wie der Detektor ihr verraten hatte, brauchte sie nicht lange zu warten. Bald marschierten Beine auf sie zu, Beine, die in der Fliegerkombination der Air Force steckten, an den Füßen Militärstiefel.
Vashtu entsicherte die Zat, beugte sich langsam vor.
Miller, sie hatte ihn kurz kennengelernt nach ihrer Landung auf dem Delta-Stützpunkt, behielt den Wald im Auge, achtete gar nicht auf das, was sich hinter seinem Rücken abspielen mochte.
Vashtu grinste, pfiff dann kurz durch die Zähne, zielte sorgfältig und schoß, als der Soldat sich zu ihr umdrehte.
Grinsend kam sie unter der Maschine hervor und sah auf den Bewußtlosen hinunter, dann wandte sie sich ab und joggte zu der letzten Maschine in der Reihe.

***

Mitchell staunte nicht schlecht, als sich plötzlich die Kanzel öffnete und die Antikerin breit grinsend auf ihn hinuntersah. „Die Mitfluggelegenheit ist da."
Der Colonel nickte düster. „Schön, daß Sie doch noch an mich gedacht haben, Miss Uruhk. Ich glaubte schon, Sie hätten mich vergessen."
„Ich doch nicht, Sir." Sie beugte sich über ihn, verharrte dann aber in dieser Position. Ihre dunklen Augen bohrten sich in seine. „Ich kann Sie doch losmachen, oder? Sie werden jetzt nicht wieder anfangen mit diesem Unsinn?"
Mitchell erwiderte diesen Blick, dann nickte er. „Für mich ist die Jagd vorbei. Sind alle meine Männer ausgeschaltet?"
„Zwei wandern noch ziellos durch den Wald." Sie verschwand fast hinter ihm. Mitchell fühlte, wie ein Ruck durch die Stricke ging, als sie die Knoten löste. Wie welkes Laub fielen die Fesseln von ihm ab.
Woher hatte sie denn das nur wieder?
Vashtu richtete sich wieder auf, während er sich die Reste der Stricke vom Körper schüttelte. „Was dann wohl bedeuten dürfte, Sie haben auch die zweite Wette verloren, Cameron." Wieder stützte sie ihr Kinn auf die Arme, die auf der Umrahmung lagen.
Mitchell fiel der blutige Verband an ihrem linken Arm auf. Sofort kam ihm eine Idee.
„Ich freue mich schon darauf, herauszufinden, was es mit diesem Kleinen Schwarzen wohl auf sich hat", fuhr sie fort. Wie sie ihn frohlockend ansah, glich sie wieder einem kleinen Mädchen.
Mitchell fragte sich wirklich, wieviele Männer sie wohl schon mit ihrer Art um den kleinen Finger gewickelt hatte, seit sie auf der Erde war. Diese Mischung aus unschuldigem Mädchen und mörderischem Vamp mußte doch auf viele sehr anziehend wirken.
„Das Kleine Schwarze, ah ja." Er rieb sich die Handgelenke und runzelte die Stirn. „Sie wissen nicht, was ein Kleines Schwarzes ist?" Wieder sah er sie an.
Sie schüttelte den Kopf und kam mit einem Ruck wieder auf die Beine. Lange, schlanke Beine, von denen man, abgesehen von der Länge, recht wenig sah in ihren weiten Armeehosen. Zusammen mit den anderen, weiblichen Rundungen, nun gut, über die Brüste konnte man sich streiten, war sie schon beeindruckend. Das kurze, strubbelige Haar paßte zu ihrer Art von Humor und erinnerte ihn dunkel an jemanden. Aber es wollte sich kein klares Bild ergeben.
„Kommen Sie? Dann sind wir noch pünktlich zum Abendessen wieder im Stützpunkt."
Mitchell warf einen Blick zum Himmel. Abendröte stieg am Horizont herauf. Wenn er bedachte, daß die Tage auf diesem Planeten länger waren als auf der Erde ... Sie hatte beeindruckend wenig Zeit verschwendet.
Wieder fiel sein Blick auf den Verband um ihren linken Oberarm. Dann streckte er ihr eine Hand entgegen. „Können Sie mir kurz helfen? Meine Beine sind eingeschlafen."
Vashtu neigte fragend den Kopf zur Seite, trat dann aber näher und streckte ihm die Hand entgegen.
Blitzschnell packte er zu und zog sie zu sich hinunter. Mit der flachen Hand schlug er kurz gegen den Verband, um sie noch etwas zu schwächen. Dann aber fühlte er plötzlich einen Ruck durch seinen Arm gehen. Im nächsten Moment wurde er aus dem Sitz gerissen und durch die Luft geschleudert. Krachend landete er auf einer Tragfläche und schlug sich den Hinterkopf an.
„Sie haben mir Ihr Wort gegeben, Lt. Colonel Mitchell!"
Als er hochblickte sah er ein kaltes Funkeln in ihren Augen.

***

O'Neill beobachtete mit überkreuzten Armen, wie die F-302 landete. Eine der Raketen fehlte. Die Erklärung dürfte ihm das letzte Team der Fox-Einheit geben, das gerade aus dem Wald geholt wurde.
„Nicht schlecht. Ein feindliches Schiff erobern und damit zurückkehren zum Stützpunkt." Baxter klang jetzt doch etwas beeindruckt.
O'Neill nickte nachdenklich, während die Kanzel geöffnet wurde. Sollte Tim doch ... ?
Jedoch ein Blick auf den Marine-General beruhigte ihn wieder. Nein, Baxter hegte offenbar keine weiterführenden Absichten der Antikerin gegenüber. Er war im Moment wirklich beeindruckt durch ihre Art zu kämpfen, doch diese Bewunderung ging nicht soweit, wie O'Neill befürchtet hatte. Kam jetzt nicht noch die Infantrie mit irgendetwas, hatte er endlich, was er schon seit mehr als drei Jahren gewollt hatte: einen Nachfolger, respektive eine Nachfolgerin.
Wieder glitt sein Blick hinüber zu der F-302.
Was konnte diese Frau noch leisten? Ihre sonstigen Tests wiesen nur allzu deutlich auf ein Allgemeinwissen hin, das für heutige Verhältnisse ... Nun, in den jeweiligen Gebieten konnte sie es wohl mit den jeweiligen Fachidioten aufnehmen. Und sie schien eine Begabung für Technik zu haben. Wie Landry ihm mitgeteilt hatte, bastelte sie gern an irgendwelchen irdischen Maschinen herum, baute sie um oder nahm sie nur zum Spaß auseinander. Er wagte sich gar nicht vorzustellen, was sie wohl den Jägern angetan hatte, die sie im Wald hatte zurücklassen müssen.
Und ihr Besuch auf Antarktica war ebenfalls unvergessen. Niemand hatte so einfach Zugriff auf Dinge, die sie noch nicht einmal geahnt hatten. Sie konnte nicht nur mit dem Stuhl umgehen, sie tat es einfach und überraschte damit jeden.
Eine schlanke Gestalt mit kurzen Haaren stieg aus der Maschine, beugte sich über den Copilotensitz und zog eine zweite aus der F-302.
O'Neill seufzte, wußte selbst nicht, ob er jetzt erleichtert oder amüsiert war. Sie hatte tatsächlich die ganze Zeit über Mitchell als Gefangenen gehabt. Allerdings glaubte er nicht, daß sie ihn mit sich geschleppt hatte. Irgendwo würde sie ihn versteckt haben, vielleicht ließ sie ihm sogar Informationen zukommen während sie sein restliches Team ausschaltete.
„Gehen wir", sagte er zu dem Rest des Generalstabs und trat vor.
Vashtu sprang gerade von der Tragfläche, als sie ankamen. Vorher hatte sie Mitchell geholfen, der, mit seinen auf dem Rücken gefesselten Händen, nicht wirklich fähig gewesen war, allein aus der engen Kanzel zu klettern.
„Miss Uruhk, ich bin froh, Sie zu sehen", begrüßte O'Neill die Antikerin.
Vashtu richtete sich wieder auf, lächelte ihn an und nickte. „Sirs." Unwillig stieß sie Mitchell in die Seite.
Der stöhnte kurz, dann richtete er sich auf und grinste schuldbewußt. „General O'Neill, Sirs."
Der Colonel schien etwas benommen zu sein. Ein Veilchen zierte sein linkes Auge. Und kurz warf er der neben ihm stehenden, kleineren Antikerin einen rachsüchtigen Blick zu.
O'Neill runzelte die Stirn. „Ging alles ... glatt, Miss Uruhk?"
Vashtu bedachte Mitchell mit einem scheelen Blick. „Sir, Lt. Colonel Mitchell griff mich an, als ich ihn abholen wollte. Daher sah ich mich gezwungen ... Nun, Sir, ich habe mich verteidigt."
O'Neill nickte befließentlich. „Hatten Sie sich ergeben, Colonel?"
Mitchell sah ihn irritiert an. „Ja, Sir. Aber dann sah ich eine Chance, das Heft doch noch zu wenden."
Gegen die Antikerin?
O'Neill nickte seufzend. „Miss Uruhk", wandte er sich an sie, „Sie sollten niemals das Fluggerät eines Piloten beleidigen, das nimmt er Ihnen dann ziemlich krumm."
Vashtu blinzelte, dann schoben sich ihre Brauen zusammen, nachdem Mitchell ihr einen triumphierenden Blick zugeworfen hatte. „Der Lt. Colonel hat ebenfalls die Puddlejumper beleidigt", entgegnete sie und kreuzte demonstrativ die Arme vor der Brust.
„Ah ja." O'Neill grinste hinter vorgehaltener Hand, räusperte sich dann. „Nun, dann ... Gehen wir rein. Sie werden hungrig sein und sich ausruhen wollen."
Das zwischen den beiden konnte ja noch heiter werden! Vielleicht sollte er Landry vorwarnen, SG-1 und SG-27 in den nächsten Wochen ja nicht zusammenarbeiten zu lassen. Die Blicke, die die beiden sich zuwarfen, sprachen Bände! Da begann gerade eine Feindschaft zu wachsen.
Irgendwie schade, wie er fand. Mitchell war immerhin auch seine Wahl gewesen, er hatte ihn protegiert, wie er es auch mit Vashtu tun wollte und teils bereits getan hatte. Aber er konnte eben nicht alles haben.
Zwei Piloten, die sich gegenseitig tödlich beleidigten wegen ihrer jeweiligen Fluggeräte ... O'Neill seufzte. Ja, das kannte er noch mehr als gut aus eigener Erfahrung. Aber, immerhin, einen Sieg hatte er am heutigen Tag errungen: Vashtu Uruhk würde zur Air Force kommen. Sämtliche möglichen Interessen anderer Waffengattungen hatte er wohl erfolgreich abgeschmettert.
„Eine Dusche wäre nicht schlecht, Sir", sagte die Antikerin jetzt und strich sich mit einer Hand durch ihr kurzes, verstrubbeltes Haar.
O'Neill nickte, während er sie betrachtete. „Ja, das schadet nie ..."

***

Eine Woche später

Irritierte Blicke trafen das ungleiche Paar, als sie das Lokal betraten. Das eine oder andere Grinsen wurde rasch durch das Heben eines Glases oder Flasche verdeckt.
Lt. Colonel Cameron Mitchell hatte sich wirklich etwas anderes vorgestellt unter einem romantischen Abendessen. Aber da er die Wette verloren hatte, mußte er nun einmal mit der Wahl der Antikerin leben. Und sie hatte sowohl darauf bestanden, daß sie hier aßen, wie auch darauf, daß er ... nun, ganz offensichtlich war er mit Frack und Krawatte etwas overdressed.
„Nabend, Vash", begrüßte der Barkeeper die Frau an seiner Seite. „Das übliche?"
Die Antikerin grüßte winkend. „Hey, Floyd! Ist mein Tisch frei?"
Der Barkeeper namens Floyd nickte nur.
Mitchell machte gute Miene zum bösen Spiel und folgte der Antikerin zu einem runden Tisch. Im Hintergrund jodelte irgendein Countrysänger.
Vashtu schlüpfte aus ihrer ledernen Pilotenjacke und hängte sie über die Lehne des einfachen Holzstuhles. Sofort war Mitchell hinter ihr und schob ihr die Sitzgelegenheit zurecht. Nach einem fragenden Blick ließ sie sich schließlich stirnrunzelnd nieder. Dann suchte auch der Colonel sich einen Platz, ihr gegenüber.
„Mußte es ausgerechnet hier sein?" fragte er, steckte sich den Finger zwischen Kragen und Hemd, als würde die Krawatte ihn erwürgen.
„Ist mein Stammlokal. Sie machen gute Steaks." Vashtu lehnte sich zurück und grinste breit. „Das ist also ein Kleines Schwarzes?"
Mitchell sah an sich hinunter. Irgendwie fühlte er sich, als wolle er gleich die Oper besuchen in seiner Kleidung. Aber er hatte sich schon weit aus dem Fenster gelehnt mit diesem Outfit. Ihm zugute kam nur, daß sie offensichtlich keine Ahnung hatte, was er meinte bei ihrem Gespräch im Puddlejumper.
Floyd kam heran und stellte zwei Flaschen Bier vor sie hin. „Was besonderes heute abend?" erkundigte er sich mit einem amüsierten Blick auf den verkleideten Militär.
„Sag Mary-Sue, Sie soll die dicksten und größten Steaks aus dem Kühlschrank holen", bestellte Vashtu lächelnd. „Ich bin heute eingeladen."
Floyd nickte. „Geht klar. Zweimal Spezial."
Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Mitchell zu. „Ist es jetzt also das Kleine Schwarze?"
„Äh, ja." Er nickte und sah Floyd nach. „Sozusagen das Kleine Schwarze für den Mann."
Sie rutschte noch ein bißchen weiter in den Stuhl hinein, die Arme vor der Brust gekreuzt.
Mitchell faltete die Hände vor sich auf dem Tisch und musterte sie. „Ab nächstem Monat werden sich einige Dinge dann wohl ändern, wie?"
Die Antikerin hob die Brauen. „Bitte?"
Mitchell grinste überlegen. „Dann bin ich ein höherrangiger Offizier und Sie haben meinen Befehlen zu folgen."
„Was wir noch sehen werden", kommentierte sie. „Sie leiten SG-1, ich SG-27. Wir sehen uns nicht allzu oft, Cameron."
„Es sei denn, ich komme des öfteren in die Turnhalle."
Sie schürzte die Lippen, ihr Blick glitt ab. Dann schüttelte sie den Kopf. „Da bin ich außer Dienst", entgegnete sie.
„Und wenn ich die Hilfe von SG-27 anfordere?"
„Warum sollten Sie das tun?" Sie hob fragend die Brauen.
„Vielleicht ..."
In diesem Moment öffnete sich die Tür wieder. Mitchell konnte beobachten, wie das Gesicht der Antikerin kurz erstarrte, dann drehte sie sich um. Ein spitzbübisches Lächeln glitt auf ihre Lippen. „Na, wer kommt denn da?"
Mitchell drehte sich jetzt ebenfalls um und stutzte, als er die drei ungleichen Gestalten auf sie zukommen sah - den Rest von SG-27.
Vashtu setzte sich wieder auf und winkte ihre drei Männer an den Tisch. „Was macht ihr denn hier?" begrüßte sie sie.
Dorn, der alternde Sergeant, warf Mitchell einen spöttischen Blick zu, reichte seiner Leaderin dann die Hand. „Wir wollten die Rückkehr in den aktiven Dienst feiern, Mam."
„Dann setzt euch. Los, an den Tisch." Die Antikerin hob einen Arm und sah Richtung Tresen. „Floyd, noch drei Bier!" Dann wieder in die Runde. „Wollt ihr auch was essen? Der Colonel zahlt. Oder, Cameron?"
Mitchell sah sie mit versteinerter Miene an, nickte dann aber widerstrebend.
Warum wurde er das Gefühl nicht los, daß sie das genau so geplant hatte? Und daß es ihn nicht wundern würde ...
Wieder öffnete sich die Tür. Cameron Mitchell mußte gar nicht hinsehen, die Stimme, die gerade sprach, hätte er wohl überall wiedererkannt. Immer noch fixierte er die Antikerin, die nun auch sein Team an ihren Tisch winkte und noch zusätzliche Getränke bestellte.
Das würde sie ihm noch büßen, das schwor er sich!

26.02.2010

Möge der Bessere gewinnen III

„Warum kommt jetzt nichts mehr von ihnen?" fragte Woolsey nervös.
„Abwarten." O'Neill lehnte sich entspannt zurück.
„Aber ..."
„Abwarten", wiederholte der General. „Sie müssen sich erst einmal einrichten und die Lage sondieren. Dann geht der Kampf weiter."
„Ob sie tatsächlich gegen acht gestandene Männer bestehen kann?" Woolsey sah sich zweifelnd in der Runde um.
O'Neill preßte nachdenklich die Lippen aufeinander, um ein Grinsen zu unterdrücken. Schweigend nickte er. „Da bin ich mir sogar ziemlich sicher." Er sah wieder den Zivilisten an. „Ich frage mich nur, warum sie es so auf Mitchell abgesehen hat. Da scheint irgendetwas zwischen ihnen vorgefallen zu sein vor dem Manöver."

***

Vashtu prüfte noch einmal das Garn auf seine Reißfestigkeit. Immerhin schien es ausreichend zu sein. Alles weitere würde sich ergeben. Dann rollte sie die kleine Rolle ab und brachte die Stolperfalle an. Zufrieden betrachtete sie ihr Werk und schmunzelte.
Jetzt mußte sie nur noch Mitchell herlocken. Was danach kam ... Nun, das kam eben danach. Auf jeden Fall hatte sie alles vorbereitet und er würde sich wahrscheinlich schwarz ärgern. Aber wenn man sie reizte, mußte man eben damit leben, was sie tun würde. Und Mitchell hatte sie mehr als nur gereizt mit seiner Art.
Sie huschte in die Büsche zurück und zog den Detektor wieder aus der Brusttasche.
Gut, die acht Punkte hatten sich weit aufgefächert, so wie sie es schon vorher beobachtet hatte. Und ihre kleine Falle lag an Mitchells Weg. Jetzt mußte sie ihn nur noch aufmerksam machen und hoffen, daß sie ihn inzwischen auch genug gereizt hatte. Dann konnte sie ihn schön einsammeln und sich an seinem Vorrat bedienen. Und sie hätte ein Funkgerät, mit dem sie den Rest der Truppe belauschen konnte.

***

Mitchell hatte sich wieder soweit im Griff, daß er zumindest auf die Suche nach seiner Beute gehen konnte, ohne befürchten zu müssen, sie würde ihn frühzeitig entdecken. Vorsichtig schlich er durch den dichten Wald und sicherte nach allen Seiten.
Ihm schien es der beste Weg zu sein, seine verbliebenen Männer aufzufächern und sie auf diese Weise einzukreisen, auch wenn es nicht der übliche Weg war, den er beschritt. Aber eine besondere Gegnerin erforderte besondere Maßnahmen. Sicher war sicher. Und nachdem er sich an Sheppards Bericht erinnert hatte, war ihm klar geworden, daß er seine Männer vielleicht in ein offenes Messer würde laufen lassen, hätte er sie in Gruppen eingeteilt. Also sollte jeder für sich allein sehen, ob es ihm nicht gelang, die Antikerin aufzuscheuchen. Denn er war sich ziemlich sicher, daß sie den Wald, und damit die Deckung, nicht verlassen würde, solange sie acht Männer gegen sich hatte. Selbst wenn ihre Aufgabe von jetzt an bedeutete, sich zum Kommandoposten zurückzuschlagen. Das wäre selbst ihm zu heiß!
Ein Energieblitz schlug in einen der Bäume an seiner Seite ein. Fluchend fuhr er herum und konnte einen davonhuschenden Schatten ausmachen.
Vashtu Uruhk!
Mitchell knurrte einen Fluch. „Ich schätze, ich habe sie gefunden", meldete er seinen Männern über Funk, jagte ihr dabei bereits nach durch dichtes Strauchwerk. Noch immer war da ein dunkler Schatten irgendwo vor ihm, doch dann verschwand er abrupt.
Mitchell stolperte über eine Wurzel, fing sich wieder.
Na warte!
Er hastete weiter, immer noch in Richtung des Schattens. Da stolperte er wieder, versuchte sich mit dem anderen Fuß zu fangen. Doch das Bein wurde ihm unter dem Körper weggerissen und die Welt stellte sich urplötzlich auf den Kopf. Mit aller Kraft umklammerte er immer noch die P-90, die er als Hauptwaffe trug.
Verdammt, er war tatsächlich in eine Falle gelaufen!
„Hallo, Lt. Colonel", begrüßte ihn eine kühle, dunkle Frauenstimme, dann tauchte sie in seinem Blickfeld auf, während er herumschwang. Die Zat in ihrer Hand leuchtete auf.

***

„Der Colonel ist verschwunden, Sir", meldete Jennings' aufgeregte Stimme.
O'Neill hob den Kopf. Hatte er es sich doch gedacht. Er schmunzelte.
Nun ja, sollten die beiden es unter sich austragen, was auch immer da vorgefallen war.
„Irgendetwas zu sehen?" fragte Taylor.
„Naja, er scheint noch zu leben. Seine Anzeigen sind jedenfalls normal." Hamill zuckte etwas ratlos mit den Schultern.
„Sieht aus, als habe sie eine Stolperfalle gebaut, Sir", meldete sich Jennings wieder. „Hier ist überall Bindfaden."
O'Neill wandte sich schmunzelnd ab und biß sich auf die Lippen.
Das also hatte Mitchell angerichtet. Allmählich klärte sich das Bild für ihn. Die alte Rambo-Masche. Da war er bei der Antikerin an die richtige Adresse geraten.
Reaves drehte sich zu ihm herum. „Diese Frau scheint wirklich über außergewöhnliche Qualitäten zu verfügen. Schade, daß Sie sie für Ihr Programm haben wollen. Ich könnte inzwischen fast den Eindruck gewinnen, bei den Seals käme sie sehr gut zurecht."
Das Gefühl allerdings hatte O'Neill auch.
Aber er war zuerst gekommen. Dieses Mal würde man ihm nicht wieder seinen persönlichen Günstling vor der Nase wegschnappen. Bei Sheppard war er zu nachgiebig gewesen und hatte Weir selbst auf ihn aufmerksam gemacht. Das würde ihm dieses Mal nicht wieder passieren! Die Antikerin war, gut, unter anderem, seine Entdeckung, und dieses Mal würde er sie mit Klauen und Zähnen verteidigen! Sie würde ihm nicht wieder durch die Lappen gehen, das hatte er sich schon vor einer Weile geschworen und sich deshalb dermaßen für sie eingesetzt. Und bisher hatte sie seine Erwartungen erfüllt, gut, vielleicht nicht immer, aber ihr war es sogar gelungen, diese kleine Nervensäge Babbis halbwegs zu zähmen, und selbst die wandelnde Katastrophe Wallace löste nicht jede Sekunde auf fremden Planeten einen neuen Krieg aus - ganz zu schweigen von ihrem beachtlichen Können mit dem Kontrollstuhl und mit diversen Fluggeräten. Nein, nein, dieses Mal war er schlauer und würde jedem auf die Finger hauen, der seine Hand auch nur in ihre Richtung ausstreckte - vielleicht einmal abgesehen von Sheppard selbst ...
„Miss Uruhk ist für die Verteidigung des Planeten wichtig. Sie ist die einzige, die wirklich und ohne große Anstrengung mit dem Kontrollstuhl auf Antarktica umzugehen weiß. Ich kann sie nicht einfach in Krisengebiete schicken, Dan", entgegnete er.
Reaves nickte und zog ein bedauerndes Gesicht. „Schade. Aber ihre Fähigkeiten als Pilotin wären bei uns sowieso verschwendet."
„Stimmt." O'Neill sah zu Woolsey hinüber, der gespannt und mit blassem Gesicht auf seinem Stuhl hockte und den weiteren Funkmeldungen lauschte.
Runde Nummer eins ging eindeutig an ihn. Und auch die nächsten würden an ihn gehen. Dieses Mal kam ihm nicht wieder irgendein weit entfernter Außenposten dazwischen. Dieses Mal würde er die Chance nutzen und Vashtu Uruhk zu einer guten Offizierin heranziehen, so wie sie bereits eine gute Leaderin war.

***

Vashtu hockte auf dem Flügel ihrer F-302 und betrachtete genau die Ausrüstung, die sie Mitchell abgenommen hatte, als sie ein Stöhnen vom Pilotensitz ihres Jägers vernahm. Mit einem breiten Grinsen drehte sie sich um und beugte sich über ihn.
„Guten Morgen, Lt. Colonel. Ausgeschlafen?"
Mitchell blinzelte und verzog schmerzhaft das Gesicht. Dann klärte sich sein Blick. „Sie!" Er ruckte vor, doch weit kam er nicht. Irritiert blickte er an sich herunter und stieß einen Fluch aus, als er die Fesseln sah, mit denen er am Pilotensitz festgemacht war.
Vashtu legte die Arme auf die Umrandung der Kanzel und stützte ihr Kinn darauf. „Ich hoffe, Sie haben es nicht allzu unbequem, Lt. Colonel."
„Ich werde Sie ..."
„Nichts werden Sie!" Vashtu schüttelte den Kopf. „Falls Sie denken, Sie können mit dem Command in Kontakt treten, haben Sie sich geirrt. Ich habe das Funkgerät manipuliert, ebenso wie ich die nötigen Verbindungen gekappt habe, um den Jäger zu starten. Auch die Schleudersitze funktionieren nicht mehr, falls Sie daran gedacht haben sollten. Sie sind jetzt mein Gefangener, Lt. Colonel, tut mir leid."
Mitchell starrte sie wieder an. „Und was weiter? Kommt jetzt simulierte Folter?"
In ihren Augen glomm kurz Schmerz, dann schüttelte sie den Kopf. „Ich wollte Sie nur aus der Schußlinie haben, ehe ich mich um den Rest Ihrer Männer kümmere. Sie dürfen gern mithören, wenn Sie möchten."
Mitchell spannte die Kiefer an. „Wenn Sie denken, daß meine Leute, wenn der Anführer fehlt, den Kopf verlieren, haben Sie sich getäuscht. Alle haben sie Einzelkämpferqualitäten und wissen, was sie tun."
Vashtu nickte. „Klar. Und wieviel Erfahrung haben sie? Auch zehntausend Jahre?" Bissiger Humor schwang in ihrer Stimme mit.
„Geben Sie nicht so an!" Mitchell wandte den Kopf und starrte stur nach vorn.
„Ich gebe nicht an, Lt. Colonel Cameron Mitchell. Ich will Ihnen nur begreiflich machen, daß Sie vollkommen auf dem Holzweg sind, und das von Anfang an." Ihre Stimme wurde kühler. „Auch wenn es für Sie bequem ist, ich bin kein dummes Frauchen, klar? Ich habe schon gegen ganze andere Gegner als Sie gekämpft, als Ihre Vorfahren noch in Höhlen lebten. Und ich mag es nicht, wenn man sich über mich lustig macht."
Mitchell sah sie wieder von der Seite an. „Für Ihr Alter haben Sie sich verdammt gut gehalten, Miss Uruhk." Er grinste, wurde dann aber wieder ernst. „Und bis jetzt haben Sie nichts als Glück gehabt, das schwöre ich Ihnen! Sie mögen zehntausend Jahre verschlafen haben und jung geblieben sein, aber nur mit Verkriechen und Weglaufen ... da werden Sie nicht weit kommen!"
Sie drehte sich von ihm weg und schlug mit ihrem Hinterkopf gegen das Chassis. Sie stöhnte leise. „Sie werden es nie lernen." Dann sprang sie mit Schwung vom Flügel hinunter und kniete sich hin, um die Gegenstände, die sie gebrauchen konnte, auszusortieren.
„Und was haben Sie jetzt vor? Sie kommen nicht bis zum Kommandoposten, das schwöre ich Ihnen", rief Mitchell ihr zu.
Vashtu achtete nicht mehr auf ihn, griff sich sein Funkgerät und betrachtete es aufmerksam. Dann steckte sie es in ihre Überlebensweste, packte auch noch seine Granaten dazu. Den Rest fegte sie in ihren Rucksack, den sie unter dem Fahrwerk der F-302 so plazierte, daß er auf den ersten Blick nicht zu sehen war. Dann kletterte sie wieder auf den Flügel und richtete sich auf.
„Hören Sie sich nur gut an, ob ich durchkomme oder nicht, Lt. Colonel. Etwas anderes wird Ihnen wahrscheinlich auch nicht übrig bleiben, ganz nebenbei bemerkt. Und das nächste Mal sollten Sie sich genau überlegen, ob Sie eine Frau beleidigen, wenn Sie eine treffen."
Damit klappte sie die Kanzel zu und verriegelte sie von außen. Mitchells wütende Rufe klangen dumpf zu ihr hinaus. Sie klopfte gegen das durchsichtige Material und winkte ihm freundlich lächelnd zu. Dann sprang sie vom Flügel herunter und verschwand im Wald.

***

„Lassen Sie uns einen Kaffee trinken gehen", schlug O'Neill vor und erhob sich. Sich streckend ging er zur Tür hinüber, drehte sich dann um sah, daß die anderen Militärs ihm folgten. Nur Woolsey blieb zurück und betrachtete stirnrunzelnd die verschiedenen Anzeigen auf den Bildschirmen.
„Mr. Woolsey?" fragte O'Neill.
Der blickte auf, schien tatsächlich einen Moment lang verwirrt, dann schüttelte er den Kopf. „Ich bleibe hier, für alle Fälle. Kann ja was unvorhergesehenes passieren."
O'Neill wechselte einen Blick mit dem Admiral, zuckte dann mit den Schultern. „Wie Sie meinen, Mr. Woolsey."

***

Vashtu schlich durch das dichte Unterholz, in einer Hand den Detektor, in der anderen die Zat, und beobachtete aufmerksam die Verteilung der blinkenden kleinen Punkte um sie herum.
Mitchells Stellvertreter hielt sich nicht weiter an die Anweisungen des Colonel. Er hatte die verbliebenen Männer in Zweierteams aufgeteilt, was ihr die Arbeit auf der einen Seite zwar erschwerte, auf der anderen aber auch erleichterte.
„Sind Sie denn sicher, daß der Colonel noch lebt?" fragte eine Stimme aus dem Äther.
Vashtu runzelte die Stirn. Eine Weile schon belauschte sie dieses merkwürdige Gespräch über Funk. Mit diesem Woolsey würde sie wohl auch noch ein Wörtchen zu reden haben, schien es. Er schätzte sie vollkommen falsch ein.
„Hören Sie, wenn Rabbit-1 Colonel Mitchell tatsächlich gefangen genommen hat, wird sie ihm auch nicht ermöglichen, seinen Standort preiszugeben, Mr. Woolsey", erklärte jetzt die Stimme von Jennings. „Ihm wird nichts weiter passiert sein als verletzter Stolz, und den hatte er schon vorher."
„Aber trotzdem!"
Vashtu duckte sich noch tiefer und steckte den Detektor wieder ein.
Da war Jennings, an seiner Seite einer der anderen Piloten, der, dem stellvertretenden Anführer den Rücken zugewandt, auf einem umgestürzten Baumstumpf hockte und einen Energieriegel verspeiste. Ein Sturmgewehr hing um seinen Hals.
Vashtu kroch so leise und vorsichtig wie möglich weiter und beobachtete das Treiben. Ihre freie Hand glitt in die Tasche, in der sie das Funkgerät versteckt hielt, und schaltete es vorsichtig aus. So nahe, wie sie den beiden jetzt war, konnte es zu Rückkopplungen kommen, die sie verraten würden. Und sie wollte diesen Vorteil auf keinen Fall aufgeben.
„Nein, Mr. Woolsey, das ist eine ganz normale Taktik, glauben Sie mir. Das hat nichts, aber auch gar nichts, mit irgendwelchen Fähigkeiten zu tun."
Vashtu drückte sich gegen die lockere Erde, versank im verrottenden Laub und starrte gebannt nach vorn.
Jennings stand in der Mitte der kleinen Lichtung und wirkte recht genervt, was sie ihm auch nicht verdenken konnte. Diesen Funkkontakt wünschte sie ihm beileibe nicht.
Aufmerksam sah sie sich um und runzelte die Stirn.
Mit der Zat würde sie beide auf einmal nicht ausschalten können, zumal sie nicht dicht genug beieinander standen. Und darauf vertrauen, daß sie es irgendwann einmal tun würden ... Nein, sie mußte sich etwas anderes einfallen lassen.
Ihre Finger tasteten über die Taschen ihrer Überlebensweste und fanden schließlich, was sie suchte. Vorsichtig zog sie eine der Granaten hervor und wog sie abschätzend in der Hand. Ein listiges Grinsen schlich sich auf ihr Gesicht.
„Warum fragen Sie denn keinen der Generäle, Sir?" Jennings verdrehte die Augen gen Himmel und seufzte. „Die werden doch wahrscheinlich besser Bescheid wissen als wir."
Vorsichtig kroch Vashtu ein Stück zurück, um nicht zu nahe am Einschlag zu sein. Im Schutze der Büsche richtete sie sich in eine kniende Position auf und betrachtete noch einmal die Granate. Dann zog sie den Stift heraus, wartete einen Atemzug und warf, um sich sofort zu ducken und den Kopf zwischen den Armen zu bergen.
Ein lauter Knall folgte beinahe unmittelbar, und selbst durch ihre geschlossenen Lider und hinter ihren Armen hindurch konnte sie noch einen Rest grelles Licht erahnen. Jennings schrie erschrocken auf, dann Stille.
Katzengleich kam die Antikerin wieder auf die Beine, wagte einen Blick zwischen den Bäumen hindurch, dann warf sie sich herum und hetzte davon, tiefer in den Wald hinein.

***

„Sie hat sie getötet!"
O'Neill blickte stirnrunzelnd von seiner Kaffeetasse auf, als Woolsey hektisch in den Raum gerannt kam und mit den Händen rang. „Was?"
Woolsey starrte ihn mit blassem Gesicht an. „Sie hat Jennings und Kayne getötet ... diese ... diese Antikerin!"
Mit einem Ruck kam Hamill auf die Beine. Auch der Rest des Generalstabs sah dem Abgesandten entsetzt entgegen.
O'Neill schüttelte den Kopf. „Das glaube ich nicht!" Hart stellte er seine Tasse zurück auf den Tisch und schritt an Woolsey vorbei zurück zum Funkraum.
„Ich habe sie schreien gehört, danach war nur noch Rauschen", hörte er den Zivilisten hinter sich atemlos berichten.
Hamill setzte sich wieder vor seine Bildschirme und kontrollierte sie. Dann sah er auf und schüttelte den Kopf. „Ich bekomme Anzeigen von beiden. Aber es wird ein schwerer Treffer gemeldet."
O'Neill beugte sich über das Mikro. „Jennings? Melden Sie sich. Jennings!"
Rauschen.
Hamill drückte ein paar Knöpfe.
„Aber wenn ich es doch sage!" Woolsey atmete wieder hektisch, direkt in O'Neills Nacken. Der drehte sich um und sah den anderen nachdenklich an.
„Rabbit-1, melden Sie sich", hörte er Hamill hinter sich aufgeregt in das Mikro rufen.
„Delta-Command, hier Rabbit-1. Was gibt es?" Vashtus Stimme klang ein wenig gehetzt und unwillig, aber ansonsten völlig normal.
„Was haben Sie mit Jennings gemacht?" Woolsey versuchte sich an O'Neill vorbeizudrücken, doch der hielt ihn zurück.
„Hier Fox-12, Delta-Command, wir ziehen uns zurück. Sind ausgeschaltet", sagte in diesem Moment Jennings' Stimme.
O'Neill bedachte Woolsey mit einem langen Blick, dann drückte er wieder den Schalter. „Jennings, was war los?"
„Wir sind angegriffen und ausgeschaltet worden, Kayne und ich, Sir", antwortete der Offizier. „Das Häschen ist wirklich verdammt gut. Hat eine Granate auf die Lichtung geschmissen, auf der wir gerade pausierten."
O'Neill sah Woolsey noch immer an. „Sie sollten sich beruhigen und dann bei Miss Uruhk entschuldigen, mein Lieber."

***

Vashtu hockte wieder in der Krone eines Baumes und betrachtete mit ihrem Feldstecher die Umgebung, um sich zu orientieren. Dabei fiel ihr etwas auf.
Ein verschmitztes Lächeln glitt auf ihr Gesicht.
Da hinten, zwischen den Bäumen, auf einer größeren Lichtung, standen die F-302 von Mitchell und seinen Jägern. Und sie konnte nur einen Mann dort ausmachen.
Das war doch etwas.
Allerdings würde sie erst das Team in ihrer unmittelbaren Umgebung ausschalten müssen. Aber das dürfte kein allzu großes Problem darstellen ... hoffte sie zumindest.

***

Mitchell kämpfte immer noch gegen seine Fesseln an, doch das brachte ihm herzlich wenig. Diese Antikerin hatte ihn verschnürt wie ein Paket. Die Kanzelhaube war inzwischen beschlagen und er schwitzte, doch die Stricke lockerten sich deswegen noch lange nicht.
„Lt. Colonel?"
Er hielt in seinen Anstrengungen inne und richtete seine Aufmerksamkeit auf das lädierte Funkgerät.
„Ich denke, Sie können mich gut hören. Ich wollte Ihnen nur mitteilen, daß ich zwei Ihrer Leute ausgeschaltet habe", fuhr Vashtus Stimme fort. „Dumm, jetzt ist auch Ihr Stellvertreter ausgefallen. Ach ja, und danke, daß Sie mir Ihre F-302 überlassen wollen. Ich denke, in Kürze werde ich wieder im Kommandoposten sein. Wie es es, wollen Sie mit?"
Mitchell fluchte.
Er war dieser Frau so gründlich unterlegen, daß ... Na gut, sie war besser als er oder seine Männer, so schwer es ihm auch fiel, das zuzugeben. Wenn sie wirklich Jennings ausgeschaltet hatte, hatte sie tatsächlich einiges auf dem Kasten, das mußte er zugeben.
Trotzdem aber war das letzte Wort noch sicher nicht gesprochen in dieser Angelegenheit. Irgendwie würde er sich schon bei ihr bedanken können.
„Gut, ich denke, Sie wollen Ihren Bericht so schnell wie möglich abliefern. Also hole ich Sie dann ab. Und, Cameron, es hat mir einen gewissen Spaß bereitet, gegen Sie anzutreten. Allerdings hoffe ich, Sie haben aus Ihren Fehlern gelernt. Bis gleich."
Jetzt mußte er doch schmunzeln.
Diese Frau war wirklich einmalig!

***

Sie türmte gerade noch ein bißchen altes Laub über die Granate, die sie in dem weichen Boden vergraben hatte, als plötzlich ihr Funkgerät sich meldete.
„Miss Uruhk? Hier ist Woolsey."
Es hätte für sie keinen ungünstigeren Zeitpunkt geben können, fand sie. Mitchells Männer waren gerade einmal außer Rufweite und konnten jederzeit näherkommen, sobald sie ihre Zigaretten aufgeraucht hatten.
Mit zusammengekniffenen Lippen drückte sie die Com-Taste. „Was gibt es, Mr. Woolsey?" zischte sie.
„Oh, äh", kam die Antwort. „Nun, ich wollte mich bei Ihnen entschuldigen. Ich hatte angenommen ... Nun, Sie müssen wissen, daß ich ..."
Vashtu rollte den letzten Rest von dem Garn ab und verband ihn mit den anderen beiden Enden, die sie schon vorher präpariert hatte.
Schritte?
Vorsichtig hob sie den Kopf und lugte um sich, doch es war nichts zu sehen.
„Mr. Woolsey, ich möchte nicht unhöflich sein, aber der Zeitpunkt ist etwas ungünstig", wisperte sie in ihr Funkgerät, kramte in ihrer Weste, bis sie das dünne Seil fand, das sie immer in einer Tasche dabei hatte.
„Wissen Sie, wenn Sie meine Erfahrungen hätten ..."
„Mr. Woolsey, wenn ich nicht so gut erzogen wäre ..." Vashtu kniff die Lippen fest aufeinander.
Ja, da waren Schritte. Die beiden Militärs kamen näher. Und ihre Falle war noch nicht fertig.
„Ich möchte ja nur ..."
„Finger vom Funkgerät, ich bin beschäftigt!" Endlich hatte sie den letzten Knoten geschlungen und schlich tief geduckt zurück ins Gebüsch.

***

O'Neill räusperte sich vernehmlich hinter vorgehaltener Hand, um nicht laut loszulachen. Diese Antwort hätte auch aus dem Mund von jemand anderem stammen können - wenn sie das nicht sogar tat.
Vashtu mochte ihre eigenen Wege gehen und nicht mehr ganz so ähnlich wie Sheppard sein. Aber bestimmte Dinge würden sich wohl nie ändern, wie er fand.
„Schüsse, schräg vor uns!" meldete Sergeant Lloyd.
„Lassen Sie die Leitung offen!" befahl Taylor.
„Aber ... ich habe doch nur versucht ..."
„Mr. Woolsey, es ist gut. Der Zeitpunkt war wohl ungünstig", sagte O'Neill beschwichtigend und lauschte auf das schwere Atmen und die knisternden Schritte der beiden Air Force Piloten. Dann folgte, was er erwartet hatte: Eine Detonation, gefolgt von einem Schmerzenslaut. Einem Laut, der aus keiner Männerkehle stammen konnte und der auch nicht auf seiner Liste gestanden hatte.
Mit einem Ruck setzte O'Neill sich wieder auf und nahm Woolsey das Funkgerät aus der Hand. „Rabbit-1, bitte melden!"

***

Vashtu nahm Deckung hinter einem Busch, zog dann ihre Beretta und gab zwei Schüsse in die Luft ab. Rasch wurde die Waffe wieder zurück ins Holster geschoben, dann wartete sie. Und lange brauchte sie nicht zu warten.
Zwei Männer in Kampfanzügen kamen auf dem schmalen Pfad auf sie zu. Vashtus Hand verkrampfte sich.
Nach allen Seiten sichernd traten die beiden vorsichtig näher.
Noch ein kleines Stück.
Vashtu riß an dem dünnen Seil, spürte den Widerstand und auch wie dieser nachgab. Dann duckte sie sich wieder, schützte ihren Kopf, so gut es ging und wartete.
Die Detonation ließ den Boden unter ihr beben. Die Druckwelle riß sie nach hinten.
Was richteten diese Dinger denn an, wenn sie scharf waren?
Vashtu kippte zurück. Unwillkürlich entfuhr ihr ein Schmerzenslaut, als etwas ihren Arm aufspießte.
Verdammt, der andere war gerade wieder heil!
Sie richtete sich langsam auf und tastete mit der Rechten nach der Wunde. Ein Ast, der offensichtlich irgendwann vorher schon abgebrochen war, hatte sich durch ihr Fleisch gebohrt. Der Schmerz ließ bereits nach.
Vashtu tastete über ihre Schulter und ruckte an dem Holz. Wieder mußte sie die Augen zusammenkneifen und sich auf die Lippen beißen, aber zumindest ließ der Ast sich bewegen.
„Rabbit-1, bitte melden!" hörte sie O'Neills Stimme über den Äther kommen und fluchte.
Mit der blutverschmierten Hand drückte sie die Com-Taste, richtete ihre Aufmerksamkeit nach vorn und seufzte.
Zwei weniger.
„Sir?"
„Was ist mit Ihnen passiert? Ich habe Sie schreien gehört."
Vashtu tastete wieder nach dem Ast. „Nur ein kleiner Unfall, Sir. Wird schon."
„Unfall? Was für ein Unfall?" O'Neill klang jetzt wirklich besorgt.
Mit einem weiteren Ruck zog sie den Ast aus ihrem Arm, beugte sich keuchend nach vorn. Gut, das hatte wehgetan. Aber sie würde es überleben.
„Nichts weiter, Sir. Nur eine Fleischwunde. Ich habe die Druckwelle falsch eingeschätzt."
„Eine Stunde Pause." O'Neills Stimme klang endgültig.
Vashtu riß die Augen auf. „Was?"
„Eine Stunde Pause. Laut unseren Unterlagen braucht eine Fleischwunde von mittlerer Tiefe bei Ihnen solange, bis sie verheilt ist", erklärte der General.
„Aber ... Sir!" Augenblicklich duckte sie sich und spähte wieder um sich.
„Kein Aber. Sie ruhen sich aus und lassen die Wunde heilen. Das ist ein Befehl!"
Knurrend hielt sie sich den Arm. „Ja, Sir."
Dann erhob sie sich und huschte geduckt wieder in das Dickicht.

***

Taylor nickte nachdenklich. „Sie ist jetzt also verwundet und hat noch drei Gegner, da wir von Colonel Mitchell annehmen müssen, sie habe ihn gefangen genommen", faßte er das bisher geschehene zusammen. „Aber eine Stunde Pause? Was soll ihr das bringen?"
„Ihr nichts, aber Mitchells Männer könnten sich vielleicht in Sicherheit bringen in dieser Zeit", antwortete O'Neill und lehnte sich zurück. Beeindruckt schüttelte er den Kopf.
Natürlich hatte er gewußt, daß sie gut war, aber so gut? Einmal abgesehen davon, daß sie nichts von Mitchell wußten, hatte es bisher noch nicht eine Verletzung gegeben. Nur sie selbst schien jetzt leicht verwundet zu sein. Vor vier Wochen hatte das noch anders ausgesehen nach ihrem ... ungeplanten Ausflug auf den Planeten eines unbedeutenden Warlords. Da hatte sie Leichen hinterlassen, jede Menge Leichen. Selbst dieser Theorim war tot gewesen, als ein zweites Team noch einmal durch das Gate geschickt wurde, aufgeschreckt durch die Berichte der anderen Mitglieder von SG-27.
Auf diesem Planeten hatte die Antikerin gewütet wie ein Tornado und so ziemlich alles niedergemäht, was sich ihr in den Weg stellte. Die anschließenden Besuche beim SGC eigenen Psychologen hatte sie zwar wahrgenommen, aber kaum etwas von sich gegeben. Darum hatten sie auch lange gewartet, obwohl sie schon drei Tage nach ihrem Gemetzel auf Theorims Welt in den Vorschlag eingewilligt hatte.
Sie mußte irgendein anderes Ventil gefunden haben, um die Angst und Frustration, die sich in ihr aufgestaut hatten, loszuwerden. Doch leider hatte sich bis jetzt nichts ergeben. Im SGC wußte niemand, warum ihr Aggressionspotenzial schrittweise wieder absank. Sie war zwar ernster als vor ihrer Geiselhaft, aber sie hatte sich offensichtlich wieder im Griff.
O'Neill beugte sich vor und musterte die Anzeigen, die Hamill überwachte. Nein, bei ihr schien alles normal. Und auch die Lebenszeichen der anderen noch im Feld Verbliebenen sahen gut aus. Offenbar hielt sie sich wirklich an seine verordnete Pause. Ein Pluspunkt mehr für sie.

***

Wieder hockte sie in der Krone eines Baumes, diesmal aber wesentlich näher an den abgestellten Jägern als vorher.
Sollte Mitchells letztes Pärchen ruhig weiter durch den Wald geistern, sie würde sich eine Maschine schnappen und zum Kommandoposten zurückkehren. Dieses Manöver hatte ihr zwar einen gewissen Reiz bereitet, aber inzwischen langweilte sie sich doch ein bißchen.
Vashtu lehnte sich zurück und stützte ihren Rücken gegen den Stamm des Baumes. Sinnend sah sie in den Himmel hinauf, holte dann ihre Sonnenbrille wieder hervor und setzte sie auf die Nase.
Die Wunde schmerzte nicht mehr, die Wraith-Zellen hatten offensichtlich ihren Dienst aufgenommen. Und allmählich fiel es ihr auch nicht mehr so schwer, die Fremdzellen in ihrem Inneren zu aktivieren. Und noch einen Trost hatte sie: Mit der Hoffaner-Impfung würde man sie nicht mehr schrecken können, wie Dr. Beckett ihr gesagt hatte. Sie war immun gegen eine weitere Spritze. Ihre eigenen Zellen hatten einen Wall dagegen errichtet durch die zweite Gentherapie.
Dr. Beckett ... Carson.
Ihr fiel ein, daß er sie nächste Woche wieder besuchen wollte. Dann würde sie wahrscheinlich auch Nachricht von John erhalten und dem Arzt ihre alte Antwort mitgeben können. Sie war gespannt, was John von ihrem Eintritt in die Armee halten würde. Ein versonnenes Lächeln stahl sich auf ihre Lippen.
Aber da wäre noch etwas, fiel ihr ein. Carson hatte die ATA-Therapie entwickelt, der Babbis sich unterzogen hatte. Die Therapie, die ihr Probleme bereitete. McKay hatte sie aus dem Weg gehen können vor über einem Jahr, aber Babbis war ein wichtiges Mitglied ihres Teams. Auf ihn wollte und würde sie nicht verzichten.
Sie könnte mit Carson sprechen, ob ihm vielleicht eine Lösung einfiel.
Nachdenklich nagte sie an ihrer Unterlippe. Ihre Alphawellen lagen also auf der gleichen Frequenz wie die veränderten von Babbis. Und das war der Grund, aus dem sie seine Gedanken hören konnte.
Es mußte doch möglich sein, daß irgendwie zu unterbinden, ohne daß sie ständig mit einem mentalen Schutzwall herumlaufen mußte. Wenn man auf der zellulären Ebene die Gene etwas verschob ...
Vashtu runzelte die Stirn und tastete mit ihren Händen über ihre Weste, bis sie fand, was sie suchte. Sie zog einen Block und einen Stift hervor und begann sich Notizen zu machen. Mehr konnte sie im Moment ohnehin nicht tun. Ihre Uhr würde ihr schon mitteilen, wenn die Stunde abgelaufen war.

***

„Sie ist so ruhig." Hamill lehnte sich zurück und betrachtete die Anzeigen.
O'Neill schürzte die Lippen. „Sie ruht sich aus, wie ich es befohlen habe. Und ich denke, inzwischen hat sie mehr als nur gezeigt, was sie kann. Vielleicht sollten wir das ganze an dieser Stelle abbrechen."
„Das denke ich nicht. Ich bin gespannt, wie sie wieder zurück hierher kommen will", entgegnete Walker. „Was sie bisher gezeigt hat, erklärt sich aus ihrem Lebenslauf. Aber eine Heimkehr zum Stützpunkt ... das ist etwas anderes."
O'Neill mußte leider zustimmen, so gern er die mageren Reste der Fox-Einheit auch zurückgepfiffen hätte. Vashtus Taktik sowohl in der F-302 als auch jetzt am Boden zeigten deutlich, wie und was sie gelernt hatte vor zehntausend Jahren. Sie nahm was sie bekam und machte das beste daraus. Das erklärte, wie es ihr gelungen war, vor so langer Zeit zu überleben, obwohl sie offensichtlich des öfteren auf Selbstmordmissionen geschickt worden war. Ihr Verstand hatte sich angepaßt.
„Ich würde gern wissen, wie sie in einem Team handelt. Möglicherweise sollten wir das ganze noch einmal auf diese Weise wiederholen, wenn dieses Manöver beendet ist", schlug Baxter vor. „Laut der Berichte scheint sie zwar einen Hauptteil der Arbeit zu leisten, aber besteht nicht auf ihrem Recht."
O'Neill sandte dem anderen einen scheelen Blick. Baxter würde doch wohl nicht ... ? Nein, nein, Vashtu würde schön brav zur Air Force kommen, auf keinen Fall würde er zulassen, daß die Marines sie in die Finger kriegten! Die sollten sich gefälligst selbst eine Antikerin suchen, wenn sie so unbedingt eine haben wollten! Vashtu war seine Entdeckung, sein Ersatz für den verlorenen Sheppard. Sie würde er nicht wieder von der Leine lassen, nachdem sich das ganze als noch mühsamer als zunächst vorgestellt erwiesen hatte.
Was hatte er aber auch auf Woolsey und das IOA einwirken müssen, damit erst die Kontaktsperre fiel und er ihr dann dieses Angebot hatte unterbreiten lassen können! Da war ja Apophis noch leichter zu töten gewesen, hatte er einige Male gedacht. Erst dieser kleine dezente Hinweis auf ihre Sterblichkeit und auch ... Nun ja, trotz zehntausend Jahren war sie immer noch in der Lage, Kinder zu gebären. Nicht daß er sich das so unbedingt wünschte, sie sollte erst einmal zeigen, was noch alles in ihr steckte. Aber mehr ATA-Träger, noch dazu von halbantikischem Blut, das hatte letztendlich den Wall aus Ablehnung doch zum Einsturz gebracht, eben neben dem Auftauchen Kolyas und dessen perfider Methode, Sheppard zu quälen, indem er ausgerechnet die einzige vernünftige Antikerin umzubringen versuchte.
Nein, er würde jetzt nicht mehr aufgeben! Das hatte er einmal getan und sich der Nummer zwei auf seiner Liste zugewandt. Auf keinen Fall würde er jetzt auch noch Vashtu an irgendeine andere Waffengattung verlieren! Nein, das konnte Tim Baxter sich gleich wieder aus dem Kopf schlagen! Noch dazu, nachdem was er sich vorher geleistet hatte im Bezug auf sie.
O'Neill senkte den Kopf. „Ihre Stärke ist der Einzelkampf, das ist richtig. In den letzten Monaten hat sie sich darauf eingerichtet, in einem Team zu arbeiten. Aber sie übernimmt noch immer die Hauptarbeit. Allerdings ist ihr SG-Team inzwischen so auf sie eingeschworen, daß sie sich auch auf sie verlassen kann, wenn sie einmal ausfallen sollte. Teils, wie mit Dr. Babbis, gibt es sogar schon eine recht funktionierende Zusammenarbeit. Bei der Verschleppung durch den außerirdischen Terroristen Kolya war es sogar Babbis, der den entscheidenden Hinweis gab zur Befreiung der Geiseln." Er sah auf. „Lassen wir sie weitermachen wie bisher, wird SG-1 wirklich bald Konkurrenz bekommen. In der Lucian Alliance hat es Miss Uruhk inzwischen zu einem interessanten Ruf gebracht und wird des öfteren kontaktiert."
„SG-1 dagegen hat keine guten Erfahrungen mit dieser Organisation." Baxter nickte. „Ich weiß."
„Möglicherweise sollte ihr Team dann neu koordiniert werden", wandte Woolsey ein, der bis jetzt zugehört hatte.
„Sie selbst hat darum gebeten, daß das nicht geschieht. Es ist da ... zu einem Mißverständnis gekommen während ihrer Rekonvaleszenz auf Atlantis, einer der Gründe, warum SG-27 zur Zeit außer Dienst gestellt ist", erklärte O'Neill und schüttelte den Kopf. „Trotz daß es ihr im Moment einige Schwierigkeiten bereitet, mit Dr. Babbis zusammenzuarbeiten hat sie sich gegen einen Wechsel ausgesprochen."
„Und Dorn?" Baxter runzelte die Stirn. „Wenn mich nicht alles täuscht, wird er demnächst in Pension gehen."
„Darüber werden wir reden, wenn es soweit ist, schätze ich." O'Neill seufzte. Vor diesem Gespräch allerdings graute es ihm. Und er war sich ziemlich sicher, daß er derjenige würde sein müssen, der Vashtu Dorns Entscheidung mitteilen mußte. Landry hatte da schon etwas angedeutet ...
„Die Stunde ist vorbei. Sie bewegt sich wieder", meldete Hamill in diesem Moment.

TBC ...

24.02.2010

Möge der Bessere gewinnen II

„Sind Sie angezogen?"
Vashtu drehte sich zur Tür um und runzelte die Stirn. „Was ist, Lt. Colonel?"
„Ich fragte, ob Sie angezogen sind", hörte sie Mitchell wieder sagen und verzog das Gesicht. „Ja."
„Gut, dann ..." Er betrat den Umkleideraum, einen Rucksack in den Händen. „Sie sind Rabbit-1", begann er zu erklären, stellte den Rucksack auf die Bank vor ihr. „Mein Team wird unter der Bezeichnung Fox genannt werden. Ganz einfach: Sie der Hase, ich der Fuchs."
Vashtu nickte, setzte ihren Fuß auf die Bank und begann sich den Stiefel zuzuschnüren.
„Ausrüstung erhält jeder das gleiche, auch Sie." Mitchell wartete, bis sie sich wieder aufgerichtet hatte, dann öffnete er den Rucksack und hob, eines nach dem anderen, die Gegenstände heraus. „Verpflegung und Wasser. Drei Hand-, eine Leucht- und vier Blendgranaten. Sie wollten Ihre Beretta und eine P-90, zusätzlich erhalten Sie noch ein Zak'Ni'Tel. Munition ..."
„Wieviel Munition?" Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf das, was er aus dem Rucksack zauberte.
„Drei Ersatzmagazine für jeweils eine Waffe. Sie haben also vier für die P-90 und vier für die Beretta. Keine scharfe Munition, das hier ist ein Manöver, klar?" Mitchell sah kurz auf und runzelte die Stirn, als sie sich jetzt ihre Überlebensweste überstreifte. „Und Sie sollten Ihre Uniform tragen. Sieht nicht gut aus, wenn die Herren da oben Sie so sehen."
Vashtu stutzte. „Warum sollte es sie stören? Mich behinderte die Hemdjacke."
Mitchell verzog das Gesicht. „Ziehen Sie sie einfach an, okay?"
Die Antikerin seufzte, öffnete die Überlebensweste wieder und zog sie aus, um sich die Uniformjacke überzustreifen.
„Irgendwelche privaten Gegenstände dabei?" Mitchell warf den prall gefüllten Taschen der Weste einen scheelen Blick zu.
„Meine übliche Ausrüstung." Ehe er zugreifen konnte hatte sie das schon getan, schlüpfte jetzt wieder in das Kleidungsstück und schloß es sorgfältig.
„Ach ja ..." Mitchell kramte wieder in dem Rucksack und zog eine Messerscheide mit einem Messer darin heraus. „Das gehört auch noch zur Ausrüstung."
Vashtu griff nach der Scheide und öffnete sie, um sich das Messer genauer anzusehen. „Der Griff ist hohl", bemerkte sie irritiert.
„Ein Überlebensmesser", erklärte der Colonel gelassen, während sie den Knauf abschraubte. Der Inhalt ließ sie stutzen. „Nadel und Faden? Wollen Sie mich hochnehmen?"
„Gehört zum Erste-Hilfe-Set, für den Fall, daß Sie größere Fleischwunden davontragen."
Stirnrunzelnd nickte sie, füllte den wenig erspießlichen Inhalt wieder zurück in den Hohlraum und hängte sich die Scheide an eine der leeren Schlaufen. Dann glitt ihr Blick über den Inhalt des Rucksacks. Sie war zwar nicht erbaut von der geringen Auswahl, aber sie war auch schon mit weniger ausgekommen.
Mitchell hielt ihr ein Funkgerät hin. „Ist fest auf einen Kanal geeicht", erklärte er. „Wir werden keinen Kontakt zueinander herstellen können, da mein Team ebenfalls nur einen Kanal zur Verfügung hat. Sie sind dann auf sich allein angewiesen, Miss Uruhk. Die einzige Verbindung, die es für Sie gibt, ist die zum Kommandoposten."
Vashtu begann, die Gegenstände wieder in den Rucksack zu räumen. „Ist klar", murmelte sie, blickte dann auf. „Und wie soll das ganze überhaupt ablaufen?"
Mitchell kreuzte die Arme vor der Brust. „Sie fliegen los, haben ein paar Minuten, dann kommen wir hinterher und simulieren einen Luftkampf. Irgendwann werden wir dann vom Command den Befehl bekommen, das ganze auf dem Boden fortzusetzen, wenn wir Sie nicht schon längst abgeschossen haben. Sie müssen sich zum Kommandoposten zurück durchschlagen, ich werde das verhindern."
Sie warf ihm einen scheelen Blick zu, schloß den Rucksack und warf ihn sich über eine Schulter. „Wenn Sie meinen ..."
Der Offizier nickte. „Ja, ich meine. Schneller würde es wahrscheinlich nur noch in Ihrem heißgeliebten Jumper gehen."
„Kommt drauf an. Ein Puddlejumper hat eine Tarnfunktion, falls Sie das noch nicht wußten." Vashtu lächelte zuckersüß.
„Energiesignaturen, Miss Uruhk." Mitchell beugte sich vor.
„Sie meinen, wenn Sie in der Lage sind, diese ausfindig zu machen, Lt. Colonel Mitchell", versetzte sie.
„Die leichteste Übung!" Er richtete sich mit einem überlegenen Grinsen wieder auf. „Aber wenn Sie so gern abgeschossen werden wollen, bitte! Ich hindere Sie bestimmt nicht daran ... Antikerin."
„Ich werde schon mit Ihrem heißgeliebten Hybrid-Jäger zurechtkommen, passen Sie lieber auf Ihren Hintern auf - Mensch!" Vashtu schüttelte den Kopf.
„Wie sieht Ihre übliche Ausrüstung aus?" wechselte Mitchell das Thema und schaltete wieder auf den erklärenden Offizier um.
„Das übliche. Ein bißchen Verbandszeug, das eine oder andere Werkzeug. Die Munition werde ich gleich noch anbringen. Wir schießen also nicht scharf?"
„Nein, tun wir nicht. Sie haben jeweils eine Leuchtrakete, eine in der 3-0-2, eine in Ihrem Rucksack. Sollten Sie Schwierigkeiten haben oder verletzt werden, verwenden Sie sie. Ich denke, Sie wissen, wie das geht."
Sie nickte, richtete sich auf, eine Hand in den Riemen des Rucksacks geharkt. „Dann können wir loslegen." Sie grinste.
Mitchell stutzte plötzlich. „Was haben Sie in der Brusttasche?"
Vashtu senkte den Blick. Durch den Riemen des Rucksacks lugte eine Ecke des Energiedetektors aus der Tasche. „Ein Gerät meines Volkes", antwortete sie ausweichend.
Mitchell streckte die Hand aus. „Konfisziert. Gehört nicht zur Ausrüstung."
Vashtu starrte ihn entgeistert an, dann öffnete sie die Tasche und holte den Detektor heraus. Heftiger als nötig knallte sie ihn in seine geöffnete Handfläche. „Und es heißt Lantianer!"
Mitchell verzog das Gesicht, betrachtete das Gerät kurz, dann trat er an ihr vorbei und legte es auf den Spint, in dem sich ihre Sachen befanden. „Nach der Übung können Sie es wiederhaben."
Sie nickte mit zusammengepreßten Lippen. „Tja, dann ..."
Mitchell drehte sich wieder zu ihr um. Eine seiner Brauen senkte sich nachdenklich. „Sie haben tatsächlich einen Tarnkappenbomber fünf Meter über den Boden auffangen können?"
Sie nickte gelassen und mußte in sich hineinschmunzeln über seinen Gesichtsausdruck. Dann wurde sie wieder ernst. „Wie sieht es mit erbeuteten Waffen und Munition aus? Darf ich die benutzen?"
Mitchell blinzelte. „Ja, wenn Sie es schaffen, etwas zu erbeuten, können Sie es verwenden. Sie dürfen alles verwenden, was Ihnen nützlich erscheint, solange sie die 3-0-2 nicht vollkommen auseinandernehmen, Miss Uruhk."
Wieder stahl sich ein Lächeln auf ihr Gesicht. „Gut."

***

Mitchell beobachtete, wie die schlanke Antikerin geschickt in den Jäger kletterte. Den Rucksack stellte sie hinter dem Pilotensitz ab, ehe sie sich setzte. Ihr Blick wirkte plötzlich sehr konzentriert, jede Spur von Humor war aus ihren Augen gewichen.
Irgendwie war diese Frau interessant. Er wurde nicht so recht schlau aus ihr, mußte er zugeben. Aber sie war interessant. Die Art, wie sie Teal'c gestern im wahrsten Sinne des Wortes verprügelt hatte, die Berichte über sie, die er gelesen hatte, die Sache damals in Silent ...
Andererseits aber hatte er sich in letzter Zeit des öfteren mit Major Collins, dem Leader von SG-15, unterhalten. Dieser war bis zur Geburt von SG-27 ihr Anführer gewesen. Und was der so über sie erzählte ... chaotisch, undiszipliniert, neigte zu Wutanfällen, betete man nicht ihren ach so überlegenen Verstand an.
Naja, sie war eine Antikerin, Lantianerin nach ihren eigenen Worten. Was hatten die denn schon groß getan, außer sich zu verteidigen? Oh ja, in defensiven Angelegenheiten waren sie gut, sehr gut sogar. Sie schützten ihr Leben und ihr Werk mit allen Mitteln - das hatte er selbst schon am eigenen Leib erfahren. Aber offensiv? Nein, und da würde diese Vashtu Uruhk auch keine Ausnahme bilden. Die Antiker waren in der Kriegsführung Schlaftabletten gewesen, zwar sehr ... effektive Schlaftabletten, aber immer noch alles andere als aufregend. Sie kochten lieber ihr eigenes Süppchen.
Okay, bei der Sache damals in Silent schien es nicht ganz so glimpflich abgelaufen zu sein, wobei nicht wirklich geklärt war, ob sie den Deputy so zugerichtet hatte. Und auch der Übungskampf gestern mit Teal'c ... Aber das war nichts als pures Glück. Auch ein blindes Huhn fand schon einmal ein Korn, oder nicht? Nie im Leben würde diese Farce von einem Manöver mehr als die Viertelstunde dauern, die sie Vorsprung haben würde.
Mit einem Puddlejumper in ein Manöver! Eine F-302 erst als lahme Ente bezeichnen und sich dann auch noch über das Design und einige, zugegebenermaßen existierende, kleine Fehler lustig machen. Und was wollte sie dagegen setzen? Einen Tarnmodus! Das war soetwas von typisch antikisch! Sich verkriechen, anstatt einmal wirklich einzustehen für das, woran man glaubte.
Mitchell fühlte, wie sich wieder Wut in sein Denken schlich. Sie konnte noch so überzeugt von sich selbst sein, er glaubte ihr nicht ein Wort. Einen Offiziersrang, weil sie dumm genug gewesen war, sich von einem durchgeknallten Irren entfuhren und fast zu Tode foltern zu lassen! Darum ging es doch letztendlich. Er hatte Jahre damit verbracht, sich mühsam in der Air Force hochzuarbeiten, und dann kam eine Antikerin, ließ sich irgendeine dämliche Spritze von dem Falschen verpassen und prompt schlugen im IOA alle Wogen hoch und man bot ihr diesen Posten an - weil sie den Kontrollstuhl auf Antarktica bedienen konnte - toll! Wozu dann überhaupt noch in die Air Force eintreten? Wozu die Schulbank drücken und sich drillen lassen? Da könnte er sich ja auch dieses dämliche Gen spritzen lassen. Aber wäre er dann dem IOA genauso wichtig? Nein, natürlich nicht! Sie besaß ja antikisches Blut und antikisches Wissen!
Mitchell schürzte die Lippen und kreuzte die Arme vor der Brust, während Vashtu den großen Helm über ihr strubbeliges tintenschwarzes Haar streifte. Sofort wirkte sie noch zerbrechlicher und kleiner als sie ohnehin schon war.
Sie sah zu ihm hinunter und hob fragend die Brauen.
„Ich schätze, wir sehen uns nachher." Mitchell nickte und wandte sich ab.
Er war sich ziemlich sicher, daß er diese Hetzjagd gewinnen würde. Und sie in einem hübschen Cocktailkleid zu sehen ... Da bestand schon ein gewisser Reiz.
Vashtu sah ihm stirnrunzelnd nach, befestigte dann das Atemgerät an ihrem Helm. Die gummiartige Masse saugte sich an ihren Wangen und Kinn fest, was sie dahinter das Gesicht verziehen ließ. Aber sie wußte auch, sie brauchte dieses Ding. In die Höhen, in die sie aufsteigen würde, würde die Luft ziemlich dünn sein. Und eine F-302 war alles andere als ein Jumper, und sie somit dem Andruck ausgeliefert, wenn auch nicht voll.
Sie stöpselte die Kabel ein und heizte die Triebwerke vor. Routinemäßig ging sie die Kontrollen durch, schenkte ihnen aber keine große Beachtung.
„Delta-Command, Rabbit-1 startklar", meldete sie über Funk, während sich die Cockpitkanzel auf sie niedersenkte.
„Rabbit-1, Sie haben Startfreigabe nach eigenem Ermessen."
Sie nickte, da fiel ihr Blick auf ein blinkendes Licht. Stirnrunzelnd tippte sie noch eine Anfrage in den Rechner ein. Das Licht erlosch nicht.
„Delta-Command, wie es aussieht, habe ich eine scharfe Waffe an Bord", meldete sie schließlich, nachdem sie die Routinen nochmals kontrolliert hatte.
Welcher Idiot hatte den Sprengkopf nicht entschärft?
„Sie haben was?"
„Ich habe hier eine scharfe Rakete, Command", wiederholte sie. „Abbruch?"
Eine andere Stimme mischte sich ein. „Negativ, Miss Uruhk. Sie starten wie besprochen." Taylor.
Na toll, soviel zur gleichen Bewaffnung für alle.
Vashtu knurrte einen Fluch in ihrer Muttersprache und bewegte den Steuerknüppel. „Sir, während einer Übung kann ich keine scharfe Waffe an Bord gebrauchen", versuchte sie zu erklären. „Ich möchte darum bitten, daß der Sprengkopf entschärft wird."
„Negativ. Sie starten jetzt, verstanden?"
Vashtu biß sich auf die Lippen. Das begann ja ein spaßiger Tag zu werden. „Ja, Sir." Sie versuchte, so wenig Emotion in ihre Stimme zu legen wie möglich, war sich jedoch nicht ganz sicher, ob ihr das gelang.
Zumindest hatte sie noch eine Rakete, besser als gar nichts.
Vashtu ließ den Jäger vom Boden abheben, beschleunigte und verschwand im blauen Himmel.

***

„Fox-Leader, wir starten jetzt", erklang Mitchells Stimme über den Lautsprecher.
O'Neill musterte noch immer aufmerksam Taylor. „Das war nicht ganz fair, Dick", sagte er.
„Sie wollte doch nur das Manöver abbrechen", entgegnete der, wandte sich zu dem anderen General um und schüttelte den Kopf. „Diese ganze Sache mit den Wraith und so, das ist doch ein Märchen von ihr."
O'Neill hob den Kopf. „Das denke ich nicht. Dieses Mädchen hat einiges auf dem Kasten. Wir tun ihr nur einen Gefallen, wenn wir sie allein da raus lassen. Aber wir werden uns sicher keine Freundin schaffen, wenn wir ihr Bewaffnung versagen. Denken Sie an die Berichte über sie, die ich Ihnen habe zukommen lassen."
„Ja, von ihrem Team, das ohnehin von ihr eingenommen ist, und von Sheppard, über dessen Akte wir uns wohl nicht weiter unterhalten müssen. Ich glaube nicht eine Sekunde, daß sie irgendeine scharfe Waffe an Bord hat."
„Sir, ich fürchte ..." Colonel Hamill, der Leiter des Delta-Postens, drehte sich um. Auf seinem Gesicht stand Ratlosigkeit zu lesen. Er wies auf einen Bildschirm.
O'Neill beugte sich vor und sah die Anzeige. „Soviel dazu, daß sie dieses Manöver abbrechen wollte. Sie HAT eine scharfe Waffe."

***

Vashtu hatte die F-302 zwischen einige, träge dahintreibende, Asteroidenstücke gelenkt und wartete, die Triebwerke fast im Leerlauf haltend.
Sie war sich ziemlich sicher, daß Mitchell und seine Leute sie nicht finden, wohl aber wissen würden, wo sie sie zu suchen hatten. Also würde sie versuchen, das beste aus der Sache zu machen und ihnen nicht in die Mündungen ihrer Waffen zu fliegen.
Tatsächlich, sie sah das Glühen der Triebwerke in den Tiefen des Alls auftauchen. Ein Lächeln glitt über ihr Gesicht.
„Rabbit-1, hier Delta-Command", meldete sich in diesem Moment ihr Funkgerät.
Vashtu fluchte in ihrer Muttersprache, versuchte die Konzentration zu halten. „Ja, was gibt es", zischte sie ungeduldig.
„O'Neill hier. Vashtu, Sie hatten recht. Eine Störung hat den Sprengkopf nicht angezeigt, daher waren wir davon überzeugt, daß Sie sich geirrt haben."
„Habe ich das nicht gesagt?" Sie schüttelte ungeduldig den Kopf und schaltete ihr Mikro wieder frei. „Sir, bei allem Respekt, aber im Moment ist es etwas ungünstig, das auszudiskutieren."
„Sie dürfen die Rakete nicht abfeuern, verstanden?"
„Das ist mir klar, Sir."
Die gegnerischen Jäger kamen immer näher. Würde Mitchell sie im Asteroidenfeld vermuten? Sie war sich nicht sicher.
„Auf keinen Fall abschießen, Vashtu."
Langsam gab sie Schub, als die anderen Jäger an ihr vorbeischossen. „Sir, tut mir leid, aber jetzt nicht."
Sie flog eine enge Kurve, hielt sich immer noch möglichst im Schatten der Gesteinsbrocken und beschleunigte weiter.
Mitchell würde sie es schon noch zeigen! Für was hielt der sie eigentlich? Für eine dumme Pute? Sie hatte schon gegen Wraith gekämpft, als seine Vorfahren noch in Höhlen lebten! Und genau das würde sie ihm jetzt zeigen. Dieser Idiot hatte es nicht anders verdient!
Die anderen F-302 waren nicht mehr als kleine, blinkende Lichter. Doch je mehr Schub sie gab, desto größer wurden sie.
Noch immer hielt sie sich im Schatten der Asteroiden. Und sie wünschte sich, sie könne den Funkverkehr ihrer Gegner überwachen. Aber was nicht war, konnte ja noch werden ...
„Sehen Sie es als zusätzliche Schwierigkeit ..."
Ungeduldig schaltete sie das Funkgerät ab und senkte die F-302 in die Flugbahn der anderen. Dann gab sie noch mehr Schub und aktivierte die Bordgeschütze.

***

„Wo ist sie?" Mitchell blickte sich aufmerksam um.
Er war sich sicher gewesen, die Antikerin hier aufspüren zu können. Aber bis jetzt fehlte jede Spur von ihr. Was er überhaupt nicht verstand. Irgendwo mußte sie doch sein.
„Fox-7, Fox-7, Mayday!"
Mitchell fuhr in dem engen Cockpit herum und konnte gerade noch einen anderen Jäger sehen, der in einer verflucht engen Kurve die Richtung änderte.
„Fox-7, Fox-4, Sie sind getroffen. Ziehen Sie sich zurück", hörte er die Meldung des Command.
„Was?"
Wo war die 3-0-2? So plötzlich, wie sie aufgetaucht war, war sie auch wieder verschwunden.
Mitchell fluchte unterdrückt. „Wo ist sie hin?" fragte er seinen Copiloten.
„Ich habe sie nicht mehr auf dem ... DA!"
Mitchell riß den Kopf hoch und starrte in das Mündungsfeuer eines auf ihn zurasenden Jägers. „Scheiße!" Er riß den Steuerknüppel herum und wich aus. „Neu formieren, aber schnell!" befahl er.
„Fox-2, Sie sind getroffen. Ziehen Sie sich zurück."
Mit zwei Angriffen hatte diese Frau tatsächlich drei Jäger ausgeschaltet ohne selbst einen Treffer einstecken zu müssen. Das ...
„Formation. Einer deckt den anderen. Bei Sichtkontakt sofort feuern", befahl er, senkte die F-302 zur Seite, um seine Position einzunehmen.
„Sie fliegt zum Planeten zurück", meldete Jennings, sein Copilot.
Wo, zum Teufel, wollte dieses Weib hin?

***

Vashtu nahm leicht die Geschwindigkeit zurück und beobachtete das Treiben hinter sich. Gut, drei F-302 waren aus der Formation ausgescherrt und kehrten offensichtlich, ohne sie weiter zu belästigen, zum Planeten zurück. Drei weniger, blieben noch fünf. Und das bedeutete, sie hatte noch zehn Gegner - erträgliche Zahl. Aber wenn es ging, würde sie diese noch weiter verringern.
Sie senkte den Jäger hinab in die Atmosphäre, nahm weiter Schub weg, sobald sie die oberen Schichten durchflogen hatte. Dann wartete sie.
Irgendwann würde Mitchell schon begreifen, daß sie die Nase voll von einem Kampf im All hatte. Wenn sie lange genug nicht zurückkehrte zu ihm und seiner Mannschaft würde er sich wohl gezwungen sehen, ihr doch nachzujagen.
Naja, zumindest vermutete sie das. Möglich, daß auch das Command eingreifen würde und einen von ihnen wieder in das Getümmel zurückbeorderte. Sie hoffte in diesem Fall, daß Mitchell derjenige sein würde, der fliegen mußte.
Vashtu nutzte die Pause, die ihr Manöver ihr gebracht hatte, und öffnete eine der Innentaschen ihrer Überlebensweste. Dann zog sie ein kleines, tragbares Gerät heraus und aktivierte es gedanklich, ehe sie es hinter den Steuerknüppel klemmte und breit grinste.
Soviel dazu, daß man ihr den Energiedetektor abgenommen hatte. Jeder Jumper verfügte schließlich über mindestens ein solches Gerät - und auf dem Herweg war sie einen Jumper geflogen.
Einige kleine Pünktchen näherten sich ihrer Position.
„Braver Junge", lobte sie den Colonel, beschleunigte wieder und ließ die F-302 über die Planetenoberfläche schießen wie eine Kanonenkugel. Dabei fiel ihr ein, daß das Funkgerät noch immer ausgeschaltet war.
Ein ziemlich dicker Minuspunkt, falls das jemand herausfand.
Sie klappte den Schalter wieder um und seufzte ergeben. Irgendwie sehnte sie sich gerade sehr nach Dorns ruhiger Stimme mit seinen knappen Meldungen.
„Delta-Command, Rabbit-1", sagte sie schließlich. „Es muß eine Funkstörung gegeben haben. Ich konnte Sie nicht hören." Um den Rechner würde sie sich später kümmern.

***

„Es schon ein nettes Häschen, das wir da jagen. Was, Sir?"
Mitchell brummte unwillig und behielt die Anzeigen im Auge.
Ja, diese Antikerin sah wirklich nicht schlecht aus, wie bereits gedacht. Aber daß sie so offensichtlich Glück hatte, und das gegen erfahrene Kampfpiloten, das ging über seinen Verstand.
Er erinnerte sich an den Rundflug, den sie in dem Jumper veranstaltet hatte auf dem Herflug. Es mußte wohl genehmigt worden sein, soweit er das verstanden hatte. Die Frage war nur, warum sollte man soetwas genehmigen?
Na schön, sie hatte einige recht nette Einlagen geflogen, nachdem O'Neill sie darum bat. Aber nichts hatte darauf hingedeutet, mit welchem Affenzahn sie durch den Weltraum heizte - und mit welcher Präzession sie drei seiner 3-0-2 ausgeschaltet hatte.
Allmählich kamen ihm doch Zweifel. Er hatte gedacht, dieses unsinnige Manöver so schnell wie möglich beenden zu können. Aber solange sie hinter dem Steuerknüppel einer 3-0-2 saß würde es wohl etwas länger dauern. Seine Hoffnung war es jetzt, Vashtu so schnell wie möglich auszuschalten, wenn sie in den Bodenkampf übergingen.

***

O'Neill mußte ein Lachen unterdrücken, als er Vashtus Funkmeldung hörte.
Funkprobleme, natürlich! Im Eifer des Gefechtes hatte er sich selbst vergessen und sie sehr wahrscheinlich abgelenkt. In seiner aktiven Zeit hätte er nicht viel anders gehandelt.
Trotzdem, wenn man ihr nachweisen konnte, daß sie ihr Funkgerät ausgeschaltet hatte, würde das bei der Beurteilung dieser Übung nicht sehr gut aussehen.
„Die verbliebenen Jäger sind jetzt alle wieder in der Atmosphäre", meldete Hamill.
O'Neill behielt gespannt die Anzeigen im Auge. Er war sicher, die Antikerin würde sie nochmal überraschen, wie sie es schon mit ihrem Überfall auf die Staffel getan hatte.
„Ein sehr interessantes Manöver", kommentierte Walker. „Ich hätte nicht gedacht, daß sie da mit heiler Haut herauskommt."
O'Neill nickte zustimmend.
Ja, das war sein Mädchen!

***

Vashtu flog einen langen Bogen, aktivierte die Bordgeschütze wieder. Ihr Finger schwebte auch kurz über dem Schalter für die eine Missile die ihr überhaupt gegeben war, dann aber zog sie ihn wieder zurück, gab zusätzlichen Schub und raste der geschrumpften Staffel entgegen.
Mal sehen, ob sie nicht vielleicht sogar Mitchell vom Himmel holen konnte. Beim letzten Mal hatte er nur Glück, daß eine andere F-302 sich zwischen sie geschoben hatte. Ob das dieses Mal wieder passieren würde?
Am Horizont tauchte die langgezogene Formation auf. Vashtu nickte beeindruckt, legte den Jäger in eine weite Kurve und ging tiefer. Als sie das Gefühl hatte, der Bauch der Maschine streife die Baumwipfel unter ihr, wechselte sie wieder auf ihren alten Kurs und behielt die Anzeigen auf dem Detektor im Auge.
Wie nicht anders zu erwarten, lösten sich zwei F-302 aus der Formation und kamen ihr direkt entgegen - nur etwas höher als sie. Offensichtlich wollten sie ihre Raketen loswerden.
Und sei es drum!
Vashtu wartete, behielt Kurs, Höhe und Geschwindigkeit bei. Als ein kurzer Ton ihr mitteilte, daß sie im Fadenkreuz von mindestens einem Gegner war, riß sie das Steuer herum. Die weiten Flügel der Maschine rasierten die Baumwipfel. Sie zog den Knüppel an sich heran und raste im Senkrechtflug direkt hinter den beiden Maschinen in den blauen Himmel hinein. Eine Millisekunde später lag die F-302 direkt hinter den beiden. Die Bordgeschütze feuerten kurz, dann riß sie den Jäger wieder zur Seite weg und gab Schub dazu. Wie ein Pfeil schoß sie dicht über den Wäldern davon.

***

"Fox-3, Sie wurden getroffen. Rückkehr zum Delta-Command. Fox-5, sie wurden schwer beschädigt. Ebenfalls Rückkehr."
Mitchell fluchte wieder, kniff die Lippen zusammen.
Das gab es doch nicht! Diese Frau flog wie eine Irre! Sie war mehr als einmal kurzzeitig in der Schußlinie gewesen, aber viel zu weit weg, als daß er präzise hätte schießen können.
„Das Häschen ist gut!" Jennings hinter ihm war offensichtlich beeindruckt.
Mitchell knurrte wieder unwillig.
Dann sollte sie eben gut sein, er war es auch. Und er würde ihr schon zeigen, wer hier der Boß ...
Ein langgezogenes Klingeln riß ihn aus seinen Gedanken.
„Scheiße, die feuert auf uns!" Jennings hinter ihm geriet in hektische Betriebsamkeit.
Eine Rakete hielt auf sie zu.
Mitchell kniff die Lippen zusammen und holte aus seiner Maschine das letzte, was er kriegen konnte, heraus, riß sie dann hoch und hoffte einfach nur das beste. Und dieses Mal hatte er tatsächlich Glück.
Die ungefährliche Rakete jagte knapp unter seiner Maschine durch und fiel in die Bäume.
Jennings atmete hörbar auf.
„Jetzt reicht es mir aber!" schimpfte Mitchell los, riß die Maschine herum und jagte der Antikerin nach, die schon fast wieder den Horizont erreicht hatte.
„Fox-Leader, Delta-Command, kehren Sie in Formation zurück!" sagte eine Stimme über Funk.
„Fox-Geschwader, folgen", befahl er dagegen mit knirschenden Zähnen. „Das Mädchen machen wir platt!"

***

Schade, ihr Plan hatte nicht geklappt. Aber die Schwächen der F-302 herauszufinden und gegen sie einzusetzen, bereitete ihr allmählich Spaß - solange sie nicht betroffen war.
Vashtu beschlich allerdings das Gefühl, die letzte Attacke könnte eine zuviel gewesen sein. Die Jäger folgten ihr, konnten sie zwar nicht einholen, aber sie folgten ihr.
Und was jetzt?
Vashtu kam ein Gedanke. Grinsend aktivierte sie die zweite Rakete, schaltete dann ihr Funkgerät wieder auf Senden: „Delta-Command, Rabbit-1. Ich habe ein Problem mit meiner Maschine. Werde landen, wenn ich es noch kann. Rabbit-1 Ende."
Am Horizont tauchte die zerklüfftete Bergkette auf, die sie bereits bei ihrem ersten Flug über den Planeten in Erwägung gezogen hatte.
Vashtu ließ etwas Treibstoff ab, damit ihre Düsen schön dampften, dann begann sie zu zählen, den Finger immer noch über der Abschußvorrichtung der scharfen Rakete. Als sie bei zehn angekommen war, drückte sie den Knopf und beobachtete, wie ein weißer Kondensstreifen vor ihr die Luft durchschnitt und in den Wald eintauchte.
Sie ließ die Maschine etwas trudeln, senkte sie bis auf die Baumspitzen ab.
Kurz vor ihr krachte es, als die Rakete detonierte. Ein gewaltiger Feuerpilz schraubte sich in die Luft.
Vashtu grinste noch breiter, beschleunigte und raste mitten durch die Flammenwand, um dann Schub wegzunehmen und den Kurs leicht zu ändern. Jetzt flog sie, so niedrig wie möglich, Richtung Bergkette.

***

„Scheiße!"
Mitchell starrte auf den Feuerpilz vor sich. „Oh Mann!" stöhnte er auf.
Das konnte keiner überlebt haben. Die Antikerin mußte tot sein. Wie auch immer sie das geschafft hatte.
„Delta-Command, Fox-Leader", meldete er an den Kommandoposten mit bedrückter Stimme, „ich schätze, Miss Uruhk hat ihren Jäger in die Bäume gejagt."
„Was ist passiert?" ließ sich jetzt O'Neill vernehmen.
Mitchell umflog die Flammenwand, die sich immer noch in den Himmel schraubte. „Keine Ahnung. Die 3-0-2 begann zu trudeln und streifte die Baumwipfel. Dann war sie plötzlich weg und das Feuer brach aus."
„Können Sie irgendetwas erkennen?"
Mitchell sah aufmerksam aus dem Fenster und umkreiste das Feuer noch einmal. „Negativ, Delta-Command. Ich schlage vor, die verbliebene Fox-Einheit begibt sich auf die Suche. Vielleicht ist Miss Uruhk doch mit dem Schleudersitz ausgestiegen. Haben Sie noch irgendetwas auf dem Schirm?"
„Nur Störflecken, Colonel. Aber wir hoffen das beste."
Mitchell biß die Zähne zusammen und wandte seinen Blick vom Feuer ab, um irgendwo in der Umgebung einen Landeplatz zu finden.

***

Vashtu senkte den Feldstecher und nickte ihre Sonnenbrille wieder auf die Nase. Ein breites Grinsen lag auf ihrem Gesicht, als sie sich wieder der F-302 zuwandte, die sie unter einem überhängenden Felsvorsprung geparkt hatte. Kurz berührte sie die Com-Taste ihres Funkgerätes.
„Delta-Command, Rabbit-1", meldete sie sich, während sie wieder in die Maschine kletterte.
„Vashtu? Sind Sie das wirklich?" General O'Neill klang nun wirklich erstaunt.
Sie kletterte auf den Pilotensitz und ließ sich dann nach unten rutschen. In den Taschen ihrer Überlebensweste tastend, betrachtete sie den Rechner der F-302 aufmerksam.
„Ja, Sir, ich bin es", antwortete sie, brachte endlich einen Schraubendreher aus einer ihrer Taschen und begann, das Gehäuse aufzuschrauben. „Tut mir leid wegen dem Feuer, Sir. Die scharfe Missile hatte wohl ... eine Fehlfunktion."
Warum sahen Militärs eigentlich so wenige militärische Filme? Die Idee für dieses Ablenkungsmanöver war ihr gekommen, als sie sich erinnerte, einen solchen im Fernsehen gesehen zu haben. Gut, da war es ein Helicopterkampf gewesen, aber mit Jägern klappte der Trick offensichtlich auch.
„Eine Fehlfunktion." O'Neills Stimme klang trocken.
Aus einer weiteren Tasche förderte sie eine Taschenlampe hervor, nachdem sie das Gehäuse aufgeschraubt hatte, und beleuchtete das Innenleben des Rechners.
„Ja, Sir."
„Zumindest leben Sie."
„Das ist richtig, Sir."
Da war der Speicherchip. Wieder bemühte sie die Tiefen der Taschen.
„Wo sind Sie jetzt?"
Vashtu zögerte, während sie an den Eingaben manipulierte. Sie wollte ihre Position nicht sehr gern weitergeben, solange sie sich nicht wirklich sicher war, daß man sie nicht auch ihren Jägern geben würde.
„Ich sehe es", sagte O'Neill, was sie mit einem Fluch kommentierte. „Gut, dann zeigen Sie jetzt einmal, was Sie im Bodenkampf so drauf haben."
„Sir?"
„Ja?"
Vashtu zögerte, biß sich kurz auf die Lippen.
Wenn sie sich daran erinnerte, wie ihr teilweise in ihrer Zeit mitgespielt worden war, war ihr Mißtrauen durchaus berechtigt. Aber, waren die Menschen auf der Erde wirklich genauso? Würde man ihre Position verraten, um sie schlechter abschneiden zu lassen?
O'Neill traute sie. Er hatte sich bisher immer für sie stark gemacht und ihr geholfen, wenn er konnte. Schon bei ihrem ersten Treffen, kurz nachdem sie auf der Erde angekommen war, war er ihr sympatisch gewesen.
Die Frage war eher, wie weit reichte seine Befugnis in diesem Manöver?
„Was gibt es, Rabbit-1?" wiederholte der General seine Frage.
„Sie ... Sie geben meine Position doch nicht weiter, oder? Ich brauche hier noch ein bißchen Zeit", sagte sie endlich.
„Es gibt keinen Kontakt zwischen Ihnen und der Fox-Einheit, auch über uns nicht. Aber wenn Sie erlauben, würden wir gern Colonel Mitchell darüber informieren, daß Sie noch leben", erklärte O'Neill mit ruhiger Stimme.
Vashtu seufzte und fragte sich, warum ihr überhaupt Zweifel gekommen waren. Doch die Antwort kannte sie selbst. Es war die scharfe Waffe gewesen und die Tatsache, daß man ihr offensichtlich nicht zutraute, die Daten richtig zu lesen. Das hatte sie an Ereignisse erinnert, die zehntausend Jahre zurücklagen.
Sie schraubte das Gehäuse wieder zu und steckte es zurück in seine Verbindung. „Meinetwegen, Sir. Wenn er sich Sorgen macht." Sie rutschte wieder auf den Sitz zurück und machte sich an ihre nächste Aufgabe.

***

„Sie tut was?" Mitchell blieb stehen und starrte vor sich hin. Ein Stein fiel ihm vom Herzen, gleichzeitig aber steigerte sich seine Wut auf die Antikerin. Wieder ließ sie ihn wie einen Schuljungen aussehen, ihn! Einen erfahrenen Kampfpiloten.
„Sie haben richtig gehört. Sie meldete eine Fehlfunktion der Missile und verschwand von den Monitoren, als diese hochging. Sie hat sich in Sicherheit gebracht, Colonel", erklärte O'Neill ihm noch einmal.
Mitchell fluchte, was von Jennings mit einem Stirnrunzeln kommentiert wurde.
„Sie werden jetzt in den Bodenkampf übergehen", fuhr O'Neill fort. „Viel Glück."
„Na toll!" Mitchell beschlich das Gefühl, daß Vashtu das ganze genau so geplant hatte. Daß er wieder in der Defensive war und nicht wußte, wie er sich herauskämpfen sollte. Und ihm fielen die Berichte über sie ein.
Nahkampferfahrung. Gegen Sheppard hatte sie sich auf Atlantis wie eine Partisanin durchgesetzt und einen nach dem anderen aus seinem Team ausgeschaltet. Der militärische Leiter des Außenpostens selbst hatte nur eine Chance gegen sie gehabt, weil er sich, ebenso wie sie, allein durchschlug.
Na toll! Diese Frau hatte fast im Alleingang ein Wraith-Mutterschiff zerstört. Sie hatte auf ihrer ersten eigenen Mission einen recht gefährlichen Warlord ausgeschaltet, obgleich sie ihre eigene Rolle in diesem Unternehmen ziemlich heruntergespielt hatte. Diese Frau hatte im Alleingang den Trust zumindest soweit aufgemischt, daß sie ihren Entführern entkommen konnte.
War sie doch nicht so ... harmlos, wie er gedacht hatte? Aber warum hatte dann Collins immer wieder betont ...
Sie hatte die Jäger beleidigt! Sie hatte in einer fliegenden Mülltonne in ein Manöver gehen wollen! Sie wurde vom IOA hofiert wie eine Königin!
Mitchell kniff kurz die Lippen zusammen, drückte die Com-Taste. „Alle Mann zu mir. Die Vermißte lebt und ist wohlauf."
Jennings nickte beeindruckt. „Ein wirklich gewitztes Häschen."
Mitchell warf seinem Copiloten einen mörderischen Blick zu.

***

Vashtu kletterte einen Baum hinauf und ließ sich in dessen Krone nieder. Dann holte sie ihren Feldstecher hervor und suchte mit seiner Hilfe irgendeinen Anhaltspunkt, wo ihre Verfolger sich wohl verstecken mochten.
Noch immer qualmte die Stelle, an der die Rakete auf dem Boden aufgetroffen war. Der Rauch behinderte etwas ihre Sicht. Doch sie sagte sich, wenn es sie behinderte, würde es auch Mitchell und seine Füchse behindern.
Da! Hinter einem Busch schien sich etwas zu bewegen.
Vashtu grinste, steckte den Feldstecher wieder ein und holte den Detektor heraus. Nachdem sie ihn in die Richtung gehalten hatte, war sie sehr zufrieden mit sich und ihrem Tag.
Als nächstes würde sie sich den Kopf ihrer Verfolger schnappen. Mal sehen, ob Mitchell sie immer noch ärgern würde, wenn sie seiner habhaft geworden war. Und niemand hatte ihr verboten, Gefangene zu nehmen.
Sie kramte einen Energieriegel aus eine ihrer Taschen, öffnete ihn und biß herzhaft hinein. Zum ersten Mal schmeckte das Zeug ihr und sie kaute lächelnd darauf herum.
Mitchell wußte nicht, worauf er sich eingelassen hatte, als er sie beleidigte. Aber bald würde er es erfahren.

TBC ...

22.02.2010

1.12 Möge der Bessere gewinnen ...

TV-Serie: Stargate general
Reihe: SG-V (SG-27)
Genre: action, humor, scifi
Rating: PG


Als Sergeant George Dorn die Turnhalle betrat, blieb er erst einmal einen Moment stirnrunzelnd stehen, ehe er sich zu dem jüngeren Mann auf eine Bank setzte, die beiden Kämpfenden auf der Matte dabei nicht aus den Augen lassend.
Der Jaffa Teal'c umrundete die kleinere Antikerin mit ausdruckslosem Gesicht. Vashtu Uruhk ließ ihn nicht einen Moment aus den Augen. Gegen den muskulösen großen Mann sah sie klein und zierlich aus. So, als hätte sie nicht die geringste Chance.
„Wie steht's, Sir?" murmelte Dorn, beugte sich nach vorn, die Ellenbogen auf die Oberschenkel stützend.
„Für mein Team oder Ihres, Serge?" Lt. Colonel Cameron Mitchell saß entspannt zurückgelehnt an der Wand und beobachtete den scheinbar ungleichen Kampf. „Teal'c hat bisher einen Angriff gewagt, dem Vashtu Uruhk ausweichen konnte. Seitdem umlauern die beiden sich. Wenn Sie mich fragen, ist ihre Team-Leaderin schon so gut wie besiegt."
Dorn lächelte leise in sich hinein, beobachtete weiter die beiden Kämpfenden.
Der große Jaffa wagte gerade wieder einen Angriff. Die Antikerin machte sich schmal und wich auf diese Weise seinem Kampfstab aus, ehe sie den ihren mit seinem kreuzte. Beide Waffen verkeilten sich kurz ineinander, ehe die Kontrahenten sich wieder trennten und erneut begannen, sich zu umrunden.
Dorn nickte annerkennend. Er verstand sehr gut, was die Antikerin da gerade getan hatte, doch das würde er dem höherrangigem Offizier nicht unbedingt auf die Nase binden.
„Teal'c will sie wohl nicht verletzen, was?" Mitchell beugte sich jetzt ebenfalls vor und schubste den Marine mit der Schulter an. „Ist zwar unfair Ihnen gegenüber, aber wie wäre es mit einer Wette?"
Dorn runzelte die Stirn. Ein amüsierter Zug trat um seinen Mund. „Eine Wette, Sir?"
„Ja, genau das meinte ich."
Dorn nickte nachdenklich. „Und um was soll es gehen?"
„Nun, wie wäre es mit einer Runde in unserem Stammlokal?"
Dorn nickte nachdenklich und zog die Wangen ein. Dabei ließ er die beiden Kämpfenden nicht aus den Augen. Doch auf der Matte tat sich noch nichts. Noch immer umrundeten die Kontrahenten sich.
„Na, wie sieht's aus?" Wieder stieß der Colonel ihn kameradschaftlich an.
„Meine Leaderin gewinnt." Dorn richtete sich auf und hielt dem Jüngeren seine Rechte hin. „Abgemacht!"
Mitchell grinste breit und schlug ein. „Klasse, so einfach bin ich schon lange nicht mehr an ein Freibier gekommen."
„Warten Sir es ab, Sir." Dorn drehte sich wieder um, gerade als die Antikerin ihren Angriff startete.
Vashtu sprang vor, duckte sich und täuschte mit dem Stab einen Angriff auf Teal'cs Beine vor. Im letzten Moment aber zog sie ihren Stab hoch und ließ ihn dem Jaffa gegen die Schulter krachen. Aus der Hocke hochkommend wirbelte sie spielerisch herum, senkte den Stab, um mit beiden Händen zupacken zu können. Auf der einen Seite blockte sie seine Waffe ab, während sich das andere in seine Rippen bohrte. Ihre eigene Hebelwirkung nutzend, beugte sie sich in ihre Waffe hinein und zwang ihren Gegner aus dem Gleichgewicht, wirbelte ihren Stab in die Vertikale und traf die andere Schulter, während sie mit der, inzwischen wieder freien Hand nach seinem Stab griff. Teal'c wurde plötzlich herumgeschleudert und fiel schwer auf ein Knie. Sofort war Vashtu hinter ihm und drückte ihre Waffe gegen seine Kehle.
Mitchell starrte ungläubig auf das, was sich da vor seinen Augen abspielte, Dorn lehnte sich entspannt mit einem zufriedenen Grinsen zurück und nickte.
Wenn er auch nicht unbedingt die Entscheidungen seiner Leaderin befürworten konnte, aber auf ihre Kampfkunst konnte er sich verlassen. Irgendwie brachte sie es selbst in einer ausweglosen Situation fertig, eine Lösung zu finden und sich und ihr Team zu retten. Dorn wagte sich gar nicht vorzustellen, was sie wohl vor zehntausend Jahren alles angestellt hatte, als sie für ihr Volk gegen die Wraith kämpfte.
Die beiden ungleichen Kontrahenten erhoben sich und verbeugten sich rituell voreinander.
„Ein sehr guter Kampf, Vashtu Uruhk", sagte der Jaffa mit seiner tiefen Stimme. „Wir sollten das so bald wie möglich wiederholen."
„Du bist der erste, der als Gegner wirklich würdig ist in dieser Zeit", antwortete die Antikerin. „Ich würde weitere Trainingsstunden wirklich begrüßen, Teal'c."
„Ich bin gern bereit dazu, Vashtu Uruhk. Nach den Wettkämpfen."
Sie lächelte. „Stimmt. Und ich bedanke mich noch einmal für die Einladung. Sofern nichts anderes ansteht, bin ich gern die Kampfrichterin für die Jaffa." Sie klopfte ihm auf den Arm, sammelte ihre Sachen ein und verschwand hinter der Tür der Umkleidekabine.
„Was war das denn?" Mitchell erhob sich und trat dem Jaffa entgegen, der der Antikerin mit einem gefälligen Nicken nachsah. „Hey, ich hatte auf dich gesetzt!"
Teal'c drehte sich zu seinem Leader um und hob eine Braue. „Gegen jemanden wie sie zu bestehen, erfordert eine Menge Geschick und Glück. Sie besitzt das Herz und die Seele einer Hak'tyl. Hätte ich nicht einen Fehler begangen und sie ihre Fremdzellen nicht eingesetzt, vielleicht hätte ich diesen Trainingskampf gewonnen. Wir beide sind gleichwertig, Colonel Mitchell."
Dorn saß noch immer auf der Bank und grinste vor sich hin.
„Das sah für mich aber anders aus." Der hochgewachsene Air-Force-Offizier kreuzte die Arme vor der Brust und musterte die Tür zur Umkleidekabine.
Dorn erhob sich seufzend wieder und schlenderte Richtung Ausgang. Dabei wagte er den Umweg und trat dicht an Mitchell heran. „Eine Runde, wie ausgemacht."

***

Eine Stunde später betrat Vashtu das Büro von General Landry. Überrascht blieb sie in der Tür stehen, als sie Colonel Mitchell auf dem zweiten Stuhl vor dessen Schreibtisch sitzen sah. Der Offizier drehte sich zu ihr um, sein Gesicht wurde nachdenklich.
Hatte sie Mitchell nicht vor einer halben Stunde noch in der Kantine mit Collins, dem Leader von SG-15, zusammensitzen sehen? Sie meinte, sich zu erinnern, daß die beiden vertraulich die Köpfe zusammengesteckt und getuschelt hatten, als sie sich ihren Tee und ein Sandwich holte.
„Miss Uruhk, kommen Sie bitte herein." Landrys Stimme klang freundlich.
Vashtu runzelte die Stirn, schloß aber die Tür hinter sich. Mißtrauisch musterte sie den Colonel.
„Setzen Sie sich."
Immer noch Mitchell im Auge behaltend setzte sie sich auf den Stuhl, lehnte sich zurück und kreuzte die Arme vor der Brust. Die Beine streckte sie aus, um es ein wenig bequemer zu haben. Dafür allerdings erntete sie gleich einen undefinierbaren Blick von Landry. Augenblicklich setzte sie sich auf.
Der General nickte, blätterte in seinen Unterlagen. „Dann ist also alles geklärt, Miss Uruhk. Es stehen nur noch einige abschließende Tests aus, aber gerade das dürfte für Sie kein Problem darstellen."
Vashtu nickte.
Sie hatte mit sich gerungen, sich dann aber doch für das Angebot, das Landry ihr im Namen der Vereinigten Staaten gemacht hatte, entschieden. Es war der einfachste und beste Weg nach Atlantis, wenn auch nur jeweils für einige Tage. Außerdem hoffte sie, nicht mehr ständig den Kontrollstuhl auf Antarktica vor Augen haben zu müssen, sobald die Sprache auf die Ori kam.
„Darf ich fragen, wie die Tests bisher gelaufen sind?" erkundigte sie sich.
Landry blickte kurz auf. „Für Sie bisher sehr gut, wie nicht anders zu erwarten war. Einige kleinere Schwächen, vor allem in Astrophysik, aber dennoch ein erstaunliches Allgemeinwissen." Er schloß die neue Akte und sah hoch. „Waren alle Antiker so gebildet wie Sie?"
„Mehr oder weniger, Sir." Sie zog eine Grimasse.
„Das ist ja jetzt gut und schön." Mitchell beugte sich vor, aus den Augenwinkeln die Antikerin musternd. „Aber was hat das zu bedeuten, Sir? Warum haben Sie mich holen lassen?"
„Es geht um einige abschließende Übungen, Colonel." Landry richtete sich in seinem Sessel wieder auf und behielt jetzt beide im Auge. „Miss Uruhk wird wohl demnächst in unsere Streitkräften aufgenommen, Colonel. Wir testen noch einmal Ihr Können, um sie genauer beurteilen zu können."
Ein verwirrter Blick traf die Antikerin. „Sie werden was?"
Vashtu kniff die Lippen aufeinander.
„Das Angebot lautete auf den Rang eines Majors, Colonel", fuhr Landry in aller Ruhe fort. „Eines Majors der Air Force."
Wieder traf sie ein irritierter Blick, dieses Mal aber schon deutlich düsterer.
„Und aus diesem Grund habe ich Sie kommen lassen. Colonel, Miss Uruhk. Sie werden ein Manöver durchführen. In kontrollierter Situation unter Beobachtung durch den Generalstab. Miss Uruhk, Sie haben außerdem die Aufgabe, die Beobachter auf den Planeten einzufliegen, damit diese sich auch einen Eindruck über Ihren Umgang mit den Puddlejumpern machen können."
Vashtu nickte. „Ja, Sir."
„Angekommen auf der Delta-Basis steigen Sie in eine F-302 um. Aufgabe des Manövers: Simulation eines Luft- und Bodenkampfes hinter den feindlichen Linien unter gefechtsnahen Bedingungen. Colonel, Sie werden Miss Uruhk jagen und versuchen, sie unschädlich zu machen."
Wieder ein düsterer Blick. „Soll das ein Witz sein? Haben Sie denn überhaupt schon in einer 3-0-2 gesessen?"
Vashtu sah Mitchell kurz verächtlich an, ehe sie sich wieder an Landry wandte. „Ich könnte auch mit dem Jumper ..."
Der General schüttelte resulut den Kopf. „Ihre zukünftige Aufgabe mit den Jumpern ist die eines Transporteurs, Miss Uruhk, und keine Gefechte. Wir sind nicht in der Pegasus-Galaxie."
Vashtu verzog wieder das Gesicht. „Ja, Sir."
„Also haben Sie eine 3-0-2 noch nicht geflogen. Wird ja reizend!" Mitchell ließ sich wieder zurücksinken und kreuzte demonstrativ die Arme vor der Brust, während er genervt den Kopf schüttelte.
„Ich habe eine F-302 durchaus bereits geflogen, Lt. Colonel. Nur sind diese Fluggeräte, bei aller Beweglichkeit, ein wenig träge in der Steuerung", entgegnete sie. „Bis jetzt war ich es gewohnt, unter Gefechtsbedingungen Puddlejumper zu fliegen. Ich gebe gern zu, eine F-302 ist wesentlich wendiger, doch sie erfordert auch eine wesentlich höhere Anstrengung für den Piloten." Vashtu stockte, drehte sich wieder Landry zu. „Wer ist mein Copilot?"
„Sie fliegen allein. Wir simulieren einen Ausfall Ihres Copiloten. Können Sie damit leben?"
Sie nickte.
Sie wußte, worum es wirklich ging und warum Landry ihr kein Team zugestand. Noch immer war da ihr letzter Fremdwelteinsatz, der wie ein dicker roter Fleck über ihrem Leben lag. Ihr Aggressionspotenzial hatte sich gesteigert und sie Dinge tun lassen, von denen sie normalerweise die Finger ließ. Was jetzt kam, hatte sich schon die letzten Wochen angekündigt. Sie mußte beweisen, daß sie sich wieder im Griff hatte.
„Beginn des Manövers: Morgen um Dreizehnhundert", sagte Landry abschließend und klappte die Akte zu.
Vashtu riß die Augen auf. „Aber ..." Sofort schloß sie den Mund wieder und verfluchte sich im Stillen.
Die Wettkämpfe der Jaffa würden heute abend beginnen. Die Wettkämpfe, bei denen sie die Kampfrichterin sein sollte.
Landry sah sie forschend an, und sie spürte auch Mitchells Blick auf sich.
Diese Wettkämpfe waren ihr Privatvergnügen. Und wenn alles gut lief, würden sie sich in regelmäßigen Abständen wiederholen. Das Angebot der Erde dagegen würde sehr wahrscheinlich einmalig sein. Wenn sie diese Chance ausließ, würde sie sich nicht wiederholen.
Vashtu schluckte die Enttäuschung hinunter. Sie hatte sich wirklich darauf gefreut, mit Teal'c zusammen die Spiele zu eröffnen und dann ... Aber ihr eigenes Leben ging vor, ihre eigene Zukunft.
Auf einen weiteren fragenden Blick des Generals hin schüttelte sie nur stumm den Kopf.
„Gut, dann würde ich vorschlagen, Sie bereiten alles vor." Landry sah Mitchell auffordernd an.
Der erhob sich, nicht ohne einen letzten Blick auf die Antikerin, und ging. Vashtu dagegen blieb sitzen. Sie zögerte, dann aber gab sie sich einen Ruck.
Sie mußte danach fragen, so unangenehm es ihr auch war. Sie würde ihr Team nicht im Stich lassen, nicht einen ihrer Männer! Und da konnte er noch so sehr selbst an der Misere schuld sein, in der SG-27 jetzt steckte.
„Sir", fragte sie, nachdem der Colonel den Raum verlassen hatte, „ich weiß, es kommt vielleicht zu einem ungünstigen Zeitpunkt, aber gibt es Fortschritte in der anderen Sache?"
Landry sah sie sinnend an, neigte dann leicht den Kopf von einer auf die andere Seite. „Dr. Dimitrinov hat herausgefunden, warum Sie so heftig auf das künstlich zugeführte ATA-Gen reagieren. Wenn Sie das als Fortschritt bezeichnen wollen?"
Vashtu beugte sich vor. „Und was ist der Grund dafür, daß ich Babbis' Gedanken lesen kann?"
„Sie scheinen auf einer Wellenlänge zu liegen. Darum können Sie seine Gedanken hören." Landry schmunzelte. „Wie es aussieht, werden die Alphawellen des Gehirns verändert, nachdem das Gen künstlich verabreicht wurde. Sie haben das Pech, daß Ihre Wellen im gleichen Bereich liegen wie die der Gentherapierten. Und darum können Sie deren Gedanken lesen."
Vashtu riß die Augen auf. „Aber ... dann müßten sie sich doch auch untereinander hören können!"
„Sie vergessen, daß unser Gehirn ... Nun, bei uns sind viele Bereiche stillgelegt, die bei Ihnen aktiviert sind. Sie haben ohnehin offensichtlich eine gewisse Begabung für Telepathie, Miss Uruhk. Vielleicht durch die Wraith-Zellen in Ihrem Inneren, vielleicht auch von Natur aus. Immerhin werden viele der erhaltenen Geräte Ihres Volkes mittels gewisser gedanklicher Befehle gesteuert. Bei Menschen, die sich der ATA-Therapie unterziehen, ist das anders. Ihr Gehirn bleibt auf dem gleichen Standard wie zuvor, soweit zumindest Dr. Dimitrinov."
Sie nagte nachdenklich an ihrer Unterlippe. „Dann muß ich also eigentlich nur versuchen, meine Gehirnwellen irgendwie in eine andere Frequenz einzuschwingen ..." Und wie?
„Oder Sie müssen Gentherapierten in Zukunft aus dem Weg gehen."
Sie schüttelte sofort den Kopf. „Ich will Babbis in meinem Team behalten. Ich werde wohl ein bißchen zaubern müssen, wenn ich wiederkomme." Sie seufzte.
„Tun sie mir nur einen Gefallen und lassen Sie die Jungs ganz, Miss Uruhk. Sie wissen, das wird auch ein Test Ihrer Selbstbeherrschung."
Sie nickte nachdenklich.

***

Vashtu saß auf dem Pilotensitz des Puddlejumpers, ging zur Sicherheit noch einmal die Untersysteme des AI-fähigen Rechners durch, als Mitchell das Cockpit betrat und sich aufmerksam umsah.
„So sieht er also aus, wenn er aktiviert ist, wie?"
Die Antikerin überflog die letzten Statusmeldungen, ließ die Anzeige dann verlöschen und drehte sich um. „Ja, so sieht er aus, wenn er aktiviert und bereit zum Start ist", antwortete sie.
Mitchell sah sich interessiert um, ließ sich dann auf dem Sitz des Copiloten nieder und musterte sie genau. „Wie wollen Sie es haben? Ich wäre für die sanfte Tour."
Die Antikerin stutzte, schüttelte dann den Kopf und kontrollierte sorgfältig die verschiedenen Hebel und Knöpfe vor sich.
„Lehnen Sie sich einfach entspannt zurück und melden Treffer. Dann haben wir es hinter uns", fuhr Mitchell fort.
„Und was soll das werden?" Sanft strich sie über die Lenkung, um diese zu kontrollieren.
„Ein Puddlejumper ist nicht mit einer 3-0-2 zu vergleichen, Miss Uruhk."
Sie hob eine Braue, sah jetzt doch auf und musterte ihren Nachbarn. „Wir sollen ein Manöver durchführen, Lt. Colonel, keine Farce. Strengen Sie sich und Ihre Männer an, dann tue ich das auch."
Mitchell schürzte die Lippen und lehnte sich zurück. „Berichtigen Sie mich, aber sagten Sie zu Landry nicht etwas wie, Sie wollten einen Puddlejumper in dieses Manöver fliegen?"
„Hätte ich auch gern getan. Einfach, damit der Stab auch darüber einen Bericht verfaßt. Aber ich soll in eine F-302. Dann werde ich eben die fliegen."
„Und sagten Sie nicht, es sei anstrengend, einen Jäger zu fliegen?" fuhr Mitchell fort.
Vashtu kniff kurz die Lippen aufeinander, drehte sich ganz zu ihm um. „Ein Jumper fliegt auch mittels der Gedanken seines Piloten, Lt. Colonel. Waffensysteme, Zieleinrichtung, Tarnmodus. All das und noch ein bißchen mehr steuere ich mit meinem Gehirn. Eine F-302 hat diese Einrichtungen nicht, ich muß alles selbst machen, mit meinen Händen. Das empfinde ich als langsam und anstrengend", erklärte sie.
Mitchell nickte nachdenklich. „Also sind Jäger in Ihren Augen lahme Enten, weil Sie sie nicht 'denken' können."
„Sozusagen. Aber ich bin durchaus in der Lage, eine F-302 zu fliegen, wenn Sie das meinen. Bisher ist mir, ehrlich gesagt, noch nichts untergekommen, was ich nicht habe fliegen können, Lt. Colonel. Geben Sie mir ein wie auch immer geartetes Fluggerät, und ich bringe Sie hin, wohin Sie wollen."
„Tatsächlich ..." Sinnend sah er sie an, nickte wieder.
„Ja, tatsächlich." Sie wandte sich wieder ihrer Diagnose zu.
„Sie meinen also allen Ernstes, diese fliegende Tonne könne gegen einen hochmodernen Hybrid-Jäger bestehen?" Mitchell schüttelte den Kopf.
Vashtu stutzte. „Wie bitte?" Augenblicklich verengten sich ihre Augen zu schmalen Schlitzen, als sie herumwirbelte.
Mitchell lehnte sich zurück und klopfte mit den Fingern einen Takt auf dem inaktiven Arbeitsfeld vor sich. „Sie haben mich schon verstanden. Ein Puddlejumper gegen eine F-302. Das ist lächerlich! Ich würde Sie eher vom Himmel holen, als Ihnen lieb ist."
Vashtu kniff die Lippen aufeinander. „Eine ... Tonne?" knirschte sie.
Mitchell nickte. „Diese Dinger sehen doch aus wie fliegende Mülltonnen. Wenn man dagegen das schnittige Design einer 3-0-2 bedenkt ..."
„Eure nachgemachten Goa'uld-Todesgleiter, meinen Sie wohl!" Vashtu schnaubte ungehalten. „Die noch dazu nur eine begrenzte Kapazität verfügen und ... Ach, gab es da nicht in der ersten Baureihe diesen Hinweis darauf, daß sie über Sprungtechnik verfügen sollten?"
„Der Hyperantrieb ist noch nicht ganz funktionsbereit", gab Mitchell, jetzt deutlich angesäuert, zu. „Aber das hat nichts damit zu tun. Wenn etwas eine lahme Ente ist, dann doch wohl eher dieser Puddlejumper."
Vashtu lachte bitter auf. „Noch nicht ganz funktionsbereit!" äffte sie die Stimme des Colonels nach. „Es hat seinen Grund, warum Klein-Fluggeräte nicht über Hyperraumtechnologie verfügen, selbst als mein Volk noch lebte. Der Energieverbrauch ist zu hoch." Wieder blinzelte sie, richtete sich dann auf. „Und was die lahme Ente angeht ... ich schätze, mit einem Puddlejumper kann ich mindestens ebenso schnell fliegen wie Sie eine F-302."
Ein amüsiertes Grinsen zuckte um seine Mundwinkel. „Diese Mülltonne soll so schnell sein wie eine 3-0-2?"
„Schneller!" herrschte Vashtu ihn wütend an.
Mitchell richtete sich wieder auf und beugte sich vor. „Sie wollen also mit dieser Mülltonne sogar noch schneller sein als ich in einer 3-0-2? Vergessen Sie es!"
„Man ist in einer F-302 viel zu abgelenkt, um ihre Ressourcen wirklich nutzen zu können, Lt. Colonel", entgegnete Vashtu gereizt.
„Sie sollen ja auch nicht auf dem Rechner Solitaire spielen, sondern sich aufs Fliegen konzentrieren!" Nun blitzte auch Wut in Mitchells blauen Augen auf. „Ich sehe schon, wie es laufen wird. Binnen einiger Minuten habe ich Sie vom Himmel gefegt, Miss Uruhk!"
„Das hätten Sie wohl gern, Lt. Colonel Mitchell! Eher fege ich Sie vom Himmel - ach was, ich radiere Sie aus! Und wenn nicht oben, dann unten!"
In Mitchells Augen leuchtete es auf. „Dann denken Sie also, Sie können gegen mich und meinen Männern in unbekanntem Terrain bestehen?"
Sie nickte. „Sie sollten die Berichte von Lt. Colonel Sheppard lesen, Sir. Ich habe das bereits bewiesen. Und das ohne Projektilwaffen, wie sie sie mir jetzt zugestanden werden."
„Da waren Sie aber auf vertrautem Gelände."
Überrascht sah sie Mitchell an, sagte aber nichts.
„Jetzt führen wir eine Übung unter Gefechtsbedingungen durch, Miss Uruhk. Die Frage ist, wie gut sind Sie wirklich?" Mitchell grinste. „Sie treten da nicht gegen einen verkappten Hubschrauberpiloten und einen Haufen unerfahrenere Marines an, sondern gegen erfahrene Männer, die alle Nah- und Einzelkämpferqualitäten besitzen und bereits eine Anzahl gefährlicher Einsätze überlebt haben."
„Wir werden ja sehen, wer die bessere ist." Ein kühles Lächeln glitt über ihr Gesicht.
Mitchell sah sie immer noch an, dann richtete er sich mit einem Ruck auf und hielt ihr seine Rechte hin. „Gut, dann wetten wir."
Sie stutzte wieder. „Wetten? Um was?"
„Ganz einfach." Mitchell nickte. „Wenn ich Sie außer Gefecht setzen kann während der Übung, schulden Sie mir ein Essen. Wir gehen irgendwann nett aus, Sie im Kleinen Schwarzen, und plaudern und lernen uns näher kennen."
„Kleines Schwarzes?" Was sollte das denn nun wieder bedeuten?
Mitchell nickte. „Ja, Kleines Schwarzes."
Vashtu schüttelte den Kopf und drehte sich wieder zur Konsole um.
„Was sagen Sie?"
Ihr kam ein Gedanke. Ein spitzbübisches Lächeln glitt kurz über ihre Lippen, als sie sich aufrichtete, und wurde zu einem Glitzern in ihren Augen. „Okay, Lt. Colonel", sagte sie und schlug ein. „Und wenn ich gewinne, erscheinen Sie zu diesem Dinner im Kleinen Schwarzen."

***

Pünktlich am nächsten Tag erschien General Landry mit den Gästen, die sie fliegen sollte. Die Antikerin lächelte, als sie unter den doch recht bierernsten Gesichtern der anderen hochrangigen Offiziere General Jack O'Neill erkannte. Als Schlußlicht betrat auch noch ein Zivilist mit zurückweichendem Haaransatz den Lagerraum.
„Meine Herren, das ist die Antikerin Vashtu Uruhk", stellte General Landry sie vor und blieb neben ihr stehen.
Vashtu verbeugte sich freundlich. „Willkommen, Sirs."
Landry reichte ihr ein Klemmbrett. „Ihr Flugplan, Miss Uruhk."
Sie nickte, schlug kurz die erste Seite auf und überflog den Inhalt. Dann wurden ihre Augen groß und sie sah wieder hoch, direkt in ein verschwörerisches Zwinkern von O'Neill. Sie lächelte wieder und deutete ein Nicken an.
Colonel Mitchell joggte nun auch noch in den Lagerraum, blieb stocksteif stehen und salutierte vor den höherrangigen Militärs. Doch der einzige, der wirklich Notiz davon zu nehmen schien, war wiederum O'Neill, der dem Jüngeren den Gruß abnahm.
„Nun wäre vielleicht ein guter Zeitpunkt, sich miteinander bekannt zu machen. Miss Uruhk, das sind General Taylor -" Ein schmallippiger, sehr groß gewachsener Mann nickte ihr zu „-, General Baxter -" Ein freundliches Lächeln, zumindest der Versuch, auf einem Bulldoggengesicht „-, Admiral Reaves -" Der Mann, der einzige in einer weißen Uniform musterte sie aufmerksam „- General Walker -" Er war der älteste in der Runde. Auf seiner Uniform blitzten eine Menge Abzeichen und Orden. „-, General O'Neill kennen Sie ja -" Wieder ein verschmitztes Lächeln und kurzes Nicken. „- und, für das IOA, Mr. Woolsey." Der Zivilist mit dem verkniffen wirkenden Gesicht und dem, weit nach oben gewichenen Haaransatz, musterte sie forschend, nickte ihr dann zu. Doch sie hatte wirklich das Gefühl, dieses Nicken galt eher ihm selbst.
„Nun, meine Herren", wandte Landry sich an den Generalstab, „wenn Sie noch Fragen an Miss Uruhk haben sollten, wäre jetzt vielleicht der beste Moment dafür. Sobald Sie auf der Delta-Basis eingetroffen sind, wird unsere Anwärterin sich bereit machen, damit das Manöver so schnell wie möglich beginnen kann."
Der Admiral trat vor. „Man sagte uns, Sie verfügten über keinerlei militärische Ausbildung. Dennoch scheinen General O'Neill und General Landry davon überzeugt zu sein, es sei besser, Ihnen einen militärischen Status zuzubilligen. Wie kommt das?"
Vashtu holte tief Atem, schwang die Arme auf ihren Rücken und umklammerte den Flugplan. „Nun, Sir, Admiral, zu meiner Zeit, das heißt, als mein Volk noch lebte, stand Atlantis unter Belagerung. Ich versuchte immer wieder, diese Belagerung zu brechen. Dabei habe ich mir dann wohl auch das eine oder andere angeeignet."
„Sie waren also noch nie Mitglied irgendeiner Armee?" ließ sich jetzt das Bulldoggengesicht vernehmen.
Vashtu biß sich auf die Lippen. „Ich ... Nicht richtig, Sir, General, Sir", antwortete sie, sah wie O'Neill stutzte.
„Was heißt, nicht richtig?" Wieder Bulldoggengesicht.
„Für einige wenige Einsätze wurde ich dem Militär unterstellt, im Auftrag des regierenden Rates von Atlantis, Sir."
„Und Ihr Status?" fragte jetzt O'Neill.
Sie schüttelte den Kopf. „Das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen, Sir. Ich mußte Befehle von dem jeweiligen Einsatzleiter entgegennehmen. Aber meist lief es darauf hinaus, daß ich jemanden aus einem Wraith-Schiff holen sollte und ohnehin auf mich allein gestellt war. Man ging davon aus, daß die Fremdzellen in mir ein Nähren verhinderten."
O'Neill zog die Brauen zusammen. Ein Schauder schien ihn zu überlaufen allein bei der Vorstellung, einem Wraith gegenüberzustehen.
„Tun sie das?" Taylor.
„Das weiß ich nicht, Sir. Bisher ist es mir immer gelungen, einem solchen Versuch auszuweichen." Wieder kniff sie die Lippen zusammen. „Allerdings wissen wir jetzt, daß die Wraith auch durchaus nicht vor Kannibalismus zurückschrecken. Gut möglich, daß ich für sie ... unbekömmlich bin. Aber es ist ebenso gut möglich, daß sie mich als Leckerbissen betrachen würden."
„Ihre Fremdzellen ... Was genau hat es damit auf sich und wie wirkt es sich auf Sie aus, Miss Uruhk?" erkundigte sich wieder der Admiral.
Vashtu verzog das Gesicht und nickte. „Die Gentherapie besteht aus drei Komponenten, Sirs. Eine Lösung für gewisse ... Probleme zu finden war nicht einfach, aber schließlich ist es doch gelungen. Meine eigenen Genome wurden mit der des Iratus-Käfers, eines entfernten Verwandten der Wraith, verbunden. Diese Verbindung ist notwendig für den nächsten Schritt, nämlich das Zuführen der Wraith-Zellen. Alle drei Komponenten verbinden sich auf meiner Zellulärebene und geben mir damit gewisse Möglichkeiten. Ich bin schneller und ausdauernder als ein normaler Mensch, wenn auch vielleicht nicht sehr viel schneller. Ich kann meine Körperkräfte bewußt steigern, verfüge über ein recht großes Heilungspotenzial, solange ich genügend Nahrung zu mir nehme. Zum Teil habe ich sogar Einfluß auf mein Erscheinungsbild. Nicht zu unterschätzen ist die Möglichkeit, die mir die Wraith-Zellen bieten, in Form einer sehr ausgeprägten Langlebigkeit. Wraith-Gene verkürzen sich mit der Zeit nicht, wie es menschliche Gene tun. Sie haben keinen zusätzlichen Anhang. Auf diese Weise altere ich sehr langsam, wenn überhaupt. In den zehntausend Jahren, die ich auf Atlantis ausharrte, bin ich vielleicht vom Aussehen her um fünf bis zehn Jahre gealtert."
„Sie haben Einfluß auf Ihr Erscheinungsbild?" Es war das erste Mal, daß Woolsey sprach.
Vashtu konzentrierte sich und schloß die Augen. Als sie sie wieder öffnete und aufblickte, waren ihre Pupillen riesengroß, tintenschwarz und vertikal geschlitzt. Die Männer gingen auf Abstand, abgesehen von O'Neill, der verschmitzt grinste.
Vashtu blinzelte, richtete sich wieder auf. „Mit diesem kleinen Trick ist es mir bisher gelungen, einige Mitglieder der Lucian Alliance soweit einzuschüchtern, daß sie mich als Verbündete betrachten", erklärte sie.
„Dies und Ihr Geschick, sich auf sie einzustellen, Miss Uruhk. Stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel", mischte General Landry sich nun ein. „Miss Uruhk hat tatsächlich eine erstaunliche Fähigkeit bei Fremdwelteinsätzen gezeigt. Als Team-Leaderin hat sie sich ebenfalls hervorragend bewährt."
„Nachdem einer dieser Einsätze fast in einer Katastrophe endete, meinen Sie", entgegnete Baxter. Mißtrauisch sah er die Antikerin an.
„Zu Anfang gab es gewisse Mißverständnisse", räumte Landry ein. „Doch diese haben sich inzwischen aufgeklärt. Miss Uruhk zeigt also, daß sie auch fähig ist, sich anzupassen. Sie will mit uns zusammenarbeiten."
„Darum wurde ihr ja wohl auch dieses Angebot unterbreitet", erklärte der Admiral, musterte sie stirnrunzelnd. „Miss Uruhk, verzeihen Sie, aber ... Nun, sie sehen nicht sehr gefährlich aus in meinen Augen. Es fällt mir schwer, Sie mit dem in Verbindung zu bringen, was ich über Sie gelesen habe."
„Ich sehe das als Vorteil an, Sir", erklärte Vashtu. „Üblicherweise werde ich unterschätzt, bis es dann zu spät ist, Sir." Ihr Blick fiel auf Mitchell, der sich diese ganze Fragestunde bisher amüsiert angehört hatte.
„Nun", O'Neill ergriff jetzt das Wort, „warum wir hier zusammengekommen sind, ist teils etwas anderes. Miss Uruhk verfügt über eine gewisse Begabung für das Fliegen, das sie uns auch gleich unter Beweis stellen wird, meine Herren." Wieder ein Grinsen.
Sie nickte, umklammerte den Flugplan nun noch fester.
„Darf ich fragen, wann Sie das erste Mal selbst geflogen sind?" O'Neill lächelte wieder.
Sie runzelte die Stirn und sah ihn fragend an.
„Lassen Sie diese Jahrtausende einfach weg, okay?"
Sie nickte. „Das war ... in meinem zwölften Lebensjahr, Sir. Das erste Mal geflogen bin ich noch als Kind, und ich war fasziniert. Der Status meiner Familie ermöglichte es mir, daß ich mir nach und nach das Wissen um den Umgang mit den Puddlejumpern aneignen konnte. Später flog ich auch andere Maschinen, meist von mir erbeutete Wraith-Darts, Sir."
„Und seit Sie auf der Erde sind?" Wieder Baxter. Interssiert kreuzte er die Arme vor der Brust und neigte den Kopf.
Vashtu hob die Brauen. „Nun", setzte sie an, „man gab mir die Möglichkeit, mit verschiedenen Maschinen zu fliegen, Sir. Helicopter, verschiedene Jäger und Bomber, Sportmaschinen, die F-302 und einen kleinen Goa'uld-Frachter."
„Sie hat in einem Tarnkappenbomber unglaubliche Stunts aufgeführt." O'Neill lächelte stolz. „Geben Sie dieser Dame etwas, von dem Sie meinen, es könne fliegen, und sie wird es fliegen. Miss Uruhk, diese Begabung an Ihnen steht sicher nicht zur Diskussion."
Ein kritischer Blick von Mitchell traf sie, ließ das Lächeln auf ihrem Gesicht fast zu einem Grinsen werden. „Danke, Sir." Sie neigte den Kopf.
„Dann sollten Sie jetzt aufbrechen", schlug Landry vor. „Miss Uruhk, viel Glück." Er reichte ihr die Hand und beugte sich zu ihr hinunter. „Und denken Sie daran, lassen Sie die anderen möglichst unbeschädigt", flüsterte er ihr ins Ohr.
Vashtu nickte. „Ja, Sir." Sie drehte sich um und machte eine einladende Geste. „Wenn Sie bitte einsteigen wollen, meine Herren. Machen Sie es sich bequem, wir fliegen in wenigen Minuten."
Mitchell ging mit einem scheelen Blick an ihr vorbei und wartete, bis die anderen einstiegen, ehe er sich wieder in die Kanzel trollte.
Vashtu verzog unwillig das Gesicht, zeichnete den Flugplan ab und reichte ihn Landry. Der nickte ihr noch einmal aufmunternd zu. „Sie schaffen das, da bin ich mir sicher."
„Danke, Sir."
Mit Schwung nahm sie die Rampe hoch und schloß die Heckluke, während sie bereits auf dem Weg ins Cockpit war. Mitchell hatte es sich wieder auf dem Sitz des Copiloten bequem gemacht und beobachtete sie mißtrauisch, als sie sich niederließ und die Maschinen startete.
„Was für Stunts haben Sie denn in einem Staelth-Fighter hingelegt?" fragte der Colonel schließlich.
„Ich hatte ein Maschinenproblem", antwortete sie ausweichend, ließ die Routinen hochfahren. „Konnte das aber gut überspielen."
„Und das heißt?"
Sie warf ihm einen Blick zu. „Das heißt, ich wäre fast abgeschmiert mit dem Ding. Fünf Meter über dem Boden konnte ich die Maschinen endlich wieder starten."
Unruhe kam in das Cockpit, als General O'Neill sich hineinschob, im Schlepptau Mr. Woolsey. „Wenn Sie nichts dagegen haben, Vashtu", sagte er.
Sie schüttelte den Kopf. „Kein Problem, Sir." Sie öffnete die Funkverbindung. „Alle Systeme auf go", meldete sie.
O'Neill setzte sich hinter sie und blickte aus dem riesigen Frontfenster.
„Jumper 1, Sie haben freien Flug", meldete sich die Kommandozentrale.
Ein breites Grinsen huschte über Vashtus Gesicht. „Können Sie das bitte wiederholen? Nur die Bezeichnung."
„Sie haben grünes Licht, Jumper 1", antwortete der Techniker etwas irritiert. „Gibt es ein Problem mit der Funkverbindung?"
Vashtu ließ den Gleiter vom Boden abheben und sacht zur Luke schweben. „Nein, Sir", antwortete sie mit einem breiten Grinsen. „Das war eher ein Insiderwitz. Kein Problem."
Die Luke öffnete sich, vorsichtig ließ sie den Jumper hinunterschweben. Im Torraum war nicht allzu viel Platz. Sie mußte verteufelt aufpassen, nicht schon jetzt in das Feld des Autopiloten zu gelangen.
„Jumper 1, übernehmen Sie die Einwahl. DHD hat Kontrolle."
Wieder dieses breite, sehr zufriedene Grinsen auf ihrem Gesicht. „Ja, Walter." Sie wählte die Symbole an und blickte wieder nach draußen. Das schwache, bläuliche Leuchten des Wurmlochs konnte sie an der Wand hinter dem Tor sehen.
„Iris öffnen", befahl sie.
O'Neill beugte sich weiter vor, beobachtete sie über ihre Schulter hinweg.
Der Metallschild des Stargates wurde eingefahren, statt dessen erhob sich jetzt die freie Fläche des Wurmlochs vor ihnen.
„Startfreigabe. Jumper 1, viel Glück."
Sie nickte verschmitzt. „Ich liebe diese Bezeichnung!" entfuhr es ihr. Kurz und sanft gab sie ein wenig Geschwindigkeit, überließ sich dann dem Autopiloten.
Der Jumper verschwand im Wurmloch, tauchte auf der anderen Seite auf einem freien Feld wieder auf.
Vashtu zog den Gleiter hoch und genoß einfach nur den Flug und die anerkennenden Blicke, die O'Neill ihr über ihre Schulter sandte.

TBC ...