30.05.2010

1.20 Das Angesicht des Feindes 2/4

TV-Serie: Stargate general
Reihe: SG-V (SG-27)
Genre: action, adventure, humor
Rating: PG


Dr. Peter Babbis starrte noch immer auf den leeren Sitz, über den er sich gebeugt hatte. Dann ruckte sein Kopf wieder hoch und er blickte mit geweiteten Augen hinaus in die grenzenlosen Weiten des Weltalls.
Das Supergate kam immer näher. Die Triebwerke des Puddlejumpers funktionierten offensichtlich noch, auch wenn sie niemand mehr bediente. Und er und die zwei anderen männlichen Teammitglieder von SG-27 befanden sich in diesem Fluggerät.
"Was ist?" wandte sich eine Stimme von hinten an ihn.
Keuchend wirbelte er herum und starrte zu Sergeant George Dorn hinüber. „Vashtu ..." entfuhr es ihm.
Dorns Blick glitt zu dem leeren Pilotensitz. Ein Ruck ging durch seinen Körper, dann sah er wieder auf.
Peter schluckte. „Ich weiß nicht, was wir jetzt tun sollen. Ich kann nicht fliegen. Können Sie es?"
Dorn starrte ihn immer noch an, als könne er ihm die Antwort geben, die der alternde Marine offensichtlich brauchte.
Peters Lippen zitterten vor Anspannung. Sein Atem ging keuchend.
Sie rasten auf ein Supergate der Ori zu, und wenn er Vashtus Worten glauben konnte, und er zweifelte nicht daran, daß sie die Wahrheit gesagt hatte, war irgendetwas an diesem Puddlejumper defekt, wenn er sich auch nicht mehr wirklich daran erinnerte, was.
"Übel", brachte Dorn endlich heraus.
Peter nickte, sah wieder auf den leeren Sitz hinunter und schluckte hart. Dann hob er langsam seine Hände, in der Hoffnung, noch irgendetwas ändern zu können an dem, was hier gerade geschah. Doch der Antrieb des Jumpers summte weiter.
"Ganz übel", kommentierte Dorn.
"Was sollen wir tun?" Peter sah hilfesuchend wieder auf. „Was können wir tun?"
Dorn starrte ihn an. „Wir? Nichts", antwortete er mit ruhiger, tiefer Stimme. „Sie können fliegen, Doc."
Das war keine Frage, wie er im ersten Moment gehofft hatte. Nein, es war eine Feststellung. Und Dorn hatte noch dazu recht.
Peter ging auf, daß er jetzt der einzige im Jumper war, der über das ATA-Gen verfügte, wenn auch nur die künstliche Variante. Wallace und Dorn konnten gar nichts tun, denn die Puddlejumper der Antiker reagierten nur auf solche, die eben auch dieses Gen trugen.
"Aber ..."
Dorn starrte ihn durchdringend an, schwieg jetzt aber.
Peter fühlte sich, als würde er allmählich auf die Größe einer Maus zusammenschrumpfen.
Er hatte noch nie am Steuer von etwas anderem als einem irdischen Automobil gesessen. Wie sollte er da einen Jumper fliegen können? Wie denn überhaupt? Vashtu hatte ihm nicht erklärt, was er zu tun hatte, oder?
"Sie fliegen, Doc", wiederholte Dorn mit ruhiger Stimme.
Peter drehte sich wieder zu der riesigen Frontscheibe herum und atmete kurz und hektisch.
Das Supergate wurde immer größer. Schon jetzt besaß es, im wahrsten Sinne des Wortes, gigantische Dimensionen. Und es wurde immer größer, je näher sie kamen.
Dann weiteten sich seine Augen wieder. Ein Stöhnen entrang sich seiner Kehle.
Dorn drängte sich an seine Seite, sah jetzt ebenfalls hinaus, um sich stocksteif aufzurichten.
"Es wird aktiviert!"
"Sie fliegen, Doc. Jetzt!" Dorns Stimme klang noch tiefer als sonst, mit einem leichten Timbre.
"Aber ich bin noch nie geflogen!" entgegnete der junge Wissenschaftler.
"Dann werden Sie es lernen!" herrschte der Marine ihn plötzlich an.
"Was ist los?" fragte eine dritte Stimme aus der Kabine des kleinen Gleiters.
Peter und Dorn wechselten einen Blick, und plötzlich kam hektische Betriebsamkeit in sie beide. Der Marine ließ sich auf dem Copilotensitz nieder, der junge Wissenschaftler schlüpfte auf den Platz, den die Antikerin vorher eingenommen hatte.
"Wenn ich irgendetwas kaputt mache, werden Sie das dem Major erklären", sagte Peter, griff nach den beiden kleinen Steuerelementen.
"Nur ruhig. Bringen Sie uns hier weg, ehe ein Unglück geschieht", entgegnete Dorn. Doch noch immer war da ein nervöser Unterton in seiner Stimme, den jemand, der den Marine inzwischen so gut kannte wie Peter Babbis, deutlich wahrnehmen konnte.
Der junge Wissenschaftler kniff die Lippen fest aufeinander und konzentrierte sich auf das, was er tun mußte: Fliegen!

***

Als Vashtu Uruhk die Augen wieder öffnete, starrte sie nicht mehr aus dem Frontfenster eines Puddlejumpers, sondern aus dem eines wesentlich größeren Schiffes. Eines Schiffes, das sie sogar kannte, ging ihr einen Moment später auf, als sie endlich die Hände sinken ließ und sich aufrichtete und umdrehte.
"Major Uruhk, wie es aussieht, haben wir Sie gerade noch rechtzeitig da herausgeholt." Colonel Caldwell lächelte sie an.
Vashtu versteifte sich, sah erst nach rechts, dann nach links, drehte sich noch einmal zu dem großen Fenster und starrte hinaus.
Das Supergate, auf das sie gerade noch zugerast war, schob sich aus der Schwärze des Weltalls, doch von hier wirkte es auf sie lange nicht so bedrohlich wie noch vor einigen Minuten. Wenn sie ganz genau hinsah, meinte sie sogar, den winzigen Flecken des Jumpers ausmachen zu können, der immer noch auf das gewaltige Tor zuraste.
"Major? Sollten Sie ... Wo haben Sie Ihre Uniform?"
Vashtu blinzelte, drehte sich wieder zum Kommandoposten um und starrte Caldwell groß an. „Wo sind meine Männer?" fragte sie endlich.
Der Colonel blinzelte irritiert. „Ihre Männer, Major?" fragte er.
Vashtu nickte. „Sie waren mit mir in dem Jump..." Sie drehte sich wieder zu dem Frontfenster um und sog scharf Luft in ihre Lungen. „Sie sind immer noch da drin!"
"Major Uruhk, wovon reden Sie? Wie sind Sie mit einem Puddlejumper bis hierher gekommen? Und was sollte dieser Notruf?" Caldwells Stimme klang etwas schärfer.
Vashtu drehte sich wieder um, erwiderte seinen Blick. „Ich bin nicht mit einem Jumper bis hierher gekommen, wir haben ihn gefunden - auf P7X-998! Und dort wurden wir ... ein Prior tauchte dort auf. Wir hatten Mühe, den Gleiter überhaupt in die Luft zu kriegen. Die Steuerung ist so gut wie defekt, ganz zu schweigen davon, welche Probleme wir hatten, überhaupt die Triebwerke starten zu können."
Caldwells Brauen schoben sich bei diesen Worten immer mehr zusammen. Er wechselte einen Blick mit seinem Navigator. „Dann kommen Sie nicht aus Atlantis?" fragte er.
Sie winkte ab. „Mein Dienst ist dort beendet für diesen Monat. Holen Sie meine Männer da heraus, Colonel!" Vashtus Stimme gewann an Schärfe.
Caldwell sah sie einen Moment lang durchdringend an. „Und wo kam dieser Puddlejumper her?"
Vashtu holte wieder tief Atem, ballte die Hände zu Fäusten. „Das weiß ich nicht!" Ihre Stimme bebte leicht bei diesen Worten. „Holen Sie endlich meine Männer da heraus, ehe sie ... Der Jumper hielt direkt auf das Tor zu, verdammt! Wenn Sie sie nicht hierher holen, werden sie daran zerschellen!"
Wieder tauschte Caldwell einen Blick mit seinem Navigator. „Das können wir nicht. Der Jumper ist inzwischen außer Reichweite."
Vashtu biß die Zähne fest aufeinander, trat einen Schritt näher. „Dann fliegen Sie wieder in Reichweite, verdammt! Ich werde nicht dastehen und zusehen, wie mein Team stirbt, Colonel! Tun Sie endlich etwas!"
Caldwell richtete sich auf und starrte sie durchdringend an. „Major, ich glaube, Sie vergessen sich!" Allmählich klang auch er mühsam beherrscht. „Wir können nicht näher an das Supergate heran, verstehen Sie? Wir sind auf dem Weg nach Atlantis."
"Toll! Trotzdem können Sie doch wohl kurz einige Meilen vom Kurs abweichen und SG-27 retten!"
"Major, ich warne Sie!" Wieder versuchte Caldwell, sie niederzustarren, doch Erfolg hatte er keinen zu verzeichnen. „Wir haben eine Meldung an die Erde abgesetzt, um ihnen wegen des Supergates Bescheid zu geben. Wir warten auf Antwort."
"Das können Sie auch, wenn Sie eine Rettungsmission durchführen", widersprach die Antikerin.
Caldwell beugte sich vor. „Major, ich warne Sie das letzte Mal. Wir werden gar nichts tun, ehe wir nicht einen, wie auch immer lautenden Befehl von der Erde haben."
Vashtus Kiefer mahlten, in ihren Augen lag kalte Wut. „Dann frage ich eben Hermiod!" Damit wandte sie sich ab und marschierte strammen Schrittes von der Brücke.
Caldwell fluchte, stand dann auf und folgte ihr.

***

Einige Minuten später betrat die Antikerin die technische Station, hielt sofort auf den Asgard zu, der hinter seinem Pult stand und einige Eingaben vornahm.
Der kleine Außerirdische sah auf, als er ihre Schritte hörte. „Willkommen, Vashtu Uruhk", begrüßte er sie.
Vashtu wischte diese Worte mit einer entschiedenen Geste zur Seite. „Was fällt dir ein, mich aus dem Jumper zu beamen und mein Team dort zurückzulassen?" fuhr sie ihn an, während sie noch das Funkgerät an ihrem Ohr befestigte.
Ein lautes Hicksen hinter ihr ließ sie kurz den Kopf drehen.
"'tschuldigung." Dr. Novak grinste verschämt, hickste wieder.
"Das Transportsystem scheint einen Fehler aufzuweisen, Vashtu Uruhk", antwortete der Asgard jetzt endlich. „Ich konnte nicht mehr als deine Signatur lesen."
Die Antikerin drehte sich wieder zu ihm um und funkelte ihn an. „Soll das ein Scherz sein?" fragte sie mißtrauisch, begleitet von einem weiteren, unterdrückten Schluckauf.
Hermiod blinzelte zweimal. „Nein, ich fürchte nicht. Ich arbeite im Moment an einer Neueinstellung des Systems. Dabei ist mir wohl ein Fehler unterlaufen."
Vashtu stützte sich mit beiden Händen auf sein Kontrollpult und funkelte ihn an. „Dann such den Fehler und mach ihn rückgängig. Meine Leute rasen auf ein Supergate zu. Und laut dem Kurs, den ich habe berechnen lassen, werden sie in eines der Verbindungselemente knallen."
Wieder ein Hicksen.
"Major Uruhk!"
Vashtu sah auf, sich noch immer schwer auf das Pult stützend. „Colonel Caldwell?" fragte sie mit kalter Stimme.
Hermiod tastete auf seinem Panel herum.
"Ich war noch nicht fertig mit Ihnen, Major. Solange Sie hier an Bord sind, werden Sie meinen Befehlen gehorchen, haben Sie das verstanden? Ich bin der Kommandant. Offensichtlich hat Ihnen im SGC noch niemand so richtig erklärt, was Sie zu tun und zu lassen haben, treffen Sie auf einen ranghöheren Offizier!"
Der Schluckauf von Novak wurde deutlicher, die einzelnen Hickser folgten jetzt direkt aufeinander.
Vashtu richtete sich wieder auf und begegnete Caldwells Starren mit kalter Miene. „Solange ein Offizier meine Anerkennung verdient, werde ich mich ihm beugen, Colonel. Aber was Sie hier gerade tun ... Sie riskieren das Leben von drei guten Männern! Das werde ich nicht übergehen. Wenn ich etwas tun kann, werde ich das auch tun, verdammt!"
"Ich lasse meine Autorität von Ihnen nicht untergraben, Major. Von Ihnen erst recht nicht!"
Dr. Novak drückte sich an der Antikerin vorbei und nahm Deckung hinter dem Pult des Asgard.
"Es ist mir vollkommen gleichgültig, was Sie denken, das ich tue oder nicht. Ich werde meine Männer da herausholen, Colonel, ob es Ihnen nun paßt oder nicht!" Vashtu fuhr herum und schlug mit der flachen Hand auf das Pult. „Mach zu, Hermiod! Sonst lasse ich dich nie wieder beim Schach gewinnen!"
"Colonel?" flüsterte plötzlich eine Stimme in ihrem Ohr.
Vashtu richtete sich stocksteif auf, sah zu dem Kommandanten der Daedalus hinüber. Auch der stand da und lauschte. Offensichtlich hatte man entweder die Leitung offen gelassen oder sie dummerweise ein Funkgerät erwischt, das auf dem gleichen Kanal wie seines lief.
"Was gibt es?" Caldwell drehte sich um.
Vashtu holte tief Atem, sagte aber nichts.
"Das Supergate wird gerade aktiviert", antwortete die Stimme in ihrem Ohr.
Vashtus Augen weiteten sich entsetzt. „Ist der Jumper noch immer auf Kurs?" fragte sie dann, nachdem sie auf den Ohrstecker getippt hatte.
Caldwell wirbelte mit funkelnden Augen zu ihr herum.
"Sir?" fragte die Stimme.
Sie erwiderte sein erneutes Starren, dann kam ihr plötzlich ein Gedanke. Sie richtete sich auf, biß sich ungeduldig auf die Lippen.
"Sie haben die Frage gehört." Caldwell hatte tief Luft geholt, ehe er ihre Worte zuließ.
Vashtu ging jede Wette darauf ein, daß er der Meinung war, sie habe sich absichtlich ein Funkgerät gegriffen, das auf seinem Kanal lief.
"Ja, Sir, Mam, der Puddlejumper hält immer noch auf das Tor zu. Laut dem berechneten Kurs hat der Major recht. Der Jumper wird auf eines der Verbindungsglieder treffen. Allerdings ... wird wahrscheinlich vorher der Schild des Tores diesen entweder abprallen oder ... zerschellen lassen."
"Haben Sie Funkkontakt zum Jumper?" Vashtu drehte sich geschäftig wieder zum Pult um, hatte Caldwell vollkommen vergessen.
"Mam?" Die Stimme klang irritiert.
"Ich fragte, ob wir über Funk in Kontakt mit den restlichen Mitgliedern von SG-27 aufnehmen können", wiederholte sie ungeduldig ihre Frage, fing Hermiods Blick ein.
"Was haben Sie vor, Major?" fragte Caldwell hinter ihr.
"Ich ... wir haben das noch nicht versucht."
"Dann versuchen Sie es jetzt, Lieutanent!" befahl sie. „Und du kannst den Beamstrahl auf die Funkwellen ausrichten. Du hast das mindestens schon einmal getan, Hermiod!"
Der Asgard nickte. „Eine interessante Idee."
"Dann setz sie auch um!"
"Major Uruhk, wenn Sie ..."
Vashtu wirbelte wieder herum. „Ich lasse meine Männer nicht zurück, Colonel! Vielleicht kann der Jumper Schaden am Tor anrichten. Aber mein Team will ich dann wohlbehalten hier an Bord der Daedalus sehen."
"Sie werden hier keine Befehle geben, Major!"
Sie trat einen Schritt näher. „Wenn Sie es nicht tun, Colonel, werde ich das eben sein, ob es Ihnen paßt oder nicht! Einer muß die Verantwortung übernehmen."

TBC ...

22.05.2010

Das Angesicht des Feindes 1/4 IV

"Ich soll was?" Ratlos wechselte Peter mit Dorn einen Blick, drückte dann die Com-Taste. „Ich kann den Jumper nicht starten. Erst einmal weiß ich nicht wie, und dann scheint immer noch keine Energie in die Triebwerke zu fließen", meldete er.
Ein Fluch. „Der Prior ist hinter mir. Verdammt, konzentrieren Sie sich darauf, den Jumper in die Luft zu kriegen. Ich habe keine Ahnung, ob der die Kiste zerlegen kann!" Ihre Stimme klang gehetzt. „Der Kerl hat übersinnliche Kräfte."
"Das wissen wir." Peter nickte, wandte sich wieder seinem Pad zu und kontrollierte die Wartungsbucht in aller Eile.
Ein Prior, ausgerechnet! Als hätten sie nicht schon genug Schwierigkeiten mit dieser Energiesignatur über ihren Köpfen?

***

Vashtu hetzte wie ein Hase über das Feld, bog dann, als sie hoffte, in sicherer Entfernung zu sein, ab und warf sich flach auf den Boden.
Hoffentlich reichte es aus, daß sie den Prior in die falsche Richtung gelockt hatte. Noch mehr Zeit wollte sie nicht verlieren, vor allem, wenn es Peter noch immer nicht gelungen war, den Jumper in die Luft zu bringen.
Langsam richtete sie sich wieder in eine kniende Position auf und reckte den Hals. Erstaunt blinzelte sie, als sie den Prior weit hinter sich auf sich zumarschieren sah.
Der Kerl hatte wirklich keine Eile. Mußte sehr von sich überzeugt sein.
Irgendwie flößte ihr das jetzt doch Respekt ein. Auf der anderen Seite wußte sie, sie durfte ihn nicht zu dicht an sich herankommen lassen.
Sie kam wieder auf die Beine, eilte geduckt weiter, bis sie hoffte, außerhalb seines Blickfeldes zu sein, dann richtete sie sich auf und spurtete los.
Vielleicht hatten sie jetzt eine Chance, das Tor zu durchschreiten. Landry würde ihr ohnehin wieder einen Vortrag halten, daß sie sich dem Prior gestellt hatte. Die Ori sollten so lange wie möglich im Unklaren darüber gelassen werden, daß es sie gab.
Andererseits, es hatte auch nicht den leisesten Hinweis auf Priorenaktivitäten gegeben auf diesem Planeten. Mindestens drei Teams vor ihnen hatten die Energie, die der Jumper offensichtlich ausstrahlte, gemessen, und nicht eines der jeweiligen Mitglieder hatte etwas davon gesagt. Im Gegenteil war man im SGC der Meinung gewesen, daß dieser Planet sogar sehr sicher war, dadurch daß er so offensichtlich verlassen war.
Vashtu verlangsamte ihre Schritte etwas, als sie in die Nähe des Jumpers kam. Ihr Herz schlug ein wenig schneller, aber ihr Atem war normal geblieben bei ihrer Rennerei. Auch wenn sie auf der Erde keinen Sport aktiv ausübte, verfügte sie noch immer über eine erstaunliche Ausdauer.
Sie warf noch einen Blick über die Schulter, doch sie konnte nichts ausmachen. Dann joggte sie in die Büsche und setzte zu einem letzten, kurzen Spurt an. Ihre bestiefelten Füße knallten hart auf das Metall der Rampe, als sie sie hinaufjoggte. Sofort schloß sie die Heckklappe von innen, fühlte sich aber nicht einen Deut sicherer.
"Da sind Sie ja endlich!" Peter seufzte erleichtert.
Vashtu sah ihn starr an. „Fliegt er jetzt?"
Der junge Wissenschaftler starrte sie einen Moment lang an, dann schüttelte er den Kopf.
Vashtu stieß einen unterdrückten Fluch in ihrer Muttersprache aus, drängte sich an ihm und Wallace vorbei ins Cockpit und setzte sich wieder auf den Pilotensitz.
Als sie sich konzentrierte, sprangen dieses Mal zumindest die holografischen Anzeigen an. Zumindest etwas, wie sie seufzend feststellte.
"Machen Sie schneller, Peter. Ich weiß nicht, wieviel Zeit uns noch bleibt. Der Kerl war mir auf den Fersen", rief sie nach hinten, erntete nun ihrerseits eine wahre Kanonade an Flüchen.
"Wenn ich wüßte, was ich tue, würde es wahrscheinlich wesentlich schneller gehen, verdammt!" herrschte Babbis sie schließlich an.
Dorn, der auf dem Co-Pilotensitz saß, grinste. Dann aber, nach einem Blick aus dem großen Frontfenster, fiel sein Gesicht regelrecht in sich zusammen.
Vashtu, die sich gerade wieder hatte erheben wollen, um ihrem Teammitglied zu Hilfe zu kommen, riß den Kopf herum und erstarrte.
Wie kam der denn so schnell hierher?
Der Prior kam den Pfad herunter, zielsicher hielt er direkt auf sie zu. Seinen Stab hatte er wieder zurück, das hatte sie vorher nicht wirklich wahrgenommen.
Vashtu fluchte, riß sich von dem Anblick los und stürzte nach hinten.
"Kleine, nichts unüberlegtes!" rief Dorn ihr nach.

***

Peter sah unwillig zu ihr hinunter, als Vashtu nach hinten kam. Er fühlte sich nicht wirklich überfordert, doch zumindest hätte er gern nähere Angaben zu dem gehabt, was er hier gerade tat. Aber, wie er kurz hatte sehen können, waren zumindest wieder die Anzeigen online, was ihn nun auch wieder ein wenig stolz machte.
"Was wollen Sie?" herrschte er sie an.
Vashtu schob sich an ihm vorbei, öffnete die nächste Klappe. „Versuchen Sie es hier. Hier stecken die Triebwerkskristalle. Und machen Sie, zum Kuckuck nochmal, schnell, Peter!"
"Ich kann so nicht arbeiten. Ich brauche Zeit!"
Die Antikerin funkelte ihn an und wollte nach dem Pad greifen.
In diesem Moment beugte Wallace sich vor. Der Agrarwissenschaftler saß als einziger auf einer der beiden Bänke, die sich die Längstseiten des Jumpers entlangzogen. „Oh mein Gott!" stieß er hervor und richtete sich unwillkürlich auf.
Das Verbindungskabel spannte sich, als Peter zurückgestoßen wurde von seinem Kollegen. Er sah, wie Vashtus Augen sich entsetzt weiteten. Ihm selbst blieb wirklich die Luft weg.
Er krachte unsanft gegen den anderen Sitz und ächzte, das Pad immer noch mit beiden Händen umklammert. Und hinter ihm klirrte etwas auf den Boden.
"Der Prior!" stieß Wallace entsetzt aus.
Peter starrte auf den Boden des Jumpers, hob dann langsam den Kopf und sah die Antikerin an. Auch Vashtu stand, mit blassem Gesicht, wie erstarrt da und sah auf das nieder, was einmal ein Datenkristall des Jumpers gewesen war.
"Die Kristalle sind erodiert!" stieß der junge Wissenschaftler schließlich hervor. „Sonst hätte der nicht zerspringen dürfen."
Vashtu holte tief Atem, dann nickte sie, drehte sich mit einem steifen Ruck um und beugte sich über die Sitze. „Helfen Sie mir. Wir brauchen den Antrieb - und das schnell!"
"Aber ... der Prior!" stieß Wallace hervor, erntete dafür einen mörderischen Blick aus zwei Paar Augen.
Peter richtete sich wieder auf und riß, nachdem er das Pad sorgsam auf dem Sitz deponiert hatte, an der Wandverkleidung, bis diese nachgab. Dahinter lagen die leuchtenden Kabel, die den Jumper mit Energie versorgten.
"Major!" rief Dorn von vorn.
"Gleich!" Vashtus Stimme klang ungeduldig. Sie beugte sich, an der Seite von Peter, dem ihre Nähe bewußter war als er zugeben wollte, über die Verbindungen.
"Eine ganze Menge", kommentierte er.
Sie nickte, richtete sich dann wieder auf und drückte auf einen Punkt nahe der Heckluke. Eine kleine Tür sprang auf. „Wechseln Sie die Kristalle in dem Abschnitt, den ich geöffnet habe", sagte sie. Ihre Stimme klang nun doch etwas gehetzt. „Und machen Sie so schnell Sie können. Nicht Schönheit, nur der Erfolg zählt. Der Prior ist hinter mir her."
Sie drückte sich wieder an ihm vorbei, noch ehe er ihre Worte richtig verarbeitet hatte.
Peter schob Wallace unwillig auf die Bank zurück, richtete sich dann auf und begann, in Windeseile, die Kristalle zu kontrollieren.

***

Vashtu beugte sich über die Konsolen und starrte an Dorns Seite nach draußen.
"Der kommt immer näher. Und der Stab ..." Der Marine brach ab.
Vashtu nickte stumm, auch sie konnte es sehen. Der Stab, den der Prior mit sich führte, leuchtete. Allmählich ging ihr auf, daß sie sich geirrt hatte, was die Funktion dieses Hilfsmittels betraf. Der Prior würde nicht kämpfen, er hatte etwas ganz anderes vor. Und sie wollte schon nicht mehr auf diesem Planeten sein, wenn er seinen Plan in die Tat umsetzte.
Sie glitt auf den Pilotensitz, startete wieder die Anzeigen und wühlte sich durch die Dateien. Ihr Herz blieb fast stehen, als der AI-fähige Rechner des Jumpers ihr die letzte Meldung übermittelte. „Keine Drohnen mehr!" Sie ächzte, drehte sich um. „Peter, machen Sie schneller!"

***

Peter knurrte etwas unwilliges, drückte Wallace einen der Kristalle in die Hand. „Knall ihn irgendwo gegen", befahl er mit harter Stimme.
"Was?" Wallace sah ihn groß an.
"Schlag ihn gegen die Wand, verdammt! Ich muß wissen, ob er noch funktioniert", herrschte er seinen Kollegen an.
Wallace blinzelte, tat aber, was ihm aufgetragen worden war, wenn auch sehr sanft.
Peter schüttelte unwillig den Kopf. „So fest du kannst, James! Wir haben keine Zeit mehr!" Kurz warf er einen Blick durch die Öffnung ins Cockpit.
Wallace atmete tief ein, holte Schwung und knallte den Datenkristall so hart wie möglich gegen die Verkleidung. Er hielt.
Befriedigt nahm Peter ihm das Speichermedium wieder ab und schob es in seine Halterung. „Versuchen Sie es jetzt!" rief er nach vorn und drehte sich um.
Stotternd nahmen die Triebwerke ihren Dienst auf. Der Jumper ruckelte unwillig auf der Stelle.
Peter atmete tief ein, schloß die Klappe und hielt sich dann irgendwo fest, den Blick noch immer auf die große Frontscheibe geklebt.
Wieder stotterten die Triebwerke. Er hörte die Antikerin fluchen und preßte die Kiefer fest aufeinander. „Mach schon, du dämliche Kiste!" stieß er endlich hervor.
Eine Sekunde später hob der Puddlejumper endlich vom Boden ab.
Peter atmete auf und ließ sich auf den Sitz, Wallace gegenüber, sinken.

***

Vashtu kämpfte mit dem intelligenten Gleiter, dessen Triebwerke immer wieder ihren Dienst versagen wollten. Sie führte ihnen mehr Energie zu, während sie versuchte, an Höhe zu gewinnen. Sie mußten hier weg, und das so schnell wie möglich. Sie biß sich auf die Lippen, als das Gerät unter ihr wegsacken wollte, gab noch mehr Schub.
Endlich schien die künstliche Intelligenz zu begreifen, was geschah. Vashtu fühlte die leisen, fragenden Finger in ihrem Hirn. Und endlich setzte der Gleiter sich in Bewegung und schoß in den Himmel hinauf.
Sie ließ sich erleichtert in den Sitz zurücksinken.
"War knapp", kommentierte Dorn trocken und klopfte ihr auf den Arm.
Sie nickte und atmete aus.

***

Peter erhob sich einige Minuten später wieder, als Dorn nach hinten kam, drängte sich an dem Marine vorbei und betrat das Cockpit.
"Machen Sie das nie wieder!" herrschte er die Antikerin an. „Ich kann unter Druck nicht arbeiten."
Sie warf ihm einen halben Blick zu und begann zu grinsen. „Dafür haben Sie sich aber sehr gut geschlagen", entgegnete sie.
Erst jetzt ging ihm auf, wo sie sich befanden. Er beugte sich über ihren Sitz, stützte die andere Hand auf die Kante des DHDs und staunte. „Wow!"
Vashtu nickte lächelnd. „Ich hoffe nur, der Prior braucht zumindest Luft zum Atmen. Wenn der uns hinterher kommt, haben wir wirklich ein Problem."
Peter starrte hinaus in die Schwärze des Alls. Die Sterne leuchteten hier nicht mit der gleichen Intensität wie auf den Planeten, die er bis jetzt besucht hatte. Und sie schienen auch weiter entfernt zu sein. Die Sonne, gegen die er vor weniger als einer halben Stunde hatte anblinzeln müssen, gab bei weitem nicht so viel Licht ab hier. Alles schien in Finsternis getaucht. Die näheren Planeten zeichneten sich als Halbmonde in dieser Schwärze ab.
Er wurde erst wieder aufmerksam, als Vashtu begann, an einer bestimmten Anzeige zu arbeiten. Die Darstellung des Hologramms änderte sich. Mit dem bißchen Antikisch, das er sich inzwischen angeeignet hatte, konnte er nicht wirklich lesen, was da stand. Doch irgendwie beruhigte ihn die Anzeige, denn weder blinkte sie, noch leuchtete sie in irgendeiner Signalfarbe.
"Hier SG-27, Major Uruhk. Falls mich jemand hören kann, wir sind auf der Flucht vor einem Prior in einem defekten Puddlejumper unterwegs. Mayday! Mayday! Irgendein Schiff in der Nähe?" Vashtu sank in ihren Sitz zurück und aktivierte offensichtlich irgendetwas.
"Was tun Sie da?" Peter beugte sich vor und verfolgte die nächste Meldung.
"Ich setze einen Notruf ab, Peter. Die Steuerung des Jumpers ist defekt." Sie hob die Hände von den Kontrollen und fuhr sich mit ihnen durch ihr kurzes, verstrubbeltes Haar.
Peter nickte und kniff die Lippen zusammen. „Das kriegen wir nicht wieder hin, denken Sie?"
"Ich kann nicht umdrehen, und von den anderen Planeten dieses Systems wissen wir nichts." Sie schüttelte den Kopf. „Um an die Steuerung zu kommen, müssen wir nach draußen. Schlechter Gedanke, glauben Sie mir. Mehr als vielleicht ein oder zwei Minuten halte selbst ich das nicht aus."
Seine Augen wurden groß. Mit einem Ruck senkte er den Kopf und starrte sie an. „Sie können im All überleben?"
Sie zuckte mit den Schultern. „Nicht wirklich und nicht lange", antwortete sie. „Und ich darf nicht in der Nähe irgendeiner großen Anziehungskraft geraten, die meinen Körper zerquetschen könnte. Aber so ... wie gesagt, ein oder zwei Minuten." Sie blickte zu ihm hoch und lächelte. „Gute Arbeit! Wenn wir wieder auf der Erde sind, werde ich Landry bitten, mir einen Puddlejumper zu leihen und Ihnen beibringen, wie man damit fliegt."
Peter lachte bitter auf. „Das brauche ich nicht wirklich."
Vashtu senkte den Blick wieder, und erstarrte. Entgeistert beugte sie sich vor. Alles Blut schien aus ihrem Gesicht gewichen zu sein. „Oh nein!" keuchte sie entsetzt.
"Was?" Peter blickte nun auch wieder auf. Seine Augen wurden groß. „Mein Gott!" stöhnte er.
Da draußen, in der Schwärze des Alls, hing wie festgeklebt ein gewaltiges Rund aus Metall. Von hier aus sah es noch klein und unscheinbar aus, doch das täuschte, wie er wußte.
"Ein Supergate! Das wollte der Prior auf dem Planeten!" keuchte er, beugte sich weiter vor.
Der Jumper hielt genau auf das Gate zu. Mit jeder Sekunde wurde es größer und größer. Allmählich begann er, die wirklichen Dimensionen zu erahnen.
Ein greller Lichtschein ließ ihn blinzeln, ein eigenartiges Geräusch zirpte in seinem Ohr, doch er kümmerte sich nicht wirklich darum. Er starrte weiter auf das, was da auf sie zukam.
"Was machen wir jetzt?" fragte er schließlich und blickte wieder hinunter ... auf einen leeren Sitz.
Vashtu Uruhk war verschwunden!

Fortsetzung in Teil 2

20.05.2010

Das Angesicht des Feindes 1/4 III

Das Licht sprang flackernd an, nachdem sich deutlich widerstrebend die Heckluke geöffnet hatte. Vashtu lugte mit langem Hals in das Innere des Jumpers, konnte aber nichts feststellen. Die beiden Bankreihen an den Wänden wirkten vollkommen normal, und ein erster Blick ins Cockpit verriet ihr auch noch nichts wesentliches.
"Wo kommt der her?" fragte Peter an ihrer Seite, ebenfalls vorsichtig das Innere betrachtend.
Vashtu zuckte mit den Schultern, fand endlich den Mut, den Gleiter zu betreten und sah sich forschend um. „Scheint noch vollkommen intakt zu sein. Zumindest sind keine Beschädigungen auszumachen", sagte sie dann.
"Und wie er aussieht, steht er hier schon eine ganze Weile", setzte Peter hinzu.
Vashtu nickte, schritt munter aus und sah erst einmal um die Ecke, ehe sie das Cockpit betrat. Auch hier sprangen die Lichter automatisch an. „Muß die Energieanzeige gewesen sein, die die anderen Teams gemessen haben. Daß die das übersehen konnten ..." Sie beugte sich über die Kontrollen und musterte sie aufmerksam.
"Wirklich keine Beschädigungen. Aber warum sollte irgendjemand hier einen Jumper abstellen?" Peters Stimme klang verwirrt.
Vashtu faßte neuen Mut und ließ sich auf den Pilotensitz gleiten. „Keine Ahnung. Aber ich schätze, wir werden es herausfinden." Sie legte ihre Hände auf die beiden Kontrollen und konzentrierte sich.
"Was machen Sie denn da?" Peter trat von hinten an sie heran und beobachtete sie.
Vashtu nahm die Hände von den Steuerelementen und runzelte die Stirn. „Okay, ich schätze, ich weiß, warum er hier zurückgelassen wurde. Er springt nicht an." Stirnrunzelnd blickte sie durch das große Frontfenster nach draußen, konzentrierte sich auf die Hologrammdarstellungen, doch auch die versagten.
"Vielleicht steht er auch einfach schon zu lange hier", mutmaßte Peter.
Unwillig schüttelte sie den Kopf. „Auf Atlantis waren die meisten Jumper noch hundertprozentig einsatzfähig nach zehntausend Jahren."
"Da waren sie aber auch nicht der Witterung ausgeliefert", wandte der junge Wissenschaftler ein.
Voller Elan glitt sie wieder vom Pilotensitz, drängte sich an ihm vorbei und durch den Durchgang nach hinten. Sich auf die Zehenspitzen stellend griff sie nach oben und öffnete das erste Wartungselement. „Haben Sie Ihr Pad dabei?" fragte sie, sah sich die Datenkristalle genau an. Doch sie konnte nichts feststellen.
"Moment." Peter nahm sich den Rucksack ab und öffnete ihn.
Vashtu griff nach oben und entfernte einen der Kristalle, musterte ihn im Licht und steckte ihn wieder zurück. „Scheint irgendeine Leitung defekt zu sein", murmelte sie gedankenverloren.
"Hier." Peter hielt ihr seinen tragbaren Bildschirm hin.
Die Antikerin griff danach, nahm auch das Kabel von ihm entgegen und schloß beides an die Verbindungen an. Dann betrachtete sie stirnrunzelnd die Anzeigen, nachdem das Pad hochgefahren war. „Mh ..." machte sie.
Der Tag wurde eindeutig besser. Wenn es ihr gelang, den Jumper wieder einsatzfähig zu machen, konnten sie vielleicht nachsehen, was sich da für eine merkwürdige Energie über ihnen befand. Und sie hätte noch einen Puddlejumper für die Erde erbeutet.
Peter trat an ihre Seite, studierte konzentriert die Anzeigen. „Scheint gar nicht so schwer zu sein", gab er dann schließlich zu.
Vashtu löste die Verbindung wieder, öffnete die nächste Klappe. „Idiotensicher, wenn man weiß, was man tut", bestätigte sie, las wieder die Anzeigen ab, die das Pad ihr zeigte. „Nur finde ich keinen Fehler ... bis jetzt." Seufzend sah sie die doppelte Reihe Klappen entlang.
"Hab leider nur das eine Pad mitgenommen. Ich konnte ja nicht ahnen, daß wir Mechaniker für Puddlejumper spielen müssen." Peter zuckte mit den Schultern.
In diesem Moment sprang Vashtus Funkgerät an.
"Mam", meldete sich Dorn. „Wir haben ein Problem. Das Tor ist blockiert."
Vashtu und Peter wechselten einen Blick, dann drückte die Antikerin die Com-Taste. „Wiederholen Sie, Dorn."
"Ein Prior ist gerade aus dem Stargate gekommen", antwortete Dorn. Seine Stimme klang angespannt.
Vashtu erstarrte.
Das, wovor alle sie immer wieder gewarnt hatten, war eingetreten. Und sie selbst verfügte über keinerlei Erfahrungen, geschweige denn über das nötige Wissen, um wirklich zu wissen, mit was sie sich anlegen mußte, um wieder zur Erde zurückzukehren.
"Suchen Sie sich ein sicheres Fleckchen. Ich komme!" Entschlossen drückte sie Peter das Datenpad in die Hand. „Achten Sie einfach auf eine mögliche Unterbrechung der Energiezuleitung. Ich bin so schnell wie möglich wieder da." Damit hastete sie auch schon aus dem Jumper heraus.

***

Peter war damit beschäftigt, wenn auch, zugegeben, mit halben Gedanken, die Leitungen weiter zu kontrollieren, als er Schritte hörte. Sofort ließ er das Pad sinken, griff nach seiner Waffe. Erleichtert atmete er dann aber auf, als er das kurze, wellige Haar von Wallace auftauchen sah.
"James! Scheiße, hast du mich erschreckt!" entfuhr es ihm.
Dorn tauchte auf der anderen Seite der Heckluke auf, musterte den Gleiter von innen aufmerksam.
Peter wandte sich wieder seinen Daten zu. „Es wäre nett, wenn Sie mir nähere Angaben machen würden, wonach ich genau suchen soll, Vashtu", warf er in den Raum, in der Annahme, auch die Antikerin sei zurückgekehrt. Aufmerksam wartete er auf Antwort.
"Sie ist beim Tor geblieben", sagte Dorn nach einer kleinen Weile.
Peters Kopf ruckte hoch. Ungläubig riß er die Augen auf. „Was? Aber ..."
"Sie hat noch nie einen Prior getroffen", vervollständigte der Marine. „Sie sollen kommen, sobald diese Kiste wieder fliegen kann, Doc." Endlich betrat der ältliche Mann den Jumper, sah sich immer noch kritisch um.
Peter entglitt das Pad. Keuchend holte er Atem.
"Fliegen? Kannst du denn fliegen?" Wallace starrte ihn groß an.
Der junge Wissenschaftler schüttelte den Kopf und schluckte. „Aber ... Die Prioren können doch Antiker wahrnehmen!"
Dorn nickte nur ernst.

***

Vashtu hatte sich hinter einem Gebüsch verschanzt und lugte vorsichtig durch Blätter und Zweige hindurch.
Das war also ein Prior. So furchterregend sah er eigentlich gar nicht aus, wie sie fand, einmal abgesehen von seiner extrem blassen Haut. Was allerdings selbst ihr etwas Respekt einflößte, war der lange Stab in seiner Rechten. Wenn er mit dem Ding umzugehen wußte hatte sie ein Problem.
Der Prior sah in ihre Richtung. Sofort duckte sie sich noch tiefer in das Gebüsch hinein und wartete. Sie spürte irgendetwas, und es ging von diesem merkwürdigen Wesen vor dem Stargate aus.
Aber durch die Berichte von und über Orlin, die Landry ihr schon vor einer Weile gegeben hatte, wußte sie, daß es wahrscheinlich an ihren Genen lag. Die Ori und ihr Volk waren eng miteinander verwandt. Und wenn diese Prioren wirklich, wie von vielen vermutet ...
Ein Energiestoß fegte über sie hinweg, ließ sie sich kurz zusammenkrümmen und vor Schmerz das Gesicht verziehen, ehe es vorbei war.
Was war denn das gewesen?
Vashtu blinzelte, hob den Kopf wieder und sah sich um. Dann erschrak sie.
Mist!
Der Prior hatte seinen Schild, auch den kannte sie aus Berichten, aktiviert. Was sie aber nicht gewußt hatte, war die Tatsache, daß sie sich jetzt innerhalb dieses Feldes befand. Bisher hatte sie eigentlich immer gehört und gelesen, daß die Schilde der Prioren andere Wesen abprallen ließen. Warum ... ?
Ihre Augen weiteten sich, als sie begann zu verstehen. Sie war mit den Ori verwandt! Vielleicht über Jahrtausende oder sogar Jahrmillionen hinweg, aber sie stand ihnen definitiv näher als die heutigen Wesen, die die Milchstraße bevölkerten.
Dann hatte Daniel Jackson den richtigen Riecher gehabt!
Vashtu erhob sich vorsichtig. Sie hatte nicht die blaßeste Ahnung, ob sie aus dem Feld wieder herauskommen konnte. Erst einmal wollte sie sehen, ob ihr ein Fluchtweg offen geblieben, oder sie mit dem Prior zusammen in seinem Schutzschild eingesperrt worden war. Dann konnte sie sich immer noch überlegen, wie es weitergehen sollte.
Ein letzter Blick auf das eigenartige Wesen, dann schlich sie sich vorsichtig, die Nase fast am Boden, in die nächste Deckung. Vom Tor her hörte sie eine Stimme und verzog das Gesicht.
Jetzt fing der Kerl auch noch an zu predigen! Dabei waren die angeblichen Weisheiten in der Lehre der Ori für sie nichts weiter als blosse, und nicht einmal sonderlich gute Sinnsprüche und Allegorien, die sie eher einschlafen als Weisheit erlangen ließen. Aber auch das lag vielleicht an ihrer Rasse, wer konnte das schon sagen? Das „Buch des Ursprungs" würde bei ihr jedenfalls nie der Bestseller werden, davon war sie überzeugt. Jackson hatte es ihr einmal geliehen und sie sich durch diesen Blödsinn durchgekämpft - eine beinahe übermenschliche Aufgabe!
Sie huschte näher an die deutlich sichtbare Grenze des Feldes heran, streckte schließlich vorsichtig die Hand aus, zog sie aber sofort wieder zurück.
Okay, sie kam nicht raus. Das war ein Problem.
Sie kniff die Lippen aufeinander. Das bedeutete dann wohl, sie mußte sich diesem Dummkopf da hinten stellen. Also zurück.
Vorsichtig, sich noch immer in Deckung haltend, schlich sie wieder näher an das Gate heran, ließ den Prior dabei nicht aus den Augen.
Hatte der Kerl irgendeine Schwachstelle? Laut den Berichten nicht. Aber die Berichte wußten vielleicht nicht alles.
Sich immer noch in Deckung haltend huschte sie weiter, umrundete das Tor halb, ehe sie langsam wieder den Hals reckte und über die Halme dieser komischen Gerste lugte.
Das konnte doch nicht sein! Der Prior war ihrer Bewegung gefolgt, hatte sich wieder zu ihr umgedreht. Dabei war sie extrem vorsichtig gewesen und hatte mehr als sonst darauf geachtet, daß sie kein Geräusch oder eine verräterische Bewegung verursachte.
Konnte man dem Kerl denn nicht in den Rücken fallen? Hatte er einen sechsten Sinn?
Vashtu starrte den Prior wütend an. Das kränkte jetzt doch ihren Stolz, mußte sie zugeben. Da stand dieser Kerl, blockierte das Sternentor und hielt sich selbst eine Predigt, folgte aber jeder ihrer Bewegungen.
Dann eben anders!
Sie huschte, immer noch tief geduckt, wieder zurück zu ihrem Ausgangspunkt, von dem aus sie dem Prior am nächsten gewesen war und atmete tief durch.
Sie wußte, ihre Waffen konnte sie ihm gegenüber nicht einsetzen, zumindest nicht die, die sie vom SGC mitgenommen hatte. Gegen jegliche Art von Projektilwaffe schien ein Prior gefeit zu sein. Wobei sie sich aber nicht ganz sicher war, ob es vielleicht an seinem Schutzschild lag. Aber jetzt hatte sie weder Zeit noch Muße, irgendwelche Experimente durchzuführen. Sie wollte nur aus seinem Schild heraus, dazu würde sie die irdischen Waffen hoffentlich nicht brauchen.
Mit einem Ruck richtete sie sich auf und trat, als sei nichts geschehen, hinter dem Busch hervor. Mit langen Schritten kam sie auf den Prior zu. Und mit jedem Meter, dem sie sich ihm näherte, wuchs ihr Unbehagen.
Er strahlte etwas aus, etwas eigenartiges, was sie nicht näher benennen wollte, es aber vielleicht könnte, wenn sie sich nur genug anstrengte. Sie mußte sich regelrecht zwingen, ihm gegenüber zu treten und stehenzubleiben.
Der Prior unterbrach seine Predigt und sah sie aus schwarzen Augen, in denen ein eigenartiges Licht leuchtete, an. Dann musterte er sie aus schmalen Schlitzen.
"Alterraner!"
Vashtu lächelte zuckersüß. „Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du mich aus deinem Energiefeld und durch das Tor lassen würdest", sagte sie. Wenn er sie schon erkannte, dann half Freundlichkeit vielleicht doch ein bißchen weiter.
Doch der Prior starrte sie nur an, und in seinen Augen lag blanker Zorn.
Vashtu fielen andere Berichte über die Prioren ein. Ihre Macht bezogen sie aus ihren Stäben. Wenn es ihr gelang, ihn von seinem Stab zu trennen ...
"Du bist nicht wie die anderen", sagte er plötzlich stirnrunzelnd. „Du bist noch nicht verloren." Tief holte er Atem.
"Danke nein, ich bin nicht an der Religion der Ori interessiert." Mit diesen Worten aktivierte sie ihre Fremdzellen und trat mit voller Wucht zu.
Und sie traf! Sie konnte fühlen, wie der Schild hinter ihr erlosch. Sie hatte es geschafft!
Der Stab knallte gegen das Sternentor, blieb nahe am Rund liegen.
Vashtus Augen leuchteten triumphierend auf. Sie fuhr herum und raste los.
"Peter, starten Sie! Wir müssen hier weg!" rief sie in ihr Funkgerät. Sie wußte nicht, wieviel Zeit ihnen bleiben würde.

TBC ...

18.05.2010

Das Angesicht des Feindes 1/4 II

Vashtu war gerade aus der Dusche gekommen und nun in ihrem Büro damit beschäftigt, die letzten Vorbereitungen für die neue Mission abzuschließen, als die Tür sich unvermittelt öffnete.
Unwillig die Stirn runzelnd schüttelte sie den Kopf. „Peter, ich weiß, daß Sie es kaum erwarten können, aber ..."
"Major Uruhk?" fragte Landrys Stimme amüsiert.
Mit einem Ruck stand die Antikerin aufrecht.
Sie hatte den General bei ihrer Ankunft gar nicht gesehen, da dieser irgendeinen wichtigen Besuch zu haben schien - so wurde es ihr zumindest gesagt. Statt dessen hatte sie sich sofort um ihre eigenen Angelegenheiten gekümmert, die auch noch erledigt werden wollten.
Vashtu salutierte, als sie sah, daß Landry nicht der einzige war, der ihr Büro betrat. „Sir?"
Der General nickte ihr locker zu und nahm ihr den Gruß ab mit einem, nun erst recht amüsierten Gesichtsausdruck. „Major, Mr. Woolsey möchte kurz mit Ihnen reden."
Die Antikerin sah ihn einen Moment lang fragend an, dann wandte sie sich ihrem zweiten, zivilen Besucher zu und nickte. „Mr. Woolsey?" fragte sie, sich wohl bewußt, in was für einer Unordnung ihr Büro im Moment war. Peter Babbis und sie hatten gerade ein neues Projekt begonnen und sich einen kleinen Düsenantrieb besorgt, der jetzt in Einzelteilen in dem Raum verteilt war. Dazu kam das schon sprichwörtliche Chaos auf ihrem Schreibtisch. Ob es Woolsey auffallen würde, daß sie das Bild des Präsidenten abgenommen hatte? Sicher war sie sich da nicht.
Der Mann mit dem verkniffenen Gesichtsausdruck und dem zurückweichenden Haaransatz trat zögernd vor. „Miss ... äh, Major Uruhk", begann er stockend.
Vashtu nickte, versuchte eine freundliche Miene aufzusetzen, ohne höhnisch zu wirken. Bei Woolsey eine echte Herausforderung für sie. Immerhin ... Sie konzentrierte sich auf seine Worte, ließ ihren Blick leicht abgleiten.
"Ich weiß nicht, ob Sie über das neueste Erdenschiff informiert sind, Major", begann der Gesandte der Internationalen Kommission von neuem.
Vashtu runzelte die Stirn, schüttelte dann den Kopf. „Nein, Sir, davon weiß ich nichts."
Woolsey seufzte. „Gut, ich meine schlecht, ich meine ..."
"Kommen Sie doch bitte zum Punkt", warf Landry ein. „SG-27 muß das Fenster nutzen, ehe die SG-Teams von außen wieder hereinkommen."
Woolsey lief rot an. „Natürlich", beeilte er sich zu versichern, schluckte dann, als er seine Konzentration ihr wieder zuwandte. „Major, die Internationale Kommission ist der Meinung, einen Beobachter an Bord der Apollo installieren zu müssen. Dem Kommandanten wurden die Akten einiger Anwärter für diesen Posten vorgelegt - unter anderem auch die Ihre."
Vashtus Augen wurden groß. „Meine?" echote sie ungläubig.
Landry nickte. „Sie sind die erste Wahl, wenn es um Piloten geht, Major. Sie werden in mehreren 'Listen' geführt."
Sie sah zu ihrem Vorgesetzten hinüber, noch immer ungläubig staunend.
"Nun, Colonel Ellis möchte Sie als Erste Offizierin und als Beobachterin der Kommission", beendete Woolsey endlich seinen kurzen Bericht.
Vashtu runzelte die Stirn. „Ellis?" fragte sie. Sie hatte diesen Namen noch nie gehört.
"Der zukünftige Kommandant der Apollo, Major. Ein guter Mann."
Vashtu nickte. „Und mein Team? Wie sieht es damit aus? Darf es mit?"
Landry kniff die Lippen aufeinander.
"Äh", machte Woolsey. „Nun, sehen Sie, Major, was die Auswahl der Wissenschaftler angeht ..."
"Darf der Rest von SG-27 mit auf die Apollo oder wird das Team aufgelöst?" Vashtu fixierte Landry bei diesen Worten.
Der sah sie einen Moment lang an, dann schüttelte er den Kopf. „Die Auswahl für die Apollo wurde bereits getroffen. Wenn Sie zusagen, wird Ihr Team tatsächlich aufgelöst, aber auf andere SG-Einheiten verteilt - bis auf Sergeant Dorn, der in Pension geht", antwortete er.
Vashtu drehte sich um und schlüpfte in ihre Überlebensweste. Für sie war dieses Gespräch beendet.
"Major, die Apollo soll die Daedalus in Atlantis unterstützen", wandte Woolsey ein. „Sie wären wohl des öfteren in Ihrer alten Heimat."
Sie schüttelte entschieden den Kopf, tastete über die vielen Taschen, um zu kontrollieren, ob sie alles mit dabei hatte.
"Darf ich das als Nein bewerten, Major?" fragte Landry. „Immerhin haben Sie es geschafft, Ihr Team zusammenzuschweißen. Es besteht nicht mehr die Gefahr, daß Babbis oder Wallace das SGC verlassen müssen. Sie werden weiter im aktiven Dienst bleiben, nur eben unter anderen Leadern."
"Die Antwort ist nein, General. Mr. Woolsey, danke für das Angebot, aber ich werde es nicht annehmen. Mein Team ist mir wichtiger." Sie griff nach ihrer Uniformjacke und drehte sich wieder um. „Und jetzt würde ich gern in den Gateroom und mich kurz von Babbis briefen lassen, ehe es losgeht."
"Aber Major Uruhk ... ?" Woolsey warf dem General einen hilflosen Blick zu.
"Das Angebot ist gut, Major. Es wird nicht wiederholt werden", wandte Landry ein.
"Nicht ohne mein Team, Sir, bei allem Respekt."
Landry nickte, trat dann zur Seite. „Dann gehen Sie."
Vashtu nickte den beiden Männern noch einmal zu, dann marschierte sie mit weiten Schritten aus ihrem Büro heraus.
Landry sah ihr sinnend nach, Woolsey war immer noch verwirrt.
"Vielleicht besser. Mit Ellis wäre sie nicht ausgekommen", bemerkte der General schließlich.
"Aber sie war bereits fest eingeplant." Woolsey sah hilflos zur Tür.
"Dann werden Sie wohl Ihren nächsten Kandidaten aufsuchen müssen. Ich habe es Ihnen bereits gesagt, Mr. Woolsey. Allein geht sie nicht, dazu ist ihr ihr Team inzwischen zu wichtig."

***

Vashtu trat an der Seite von Dr. Peter Babbis aus dem Gate, sah sich kurz aufmerksam um, während sie weiterging. Dann drehte sie sich um, als sie hörte, wie das Wurmloch in sich zusammenfiel.
"Bewährte Methode: Wallace, Sie bleiben hier und halten Hände und Füße bei sich. Dorn, Sie passen auf, daß es zu keinen Unfällen kommt. Peter, wir beide machen uns auf die Suche nach dem, was auch immer Sie gefunden zu haben glauben."
Dorn nickte, sah sich bereits nach einem bequemen Plätzchen in der Nähe des Tores um. Peter kreuzte die Arme vor der Brust und wartete. Einzig Wallace bekam plötzlich einen sehr langen Hals und lugte an seiner Team-Leaderin vorbei. Seine Augen leuchteten auf.
Vashtu runzelte die Stirn und warf einen verwirrten Blick über die Schulter. „Was ... ?" Sie drehte sich wieder um. „Stimmt etwas nicht?" erkundigte sie sich dann.
Wallace blinzelte, deutete aufgeregt auf etwas, was sich offenbar in ihrem Rücken befand. „Das könnte ... Darf ich es mir ansehen?" Sein Gesicht verzog sich zu einer bittenden Miene.
Vashtu tauschte mit Peter einen Blick, drehte sich halb um und musterte das, was sich bis jetzt in ihrem Rücken befunden hatte. Für sie sah es aus wie sehr hoch gewachsenes Gras, das sich in der leichten Brise neigte. Und es zog sich bis zum Horizont.
"Meinen Sie die Pflanzen?" Tunlichst vermied sie ihre gedankliche Formulierung. Sie kannte den jungen Agrarwissenschaftler inzwischen gut genug, um keinen zeitraubenden Vortrag über die Unterschiede zwischen Nutzpflanzen und Gräsern zu riskieren.
"Das sieht aus wie eine frühe Form unserer heutigen Gerste. Ich würde mir das wirklich gern näher ansehen. Wir sind schon lange auf der Suche nach solchen Stämmen, um das heutige Getreide vielleicht weiter optimieren zu können", erklärte Wallace, verhaspelte sich fast vor Aufregung.
Vashtu und Peter tauschten einen vielsagenden Blick, dann drehte die Antikerin sich wieder zu ihrem vierten Team-Mitglied um. „Gerste?" fragte sie trocken.
Wallace nickte eifrig. Sie sah das Begehren in seinen Augen leuchten und seufzte, während sie dem Feld noch einen Blick zuwarf.
"Dorn, passen Sie auf, daß Wallace nicht über irgendeinen Kaninchenbau stolpert - oder was auch immer für Getier sich auf diesem Planeten befindet", entschied sie endlich. „Und Sie, Dr. Wallace, sind vorsichtig. Ich möchte nicht zurückkommen müssen, um Ihre Einzelteile ins SGC zurückzuschicken. Unseres Wissens ist dieser Planet zwar verlassen, aber er muß es nicht immer gewesen sein."
Wallace nickte wieder. Hektische Flecken hatten sich auf seinen Wangen gebildet.
Vashtu wandte sich kopfschüttelnd ab. „Gerste", kommentierte sie noch einmal, aber diesmal so leise, daß außer ihr und Peter niemand es hören konnte. „Dann lassen Sie uns losziehen. Wir haben nicht ewig Zeit."
Babbis warf noch einen Blick zurück, dann schloß er mit langen Schritten wieder zu ihr auf, um an ihrer Seite weiterzuwandern.
"Wo wurde diese eigenartige Energiesignatur denn gemessen?" erkundigte die Antikerin sich nach einiger Zeit.
"Ein Stück weiter diesen Pfad hinunter."
Vashtu nickte, setzte ihre Sonnenbrille auf und betrachtete stirnrunzelnd den Weg, den sie entlanggingen. „Sagten Sie nicht, dieser Planet sei unbewohnt? Wo kommt dann der Pfad her?" fragte sie.
"Offensichtlich wird er von einigen Frachtraumern ab und an aufgesucht, soweit wir wissen", antwortete Peter, zog etwas aus seiner Brusttasche und aktivierte es.
Vashtu warf ihm einen halben Blick zu, hob dann die Brauen, als sie sah, was er da in der Hand hatte. „Wo haben Sie den denn her?" Sie nickte zu dem Energiedetektor.
Peter grinste. „Aus einem der abgestellten Jumper", antwortete er. „Kam mit der letzten Urlaubsmannschaft."
Vashtu nickte stirnrunzelnd. „Und? Was zu sehen?"
"Mh ..."
Sie trat näher an ihn heran und warf der Anzeige einen kurzen Blick zu. Dann stutzte sie wieder. „Was ist das denn?" Augenblicklich holte sie ihren eigenen Detektor hervor und aktivierte ihn gedanklich, um die Werte abgleichen zu können.
"Was denn?" Peter sah sie unwillig an und blieb stehen.
Die Antikerin hob das kleine Gerät und studierte die Anzeige. „Soetwas habe ich noch nie gesehen. Aber ..." Sie hielt den Detektor gegen den Himmel. „Das kommt nicht vom Planeten, sondern irgendwo aus dem Weltraum über uns." Sie ließ den Arm wieder sinken, blinzelte statt dessen in den klaren blauen Himmel hinein.
"Das kann nicht sein. Die Werte, die die anderen Teams gemessen haben, waren zwar schwach, stammten aber eindeutig vom Boden." Jetzt hob auch Peter sein Gerät. Seine Augen hinter den selbsttönenden Gläsern seiner Brille weiteten sich. „Das gibt's nicht!"
Vashtu steckte ihren Detektor wieder ein und sah sich sinnend um. „Wenn hier etwas auf dem Boden oder darunter ist, wird es von den Werten von oben überdeckt. Haben wir eine Peilung?"
Peter brauchte einen Moment, um sich von dem Schrecken zu erholen. Dann aber nickte er. „Haben Sie einen Kompaß dabei?"
"Sie werden lachen, ja." Wieder wurde eine ihrer vielen Taschen bemüht, und sie zog einen kleinen Kompaß hervor. „Sowas lernt man, wenn man in Mrinoshs Labyrinth feststeckt." Sie ließ sich die Daten geben und marschierte wieder los.
Aber ... was war das über ihnen? Woher kamen diese eigenartigen Werte? Sie wußte es nicht. Sie hatte soetwas noch nie gesehen. Selbst die fremdartigen Gerätschaften, auf die sie bereits gestoßen waren, hatte keine solchen Signaturen hinterlassen. Sie wußte nur zu sagen, daß, was auch immer sich über ihnen befand, recht groß und recht ... energiegeladen war.
"Haben Sie eigentlich schon etwas von diesem neuen Erdenschiff gehört?" erkundigte sie sich, um sich selbst von ihren Überlegungen abzulenken.
Sicher, im SGC gab es immer noch ein oder zwei Puddlejumper, aber sie war sich nicht sicher, ob sie auch einen erhalten würde, würde sie nachfragen. Besser nicht daran zu denken und weiter ihren üblichen Dienst zu versehen nach dem, was sie sich vor nicht einmal einer halben Stunde geleistet hatte.
"Ein neues Schiff? Wow! Nein, davon wußte ich nichts. Warum?"
Vashtu runzelte die Stirn und biß sich kurz auf die Lippen. Dieser Tag war bisher alles andere als erfreulich für sie verlaufen. Dabei hatte sie gehofft, es ein bißchen ruhiger angehen lassen zu können nach sieben Tagen Atlantis. Aber Ruhe wurde ihr wohl wieder einmal nicht gewährt.
"Landry und Woolsey waren vorhin bei mir", erklärte sie ausweichend.
"Woolsey? Dieser verkniffene Kerl? Was wollte der denn?"
Vashtu seufzte. „Mir eine Stelle anbieten, auf der Apollo, dem neuen Schiff."
"Sie meinen Posten. Sie sind beim Militär", wandte Peter ein.
"Wie auch immer!" Unwillig schüttelte sie den Kopf.
"Was für einen Posten denn?" Peter klang neugierig.
"Erster Offizier unter einem gewissen Colonel Ellis. Haben Sie eine Ahnung, wer das ist?"
Seine Schritte verklangen. Sie spürte seinen ungläubigen Blick auf sich. „Was?" fragte er verdattert.
Vashtu drehte sich um und nickte. „Ich habe abgelehnt", setzte sie hinzu.
"WAS?" Der junge Wissenschaftler starrte sie groß an.
Sie nickte. „Ich lasse mein Team nicht im Stich. Hätte ich Sie und Wallace mitnehmen können, hätte ich vielleicht angenommen. Aber ... SG-27 sollte aufgelöst und Sie anderen Teams zugeteilt werden. Das wollte ich verhindern."
Noch immer starrte Peter sie an. „Erster Offizier?" fragte er staunend.
Sie nickte wieder, dann runzelte sie die Stirn, als sie kurz etwas aus dem Augenwinkel wahrnahm. Sie drehte sich um und erstarrte. Jetzt weiteten sich auch ihre Augen ungläubig.
"Wo kommt der denn her?" fragte sie fassungslos.
"Hä?" Peter drehte sich jetzt ebenfalls in die Richtung und blinzelte ungläubig.
Halb bewachsen und verborgen hinter hohen Büschen, beschattet von zwei großen Bäumen, stand ein Puddlejumper nur wenige Schritte von ihnen entfernt. Die große Frontscheibe fing das Sonnenlicht auf, sonst wären sie wahrscheinlich nie auf ihn aufmerksam geworden, ging Vashtu auf.
"Ist das ... ?" Peter stockte.
Sie nickte ungläubig, trat näher an den Gleiter heran und wischte mit der Hand einige Äste zur Seite. „Ein atlantischer Puddlejumper", antwortete sie, drehte sich zu ihm um und sah ihn nur staunend an.

TBC ...

16.05.2010

1.19 Das Angesicht des Feindes 1/4

TV-Serie: Stargate general
Reihe: SG-V (SG-27)
Genre: action, adventure, humor
Rating: PG
Author's Note: Damit sind wir jetzt fast am Ende von SG-27 angekommen. Der Übergang zu Vineta steht bevor. Ab dieser Story bewege ich mich denn auch, trotz des hohen Alters, auf "Neuveröffentlichungsspuren", denn öffentlich sind die Storys ab dieser nie zugänglich gewesen.
Als Anmerkung sollte ich noch erklären, daß ich es gewagt habe, den SGA-Kanon ein wenig zu meinen Gunsten zu verdrehen. Die beiden Folgen 3.13 The Game und 3.17 Sunday haben die Plätze bei mir getauscht.



"Guten Morgen, Schlafmütze." Jemand küßte sie sanft.
Vashtu Uruhk brummte unwillig, kuschelte sich enger an den anderen Körper, vergrub ihren Kopf unter dem Kinn ihres Bettgenossen. Sie hörte das leise Lachen ebenso wie sie es fühlte. Der Adamsapfel vibrierte an ihrer Stirn.
"Hey, du hast heute noch viel vor, schon vergessen?" fragte die Stimme zärtlich.
Sie schüttelte unwillig den Kopf, fühlte, wie die Arme, in denen sie bis jetzt so sicher geruht hatte, sie kurz an den anderen Körper drückten, ehe der sich langsam von ihr zu lösen versuchte.
"John!" murmelte sie unwillig, öffnete jetzt doch die Augen.
Lt. Colonel John Sheppard sah sie amüsiert an, dann beugte er sich über sie und küßte sie noch einmal auf die Stirn. „Wenn wir noch gemeinsam frühstücken wollen, ehe du zur Erde zurückkehrst, sollten wir uns allmählich beeilen, Vash", wisperte er ihr dann ins Ohr, erhob sich aus dem schmalen Bett.
Vashtu warf sich in das Kissen und zog die Decke über den Kopf, während sie wieder einen unwilligen Laut von sich gab.
Gestern war es sehr spät geworden. Auf ihrer Suche nach einem ungestörten Plätzchen für ein Picknick waren sie weit in, von der Expedition bisher noch nicht erforschtes Gebiet eingedrungen, so daß Johns Neugier geweckt worden war. Bis sie dann schließlich ins Bett - sein Bett, fanden, lohnte es sich nicht mehr wirklich, noch zu schlafen. Dennoch war sie offensichtlich eingenickt.
"Ich mag es ja gern, wenn du so muffelig bist. Aber du mußt Rodney den Kristall noch abnehmen." Mit einer entschlossenen Bewegung zog er ihr die Decke weg.
Unwillig räckelte sie sich und gähnte, während ihre Hände durch ihr Haar wuschelten.
Sieben Tage Atlantis. Wie immer war es schön gewesen, auch wenn ihr Besuch sich jetzt rapide seinem Ende entgegenneigte. Dabei hatte McKay, weil er auf irgendeine größere Datei gestoßen war, noch zwei Tage herausschinden können. Zwei Tage, die John und sie mehr als nur genossen hatten, nachdem fast der ganze Stab vor ein paar Tagen verschwunden gewesen war.
Vashtu setzte sich auf und blinzelte, während sie noch einmal herzhaft gähnte. „Du brauchst ein breiteres Bett", murmelte sie dann und schwang die Beine von der Matratze.
"Bis jetzt hat es dich nicht gestört." John sah auf, während er in seine Hose schlüpfte. „Du mußt ja nicht immer bei mir schlafen. Elizabeth hat dir immerhin ein eigenes Quartier zugewiesen."
"Ich vergeude keine Zeit mit der Diskussion, wer bei wem schläft. Wir haben wenig genug davon. Hast du eine Ahnung, wo mein Slip ist?" Suchend sah sie sich um.
John wandte sich mit unschuldigem Gesicht ab und schnallte sich das Holster um die Hüften. „Nicht die blaßeste."
"Na toll!" Wieder fuhr sie sich mit den Händen durch ihr kurzes strubbeliges Haar, brachte es nur noch mehr in Unordnung. „Bei jedem Besuch kommt etwas von meiner Unterwäsche weg", beschwerte sie sich dann, während sie erst ihren BH von seinem Schreibtisch holte, und dann in ihr T-Shirt schlüpfte.
Für die Zeit, die sie hier verbrachte, trug sie auch die Uniform der Atlantis-Besatzung. Und, wie sie fand, war diese wesentlich bequemer als alles, was das SGC ihr bisher zur Verfügung gestellt hatte.
"Seid ihr sicher, daß ihr nicht aus Versehen wieder irgendein altes Experiment losgelassen habt? So eine Art Unterwäsche-Fresser? Wird allmählich teuer, sich ständig neue Sachen zu kaufen."
John umarmte sie von hinten, drückte sie an sich. „Brauchst du sie überhaupt?" fragte er sanft, küßte sie in den Nacken.
Vashtu gab einen wohligen Laut von sich, machte sich dann aber entschlossen wieder los, um sich ihre Schuhe zuzuschnüren.
Durch die zusätzlichen zwei Tage war sie leider etwas unter Druck geraten. Dr. Peter Babbis hatte in irgendwelchen Aufzeichnungen anderer SG-Teams etwas gefunden, so daß ihr auf der Erde wohl kaum mehr als ein paar Minuten bleiben würde, ehe sie schon wieder durch das Sternentor gehen mußte. Hatte sie noch Unterwäsche in ihrem Schreibtisch?
"Ich hole den Kristall von Rodney, du besorgst uns Frühstück", schlug sie vor, als sie sich wieder aufrichtete.
"Klingt fair." John grinste spitzbübisch.

***

Als sie kurz darauf das Labor von Dr. Rodney McKay betrat, blieb sie erst einmal irritiert stehen und sah sich um. „Rodney?" rief sie dann und drehte sich suchend um. Doch von dem Chef-Wissenschaftler der Atlantis-Mission war nichts zu sehen.
Kopfschüttelnd trat sie an den Rechner heran, in dem ihr Steuerkristall steckte. Wenn McKay meinte, sie würde warten, bis er sich hierher bequemte, hatte er sich eben geirrt. Sie hatte besseres zu tun.
"Nein! Noch fünf Minuten!" erklang eine akzentschwere Stimme hinter.
Vashtu zuckte erschrocken zusammen, drehte sich dann um und starrte den schmalen Mann mit der Brille an. „Radek?" Verwirrt sah sie sich wieder um. „Wo ist McKay?"
Der Tscheche hatte die Hände wie in einer beschwörenden Geste gehoben, seufzte jetzt. „Fünf Minuten, dann sind wir fertig. Okay?"
Vashtu blinzelte verständnislos, dann schoben sich verärgert ihre Brauen zusammen. „Sie hatten jetzt schon zwei Tage mehr. Das wird mir von meinem nächsten Dienst hier abgezogen, das wissen Sie genau!"
"Fünf Minuten." Zelenka blickte sie bittend an.
Vashtu seufzte und nickte dann. „Machen Sie schnell. Ich habe noch etwas vor, und dann muß ich zur Erde zurück."
Eifrig nickte der Tscheche und machte sich an die nötigen Eingaben.
"Was ist hier eigentlich los? Wo ist McKay?" erkundigte sie sich, lehnte sich mit überkreuzten Armen gegen das Panel.
"Oh ... äh ... Er mußte kurz weg." Plötzlich sehr konzentriert gab ihr Gesprächspartner die nötigen Parameter ein.
"Weg?" Vashtu hob die Brauen. „Irgendwie scheinen in letzter Zeit alle sehr beschäftigt zu sein und Dr. Weir aus dem Weg zu ..." Sie schloß abrupt den Mund, als der Tscheche mitleidheischend zu ihr hinüberblickte. „Sie gehen Dr. Weir aus dem Weg", stellte sie dann fest, blickte sich wieder um. „Und Dr. Weir wollte herkommen, richtig?"
Zelenka lächelte zerknirscht. „Da ist etwas ... naja."
In diesem Moment öffnete sich die Tür zum Labor wieder und tatsächlich trat Dr. Elizabeth Weir ein. Überrascht sah sie die Antikerin an. „Vashtu, was machen Sie denn noch hier? Ich dachte ..."
Die sah nachdenklich zwischen der Expeditionsleiterin und Zelenka hin und her. Der Tscheche hatte den Kopf eingezogen, als erwarte er einen Luftangriff. Stirnrunzelnd richtete Vashtu sich wieder auf. „Ich warte, daß Dr. Zelenka endlich fertig ist, Elizabeth", antwortete sie. „Ich bin schon so gut wie weg."
Weir warf dem Tschechen einen kurzen, unterkühlten Blick zu, nickte dann. „Gut. General Landry klang bei der letzten Übertragung schon recht ungeduldig. Wenn diese kindische Sache nicht passiert wäre ..." Jetzt fixierte sie den Tschechen mit einem strafenden Blick.
Vashtu beugte sich leicht vor. „Kindische Sache?" echote sie verständnislos. „Elizabeth, warum gehen Ihnen plötzlich alle aus dem Weg?"
Weir sah wieder zu ihr hinüber und zuckte mit den Schultern. „Sie wissen ja nichts davon. Dr. McKay und Colonel Sheppard haben sich, offensichtlich jahrelang, mit einem ... Experiment Ihres Volkes vergnügt. Die beiden hielten es wohl für ein Computerspiel."
"Ein Experiment." Vashtus Stimme klang trocken bei diesen Worten. Dann stutzte sie, ihre Augen wurden groß. „Der Simulator?" fragte sie ungläubig.
Weir nickte. „Ja. Und als würde das noch nicht reichen, mußten die nächsten beiden sich auch schon damit vergnügen, ehe ich den Raum versiegeln ließ."
Gemeinsam wandten die beiden Frauen die Köpfe, zwei Paar Brauen schoben sich zusammen und vier Augen fixierten den kleinen Tschechen vorwurfsvoll.
"Wie die Kinder!" entfuhr es Weir.
"Wie idiotische Kinder!" setzte die Antikerin hinzu.
"Ich bin fertig." Schuldbewußt grinste Zelenka in die Runde.
Vashtu drehte sich wieder um und zog den Kristall aus der Halterung, öffnete die Kette und legte ihn sich um den Hals.
"Sie wußten nichts davon? John hat Ihnen nichts erzählt?" erkundigte Weir sich bei ihr.
"Wenn er mir das erzählt hätte, wäre er deutlich einen Kopf kürzer gemacht worden. Der Apparat ist gefährlich und nimmt einen zu großen Einfluß auf andere." Vashtu drehte sich wieder um, ihr Gesicht war sehr ernst.
Weir nickte befriedigt. „Ich hoffte, daß Sie soetwas sagen würden, Vashtu. Sie scheinen mir inzwischen doch recht vernünftig geworden zu sein."
"Im Gegensatz zu einigen anderen!"
Dieses Frühstück würde unangenehm werden - für einen gewissen Colonel John Sheppard, das schwor sie sich.
"Dann wünsche ich Ihnen eine gute Heimreise und alles Gute. Bis zum nächsten Mal." Weir streckte ihr die Hand entgegen.
Die Antikerin schlug ein und nickte. „Kann ich brauchen. Hoffentlich kann ich zumindest noch duschen, ehe Babbis mich wieder durch das Wurmloch hetzt."
"Sie haben Ihr eigenes Quartier, Vashtu." Weir zwinkerte ihr zu, wandte sich dann Zelenka zu: „Wo ist Rodney?"
Vashtu verließ das Labor wieder.
John würde einiges von ihr zu hören bekommen, darauf konnte er sich verlassen.

***

"Wir haben das für ein Spiel gehalten, Vash, ein Spiel! Wenn ich gewußt hätte ..." John sah sie schuldbewußt an.
"Ein Spiel? Seid ihr irre?" wetterte die Antikerin. „Ihr habt aktiv in das Leben von anderen eingegriffen. Das ist kein Spiel, das ist die Realität, John Sheppard! Was denkt ihr denn, was für ein Spiel das gewesen sein soll, hä? Ein Spiel!"
"Ein Computerspiel eben", antwortete er, sah sich aufmerksam um. Einige andere, die die Cafeteria besuchten, schmunzelten bereits. Sein Ruf als Mann stand hier auf dem Spiel. Andererseits hatte er kaum etwas zu seiner Verteidigung vorzubringen. Nicht gegenüber jemandem, der sich offenbar mit diesen Dingen auskannte.
"Rodney traue ich ja eine Menge zu, aber dir? Ich hätte nie gedacht, daß du ebenfalls so ... so unvernünftig sein kannst, John!" Vashtus Augen leuchteten wütend bei diesen Worten.
Sie sah einfach ... atemberaubend aus, wenn sie wütend war, mußte er zugeben. Und zumindest hatte sie sich ihm gegenüber besser im Griff als gegenüber ihrem Nachbarn, als er sie besucht hatte.
"Du lebst inzwischen lange genug auf der Erde, du hast selbst einen Rechner. Du kannst mir nicht erzählen, daß du noch nicht über ein Computerspiel gestolpert bist, Vash", entgegnete er.
"Natürlich bin ich das! Ich spiele online in einen SciFi-Abenteuer mit. Aber ich würde nie auf den Gedanken kommen, eine Forschungseinrichtung zu mißbrauchen!"
Er stutzte. „Du tust was?"
Vashtu beugte sich über den Tisch und funkelte ihn an. „Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun. Was McKay und du da gemacht habt, war selbst zu meiner Zeit ein schwerer Verstoß gegen alle Regeln. An diese Geräte durften nur ausgewählte Wissenschaftler, verdammt!"
"Dann hättet ihr vielleicht irgendwo ein Schild hinterlassen sollen mit den Worten 'Finger weg'. So wie es aufgebaut war, sah es aus wie eine Simulation. Wie ... wie ... diese Wirtschaftssimulationen. Es gab ja sogar Punkte!" erdreistete er sich zu bemerken, erntete dafür einen finsteren Blick. „Ehrlich!" beteuerte er daraufhin.
Vashtu nahm endlich ihre Tasse in die Hand und trank einen Schluck. „Idiot!" nuschelte sie dann, ehe sie das Gefäß hart auf den Tisch zurückstellte.
John seufzte. „Okay, das habe ich verdient. Ich hätte es besser wissen sollen. Vor allem, nachdem du aufgetaucht bist. Dein Volk war nicht ganz richtig im Kopf."
"Waren wir wohl", knurrte sie, schlug ihre Zähne in das Sandwich und begann wütend zu kauen.
John verbiß sich die nächste Bemerkung. Er wußte, damit würde er einen sehr wunden Punkt bei ihr berühren, und den wollte er nicht persönlich auslösen. Er hatte sie bereits einmal erlebt, als sie McKay bei einer ähnlichen Diskussion beinahe ins Gesicht gesprungen war.
Statt dessen nahm er jetzt auch einen Bissen von seinem Sandwich.
Der Tag hatte so wunderbar angefangen. Mußten sie sich denn ausgerechnet jetzt streiten? Warum hatte sie überhaupt herausgefunden, was geschehen war? McKay und er waren doch der einhelligen Meinung gewesen, ihr ja nichts von ihrem Fauxpas mitzuteilen. Beide hatten sie geahnt, daß es zu einer solchen Szene kommen würde.
Glücklicher Rodney! Er zumindest hatte es jetzt nicht mit einer morgenmuffeligen und mißgestimmten Antikerin zu tun.
"Du wirst in Zukunft deine Finger von solchen Dingen lassen und sie mir zeigen, ehe du dich hinter irgendeine Tastatur setzt, John. Verstanden?" knurrte sie schließlich.
Überrascht blickte er auf. „Soll das heißen, es gibt noch mehr von diesen Simulationen?"
Vashtu starrte ihn durchdringend an. „Wenn ihr noch einmal etwas ähnliches finden solltet, laßt ihr einfach eure Finger davon, bis ich hier bin, klar? Ich werde euch wohl besser sagen können, was gefährlich und was ungefährlich ist. Sonst benehmt ihr euch doch nur wieder wie zu groß geratene Kinder."
John verzog das Gesicht, nickte dann aber. „Ich werde meine Finger von sämtlichen Tastaturen lassen, die nicht zu meinem Laptop oder einem DHD gehören. Ich habe verstanden."
"Und sag das auch Rodney. Sonst breche ich ihm die Finger persönlich!" Noch immer starrte sie ihn an.
John nickte stumm und schuldbewußt, hielt die Augen jetzt gesenkt und konzentrierte sich statt dessen auf seine Mahlzeit.
Er würde wohl doch noch ein Wort mit Elizabeth wechseln müssen über dieses Thema, so unangenehm ihm das auch war.
"Rodney und ich beschränken uns jetzt auf Schach - mit echten Plastikfiguren", wagte er nach einer Weile zu bemerken.
Vashtu trank noch einen Schluck von ihrem Tee. „Muß ich das kontrollieren, oder kann ich euch beiden zumindest diesmal trauen?"
"Du kannst uns ja überwachen lassen", schlug er vor und blickte endlich wieder auf.
Vashtu beobachtete ihn mißtrauisch, nickte dann aber. „Ich werde das Elizabeth sagen. Sie hat hoffentlich mehr Einfluß auf euch beide als ich."
John seufzte erleichtert, sandte ihr einen flehenden Blick. „Wieder gut?"
Die Antikerin schüttelte den Kopf. „Nein", antwortete sie hart. „Aber ich werde sowieso nichts unternehmen können, wenn ihr zwei wieder Unsinn anrichtet."
Er zuckte mit den Schultern. „Du hast auch deine Schwächen. Wenn ich an die Autowerkstatt in deinem Büro denke ..."
"Das ist etwas anderes. Ich lerne eure Technik kennen", entgegnete sie.
"Und hast jede Menge Spaß mit Babbis. Ich kann mir das sehr gut vorstellen." Wieder sandte er ihr ein entschuldigendes Lächeln.
"Wir nehmen zumindest keinen Einfluß auf andere Kulturen. Wir basteln nur an Motoren herum."
"Noch. Aber ..." Er stockte, als sie sich plötzlich versteifte, dann das kleine Funkgerät in ihrem Ohr aktivierte und aufmerksam lauschte.
Das war's für dieses Mal wohl wieder.
John seufzte, senkte den Blick auf die beiden Tabletts.
Er hatte von Anfang an gewußt, daß sie dieses Kavaliersdelikt vor ihr nicht lange würden verbergen können. Vashtu hatte einen sechsten Sinn für soetwas. Sie hatte damals auch schon McKay wegen Arkturos zusammengefaltet. Jetzt war eben er einmal dran.
Doch er hätte sich ein bißchen mehr Zeit gewünscht, damit er sich die passenden Ausreden einfallen lassen konnte. Wirklich zu wechseln wußte er zwar nichts auf ihre Vorwürfe, aber immerhin wäre seine Verteidigung dann wohl wesentlich effektiver ausgefallen.
Vashtu und ein Online-Rollenspiel?
John schüttelte den Kopf, um diese Vorstellung von sich abzuschütteln.
"Ich muß los." Sie schob ihren Stuhl zurück.<
John blickte auf. „Soll ich dich ... ?"
Vashtu schüttelte den Kopf. „Laß nur. Ich weiß, du verabschiedest dich nicht gern am Tor. Ich schaffe das auch allein."
Er nickte und kniff die Lippen aufeinander. „Tja, dann ..." Sein Blick wurde wieder flehend.
Vashtu seufzte schwer, beugte sich über den Tisch und sah ihm tief in die Augen. „Keine Katastrophen mehr bis ich wiederkomme, klar?"
Er nickte und lächelte leise.
Ihr Blick wurde weich. Zärtlich drückte sie ihre Lippen auf seine, dann richtete sie sich wieder auf. „Ich liebe dich, John. Und nur deshalb lasse ich es dieses Mal dabei bewenden. Aber richte Rodney aus, daß er noch mit einer gründlichen Abreibung zu rechnen hat wegen diesem Thema."
Er lächelte immer noch, nickte dann. „Ich werde es ihm sagen." Er zögerte, beobachtete, wie sie sich langsam umdrehte. „Und, Vash ..." Sie wandte den Kopf und sah ihn an. „Ich liebe dich", fuhr er dann fort.
Endlich erwiderte sie sein Lächeln. Dann marschierte sie zur Tür hinaus.
John sah ihr nach, senkte dann den Kopf wieder. Der Appetit war ihm gründlich verdorben - wie immer, wenn sie ging.

TBC ...

13.05.2010

Das Labyrinth des Mrinosh III

"Wir können nicht mehr länger warten!" Peter richtete sich auf, nur um von Dorn wieder auf den Scherenstuhl zurückgedrückt zu werden.
"Ruhig, Junge. Wird schon", brummte der Marine.
"Und wenn nicht?" Er versuchte sich freizuwinden. „Sie waren beim letzten Mal nicht dabei, Serge. Wenn da noch mehr von diesen Dingern in dem Labyrinth sind, hat der Major wahrscheinlich keine Chance! Die sind gemeingefährlich!"
Wallace sah ihn verschreckt an. „Bist du sicher?" flüsterte er.
Dorns Hände, die noch immer auf seinen Schultern lagen, übten einen sanften, aber bestimmten Druck auf ihn aus.
Peter atmete einige Male tief ein, dann barg er das Gesicht in den Händen. „Ich weiß es nicht!" stöhnte er. „Die Warterei macht mich wahnsinnig."
"Geduld", riet Dorn mit sanfter Stimme.

***

Vashtu suchte kurz hinter Mitchell Deckung, wechselte in aller Eile das Magazin, ehe sie wieder an seine Seite trat und schoß.
Was für ein verfluchter Schlamasel! Und wem hatte sie das ganze zu verdanken? Hätte Mitchell sich nicht wenigstens einmal am Riemen reißen können?
Noch zwei Devi waren übrig von dem Stoßtrupp, der sich ihnen in den Weg gestellt hatte. Zwei, und ihre Munition nahm rapide ab. Sie mußten hier verschwinden.
Auf der anderen Seite aber, und das wurde Vashtu erst jetzt wirklich bewußt, hatten sie diese Alptraumwesen sehr wahrscheinlich sehr wütend gemacht. Sie waren in ihr Gebiet eingedrungen, hatten sie angegriffen. Wenn sie sie jetzt nicht auslöschten, würden sie, selbst wenn sie jetzt die Flucht ergriffen, nicht sonderlich weit kommen. Und keiner konnte ihnen sagen, was geschehen würde, sollten die Devi sie irgendwie außer Gefecht setzen können.
Die P-90 klickte nur noch.
Vashtu warf sie einfach zur Seite, während sie schon die Beretta zückte und mit einem Finger entsicherte. Dann begann sie, wie schon beim ersten Mal, sehr kontrolliert und sehr gezielt, zu schießen, nahm erst den einen Devi aufs Korn, dann, als Mitchell sich diesem endlich zuwandte, den anderen. Dabei ließ sie die magere Deckung hinter sich, die sie an der Seite des Colonel genossen hatte, schritt mit langen Schritten auf das Hybridwesen zu, das von jedem Schuß ein wenig zurückgeschleudert wurde.
Diese Dinger waren entstanden, weil sie so dumm gewesen war, die Gentherapie ihres Vaters zu perfektionieren! Sie war schuld an dem Entstehen der Devi. Und sie würde diese Plage auslöschen, wenn es ihr möglich war. Niemals durfte auch nur eines dieser Wesen Fuß in der Milchstraße fassen, niemals!
Die Facettenaugen brachen, als sie die letzte Patrone dem Devi in die Stirn jagte. Er zuckte noch einmal, dann blieb er liegen.
Vashtu atmete tief ein, dann löste sie das leere Magazin und steckte in aller Seelenruhe ein neues in den Griff, während sie aufmerksam in sich hineinlauschte.
"Vorsicht!"
Der Ruf kam zu spät. Sie wirbelte herum und drückte ab.
Das vielgliedrige Wesen fauchte und wurde zurückgeschleudert. Offensichtlich hatte es sich von hinten anschleichen wollen. Aber wo war es hergekommen?
Vashtus Augen schienen in einem kalten Licht zu glühen, während sie, Schritt für Schritt, dem Devi folgte, der, von den Kugeln aus ihrer Waffe zurückgeschleudert, immer weiter rückwärts taumelte. Sein gelbliches Blut spritzte ihr entgegen und besudelte ihre Kleidung.
Dann sank das Wesen mit einem Röcheln in sich zusammen und blieb liegen. Vashtu jagte noch zwei Kugeln hinterher, dann hob sie die Waffe und atmete tief ein.
"Oh Mann!" hörte sie Mitchell hinter sich stöhnen. „Was ist denn mit Ihnen los? So kenne ich Sie ja gar nicht!"
Sie drehte sich zu ihm, als sie glaubte, sich wieder halbwegs im Griff zu haben. Müde sank sie auf die Knie und schüttelte den Kopf.
Was Mitchell da gerade gesehen hatte war die Wraith-Killerin, eine Rolle, von der sie geglaubt hatte, sie in der Milchstraße niemals wieder hervorholen zu müssen. Und doch ...
Verdammt, wo war der letzte Devi hergekommen?
Vashtu hob den Kopf, als sie das Klicken hörte. Erstaunt riß sie die Augen auf, als sie sah, wie Mitchell seine Waffe auf sie richtete. Dann erst ging ihr die Wahrheit auf, als sie spürte, wie sich etwas von hinten näherte.
Sie ließ sich nach vorn fallen, rollte sich auf dem besudelten Boden herum, während die P-90 hinter ihr bereits wieder zu bellen begann. Auch sie begann zu schießen, die Arme leicht nach oben, das linke Handgelenk mit der Rechten stützend.
Der Devi, der sich hatte anschleichen wollen, führte einen irren Tanz auf und bespritzte sie erst recht mit seinem Blut. Doch dann, nach einer halben Ewigkeit, wie ihr erschien, brach er endlich zusammen.
"Der kam die Wand heruntergekrabbelt", keuchte Mitchell entsetzt, nachdem der letzte Schuß verhallt war. „Er kroch da runter wie eine Fliege!"
Vashtus Augen weiteten sich. Eilig rappelte sie sich wieder auf, wechselte das Magazin für die Beretta.
"Wir müssen hier verschwinden!" rief sie Mitchell zu.
Plötzlich hatte sie das sichere Gefühl, auch die Devi konnten sie wahrnehmen. Der letzte Angreifer war gezielt zu ihr gekommen! Er hatte sie entweder gesehen oder gespürt. Und sie war sich ziemlich sicher, es war die letzte Option.

***

Unvermittelt wurde die Tür wieder geöffnet.
Peter, der gerade mit einer unruhigen Wanderung durch den Raum beschäftigt gewesen war, fuhr herum. Dorn hob den Kopf und Wallace erstarrte auf seinem Scherenstuhl.
Mrinosh blieb im Türrahmen stehen und sah die drei verbliebenen Mitglieder von SG-27 nachdenklich an. Dann winkte er ihnen.
"Sie ist bald am Ausgang", sagte er. „Die Wachen meldeten einige heftige Schußwechsel."
"Die Devi!" entfuhr es Peter entsetzt.

***

"Magazin!" Geschickte fing Vashtu die Munition auf, die Mitchell ihr zuwarf.
"Das letzte", meldete der.
Die Antikerin versteifte sich unwillkürlich.
Scheiße!
So schnell wie möglich trat sie wieder an seine Seite. Inzwischen waren sie beide auf ihre Berettas angewiesen. Und die besaßen nur zwanzig Schuß.
Ihnen gegenüber lag ein riesenhaftes, gewaltiges Wesen, das fauchend im Takt der Schüsse zuckte. Vashtu wollte gar nicht wissen, worum es sich genau handelte. Es reichte ihr, daß dieses Ding offensichtlich nicht weniger gefährlich war als die anderen. Und daß es sich auch hier um einen Devi handelte, war sonnenklar für sie, denn wieder nahm sie etwas wahr, das dieses Ding ausstrahlte.
Mitchell hob die Waffe. „Leer!" meldete er.
Vashtu drückte kontrolliert ab, doch sie wurde das Gefühl nicht los, daß sie ihre Kugeln ebensogut über die Mauer werfen konnte. Es brachte nichts, wild auf dieses Ding einzuballern. Sie mußte das irgendwie anders regeln.
Das Wesen besaß, im Gegensatz zu den gewaltigen Ausbreitungen des Leibes, einen sehr kleinen Oberkörper, der ständig in Bewegung war. Und auf diesem Oberkörper saß ein noch kleinerer Kopf.
Vashtu hob die Beretta, doch die vielen Arme lenkten sie von ihrem eigentlichen Ziel ab. Und das schlimmste an zweien dieser Arme war, daß sie geformt waren wie riesenhafte Sicheln.
Was war das? Wenn es ein Devi war, gehörte es dann irgendwie zu einer anderen Spezies? Einer, die sich erst später entwickelt hatte?
Sie wußte es nicht. Sie wußte nur, sie mußte dieses Wesen töten, egal wie. Aber ihr wollte kein rechter Weg dazu einfallen.
Dann kam ihr ein Gedanke.
"Hier!" Sie streckte Mitchell ihre Beretta hin, der sie verblüfft nahm. „Schießen Sie erst, wenn Sie sicher sind zu treffen. Und zwar den Kopf!"
"Was?" Verblüfft starrte er sie an.
Vashtu wirbelte herum. Ein Stück den Weg zurück hatte sie eine Stange auf dem Boden liegen sehen, eine Metallstange.
Sie raste los, kehrte kurz darauf zurück.
Mitchell beobachtete sie aus den Augenwinkeln, während er weiter die Beretta erhoben hielt. Doch der Kopf war unerreichbar für ihn.#
"Was haben Sie vor?" fragte er, als sie an ihm vorbeistürmte. Doch die Antwort blieb sie ihm, zumindest mit Worten, schuldig.
Statt dessen begann sie, mit einer langen Stange, die sie offenbar irgendwo aufgesammelt hatte, das eigenartige Wesen zu attackieren, stach in den gewaltigen Leib hinein.
Was wollte sie damit erreichen?
Dann begriff er und hob die Waffe wieder.
Der Oberkörper beugte sich zu ihr hinunter, er schien vollkommen vergessen zu sein.
Mitchell kam nicht umhin, diesen Wagemut zu bewundern.
Woher hatte sie das? Auch aus ihrer Zeit, als sie sich als Einzelkämpferin auf Wraith-Schiffen durchschlug? Er wußte es nicht. Aber ihm wurde klar, daß sie während des Manövers mit seinen Männern nur gespielt hatte. Jetzt dagegen machte sie ernst.
Geschickt wehrte sie den ersten Angriff des gewaltigen Wesens mit der Stange ab, mußte den drei Armpaaren aber gefährlich nahe kommen dabei.
Mitchell sog scharf die Luft in seine Lungen.
Verdammt, war das Mädchen gut! Sheppards Mädchen, keine Frage. Nur sie, und vielleicht er, würden auf einen so hirnrissigen Gedanken kommen und ein so gefährliches Wesen mit fast bloßen Händen angreifen.
Vashtu wirbelte herum, stach mit dem Stab wieder in den Leib, brachte sich gerade noch außer Reichweite der Arme, schmetterte diese dann den Sichelarmen, die länger als die anderen waren, entgegen. Ein häßliches Geräusch erklang, als beides aufeinandertraf.
Mitchell atmete tief ein und begann zu zielen. Doch noch immer hatte er kein freies Schußfeld. Die wirbelnden Armpaare lenkten ihn ab. Vashtu mußte das Ding noch weiter herumtreiben, ehe er einen sicheren Schuß wagen konnte.
Und sie tat es tatsächlich. Wieder wich sie zurück, und zwang das Wesen damit, ihr zu folgen.
Mitchells Finger drückten den Abzug durch. Die letzte Kugel bellte aus dem kurzen Lauf. Er meinte, sie durch die Luft schießen zu sehen, ehe sie ... dem gewaltigen Wesen in den Hinterkopf schlug.
Ein eigenartiges hohes Kreischen erklang. Das Ding bäumte sich auf, um dann haltlos zusammenzusacken.
Die Antikerin blieb, den Stab noch immer abwehrbereit erhoben, einen Moment lang stehen, dann trat sie an das Wesen heran und rammte die Stange in dessen Oberkörper. Gelbliches Blut spritzte aus der Wunde.
"Sind das jetzt alle?"
Vashtu blickte auf. In ihren Augen konnte er sehr deutlich Müdigkeit lesen. Dann nickte sie. „Ich denke schon."

***

Peter folgte Mrinosh dicht auf an den hohen Mauern des Labyrinthes entlang. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals.
Was, wenn Vashtu es doch nicht schaffte? Was, wenn sie verletzt irgendwo in diesem gewaltigen Irrgarten lag? Niemand würde sie finden, wenn sie sich nicht selbst zum Ausgang schleppte.
"Ich sagte doch, ihr gelingt es." Mrinoshs Stimme klang überzeugt. Doch er konnte diese Überzeugung nicht teilen.
Nein, er wußte noch sehr genau, welche Mühe es bereitet hatte, eines dieser Wesen, die die Antikerin Devi nannte, zu töten. Wenn es noch mehr von diesen Dingern in dem Labyrinth gab ... Daran wagte er gar nicht zu denken.
Zwei von Mrinoshs Männern sahen ihnen entgegen.
Peter blieb weiter dicht an der Seite des jungen Lords, wäre beinahe in ihn hineingerannt, als dieser unvermittelt stehenblieb.
"Was ist? Ich dachte, sie wäre schon längst hier", fragte Mrinosh.
"Sie war nahe am Ausgang. Doch dann verstummten die Schüsse", antwortete einer der beiden Wächter.
Peter wechselte mit Dorn einen vielsagenden Blick. Doch der Marine schüttelte nur den Kopf. „Ruhig, sie kommt", sagte er leise.

***

Mitchell bog um die Kurve und blieb wie erstarrt stehen. Mit großen Augen betrachtete er die Energiewand, die sich vor ihnen erhob.
"Der Ausgang!" Vashtu an seiner Seite seufzte erleichtert, trat an ihm vorbei.
"Sicher? Keine Fallen mehr?"
"Ganz sicher. Kommen Sie endlich!" Ungeduldig winkte sie ihm, marschierte voran. Kurz darauf tauchte sie in das leuchtende Feld ein und schien zu verschwinden.
Mitchell zögerte, doch dann trat auch er in das Feld hinein - und fand sich unvermittelt auf der anderen Seite wieder. Hinter ihm erhoben sich die hohen Mauern des Labyrinthes.
"Vashtu!"
Als er sich umdrehte, fand er die Antikerin dicht umringt von ihrem Team. Sie wirkte jetzt entspannter, aber auch erschöpft.
Sheppards Mädchen - leider, mußte er seufzend gestehen. Er würde wohl keine Chance gegen einen Mann haben, der ihr ohnehin schon im Wesen ähnlich war, und noch dazu in ihrer Heimat lebte."Colonel Mitchell?"
Er drehte sich zu dem jungen Warlord um und schluckte hart. „Mrinosh!" entfuhr es ihm.
Der nickte und kreuzte die Arme vor der Brust. „Willst du mir immer noch mein Labyrinth wegnehmen?" fragte er mit kalter Stimme.
"Nein, das will er nicht." Vashtu machte sich von ihren Leuten los und trat vor. „Niemand wird dir dein Labyrinth wegnehmen, Mrinosh. Es wird nicht funktionieren. Die Priore würden wahrscheinlich einfach hindurchmarschieren."
Sie wechselte einen Blick mit Mitchell, ehe sie wieder von ihrem Team umringt wurde. Und in ihren Augen war eine deutliche Warnung zu lesen gewesen. Eine Warnung, an die der Colonel sich auch zu halten gedachte.

***

Landry stand erwartungsvoll im Gateroom, als die beiden SG-Teams zurückkehrten. Wie immer führte Dorn die Gruppe an, dicht gefolgt von Wallace und Lt. Colonel Carter, die den Leiter des SGC sehr ernst musterte. Jackson und Babbis waren in eine Diskussion vertieft, als sie aus dem Wurmloch traten, ihnen folgten dichtauf Teal'c und Vala, die rückwärts aus dem Tor schritt und das Wurmloch aufmerksam musterte.
Landry runzelte die Stirn.
Was ging hier vor?
Dann aber traten, Seite an Seite, Lt. Colonel Cameron Mitchell und Major Vashtu Uruhk aus dem Tor und funkelten sich wütend an, während hinter ihnen das Wurmloch in sich zusammenfiel.
"Sie hätten ja nicht den Vorgesetzten herauskehren müssen, dann wäre dieser ganze Schlamasel gar nicht passiert!" donnerte die Antikerin gerade.
"Wer wollte denn in das Labyrinth und die Devi killen? Ich wußte ja nicht einmal, daß diese ... diese Viecher tatsächlich existieren", hielt Mitchell dagegen.
"Ich wäre aber lieber durch den Nebeneingang rein, dann hätte ich gewisse Rechte gehabt. So haben wir beide nur das ZPM weiter entladen. Wer weiß, wie lange Mrinosh seine Wunderwaffe noch einsetzen kann. Vor allem jetzt!"
"Ich habe nur getan, was Sie wollen, Major. Sie waren diejenige, die sagte, ich solle das Ding erschießen. Oder habe ich mich da verhört?"
"Ich habe es Ihnen gesagt, weil uns das Ding sonst sehr wahrscheinlich quer durch das Labyrinth gejagt hätte. Außerdem wollte ich wissen, woher die Devi kamen, darum sind wir noch einmal zurückgegangen."
"Und haben absolut gar nichts gefunden. Wer hat denn hier das ZPM entladen, hä?"
"Sie hätten uns gar nicht in diese Lage bringen müssen, Colonel!"
Landry wandte sich seufzend ab. Die beiden jetzt zu trennen ... nein, da wartete er lieber, bis sie sich etwas abgekühlt hatten. Das war sicherer.

11.05.2010

Das Labyrinth des Mrinosh II

"Ich gehe kurz nachfragen, wann Mrinosh für mich Zeit hat." Wallace öffnete mit Schwung die Tür - und erstarrte.
"Peter, der vertieft in sein Palmtop gewesen war, hob nach einer kurzen Weile den Kopf und sah stirnrunzelnd zu seinem Kollegen hinüber. „Rein oder raus, was willst du jetzt, James?"
Wallace stand weiter da wie erstarrt, die Tür noch immer in der Hand.
"Doc?" Dorn richtete sich von seinem Sitzplatz auf. Seine Augen weiteten sich.
Peter betrachtete diese Reaktion seiner beiden Teammitglieder mit gemischten Gefühlen. „Was ... ist ... los?" fragte er schließlich, stand ebenfalls auf und trat zu Wallace, um an ihm vorbei auf den Gang zu sehen - und fühlte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich, als er unvermittelt in die Läufe verschiedener Waffen blickte.
"Alles in Ordnung", beeilte er sich zu versichern, stieß Wallace unsanft zurück und lächelte so freundlich wie möglich. „Wir wollten nur ein bißchen ... lüften! Ist stickig hier, echt. Könnt ihr mir glauben, Jungs. Also ..." Er schloß die Tür und schob den Riegel vor. „Scheiße!"
"Was ... was wollen die da draußen?" wagte Wallace endlich zu bemerken.
Peter schluckte.
Wenn er das wüßte? Aber ... Mit plötzlichem Schrecken ging ihm auf, daß Vashtu noch immer nicht zurück war. Und, wenn er richtig gesehen hatte, war da nicht nur ein Klumpen schwerbewaffneter Männer vor ihrer Tür, sondern auch ...
"Oh, Mist!" entfuhr es ihm.
Dorn nickte stumm. „Sieht übel aus."
"Aber ..." Wallace sah hilflos von einem zum anderen. „Mrinosh ist doch unser Verbündeter, oder nicht?"
Peter zupfte etwas hilflos an seinem Ohrläppchen. „Gute Frage ..."
Es klopfte.
Peter schluckte hart und atmete einige Male tief ein. Dann drehte er sich betont langsam um. „Ja?" rief er durch das dicke Holz.
"Dr. Babbis? Hier ist Mrinosh. Ich möchte gern mit dir sprechen." Die Stimme gehörte eindeutig dem jungen Lord.
"Du kannst uns doch nicht ..." Dorn packte Wallace am Arm und riß ihn neben sich auf einen der Scherenstühle.
Peter tauschte einen Blick mit dem ältlichen Sergeanten, dann zog er den Riegel zurück und öffnete die Tür einen Spaltbreit, gerade genug, um hinaussehen zu können. Erleichtert stellte er fest, daß wirklich Mrinosh im Gang stand.
"Dr. Babbis?" Der junge Lord sah ihn bittend an.
"Draußen oder drinnen? Was ist dir lieber?" Peter hob die Brauen.
Mrinosh lächelte versöhnlich. „Ich komme zu euch hinein. Dann dürften auch deine Begleiter sicherer sein."
Peter nickte und schob die Tür weiter auf, um den anderen einzulassen.
Mrinosh trat an ihm vorbei, ließ es auch zu, daß er die Tür wieder verschloß.
"Warum bringt ihr Feinde meiner Lords hierher?" sagte er dann und kreuzte die Arme vor der Brust.
Peter tauschte einen Blick mit Dorn. „Weil wir den Befehl hatten, es zu tun", antwortete er dann und hob die Hände. „Vashtu wollte das nicht, glaube mir. Sie wollte mit dir allein reden, da sie ... nach irgendetwas in deinem Labyrinth suchen wollte."
"Diesen vielgliedrigen Wesen, wie sie eines getötet hat, ich weiß. Sie lassen ihr keine Ruhe." Mrinosh nickte, sah zu den beiden anderen hinüber. „Aber warum schickt die Erde euch mit denen, auf deren Köpfen Gelder ausgesetzt sind? Ich verstehe das nicht."
"Wo ist Vashtu?" fragte Peter und trat langsam näher.
"Im Labyrinth. Dort wollte sie doch auch hin, oder nicht?" In Mrinoshs Gesicht zuckte kein Muskel bei diesen Worten.
Dorn sog scharf Luft in seine Lungen, seine Augen weiteten sich.
Wallace keuchte. „Aber ... aber ..."
"Kommt sie auch dieses Mal wieder hinaus, lasse ich euch alle gehen", fuhr der junge Lord fort. „Aber ich lasse mich nicht beleidigen oder von hier vertreiben. Ich möchte, daß das auch euer Präsident weiß. Das Labyrinth ist alles, was mein Volk gegen die anderen Lords schützt. Ich werde es mir nicht nehmen lassen!"
Peter nickte nachdenklich.

***

"Zum Glück hat er uns die Waffen gelassen." Vashtu sicherte ihre Seite aufmerksam ab, die P-90 an der Wange. Langsam trat sie durch den Durchgang und wartete, bis Mitchell sie eingeholt hatte. „Das hätte auch anders für uns ausgehen können. Ich hoffe, das wird Ihnen eine Lehre sein, Cameron!"
Der warf ihr einen langen Blick zu. „Ich habe mich nicht verquatscht. Es wäre gut gegangen, wenn Sie nicht die Kennung verraten hätten."
Vashtu schnaubte, ging langsam, mit langen Schritten weiter, den Colonel an ihrer Seite wissend. „Was auch immer Sie hier drin sehen: Erst schießen, dann fragen. Verstanden?"
"Oh, die große, einsame Kriegerin. Haben Sie so meine Leute während des Manövers ausgeschaltet?" höhnte Mitchell.
Vashtu sicherte zur Seite, als sie einen weiteren Durchgang passierten, schlich dann weiter. „Nein, da hatte ich etwas mehr Zeit, mir einen Plan zurechtzulegen. Hier haben wir das nicht. Achten Sie einfach auf alles, was irgendwie seltsam ist, dann kommen wir hoffentlich lebend hier heraus."
"Und was sollte uns hier drin erwarten? Ihre komischen Alptraumwesen?"
Vor dem nächsten Durchgang blieb sie stehen, senkte die Waffe ein bißchen und neigte den Kopf leicht zur Seite, als würde sie lauschen. Einer Antwort enthielt sie sich. Mitchell würde sehr wahrscheinlich früh genug Bekanntschaft mit den Wesen machen, die dieses Labyrinth offensichtlich bevölkerten.
Nun ja, man konnte es auch anders sehen. Jetzt hatte sie zumindest eine Chance herauszufinden, woher der Devi gekommen war, den sie bei ihrem letzten Besuch hier getötet hatte. Allerdings wären ihr die zusätzlichen Rechte, die ihr damals eingeräumt worden waren, wesentlich willkommener gewesen. Aber Mitchell hatte ja unbedingt den Chef herauskehren müssen.
"Devi", antwortete sie schließlich, lehnte sich etwas nach vorn.
Hinter diesem Durchgang war etwas, sie wußte nur noch nicht was. Und sie war sich nicht sicher ...
Mitchell trat an ihre Seite, lugte jetzt ebenfalls um die Ecke.
Vashtu spürte den Luftzug als erste, riß den größeren Mann augenblicklich zurück. Gerade noch rechtzeitig, ehe ein gewaltiges Pendel fauchend in den Durchgang schwenkte.
"Scheiße!" entfuhr es Mitchell, als er sah, wie die Kanten im Licht funkelten. „Da hat aber einer seinen Poe zu gut gelesen."
Vashtu atmete tief ein, hob dann die Waffe wieder. „Seinen wen?" fragte sie, während sie sich schon wieder auf den Weg machte.
Mitchell warf ihr einen langen Blick zu. „Jetzt sagen Sie nicht, Sie haben noch nie etwas von Edgar Allen Poe gehört?" staunte er. „'Die Grube und das Pendel', 'Der Untergang des Hauses Usher', 'Das verräterische Herz'?"
Vashtu runzelte die Stirn. „Dieser Typ mit dem kleinen Bärtchen in den billigen Filmen?" fragte sie dann.
"Hä?" Mitchell schloß endlich wieder auf. Dann schien er zu begreifen. „Das ist ein Schauspieler! Ich rede von dem Autoren."
"Noch nie gesehen." Der nächste Durchgang. Wieder blieb sie stehen und sondierte die Lage.
"Können Sie auch nicht. Der ist seit gut einhundertfünfzig Jahren tot. Mensch, wo leben Sie denn?"
"In Colorado Springs?"
Vorsichtig schob sie sich durch den Durchgang in die nächste Ebene, sicherte immer noch mit ihrer Waffe nach allen Seiten.
"Major Uruhk, Sie sind schon eine Marke!" Mitchell seufzte. „Haben Sie nicht vielleicht doch mal Zeit für ein romantisches Abendessen bei Kerzenlicht? Nur Sie und ich?"
"Ich bin mit John Sheppard zusammen. Ich dachte, das wüßten Sie."
"Jaja, Sheppards-Mädchen. Der Junge hat ein verdammtes Glück! Aber er ist weit weg."
"Nicht zu weit." Sie blieb abrupt stehen. „Zurück." Sie drehte sich um und schlich den Weg, den sie bis hierher gekommen war, wieder zurück.
"Warum das denn?" Mitchell folgte ihr verständnislos.
"Weil ich mir nicht die Knochen brechen will. Da war eine Grube."
Der Colonel seufzte. „Die Frau mit dem Röntgenblick!"

***

Peter wurde allmählich unruhig, während er mit einem halben Ohr zuhörte, wie Mrinosh und Wallace über irgendwelche Getreidesorten fachsimpelten.
Nicht genug damit, daß Vashtu und Colonel Mitchell in das Labyrinth transferiert worden waren, zusätzlich hatte der junge Lord auch noch den Rest von SG-1 gefangensetzen lassen. Und sie selbst ... Nun, er zweifelte, ob er diesen Raum würde verlassen dürfen, auch wenn Mrinosh ihm das zugesichert hatte.
Dorn erhob sich unvermittelt, kam zu ihm und sah ihm tief in die Augen. „Wird schon. Ist ein toughes Mädchen", flüsterte er ihm zu.
Peter sah den Marine erstaunt an. Dann aber nickte er mit verkniffener Miene und drehte sich wieder zur Tür um.
Wenn sie nur schon wieder hier wäre!

***

Vashtu pirschte sich weiter, in den nächsten Gang hinein. Aufmerksam sicherte sie nach allen Seiten, richtete sich dann auf und seufzte.
"Haben Sie vielleicht eine Ahnung, in welche Richtung wir uns überhaupt bewegen?" erkundigte Mitchell sich.
"Wir müssen nach Süden. Dort liegt irgendwo der Ausgang." Vashtu sah zum Himmel hinauf, wie schon einige Male vorher. Wieder seufzte sie.
Über ihnen, dort wo die Mauern des Labyrinths endeten, befand sich ein dünnes Schutzschild, das bläulich leuchtete. Der Himmel war verhangen, keine Sonne irgendwo auszumachen. Die Richtung zu bestimmen war so gut wie unmöglich, solange sie keinen Kompaß zur Hand hatte. Und soetwas besaß sie nicht, dafür war ausnahmsweise einmal Dorn zuständig.
"Sie haben nicht zufällig einen Kompaß dabei, Colonel?" fragte sie.
"Einen Kompaß?" Mitchell hob die Brauen.
Vashtu fuhr herum, als sie ein Geräusch irgendwo vor ihnen wahrnahm.
"Eine neue Falle?"
Sie hob die Hand, um ihren unfreiwilligen Begleiter um Ruhe zu bitten. Dann lauschte sie wieder, ehe sie ihre Waffe wieder in Anschlag brachte.
"Ich hoffe, nicht das, was ich glaube, daß es sein könnte", murmelte sie zur Antwort und schlich los, die Füße so leise wie möglich aufsetzend.

***

"Mrinosh, hör mich bitte an!" Peter richtete sich wieder auf.
Wallace warf ihm einen irritierten Blick zu, dann aber schien dem Agrarwissenschaftler aufzugehen, daß sie sich noch immer in Gefahr befanden. Abrupt und gefolgt von einem dumpfen Laut schloß er den Mund.
Der junge Lord runzelte die Stirn. „Es gibt nichts zu reden, Dr. Babbis", entgegnete er, noch ehe Peter seinen Einwand vorbringen konnte. „Lt. Colonel Mitchell hat mich persönlich beleidigt, und Vashtu Uruhk zugegeben, daß sie unter falschen Voraussetzungen hergekommen ist. Das kann ich nicht auf sich beruhen lassen." Er schüttelte entschieden den Kopf.
"Aber du kannst die beiden doch nicht in diesem verdammten Labyrinth verrecken lassen!" entfuhr es Peter. Mit der Faust schlug er auf den Tisch, verzerrte dann das Gesicht vor Schmerz.
Mrinosh sah ihn überrascht an. „Wenn ich nicht sicher wäre, daß sie eine Chance hat, hätte ich verhindert, daß sie dorthin kommt. Ich hätte sie zu mir geholt", sagte er. „Aber ich werde jetzt nicht eingreifen. Es gibt noch andere wichtige Dinge zu regeln."
"Aber ..."
"Ich sagte, kommt Vashtu Uruhk lebend aus dem Labyrinth heraus, werde ich euch und SG-1 zurück zur Erde lassen. Aber ich werde sicher nicht klein beigeben, Dr. Babbis. Es ist eure Schuld, daß es so gekommen ist. Ich hatte meinen Standpunkt schon beim letzten Mal klar gemacht. Wenn ihr nicht hören wollt, müßt ihr es auf andere Weise lernen. Über das weitere Bündnis mit der Erde werde ich jedenfalls gründlich nachdenken müssen."
Peter schob die verzweifelt die Brauen zusammen, schwieg jetzt aber.
Er konnte nichts tun als abzuwarten. Und das fiel ihm im Moment verdammt schwer.

***

Vashtus Gesicht war ausdruckslos, während sie den Abzug gedrückt hielt und feuerte. Dabei beugte sie sich immer weiter über das, was von ihrem Angreifer noch übrig war, jagte ihm Salve um Salve in den Leib, bis sie absolut sicher sein konnte, daß er tot war. Erst dann blickte sie auf.
Mitchell gab noch einen letzten Feuerstoß ab, dann hob auch er seine Waffe und blickte sich um. „Scheiße!" entfuhr es ihm.
Vashtus Kiefer blieben angespannt. Aufmerksam sah sie sich um, dann überprüfte sie das Magazin ihrer P-90. „Ich sagte doch, die Devi existieren", sagte sie dabei, holte ein neues Magazin hervor und wechselte das alte aus.
Mitchell sah auf das Ding hinunter, das er gerade getötet hatte, dann atmete er tief ein und drehte sich wieder zu ihr um. „Das sind Devi?"
Vashtu nickte stumm, ging dann mit strammen Schritten an ihm vorbei, das Gesicht immer noch angespannt, die Augen eiskalt.
"Und wo kommen die her?" Mitchell folgte ihr.
"Das wüßte ich auch gern, Colonel", antwortete sie mit kalter Stimme. „Aber vielleicht finden wir es jetzt heraus."
"Was sind das für Dinger? Die haben sechs Arme!" Mitchell holte einige Male tief Atem.
"Hybridwesen. Gezüchtet aus ... Insekten und Menschen." Vashtu blieb stehen, neigte wieder leicht den Kopf. Im nächsten Moment hatte sie ihre Waffe wieder im Anschlag. „Und hier sind noch mehr!" Diese Worte stieß sie zischend aus.
Mitchell hob seine Waffe nun ebenfalls. „Sicher?"
Den kurzen Lauf an die Wange gedrückt nickte sie, hielt auf einen weiteren Durchgang zu, ihren Begleiter dicht bei sich wissend. Sehr sorgfältig sicherte sie nach allen Seiten, lauschte dann wieder in sich hinein.
Es war wie beim letzten Mal. Es schien, als könne sie die Devi wahrnehmen, noch ehe sie sie auch nur hören konnte. Wie auch immer das geschehen mochte, es hatte ihnen das Leben gerettet, dessen war sie sicher. Woher auch immer die Devi in diesem Labyrinth stammten, sie waren stark - und schwer zu töten, schwerer als jedes Wesen, dem sie bisher gegenübergestanden hatte.
Mitchell blieb an ihrer Seite, während sie weiterschlich.
Spinnweben bedeckten die Wände des Labyrinths an einigen Stellen. Und hinter diesen dichten Netzen befanden sich Knochen. Knochen von Lebewesen.
Die Devi ernährten sich von denen, die in das Labyrinth geschickt wurden. Also konnte diese Einrichtung noch nicht allzu lange ungenutzt gewesen sein, ehe Mrinosh und sein Volk diesen Planeten für sich beanspruchten.
Aber ... ?
Vashtu atmete tief ein, als sie nun eine ganze Gestalt hinter den dichten Netzen ausmachen konnte.
"Oh Mann!" Mitchell trat an ihr vorbei und hob die Rechte. Beinahe sanft strich er die Netze zur Seite.
Vashtu holte tief Atem. „Rodirhk!" entfuhr es ihr.
Also war der Warlord doch nicht auf Sekema getötet worden, wie man angenommen hatte. Er war hergekommen und war Mrinosh in die Hände gefallen. Wahrscheinlich hatte er den jungen Lord unter seine Verbündeten zwingen wollen. Doch Mrinosh hatte sich zu wehren gewußt.
Mitchell sah sie mit großen Augen an. „Der fühlt sich an ... das ist ..." Angewidert trat er einen Schritt zurück und wischte sich die Hände an seinen Hosen ab.
Vashtu betrachtete den Leichnam stirnrunzelnd. Auch ihr fiel auf, daß da irgendetwas nicht ganz stimmte. Dann ging es ihr auf.
"Er sieht aus, als sei sein Inneres ... weich?" Zögernd trat sie näher, ließ die P-90 sinken und streckte einen Finger aus. Als sie die bleiche Haut berührte, war es, als fasse sie in einen weichen, prall gefüllten Wassersack. Angewidert zog sie ihre Finger zurück und schluckte.
"Was ist mit dem passiert?" Mitchell hatte die Waffe wieder in Anschlag gebracht.
"Ich weiß es nicht. Aber ..." Vashtu atmete tief ein, als sie sich an die Berichte über Vineta erinnerte. „Ich will es auch nicht wissen!" Damit hob sie ihre Waffe wieder. „Weiter!"

***

Wallace schüttelte dem jungen Warlord die Hand und lächelte. „Dann machen wir es so. Ich werde sehen, ob ich irgendwo Saatgut auftreiben kann. Dann dürfte der Rest für euch kein Problem darstellen."
Mrinosh nickte und erhob sich jetzt. „Ihr müßt mich jetzt leider entschuldigen. Ich habe noch etwas dringendes zu erledigen."
"Und Vashtu und Mitchell?" Peter trat mutiger vor, als er sich fühlte.
Mrinoshs Gesicht verfinsterte sich. „Sei geduldig. Vash wird zurückkommen und ihr alle dürft nach Hause. Ich verspreche es." Damit verließ er den Raum.
Peter sah ihm zweifelnd nach.

***

Vor der nächsten Kreuzung blieb Vashtu stehen. Wieder war da dieses Gefühl in ihr, dieses ... dieses Summen, das sie in eine bestimmte Richtung ziehen wollte.
Allerdings fragte sie sich, ob es wirklich eine so gute Idee war, dem Drang nachzugeben. Sie hatte nicht die blaßeste Ahnung, was sie noch erwarten würde. Als sie das letzte Mal das Labyrinth betreten hatte, hatte sie Abkürzungen nehmen können. Jetzt dagegen ...
"Was ist?" fragte Mitchell.
Sie schüttelte unwillig den Kopf.
Wenn sie sich nicht irrte, würden sie bald auf mehr Devi treffen. Vielleicht mehr als sie beide allein bewältigen konnten. Aber sie würde vielleicht auch herausfinden können, woher diese Kreaturen, die Mrinoshs Labyrinth bevölkerten, überhaupt kamen.
Vashtu senkte die Waffe, kontrollierte noch einmal das Magazin. Dann tastete sie nach der restlichen Munition, die sie bei sich hatte. Ein Magazin, das war alles.
Leise vor sich hinfluchend blieb sie noch immer vor dem Durchgang stehen.
Wenn sie die Devi nicht ausschaltete, würden die vielleicht entkommen, sobald das ZPM sich vollständig entladen hatte. Ihr blieb nichts anderes übrig. Sie mußte es riskieren. Außerdem hatte sie ja auch noch ihre Beretta. Und Mitchell ... ?
"Wieviel Munition haben Sie noch?" fragte sie leise.
Mitchell sah sie überrascht an, dann tastete er selbst seine Überlebensweste ab. „Drei Magazine für die P-90 und vier für die Beretta", antwortete er dann.
Vashtu nickte und kniff die Lippen aufeinander. „Ich schätze, wir werden gleich auf einige Devi treffen. Ich fühle da irgendetwas", erklärte sie.
"Sie können sie wahrnehmen?"
Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht." Wieder kniff sie die Lippen fest aufeinander. „Aber wenn ich mich nicht irre, sind wir bald am Ausgang. Und wir sollten schon allein wegen dem ZPM nicht riskieren, daß die Devi weiter am Leben bleiben. Wenn die einmal ausbrechen ..."
"Richten sie ein unvorstellbares Chaos auf diesem Planeten an, schon klar." Mitchell entsicherte seine Waffe. „Dann los!"
Vashtu atmete tief ein. Ihr Blick wurde wieder eiskalt. Sie hob die P-90 an die Wange und trat einen kontrollierten Schritt nach vorn, auf den Durchgang zu.
Im nächsten Moment brachen sie durch: Gut ein Dutzend Wesen mit langen, spindeldürren Gliedern und schlohweißem Haar.


TBC ...