19.12.2010

Unsauberer Handel II

Anne sah schnell wieder auf ihre Unterlagen hinunter, konnte ein leises Lächeln dabei nur mit Mühe unterdrücken.
Sie hatte sich also doch endlich entschieden, sie hatte es sich beinahe schon gedacht. Zumindest aber hatte sie es gehofft.
Anne räusperte sich vernehmlich und konzentrierte sich wieder auf ihre Unterlagen. „Wie war der Test?" fragte sie schließlich, sah wieder auf.
Die Antikerin und der junge Wissenschaftler wechselten einen langen Blick. „Katastrophal", antwortete sie dann.
„Ich habe irgendetwas übersehen," entgegnete Babbis sofort mit schneidender Stimme. „Aber eine Katastrophe war das nicht. Nur ein kleiner ... Rückschlag."
Major Uruhk sah ihn mit großen Augen an, setzte sich auf. „Rückschlag?" fragte sie. „Ich wäre in dem Ding fast gebraten worden!"
„Dann darf ich davon ausgehen, daß die Sekundärwaffe noch nicht einsatzbereit ist." Anne warf beiden strenge Blicke zu.
Babbis kreuzte schmollend die Arme vor der Brust und brummte etwas Unverständliches vor sich hin. Die Antikerin grinste breit und war offensichtlich sehr mit sich zufrieden.
Anne schüttelte den Kopf. Diese kleinen Sticheleien zwischen den beiden wirkten mindestens ebenso irritierend wie ihr sonstiges Verhalten. Andererseits aber lockerte es offensichtlich mögliche Spannungen auf, sie wußte es nicht genau. Für sie persönlich war dieses Verhältnis zwischen den beiden noch immer ein Quell der Überraschungen.
„Wenn wir noch Zeit finden, ehe Sie wieder zur Prometheus zurück müssen, können Sie Dr. Babbis gern zur Hand gehen. Im Moment ist er wohl etwas ... ausgelastet und konnte den Jumpern nicht recht die Aufmerksamkeit schenken, die sie sicherlich verdient hätten", sagte Anne noch immer beschwichtigend. „Ich bin sicher, gemeinsam wird Ihnen schon eine Lösung einfallen."
Beide warfen sich leicht skeptische Blicke zu, richteten ihre Aufmerksamkeit dann wieder auf sie.
Anne seufzte. Dieses Zusammenspiel würde sie eines Tages entweder akzeptieren oder wahnsinnig machen.
„Also gut." Wieder konzentrierte sie sich kurz auf ihre Papiere, sah dann auf. „Major, ich habe Sie hier herunterholen lassen unter dem Vorwand, wir hätten irgendein Gerät entdeckt, das wir nicht ganz unter Kontrolle haben. Ich hoffe, Sie können damit leben."
Die Antikerin nickte. „Solange Sie sich nicht im wissenschaftlichen Sektor herumtreiben ..." Sie hob die Schultern, ließ sie dann langsam wieder sinken.
Anne lächelte. „Tatsächlich aber möchte ich mein Wort Ihnen gegenüber einlösen, Major Uruhk. Sie haben uns die Stadt zugänglich gemacht, haben mitgeholfen, wo und wie Sie konnten, Sie haben das Gate repariert."
Die Antikerin nickte wieder, hob jetzt aber fragend eine Braue. In ihren Augen lag leichte Skepsis.
Anne beugte sich etwas vor. „Ich habe Ihnen versprochen, daß Sie als erste durch das Sternentor gehen dürfen. Und dieses Versprechen möchte ich jetzt einlösen. Ich möchte, daß Sie Ihr Team zusammenrufen und Kontakt zu einem anderen Volk als möglichen Handelspartnern aufnehmen."
Unvermittelt setzte die Antikerin sich auf. „Ich soll was?" fragte sie. „Aber ... ich bin kein Mitglied von Vineta."
„Aber möglicherweise finden Sie Hinweise darauf, wie Sie in eine bekannte Galaxie zurückkehren und Pendergast damit entkommen können", wandte Anne ein. „Außerdem sehe ich Sie durchaus als ein Mitglied dieser Stadt. Wenn Sie nicht gewesen wären, wüßten wir nichts von Vineta, und wir hätten es auch nie für uns einnehmen können."
Die Antikerin blinzelte, wechselte dann einen Blick mit Babbis, ehe sie sie wieder anstarrte.
„Wenn Sie nicht wollen ... ?" Anne hob die Hände.
„Und ob ich will!" entfuhr es Major Uruhk. Und tatsächlich schien es sie nur mit Mühe auf ihren Platz zu halten. „Aber ... unser netter Colonel über unseren Köpfen. Wenn der erfährt, daß ich nicht auf diesem Planeten bin ..." Wieder zuckte sie etwas hilflos mit den Schultern.
Anne sah sie an. „Dafür finden wir eine Lösung. Es gibt, und das wissen Sie, abgeschirmte Gebäude in der Stadt. Ihr Ausflug darf eben zunächst einmal nicht zu lange dauern."
Stirnrunzelnd lehnte die Antikerin sich wieder zurück und begann, an ihrer Unterlippe zu nagen.
„Wie steht es mit Ihrem Kontakt zu Heimdahl?" wagte Anne sich etwas weiter vor.
Major Uruhk blickte wieder auf. „Er steht unter Bewachung. Ist nicht ganz einfach. Bisher kommunizieren wir ausschließlich über Dritte."
„Und wenn er den Transporter noch einmal manipuliert?"
„Pendergast ist hinter unsere kleine Plünderung gekommen, dafür saß ich gut die Hälfte meiner Zeit dort oben in der Brick." Ein verschämtes Lächeln folgte. „Ich bin mir nicht sicher, ob er herausgefunden hat, daß Heimdahl die Waffen herunterbeamte. Was war eigentlich in den Kisten?"
„Hauptsächlich Munition." Anne schüttelte amüsiert den Kopf und las kurz von einer Liste den neuen Inhalt der Waffenkammer ab.
Major Uruhk nickte beeindruckt, ein spöttisches Licht in den Augen. „Dann haben die siebzehn Tage sich ja gelohnt", meinte sie mit einem zufriedenen Grinsen.
Anne nickte beifällig, schloß die Liste wieder. „Ich weiß nicht, ob Sergeant Dorn bereits an Sie herangetreten ist, Major", fuhr sie dann mit dem nächsten Punkt ihrer persönlichen Hoffnungen fort, nachdem die andere bis jetzt alles wie erwartet, akzeptierte. „Wir wollen SG-Teams zusammenstellen. Aber er ... nun durch seinen Dienst und der Rehabilitation, die er gerade vornimmt, ist er etwas überlastet. Er wollte Sie fragen, ob Sie eventuell bei der Zusammenstellung behilflich sein könnten."
Die Antikerin nickte. „Kein Problem. Es sei denn ..." Sie hob den Kopf. „War da nicht etwas mit den anderen Sternentoren in dieser Galaxie?"
„Ich habe Danea und Cornyr zu dieser Sitzung geladen. Ich denke, selbst wenn sie nie von diesem Planeten fortgekommen sind, können die Erethianer uns immer noch am besten helfen."
„Sie wissen eine Menge, ich erinnere mich. Es muß doch wohl ein wenig Kontakt zu anderen Planeten geherrscht haben." Major Uruhk begann wieder, an ihrer Unterlippe zu knabbern.
„Wir hoffen auch, daß uns selbst etwas wegen der Beschaffung oder vielleicht sogar Herstellung von Nahrung einfällt. Cornyr wollte sich mit den anderen Ältesten beraten", fuhr Anne fort.
„Eine gute Idee." Major Uruhk blinzelte, hob dann den Kopf. „Vielleicht der Mond? Solange hier unten noch nichts wächst, könnte er benutzt werden. Genug Platz wäre da oben auf alle Fälle."
Anne lächelte wieder. „Soweit waren wir mit unseren Vorschlägen noch nicht gekommen. Aber eine interessante Idee, Major."
Die Wände öffneten sich wieder.
Major Uruhk sah über die Schulter, nickte den Ankommenden freundlich zu. Ein kurzes Lächeln glitt über ihr Gesicht, als die beiden Erethianer den Raum betraten. Als letzter rollte der alternde Marine und jetzige militärische Leiter Vinetas in den Raum hinein, hinter ihm glitten die Wände wieder in ihre vormalige Stellung.
Dorn warf der Antikerin einen warmen Blick zu, als er seinen Platz am Tisch einnahm, sah dann kurz zu Anne und hob die Brauen.
Die Leiterin nickte unmerklich und erntete ein amüsiertes Grinsen.
Sie hatte sich vornehmlich mit Dorn über das eigentliche Problem ausgetauscht, das sie hatte, nämlich Major Uruhk für Vineta zu gewinnen. Er hatte ihr den Vorschlag unterbreitet, den sie jetzt aufgenommen hatte, wohl mit, zumindest bisher, mehr als gutem Ergebnis. Major Uruhk brachte sich, wie sie es bereits vor ihrer Rückkehr auf die Prometheus getan hatte, wieder voll ein und arbeitete mit. Dabei schien ihr nicht klar zu sein, daß sie bereits erneut in die Leitung der Stadt eingebunden wurde. Die Sache mit der Aufteilung der Teams gehörte definitiv nicht zu den Aufgaben einer Helferin.
Anne war auch sehr zufrieden mit dem Ergebnis von Babbis' Basteleien. Genau die Stimmung, die die Majorin beim Eintritt in diesen Raum gezeigt hatte, wollte sie nutzen. Und als erstes bei dem Umgang mit dieser so eigenartigen Frau hatte sie gelernt, sie am besten machen und ihre eigenen Gedanken schweifen zu lassen.
Dr. Walter Spitzbart lächelte Anne kurz an, nachdem er die Antikerin einen Moment lang aufmerksam gemustert hatte. Er nickte ihr zu, und sie wußte, er war von Anfang an mit ihrer Wahl einverstanden gewesen, wie so gut wie jeder in der Stadt.
Cornyr und Danea ließen sich neben dem Major nieder, die den Kopf zu Dorn hinübergebeugt hatte und leise auf ihn einsprach.
Sie sollte doch nicht ... ?
Dorn schüttelte den Kopf, und Anne ging auf, daß die Antikerin tatsächlich versuchte, ihr altes Erd-Team SG-27 wieder zu reaktivieren, als sie sich etwas frustriert zurücklehnte und vor sich hinzubrüten begann.
Die Leiterin schüttelte amüsiert den Kopf.
Das war es also gewesen, was Major Uruhk so zugesetzt hatte am Tag der Wahl, als sie beide sich im Kontrollraum trafen. Sie hätte es sich denken können. SG-27 schien eine eingeschworene Gemeinschaft gewesen zu sein, ehe sie irgendwie in dieser Galaxie strandeten. Und Anne war mehr als froh, daß sie hier gestrandet waren, in welcher Dimension auch immer.
Jetzt richtete sie sich wieder auf. Kurz glitt ihr Blick hinüber zu dem leeren Platz, den eigentlich Dr. Peter Grodin einnehmen sollte. Doch der Arzt befand sich noch immer auf der Prometheus, und einen Stellvertreter für ihn gab es nicht.
Noch ein Problem, das sie irgendwie lösen mußte. Bisher hatten sie sehr viel Glück gehabt, vor allem auch, da Dr. Babbis sich wohl etwas auf Antiker-Geräte verstand. In der ehemaligen Krankenstation von Vineta hatte er etwas entdeckt, das Wunden schneller heilen ließ. Seitdem hatten Markham und er noch einen weiteren Nebenjob, neben ihrer eigentlichen Arbeit und der Aktivierung verschiedenster Geräte, die die neuen Einwohner der Stadt vielleicht brauchen konnten.
Die Wände glitten noch einmal auf ihren Schienen zu Seite und machten der letzten Person Platz, die zu dieser Unterredung geladen war: Andrea Walsh, der jungen Technikerin, die bereits die Leitung über den Kontrollraum an sich gebracht hatte, ehe überhaupt die Rechner, geschweige denn das Stargate aktiviert waren. Auch sie machte ihre Sache bisher ausgesprochen gut. Wie sie sich schlagen würde, wenn sie wirklich durch das Tor treten und mit anderen Völkern Kontakt aufnehmen würden, würde sich zeigen, doch Anne war sich sicher, auch hier eine gute Wahl getroffen zu haben.
Walsh ließ sich ebenfalls auf ihrem Platz nieder, ordnete noch schnell die letzten Ausdrucke, die sie offensichtlich vorgenommen hatte, ehe sie der Leiterin leicht gehetzt zunickte.
„Gut", begann Anne nun zu sprechen. „Ich freue mich, das alle erschienen sind."
Sofort hatte sie das Interesse der Antikerin wieder zurück. Major Uruhk saß, wieder mit überkreuzten Armen da, und musterte sie aufmerksam.
Anne räusperte sich. „Wie wir alle bemerkt haben in den letzten Wochen, haben wir ein dringendes Nahrungsproblem. Die Bereiter sind zwar einsatzbereit und wir nutzen sie auch, aber die sonstigen Vorräte schwinden im erschreckenden Maße. Außerdem, und das dürfte ebenfalls allen klar sein, können wir nicht den Rest unseres Lebens Nährungsbreie zu uns nehmen."
Ein triumphierendes Lächeln erschien auf Major Uruhks Gesicht bei diesen Worten. Und Anne erinnerte sich noch sehr genau an die Diskussionen, die sie beide vor der Aktivierung der Geräte geführt hatten zu diesem Thema.
„Cornyr hat für die Erethianer gesprochen und hofft, bald etwas anbauen zu können. Die Frage dabei allerdings ist, wo", fuhr sie fort.
„Auf dem Mond", wandte die Antikerin wie aus der Pistole geschossen ein und erntete dafür einige überraschte Blicke. Nur Babbis ignorierte sie im Moment.
„Das ist der Vorschlag von Major Uruhk", baute Anne die Worte sofort ein. „Ein sehr guter Vorschlag, wie ich finde. Ein Gutteil von uns kennt diesen Mond, wir wissen, er ist bewohnbar und verfügt über ein gutes Klima. Wahrscheinlich ist er, solange hier unten noch keine Vegetation wiederhergestellt ist, die beste Lösung. Was meinen Sie, Cornyr?"
Der ältere Erethianer, der seinem Sohn, der neben ihm saß, auffallend ähnlich sah, blickte nachdenklich auf. „Wir kennen den Mond nicht. Aber wenn ihr meint, werden wir ihn uns gern einmal ansehen, Dr. Stross."
Anne fühlte, wie ein triumphierendes Lächeln sich auf ihre Lippen stahl.
Vier Wochen hatten sie um dieses Problem herumgeredet, aber auf diesen Gedanken war niemand gekommen. Erst die Antikerin hatte zurückkehren müssen, damit sie den Mond über Erethia überhaupt in Betracht zogen.
„Allerdings ändert das nichts daran, daß wir über kein Saatgut verfügen, da dieses mit dem Planeten in der Feuersbrunst zerstört wurde", fuhr Cornyr fort.
„Dazu kommen wir als nächstes, Ältester." Anne nickte dem Mann freundlich zu. „Und zwar mit dem, was schon lange für uns aussteht: Den Gang durch das Stargate. Wir sollten Handelsbeziehungen zu anderen Völkern suchen, vielleicht Verbündete gegen die Devi."
Einhelliges Nicken, bis auf das Warten der beiden Erethianer.
Das allerdings könnte ein Problem werden. Die ursprünglichen Einwohner dieses Planeten standen Vineta und, vor allem, dem Sternentor mehr als skeptisch gegenüber. Es war schon harte Arbeit gewesen, sie von dem Einzug in die Stadt zu überreden. Anne wollte sich gar nicht denken, was da möglicherweise noch auf sie zukommen konnte. Dabei, auch das mußte sie zugeben, ein Stückweit konnte sie die Erethianer auch verstehen. Die Geschichte dieser Stadt der Antiker war alles andere als angenehm.
„Allerdings, so sagten Sie mir, Cornyr, und auch Sie, Danea, seien die Stargates dieser Galaxie an vielen verschiedenen Orten."
„Das ist richtig", antwortete der junge Danea, erntete einen vorwurfsvollen Blick seines Vaters, ehe der sich wieder umdrehte und fortfuhr: „Soweit wir wissen, befinden sich die Runde der Schöpfer an vielen unterschiedlichen Stellen auf verschiedensten Planeten. Wir haben das unsere nicht benutzt, da wir auch wissen, daß die Devi durch sie kommen können. Außerdem war es unbrauchbar."
Major Uruhk drehte sich um und sah den Alten aufmerksam an. „Was heißt, an unterschiedlichen Stellen?" fragte sie.
Cornyr sah sie einen Moment lang an. „Ihr solltet zunächst einmal sehr genau überlegen, ob ihr das tatsächlich wagen wollt. Hier ist mindestens eine Schöpferin unter euch, verzeih, Major Uruhk. Und ich kenne kein Volk, das die Schöpfer sonderlich schätzt. Sie haben uns vor langer Zeit zurückgelassen und den Devi ausgeliefert. Wenn ihr jetzt das Rund benutzt, könnte das die Devi anlocken."
„Sie werden ohnehin kommen, nach allem, was Sie uns mitgeteilt haben", wandte Major Uruhk wieder ein. Ihr Gesicht war plötzlich sehr hart geworden, jede Spur Humor aus ihren Augen getilgt. „Uns geht es im Moment darum, etwas zu essen zu bekommen und mit anderen Bündnisse zu schließen, damit wir gemeinsam gegen die Bedrohung antreten können."
Cornyr sah sie wieder an. „Ihnen glaube ich, Major Uruhk, Sie sind ehrlich gewesen und haben uns geholfen", entgegnete er. „Aber andere werden Ihnen nicht glauben, wenn sie erfahren, was Sie sind."
„Muß ich es ihnen auf die Nase binden?"
„Viele können spüren, daß Sie eine Schöpferin sind, Major Uruhk", wandte Danea ein. „Nabuck zum Beispiel wußte sofort, wer Sie sind, noch ehe wir hergekommen waren."
Anne tauschte mit der Antikerin einen langen Blick. „Was soll das heißen?" fragte sie dann.
Danea beugte sich vor, um sie besser mustern zu können. „Es gibt, soweit wir wissen, in verschiedenen Welten Menschen, die die Schöpfer wahrnehmen können, ebenso wie die Devi sie wahrnehmen. Bei uns Erethianern ist es der alte Nabuck. Er konnte das schon immer."
Anne nickte nachdenklich, warf der Antikerin wieder einen Blick zu.
Die hatte sich nachdenklich zurückgelehnt und die Stirn gerunzelt.
„Trauen Sie es sich trotzdem zu, Major?" erkundigte die Leiterin sich.
Major Uruhk blickte auf. „Ja", sagte sie dann einfach nur. „Ich wollte sowieso, daß Danea mit in mein Team kommt. Sollte es Probleme geben, kann er vielleicht klärend und beschwichtigend auf die jeweiligen Bewohner einwirken."
Anne starrte die andere einen Moment lang groß an. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Aber ... warum eigentlich nicht? Sie wollten ohnehin mehr als nur eine reine Zweckgemeinschaft mit den Erethianern aufbauen.
„Ich soll durch das Rund der Schöpfer gehen?" rief Danea entsetzt aus.
„Sie sollen nicht. Es ist ein Angebot." Die Antikerin zwinkerte. „Macht Spaß - hoffe ich zumindest."
„Aber ..."
„Erst einmal würde ich gern wissen, was das bedeutet, die Tore wären an unterschiedlichen Stellen", fiel Major Uruhk dem jungen Erethianer ins Wort.
„Soweit wir wissen, gibt es Runde wie dieses hier auf vielen Planeten", antwortete Cornyr endlich, fixierte die Antikerin aus schmalen Augen. „Einige befinden sich wohl auf der Oberfläche, einige aber auch darunter. Und einige sind über den Planeten."
Anne atmete tief ein. „Unter der Oberfläche?" fragte sie.
„In Stollen oder auf dem Meeresgrund", antwortete jetzt wieder Danea. „Wir können nicht durch den Teich gehen. Nicht, wenn wir auf der anderen Seite nicht atmen können."
Anne warf der Antikerin einen langen Blick zu.
Die nickte sinnend, schien wenig überrascht. Aber möglicherweise war ihr diese Information auch schon bekannt, wenn auch entfallen gewesen. „Wozu haben wir die Jumper?" fragte sie nach einer kleinen Weile.
„Wir haben aber nur drei, die die Puddlejumper auch fliegen können, Major. Und zumindest Sie wollen ein eigenes Team, das ich Ihnen auch sehr gern zugestehe", wandte Anne ein.
„Dann müssen wir eben Chauffeur spielen für die anderen. Kein Problem. Durchs Tor, abladen, warten, wieder einsammeln und zurück. Allerdings dürften dann nie mehr als drei Teams draußen sein." Major Uruhk hob die Hände in einer unschuldigen Geste. „Viel wichtiger ist es, herauszufinden, was wir anbieten können. Denn bisher sehe ich herzlich wenig, womit wir tauschen können, es sei denn Technologie. Und die ... Dazu müßten wir erst einmal wissen, was genau uns erwartet da draußen. Was wir aber auch erst herausfinden, wenn wir durch das Gate gehen."
„Sie können es wieder kaum erwarten, was?" höhnte Babbis plötzlich los.
Die Antikerin warf ihm einen kurzen Blick zu. „Vorsicht, Peter. Ich soll mir ein neues Team zusammenstellen." Ein breites Grinsen erschien auf ihrem Gesicht. „Vielleicht entscheide ich mich ja für einen anderen, weniger anstrengenden Wissenschaftler." Sie zwinkerte. Dann drehte sie sich wieder zu Anne um. „Haben wir keine MALPs?"
„Die MALPs waren auf der Daedalus", antwortete Walsh für die Leiterin und schüttelte bedauernd den Kopf. „Wir haben nichts, Major. Und da haben Sie verdammt recht."
Wieder ein nachdenklicher Blick aus den großen Augen.
„Major Uruhk hat recht, wir müssen durch das Tor, ob wir wollen oder nicht", wandte Anne mit sanfter Stimme ein.
„Moment!" Spitzbart hob die Hand, drehte sich zu den beiden Erethianern um. „Woher wißt ihr soviel von anderen Planeten, wenn ihr doch nie dort gewesen seid?"
„Es gibt Handel zwischen den Welten", antwortete Danea. „Oder ... es gab ihn. In den letzten Jahren wurden es immer weniger. Die Devi ... sie vermehren sich überall. Und sie brauchen mehr Nahrung."
„Ein Grund mehr, sie endlich auszutilgen!" knurrte Major Uruhk kalt.
„Darüber reden wir, denke ich, ein anderes Mal", wandte Anne sofort ein, wandte sich dann ebenfalls den Erethianern zu. „Und wie wurde dieser Handel mit diesem Planeten betrieben, wenn das Sternentor doch defekt war?"
„Früher waren wir Erethianer weiter entwickelt. Wir hatten selbst Schiffe, die das All durchfliegen konnten. Dann kehrten die Devi zurück und ... zerstörten unsere Städte und auch unsere Schiffe. Aber einige haben die ihren retten können, zumindest zu einem Teil. Einige verloren ihre Planeten und wurden Wanderer im Weltraum", berichtete Cornyr. „Aber, wie gesagt, diese Wanderer und auch die Händler werden in den letzten Jahren immer seltener. Es gibt auch Berichte von anderen Welten, in denen die Bewohner eine wesentlich höhere Technik entwickelt haben und die auch wieder durch das All fliegen. Aber davon wissen wir nichts genaues."
Major Uruhk hob wieder den Kopf, wechselte einen Blick mit Anne. Und die fühlte das erste Mal etwas anderes als Verwirrung, als sie in diese sprechenden Augen sah. Genau konnte sie das Gefühl noch nicht benennen, aber ihr ging auf, wie eng die Beziehung zu Babbis sein mußte, daß sie beide über diese Blicke kommunizieren konnten.
„Die Devi kamen zurück?" Major Uruhk drehte sich mit ihrem Stuhl wieder um und sah Cornyr groß an.
„Sagte ich dir doch, Kleines", brummte Dorn, doch die Antikerin reagierte nicht darauf.
Cornyr nickte. „Sie leben eine lange Zeit auf den Planeten, die sie sich zur Heimat gesucht haben. Dann aber, eines Tages, wird das Volk immer größer. Eine neue Königin wächst heran. Wenn diese bereit ist, übernimmt sie einen Teil des Volkes und zieht mit ihnen zu einem anderen Planeten", erklärte er. „Aber, in unseren Legenden heißt es, es gäbe auch ein anderes Verhalten. Wenn nämlich zuviele Königinnen geboren und die Völker zu groß werden, ziehen sie in Schwärmen aus auf der Suche nach neuen Heimatwelten. Das passiert aber nur alle paar tausend Jahre. Die Menschen in der verlassenen Region können sich erholen und vergessen die Bedrohung, bis die Devi eines Tages zurückkehren und gute Auftriebe haben."
Die Antikerin holte scharf Atem, wechselte mit Babbis einen Blick. Der junge Wissenschaftler war blaß geworden bei dem Bericht des alten Erethianers. Jetzt schluckte er sichtlich.
„Sie schwärmen?" fragte Anne beunruhigt.
Major Uruhk drehte sich zu ihr herum. „Dr. Babbis und ich meinten bei der Durchsuchung der Ruinen, daß wir die dritte Komponente möglicherweise gefunden haben, die nötig war, um die Devi zu schaffen. In den Berichten auf Antarktica dagegen war nichts davon zu lesen."
„Dritte Komponente?" Spitzbart beugte sich vor. „Major, ich weiß, daß mit Ihnen irgendetwas nicht stimmt und daß das mit den Devi zusammenhängt. Aber ... was meinen Sie?"
„Sie trägt Fremdzellen in sich", murmelte Babbis. „Sie ist zu einem Drittel Wraith, zu einem anderen irgendein Käfer. Nur das letzte gehört noch den Lantianern."
Anne beobachtete die Antikerin, die bei diesen Worten sichtlich zusammenzuckte, aufmerksam. Jetzt war das Geheimnis heraus, das sie hütete, seit sie auf der Prometheus aufgetaucht war.
Spitzbart starrte sie an.
„Was ist ein Wraith?" fragte Danea verwirrt.
Major Uruhk sank auf ihren Stuhl zurück und atmete einige Male tief ein. „Ein Wraith ist ein Wesen, das sich von der Lebenskraft anderer ernährt", antwortete sie. „Sie waren die Feinde meines Volkes, deretwegen die Devi ... geschaffen wurden." Sie schloß die Augen und senkte den Kopf.
Dorn drehte sich zu ihr herum und legte ihr eine Hand auf den Arm.
Ein bitteres Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. „Die Forschung, durch die ich zu dem wurde, was ich heute bin", fuhr sie fort, „wurde hierher weitergeleitet und verwendet. Aber es braucht drei aufeinander abgestimmte Komponenten, die gemeinsam das neue Wesen bilden. Die Devi sind, zumindest zu einem Drittel, menschlich, vielleicht von meinem Volk, ich weiß es nicht. Die anderen beiden Teile wurden von Insekten oder etwas insektenähnlichem genommen." Die großen Augen öffneten sich wieder, starrten aber ins Leere. „Der Vermutung von Dr. Babbis und mir nach müßte es sich bei der vermißten zweiten Komponente um etwas termitenartiges handeln. Der dritte Teil von ihnen kommt von spinnenähnlichen Wesen, die früher hier heimisch waren, es vielleicht auch immer noch sind."
Spitzbart starrte zu Anne hinüber, pures Entsetzen im Gesicht. Die Leiterin nickte nur stumm. Der Wissenschaftler atmete hektisch ein und ließ sich ächzend zurück auf seinen Stuhl sinken.
Major Uruhks Gesicht war hart, als sie wieder aufblickte, Anne unverwandt anstarrte. „Pendergast weiß davon noch immer nichts. Und ich möchte, daß das so bleibt", sagte sie, richtete sich unvermittelt wieder auf. „Und darum geht es jetzt nicht. Wir müssen irgendwoher Nahrung beschaffen, ebenfalls Saatgut und was wir sonst noch benötigen. Wir brauchen Kontakt zu anderen Völkern. Und wir wissen nicht, wie wir anders Kontakt herstellen sollen als über das Stargate. Wir können uns nicht darauf verlassen, daß ein Planet der näheren Umgebung bewohnt ist und wir dort alles finden, was wir brauchen."
Anne nickte.
Schweigen breitete sich über den Raum.

TBC ...

13.12.2010

2.05 Unsauberer Handel

TV-Serie: Stargate general
Reihe: SG-V (Stargate: Vineta)
Genre: action, adventure, humor
Rating: PG


Der Puddlejumper schoß durch das große Loch im Felsen hoch in den wolkenverhangenen Himmel, raste im atemberaubenden Tempo durch den dichten Regen und drehte sich dabei immer wieder um sich selbst. Dann durchbrach er die Wolkendecke, um sofort in den Tarnmodus zu wechseln und in der Dunkelheit des Alls zu verschwinden.
Major Vashtu Uruhk jagte die Anzeigen wieder hoch, ein zufriedenes und breites Grinsen auf dem Gesicht.
Einen Monat eingesperrt in der Prometheus, bis es den Vinetern gelungen war, sie da wieder herauszuholen. Einen verlorenen Monat, in dem sie die meiste Zeit in der Brick gesessen und sich gelangweilt hatte.
Nun gut, sie hatte auch Probleme gewälzt, meist Probleme, die die verborgene Stadt in der gewaltigen Höhle betrafen. Vineta ließ sie nicht mehr los, seit sie, direkt nach der Wahl der Leitung, abgereist war mit den Marines, die ihrer Expedition angehört hatten.
Pendergast faßte sie nicht mehr mit Samthandschuhen an - ihr sollte es recht sein. Wenn er das nicht tat, brauchte sie auch keine Rücksicht mehr auf ihn zu nehmen. Für sie gab es im Moment nur ein Ziel, und dieses hieß Vineta.
„Sind Sie auf Kurs?" meldete sich die Stimme von Dr. Peter Babbis über Funk.
Vashtu seufzte, fügte sich aber. Kurz berührte sie das kleine Gerät in ihrem Ohr. „Ja, ich bin soweit", antwortete sie, ließ den Jumper wieder in die Atmosphäre eintauchen und ihn durch die obersten und dünnsten Luftschichten jagen. Der Gleiter wurde wieder sichtbar.
Fliegen war einfach das herrlichste Gefühl, das sie sich vorstellen konnte. Und nach einem Monat eingesperrt in einem mehr oder weniger defekten Raumschiff hatte sie sich nach nichts mehr gesehnt als nach ein bißchen Entspannung.
„Gut, dann ..." Peters Stimme klang verzerrt, als würde sich irgendetwas zwischen ihm und seinem Mikro befinden.
Vashtu schüttelte den Kopf, ließ die Hologrammanzeigen hochfahren und stellte gedanklich den Scanner ein. Sofort blinkten einige Lichter in den Anzeigen auf.
„Habe die Ziele gefunden. Nehme Kurs darauf."
Mit einer kleinen Drehung wechselte sie die Richtung, ohne jedoch die Geschwindigkeit zu reduzieren.
„Nehmen Sie die ersten mit den Drohnen", schlug Peter vor.
Vashtu schürzte die Lippen. Na gut, wenn er es so wollte.
Das Hologramm wechselte zur Zieleinrichtung über, als sie kurz ihre Gedanken darauf richtete. Die leisen Finger der AI in ihrem Hirn reagierten in Gedankenschnelle auf ihre Wünsche.
Vashtu hob die Brauen. Dieser Jumper mochte sie definitiv, anders konnte sie sich das nicht erklären.
„Ziel 1 erfaßt", meldete sie, drosselte jetzt doch ein wenig die Geschwindigkeit, und dachte nur kurz an die Drohnen, als eine sich bereits gelöst hatte und auf das Trümmerteil zuschoß, das sie als Testziel anvisierte.
„Ziel 1 eliminiert."
Vashtu schüttelte den Kopf.
Die beiden gelblich leuchtenden Schalter auf der Konsole vor ihr waren wesentlich verlockender, aber wenn Peter es so haben wollte ...
Ein neuer Punkt tauchte auf
„Ziel 2 erfaßt."
Sie verschwendete kaum einen halben Gedanken an die nächste Drohne, als diese schon losjagte. Kurz darauf detonierte das Trümmerteil sehr spektakulär, während sie den Jumper wieder hochzog, ein spitzbübisches Lächeln auf den Lippen. Die Scanner hatten eine Gestalt erfaßt, die auf einem nahen Hügel stand.
Vashtus Grinsen wurde breiter. „Ziel 2 eliminiert", sagte sie, senkte den Jumper wieder ab und beschleunigte. „Ziel 3 nehme ich im Tiefflug."
„Sie nehmen was?" Peters Stimme klang verwirrt.
Vashtu senkte den Jumper noch weiter, bis sie kurz über den Boden dahinjagte, direkt auf die einsame Gestalt zu.
Eine Abreibung hatte er ohnehin verdient. Selbst wenn es ihm gelungen sein sollte, die Mikrowellen online zu schalten in diesem Gleiter, er hatte sich vor einem Monat schon zu weit aus dem Fenster gelehnt für ihren Geschmack.
Dem Verlauf des Hügels folgend, raste ihr Jumper kaum mehr als zwei Meter über dem Gelände entlang, dann zog sie ihn unvermittelt hoch, direkt über der schlacksigen, dunkelhaarigen Gestalt mit der Drahtbrille.
Peter Babbis warf sich mit einem entsetzten Gesichtsausdruck in die aufgeweichte Asche, während die Antikerin direkt über ihm hinwegjagte.
„Haben Sie den Verstand verloren!" brauste er auf.
Die nächste Drohne fand ihr Ziel.
„Kann ich jetzt vielleicht endlich die Sekundärwaffe einsetzen?" erkundigte Vashtu sich unschuldig.
Peter fluchte immer noch.
Als sie wieder Kurs auf ihn nahm, sah sie, daß er sich gerade aufrappelte.
Noch eine Schlammschlacht?
Nein, entschied sie. Eine Abreibung reichte.
„Dann drosseln Sie zumindest die Geschwindigkeit etwas. Falls es noch irgendeine Fehlfunktion gibt, sollten Sie schon in einem Stück auf dem Boden ankommen."
Vashtu nickte. Das klang eindeutig vernünftig.
„Tut mir leid, Kumpel", murmelte sie dem Jumper zu, während sie die Geschwindigkeit drosselte.
Schade, es hatte gerade richtig Spaß gemacht.
„Ziel 4?" fragte Peter.
Der nächste Punkt blinkte auf.
„Bin dran", meldete sie, dann ging ihr auf, daß es da einen kleinen Fehler in der Konstruktion dieser Jumper gab. „Äh, Peter, wenn ich die Schalter betätige, habe ich keine Hand mehr frei", fügte sie deshalb ihrem Funkspruch hinzu.
„Sie sollen ja auch nur die beiden Knöpfe ... oh!"
„Also Autopilot." Vashtu seufzte ergeben, sich wieder auf ihren nächsten Wunsch konzentrierend. Dann hob sie die Hände von den Kontrollen und nickte anerkennend.
Dieser Jumper mochte sie auf alle Fälle - und sie mochte ihn.
Sie konzentrierte sich auf die Zieleinrichtung, ihre Daumen schwebten über den beiden Knöpfen. „Da werden wir uns aber noch etwas anderes einfallen lassen müssen, Peter", sagte sie, gerade als sie abdrückte.
Das Licht im Cockpit flimmerte auf, dann knallte es hinter ihr lautstark - und ihr wurde verteufelt warm.
Dann begriff sie, packte augenblicklich die Kontrollen und setzte den Gleiter hart auf dem Boden auf. Sofort raste sie los, während die Heckluke noch aufschwang und brachte sich mit einem Hechtsprung in Sicherheit.
Der Regen klatschte ihr kalt ins Gesicht, und die Asche hatte sich zu einer ekelhaft klebrigen Masse verflüssigt, die sie jetzt einzusaugen versuchte.
Vashtu kämpfte sich wieder hoch, zumindest bis in eine kniende Position, und sah über die Schulter hinweg zum Puddlejumper.
„Vashtu?" fragte Peters Stimme in ihrem Ohr.
Die Antikerin keuchte, wischte sich mit einer Hand durch das nasse Haar und verklebte dadurch nur Asche darin.
„Ich wäre fast gebraten worden, Peter", meldete sie sich ungläubig, rappelte sich endgültig auf und wischte sich die Hände am hinteren Teil ihrer Hosen ab. „Was auch immer Sie da gebastelt haben, es hat definitiv ein noch schlimmeres Ergebnis als die Techniker vor zehntausend Jahren."
„Major Uruhk, Dr. Babbis? Bitte melden Sie sich so bald wie möglich im Besprechungsraum. Dr. Stross möchte mit Ihnen reden."
Vashtu blinzelte in den regenschweren Himmel hinauf. „Wenn ich mich vorher noch duschen darf ..." murmelte sie, stapfte dann durch die knöcheltiefe Asche wieder zum Jumper zurück. „Soll ich Sie einsammeln oder kehren Sie allein zurück, Peter?" fragte sie, während sie mit langem Hals in das Innere des Gleiters lugte. Doch die Strahlung schien unterbrochen worden zu sein, wann auch immer.
Hoffentlich waren keine Leitungen geschmolzen bei dieser Fehlfunktion.
Vashtu betrat die Rampe und schüttelte sich wie ein nasser Hund. Die AI des Jumpers streckte wieder ihre tastenden Finger in ihren Geist aus, und sie fühlte etwas, das sie als eine Entschuldigung empfand.
„Hey, du bist Jumper 1, du gehörst mir. Du mußt dich nicht entschuldigen", sagte sie leise und strich mit der Hand über die metallene Außenwand.
„Bin da!" keuchte eine Stimme hinter ihr.
„Dann los. Ich möchte mich zumindest noch abtrocknen und umziehen." Sie ging mit langen Schritten nach vorn ins Cockpit und ließ sich wieder auf ihrem Sitz nieder.
„Ja, umziehen wäre keine schlechte Idee", bemerkte Peter, die Augen sehr konzentriert auf den Gang gerichtet, den sie gerade die wenigen Schritte bis nach vorn marschiert war. Für diese Worte erntete er nur einen verächtlichen Blick.

***

Dr. Anne Stross blickte auf, als die beweglichen Wände aufschwangen, lächelte den beiden Neuankömmlingen, die bereits wieder in irgendein Fachgespräch vertieft waren, amüsiert entgegen.
Irgendwie hatte sie diese eigenartigen Diskussionen, in denen sie sich ständig Brocken hinzuwerfen schienen und der eine die andere ergänzte, die letzten Wochen trotz aller Arbeit vermißt. Dabei war das ganze, mußte sie zugeben, noch immer etwas merkwürdig für sie, vor allem, da einer von beiden dem Militär angehörte. Eine solche Verbindung und Eintracht kannte sie aus ihrer Dimension nicht. Kein Wunder, daß die Majorin bei der Wahl zur Expeditionsleitung nur knapp gegen sie verloren hatte, obwohl sie gar nicht hatte aufstellen lassen.
Anne schmunzelte, als sie bemerkte, was die Antikerin trug. Wieder diesen Overall, der ihr seinerzeit bereits auf der Prometheus nicht wirklich gepaßt hatte. Jetzt allerdings hatte sie das Oberteil bis zur Hüfte hinuntergekrempelt und trug ein Unterhemd offen zur Schau, das ihre weiblichen Formen eher betonte als kaschierte.
„Major, Sie sollten das besser nicht Pendergast sehen lassen", unterbrach Anne die Diskutierenden.
Augenblicklich verstummte das Wortgefecht der beiden, in dem sie nicht einen Blick von den Augen des anderen gelassen hatten, als würden dort die Worte zu lesen sein, die sie nicht aussprachen.
Anne ging auf, daß für Fremde diese eigenartige Eintracht einen falschen Eindruck erwecken konnte. Dabei, und das war ihr recht schnell klar geworden, sah die Antikerin etwas anderes in dem schlacksigen Wissenschaftler als einen möglichen Liebhaber. Ihr Umgang miteinander war zwar vertraut, sehr vertraut sogar, aber nicht der von zwei Menschen, die gewisse Gefühle füreinander hegten, zumindest von Seiten der Antikerin aus nicht.
Die blinzelte sie jetzt einen Moment lang an, dann nickte sie ihr zu. „Ich mußte mich nur kurz umziehen", sagte sie. „Tut mir leid, wenn es länger gedauert hat."
Anne winkte ab. „Setzen Sie sich, Major", forderte sie die Antikerin auf. „Sie auch, Dr. Babbis. Der Rest des Stabes kommt in einigen Minuten. Ich wollte mich nur kurz mit Ihnen beratschlagen, ehe wir beginnen."
Babbis nickte, trollte sich auf die eine Seite der in Hufeisenform aufgestellten Tische und ließ sich an seinem üblichen Platz nieder.
Die Antikerin dagegen sah ein wenig hilflos drein, wollte ihrem ehemaligen Teammitglied nach, stockte dann aber und zögerte wieder.
„Auf der anderen Seite, Major", half Anne ihr lächelnd aus.
Sie wußte ja noch nichts von der Sitzordnung, die sich inzwischen eingebürgert hatte bei Stabsversammlungen, rief die zivile Leiterin der verbotenen Stadt der Antiker sich ins Gedächtnis. Vier Wochen lang hatte sie keinen Kontakt hierher aufnehmen können, bis es ihnen endlich gelungen war, sie irgendwie wieder auf den Planeten zu holen.
Anne wollte sich gar nicht daran erinnern, was sie hatte auffahren müssen, um Pendergast seine Beute zumindest für ein paar Tage abzuschwatzen. Dabei hoffte sie, irgendwann eine Lösung für das vordringlichste Problem zu finden und die Antikerin ganz in der Stadt zu wissen. Vollkommen abgeneigt schien sie dem schon eine Weile lang nicht mehr zu sein, denn bereits vor ihrem Flug zurück zur Prometheus war einiges geschehen, was Anne nicht anders deuten konnte. Den größten Vertrauensbeweis hatte Major Uruhk geleistet, indem sie den Steuerkristall, den sie offenbar die ganze Zeit mit sich herumgetragen hatte, zurückließ und den Vinetern damit Zugang zu der Datenbank ihres Volkes ermöglichte.
Die Antikerin zögerte noch einen Moment, dann trat sie an den entgegengesetzten Tisch und schob sich einen Stuhl neben dem freien Platz zurecht, den Sergeant Dorn üblicherweise einnahm mit seinem Rollstuhl. Sie flätzte sich in den Stuhl, die Beine weit von sich ausgestreckt und die Arme überkreuzt, und sah fragend zu Anne.
Sie saß auf dem richtigen Platz. Jetzt mußte sie nur noch überredet werden, auch den dazugehörigen Posten anzunehmen. Und das, das wußte die Leiterin, würde noch ein Haufen harte Arbeit werden.
„Ich weiß zwar nicht wie, aber erst einmal danke für die Hilfe. Noch ein paar Tage weiter da oben, und ich wäre durchgedreht", sagte der weibliche Major und nickte zu einem unbestimmten Punkt über der Stadt hinauf.
Anne seufzte. „Wir haben erst einmal nur ein paar Tage herausschlagen können, Major", gab sie zu bedenken. „Und wir alle wissen, daß Pendergast nicht zögern wird, Sie hochbeamen zu lassen, bleiben Sie auch nur eine Sekunde länger."
Ein dumpfes Brüten trat in die großen, dunklen sprechenden Augen der Antikerin. „Dafür wird sich auch noch eine Lösung finden", murmelte sie, erntete überraschte Blicke.

TBC ...

05.12.2010

Vinetas Wiederauferstehung VIII

Anne staunte nicht schlecht, als vor ihr plötzlich ein gleißendes Licht aufflammte und, als dieses verlosch, ein gewaltiger Kistenhaufen auf dem Platz stand, auf dem sonst die Jumper parkten. Einige Helfer, die sie mitgebracht hatte, um die Kisten zur Seite zu schaffen, die gestern geliefert worden waren, wechselten unsichere Blicke, starrten dann aber schließlich sie an.
Anne zuckte hilflos mit den Schultern. Dann hörte sie ein deutlich vernehmbares Klicken in ihrem Ohr, ihr Funkgerät aktivierte sich.
„Doc, könnte sein, daß die letzte Fuhre noch vor uns unten ist. Ich wollte Sie nur eben informieren", meldete sich die Stimme der Antikerin.
Annes Augen wurden groß. „Die Sachen ... sind schon hier, Major", antwortete sie wie mechanisch.
„Oh, gut", sagte die Antikerin. „Wir sind auf dem Weg zurück."
Anne nickte wie betäubt, dann schüttelte sie blinzelnd den Kopf. „Wo ... ? Wie ... ?" Sie schloß den Mund, als ihr klar wurde, was hier gerade geschehen war.
„Heimdahl möchte sich Ihnen in Vineta anschließen", antwortete die Antikerin auf ihr Gestammel. „Ich habe ihm zwar gesagt, ich könne das nicht entscheiden, aber ihm war das wohl Antwort genug. Jetzt müssen wir nur noch einen Weg finden, ihn aus der Prometheus zu holen."
„Aha?" Anne staunte immer noch.
Wie war der Antikerin das jetzt wieder gelungen? Bis jetzt hatten die wenigsten ihres Teams Kontakt zu dem Asgard aufnehmen können. Wie auch immer, diese Major Uruhk wurde immer interessanter, mußte sie zugeben. Und sie konnte nur hoffen, daß sie auf ihren Vorschlag eingehen würde.

***

Peter schlich an Dorns Seite durch die Grenzbereiche des wissenschaftlichen Sektors. Hier war alles in Schatten und Dämmer getaucht, anders als in den beiden anderen Stadtteilen Vinetas, die zwar unzureichend, aber immerhin halbwegs beleuchtet waren.
„Sind Sie wirklich sicher, daß wir hier etwas finden?" erkundigte sich der junge Wissenschaftler flüsternd.
Dorns Kopf drehte sich in Zeitlupe zu ihm herum, er konnte einen amüsierten Blick spüren, wenn auch nicht wirklich sehen. Das war ihm Antwort genug. Offensichtlich glaubte der Marine, sie seien hier auf dem richtigen Weg.
Aber ... hier war nichts! Absolut nichts außer leerstehenden Gebäuden und Schatten, die unruhig im Licht, daß durch die Einschußlöcher in der Decke der Höhle einfiel, tanzten. Es war eine unheimliche Atmosphäre, mußte er zugeben. Ganz anders als in den anderen Sektoren, selbst bevor diese mit Energie wieder versorgt wurden.
Allmählich begann Peter zu verstehen, warum Vashtu sich solche Sorgen gerade um diesen Bereich machte. Hier schien es wirklich nicht ganz mit rechten Dingen zuzugehen. Beinahe konnte er die Geister der Lantianer sehen, die durch die engen Gassen strichen, und vielleicht auch die ihrer Opfer, wissenschaftlicher Experimente, die bis zum Exzess getrieben worden waren.
Peter erschauderte unwillkürlich.
„Detektor?" fragte Dorns Stimme in die Stille hinein.
Der junge Wissenschaftler zuckte beim Klang dieses einen Wortes zusammen. Dann aber ging ihm auf, was sein Begleiter meinte.
Eilig kramte er das tragbare Gerät aus seiner Brusttasche und aktivierte es. Beinahe sofort sprang die Anzeige an.
Peter blieb staunend stehen. „Wow!" entfuhr es ihm, dann rief er sich, unter einem weiteren, tadelnden Blick des Marines, zur Ordnung und orientierte sich nach den Anzeigen.
Die Stadt hinter ihnen wurde als großer Klecks Energie angezeigt, einzelne kleine Punkte bewegten sich, mal mehr, mal weniger schnell, darin entlang - die Menschen, die Vineta für sich einnehmen wollten und nun mit den Arbeiten zur Machtergreifung beschäftigt waren.
Gut, dort schien definitiv nichts anderes zu passieren, als er ohnehin wußte. Was interessanter war, waren die beiden Anzeigen, die sich hinter ihm befanden und nicht Dorn zugeordnet werden konnten.
Peter drehte sich wieder um und suchte die Richtung. Dann blickte er auf.
Der Detektor wies ihm den Weg direkt zu einem der kleinen Gebäude hin, die Vashtu bei ihrem kurzen Besuch hier als Lagerhäuser bezeichnet hatte. Hatte die Antikerin sich vielleicht geirrt?
„Da lang!" flüsterte Peter, setzte mit weiten Schritten zu dem Gebäude.
Die Anzeige wuchs, er befand sich also auf dem richtigen Weg. Und jetzt meinte er auch, einen schwachen Lichtschein aus einem der kleinen Fenster auf seiner Seite kommen zu sehen.
„Na warte!"
Peter dachte gar nicht mehr an eine mögliche Gefahr.
Über ihm zogen in rascher Folge zwei Puddlejumper dahin, hielten auf den militärischen Sektor Vinetas zu, doch er achtete kaum darauf.
Er kam bei der Tür an, schlug mit der flachen Hand gegen den Öffnungsmechanismus und wartete, ungeduldig von einem auf das andere Bein springend, darauf, bis diese endlich auf ihrer Schiene in der Wand versank. Und schon stürmte er das Gebäude, allein und unbewaffnet.

***

„Heimdahl hält auf jeden Fall Wort." Vashtu nickte befriedigt, als sie den Kistenstapel vor sich sah, der noch vor wenigen Minuten auf der Prometheus ihrer geharrt hatte. „Und Miller hat uns noch ein paar Abschiedspräsente zusammengestellt." Ein zufriedenes Grinsen erschien auf ihrem Gesicht.
Stross warf ihr einen Blick zu, den sie nicht so recht zu deuten wußte.
Vashtu klatschte unternehmungslustig in die Hände. „Dann sollten wir uns langsam daran machen, die Stadt wieder aufzuwecken, finden Sie nicht, Doc?"
Wieder traf sie ein Blick, ein Lächeln der Wissenschaftlerin folgte, dann ein Nicken. „Ganz meine Meinung, Major."

***

„Du!"
Peter packte den schmächtigen Erethianer beim Kragen und knallte ihn gegen die nächste Wand. „Bist du eigentlich noch recht bei Sinnen?" brüllte er ihn an.
Kalpun, ein sehr junger Mann, fast noch ein Junge, wand sich unter seinem Griff, blinzelte verständnislos. „Ich habe doch nur getan, worum Danea mich gebeten hat", ächzte er.
„Du Idiot hast mir nichts als Ärger eingebracht! Warum bist du denn nicht zu erreichen? Wie bist du überhaupt hierher gekommen?"
Plötzlich ging Peter auf, was er da gerade bei seinem Sturm auf das Gebäude gesehen hatte. Den jungen Erethianer noch immer am Kragen gepackt ruckte sein Kopf herum und er starrte das koffergroße Gerät an, das leise vor sich hinsummte und dabei ... Papier ausspuckte. Bedrucktes Papier mit seinem Gesicht darauf.
„Was ist das?" Peter blinzelte, wandte seine Aufmerksamkeit wieder Kalpun zu.
„Es macht Sachen", antwortete der. „Als Danea mir sagte, ich solle diese ... diese Flugblätter anbringen und mehr davon herstellen, fiel es mir ein. Da dachte ich, es sei eine gute Idee, wenn ..."
Peters Interesse war geweckt. Wieder betrachtete er aufmerksam das Gerät. Dann ging ihm auf, wer sich gleich auch noch in diesem Gebäude einfinden würde.
Schnell riß er den Schuldigen an seiner persönlichen Misere mit sich und marschierte, Kalpun noch immer am Kragen gepackt, Richtung Ausgang.
Dieses Gerät wollte er lieber erst ... geheim halten und selbst untersuchen. Dann konnte er immer noch entscheiden, was er tun wollte mit dem Ding.
Dorn kam gerade, so schnell sein Rollstuhl fahren konnte, um die Ecke, hielt auf den Eingang zu, als er das Gebäude wieder verließ, den jungen Erethianer noch immer fest gepackt.
„Da ist er!" Er stieß den anderen von sich. Der taumelte auf Dorn zu, der ihn streng musterte.
„Wirst einiges zu erklären haben, Junge", sagte der Marine mit tiefer Stimme.

***

Fünf Tage später

Peter schlich gesenkten Hauptes den Gang entlang zu seinem Quartier.
Nicht einmal ein Dutzend Stimmen! Nicht einmal zehn Stimmen!
Magere vier Leute hatten für ihn gestimmt, besser drei, wenn er seine eigene Stimme noch mit dazu zählte. Und dabei war er sich ziemlich sicher, diese anderen drei zu kennen.
Dabei hatte er doch wirklich viel versucht, um sich beliebter zu machen. Er hatte bei der Diskussionsrunde wirklich alles getan, um von sich zu überzeugen. Er hatte beim Einzug in die Stadt mitgeholfen, wo immer er konnte. Er hatte sich so sehr zurückgehalten, bis er glaubte, an seinen Einwänden ersticken zu müssen. Doch nichts hatte ihm das gebracht, gar nichts. Drei Stimmen, und er war sich ziemlich sicher, daß diese zwei dieser drei Stimmen von Vashtu und Dorn stammten. Und ihn würde es nicht nicht wundern, wenn sich die vierte irgendwann als die von Dr. Stross herausstellen würde.
Und wenn er sich dann vorstellte, wie seine ehemalige Leaderin abgeschnitten hatte ... Er wollte gar nicht daran denken! Nein, nur nicht daran! Sie würde es ihm sehr wahrscheinlich noch mehr als einmal unter die Nase reiben.
Peter blieb vor der Tür zu seinem Quartier stehen und seufzte schwer.
Unten im Gebäude fand eine kleine, sehr beschauliche Feier statt. Doch ihm war nicht danach, irgendetwas zu feiern. Er wollte seine Wunden lecken und sehen, daß er zumindest noch mit etwas Stolz aus dieser Sache wieder herauskam. Und er mußte nachdenken, was er denn nun eigentlich falsch gemacht hatte.
Peter berührte den Türöffner und seufzte wieder.
Vier Stimmen! Das konnte doch einfach nicht wahr sein. Gegen eine Frau verloren, die sich nicht einmal zu dieser Wahl gestellt hatte. Das durfte nicht wahr sein!
Die Tür schwang auf und ... eine gewaltige Welle schwappte ihm entgegen, riß ihn fast von den Füßen. Er sah in sein eigenes, gewinnend lächelndes Konterfei, während er nun wirklich das Gleichgewicht verlor und schließlich, auf dem Boden sitzend, bis zum Schoß in Flugblättern badete.
Er sollte so schnell wie möglich einen Weg finden, diesen verdammten Kopierer abzustellen!

***

Vashtu stand im Kontrollraum, sah hinaus in den Gateroom und spielte gedankenverloren mit einer der beiden Ketten um ihrem Hals. Ihr Gesicht wirkte angespannt, noch immer rang sie mit sich, auch wenn sie glaubte, sich bereits entschieden zu haben. Und, wenn sie ehrlich war, wollte sie für die Vineter alles gute, mußte sie es tun, so schwer es ihr fiel.
Dr. Stross betrat den stillen Raum, blieb bei der Tür stehen und musterte sie schweigend.
Vashtu fühlte den Blick der anderen auf sich ruhen, riß sich aus ihren Gedanken und drehte sich um. Ein zerknirschtes Lächeln glitt auf ihre Lippen. „Ist die Wahl gut gelaufen für Sie, Doc?" fragte sie.
Stross musterte sie noch immer, zuckte dann mit den Schultern. „Ich habe gewonnen. Aber es dürfte zumindest den einen oder anderen überrascht haben, wen ich in meinen Stab aufnehmen will", antwortete sie und trat näher.
Vashtu biß sich auf die Lippen und senkte den Kopf.
Ihre Arbeit war getan. Vineta mochte zwar nicht hundertprozentig funktionieren, aber alles bis auf eines war erledigt. Die letzten Tage waren selbst für sie anstrengend gewesen, so daß sie sich sogar etwas auf ihr Quartier, oder möglicherweise auf die Brick, freute. Da Pendergast sie sicher wieder isolieren würde, würde ihr nicht viel zu tun bleiben.
„Sie haben gute Arbeit geleistet, Major", sagte Stross mit sanfter Stimme. „Sehr gute sogar. Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll."
Vashtu blickte wieder auf, sah der anderen tief in die Augen. „Ich hoffe, ich kann noch etwas tun." Ein Ruck ging durch ihren Körper, als sie diese Worte aussprach. Langsam zog sie den Steuerkristall unter ihrem T-Shirt hervor, löste dann die Kette.
Stross sah sie verwirrt an. „Was meinen Sie?"
Vashtu wog den Kristall in ihrer Hand und betrachtete ihn.
Eines blieb noch, ein letztes, bevor die Stadt endgültig wieder auferstehen konnte. Und dieses eine konnte nur sie tun.
Es fiel ihr trotz allem schwer, so lange hatte sie den Kristall gehütet, so lange so viel riskiert, wenn sie sich nur an das eine oder andere erinnerte, was in der Milchstraße geschehen war. Dennoch aber mußte sie sich jetzt und hier entscheiden. Und eigentlich, das wußte sie, hatte sie sich bereits entschieden, schon vor Wochen.
„Ich wollte sowieso noch mit Ihnen sprechen, Major", wandte Stross jetzt ein. Offensichtlich ertrug die Wissenschaftlerin das Schweigen nicht mehr.
Vashtu zögerte, dann schloß sich ihre Faust um den Kristall. Sie blickte auf, sah die andere fragend an und schwieg weiter.
Stross lächelte unsicher. „Ich weiß nicht, ob Sie erfahren haben, wen ich in meinen Stab aufgenommen habe ... ?"
„Nein, davon weiß ich nichts." Die Antikerin schüttelte den Kopf.
Stross atmete einige Male tief ein. „Mein wissenschaftlicher Leiter wird Dr. Walter Spitzbart werden, ich weiß nicht, ob Sie ihn kennen."
Sie überlegte, schüttelte dann den Kopf. „Nicht namentlich", antwortete sie.
Stross nickte. „Er ist ein guter Mann, auch wenn er noch nicht allzu lange in Atlantis war. Nun, sein Stellvertreter ..." Sie lächelte wieder. „Seinen Stellvertreter hat er sich selbst ausgesucht. Dr. Babbis wird diesen Posten übernehmen."
Vashtu sah wieder auf ihre Faust hinunter und biß sich auf die Lippen. Langsam nickte sie, schwieg jetzt wieder.
„Als Leiter des militärischen Dienstes innerhalb der Stadt ..." Stross schloß den Mund wieder, suchte ihren Blick. „Ich habe lange mit mir gerungen, und eigentlich ... Aber es bot sich an nach der Sache mit Babbis und den Flugblättern. Er hat eine gute Spürnase. Den internen Sicherheitsdienst wird Sergeant Dorn übernehmen, Major."
Vashtu schluckte, blinzelte einige Male, als sie ein gewisses Brennen in ihren Augen fühlte.
Damit war es vorbei. SG-27 existierte nicht mehr, endgültig. Sie würde zur Prometheus zurückkehren, allein und abgeschnitten. Die beiden anderen überlebenden Mitglieder ihres Teams aber würden hier eine neue Heimat finden und sicher ihren Weg machen.
Vashtu nickte, blickte wieder auf, als sie glaubte, sich im Griff zu haben. Ein trauriges Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. „Danke", hauchte sie.
Stross schüttelte den Kopf und hielt ihr die Hand hin. „Ich habe zu danken, Major", entgegnete sie, als die Antikerin zögernd einschlug. „Und ich möchte Ihnen sagen, daß meine Tür auch weiterhin immer offenstehen wird. Ich ..." Wieder schloß sie den Mund, hielt Vashtus Hand weiter fest. „Ich möchte, daß Sie, wenn Sie wieder herunterkommen von der Prometheus, ein eigenes SG-Team zusammenstellen. Wir werden keine Reisen unternehmen, bis Sie zurückkommen, Major. Es war so abgemacht. Die erste, die dieses Sternentor benutzen darf, sind Sie. Und dabei bleibt es." Sie ließ ihre Hand los.
Vashtu runzelte die Stirn. „Und wenn ich nicht zurückkomme?" fragte sie.
Stross lächelte. „Sie werden zurückkommen, da bin ich mir sicher. Sie haben hier noch einiges zu erledigen, und das werde ich Pendergast sicher sehr schnell klar machen."
Eine leise Hoffnung wuchs in ihr und plötzlich wußte sie, sie hatte die richtige Entscheidung getroffen. Es blieb nur noch dieses eine, ehe sie gehen würde - für diesmal. Sie mußte vertrauen, und sie würde vertrauen.
Vashtu wandte sich ab und ging, langsam und mit leichtem Zögern, zum Hauptrechner von Vineta. Als sie ihre Hand kurz auf das Panel legte, flammte dieser auf, wie immer, seit sie die erste Energie in diesen Raum geleitet hatte.
Sie sah kurz auf, betrachtete das indirekte Licht, das den Raum erhellte. Und sie fühlte, wie Stross ihr folgte, nahe bei ihr stehenblieb.
„Dieses Problem werden Sie auch noch lösen, Major", sagte die Wissenschaftlerin mit einfühlsamer Stimme.
„Ich habe es bereits gelöst, Dr. Stross." Mit diesen Worten steckte Vashtu ihren Steuerkristall in die dafür vorgesehene Ausbuchtung. Augenblicklich flammte der Bildschirm über ihrem Kopf auf. Mit leisem Summen sprangen auch die anderen Rechner an. Einer nach dem anderen erhellten sich die Bildschirme.
Vashtu blickte auf und betrachtete die Anzeigen. Dann lächelte sie.
Vineta war wieder zum Leben erwacht.

ENDE