Tag 2:
Danea wanderte an
Markhams Seite über die sonnenbeschienene Oberfläche des Mondes. Hüfthohes Steppengras beschwerte ihrer beider Gang ein
wenig, wenn auch nicht viel. Die Sonne schien angenehm warm vom
Himmel.
„Was haltet ihr bis
jetzt von diesem Mond?" erkundigte der Lieutenant sich
unversehens.
Danea nickte
nachdenklich. „Bis jetzt ... ?" echote er, riß sich dann aus
seinen Gedanken. „Es sieht gut aus hier. Es ist angenehm, die Erde
offensichtlich recht fruchtbar. Allerdings wird es harte Arbeit
werden, Felder anzulegen."
Markham an seiner Seite
zog etwas aus einer der Taschen seiner Überlebensweste und riß es
in der Mitte entzwei. Ein Stück hielt er ihm hin. Danea griff
stirnrunzelnd danach und drehte es zwischen seinen Fingern.
Glänzendes, metallfarbenes Papier verhüllte, was auch immer sich in
diesem Ding verbergen mochte. Aus den Augenwinkeln beobachtete er,
wie der Lieutenant seine Hälfte von der Umhüllung befreite und
einen schmalen, hellen Streifen von irgendetwas ans Licht brachte,
den er sich in den Mund steckte und darauf herumkaute.
„Probieren Sie nur.
Ist nicht giftig. Nur Kaugummi", sagte der junge Militär
schließlich. „Hatte ich mir bei der letzten Versorgung mitbringen
lassen. Aber inzwischen habe ich leider nicht mehr allzu viel."
Ein bitteres Lächeln erschien auf seinen Lippen.
Danea betrachtete
wieder, was man ihm gereicht hatte. „Kaugummi?" fragte er,
wickelte sein Stück schließlich aus und steckte es sich in den
Mund. Ein herber, frischer Geschmack breitete sich in seinem Mund
aus, und er roch noch einen Rest von etwas, was er noch nie
wahrgenommen hatte.
Markham nickte.
„Einfach nur kauen, solange es Geschmack hat. Naja, auch noch ein
bißchen länger. Je nachdem ob man es mag oder nicht."
Danea nickte.
Der Streifen wurde in
seinem Mund zu einen kleinen Klumpen, auf dem er herumkaute, noch
immer diesem eigenartigen Geschmack nachsinnend. „Ich muß sehr
dumm auf euch wirken", sagte er nach einer Weile.
Markham schüttelte den
Kopf, stützte die Arme auf seine Waffe. „Blödsinn!"
entgegnete er. „Ich finde, ganz im Gegenteil, Sie scheinen sehr
intelligent zu sein. Sie nehmen die ganzen Neuerungen klaglos hin.
Ihr ganzes Volk tut das."
Danea nickte mit einem
verschämten Lächeln. „Für euch ist so vieles selbstverständlich,
was wir nie getan haben ... oder schon lange verloren." Er sah
sich wieder um.
Er kannte die
Überlieferungen seines Volkes wahrscheinlich ebenso gut wie jeder
andere. Die Goldenen Zeiten, als die Erethianer Städte errichteten,
in den Weltraum aufbrachen und ein reiches Volk waren. All das war
von den Devi sehr schnell zerstört worden, hieß es. Selbst Ruinen
waren von den Städten nicht geblieben. Gar nichts, abgesehen von
einigen tiefen Kratern, die er früher oft aufgesucht hatte. Dort
sollten die Städte gestanden haben, die die Devi bereits bei ihrem
ersten Angriff in Schutt und Asche legten.
War vielleicht auch
dieser Mond damals bewohnt gewesen? Hatte es auch hier Erethianer
gegeben, die diesen Himmelkörper bewohnbar machten, hier vielleicht
sogar das eine oder andere anpflanzten?
Er wußte es
nicht, doch irgendwo tief in sich hoffte er, daß sie vielleicht noch
etwas finden würden, irgendwo. Ein winziger Beweis, daß es dieses Goldene Zeitalter wirklich gegeben hatte.
Markham blieb stehen,
fummelte an einer anderen Tasche herum und zog schließlich dieses
Ding hervor, daß er auch schon von seiner Wanderung nach Vineta bei
Major Uruhk gesehen hatte.
„Da vorn ist der
Puddlejumper, mit dem SG-27 hier strandete", murmelte der
Lieutenant nachdenklich.
„Was ist das für ein
Gerät?" fragte Danea, nachdem er seinen Stolz wieder
heruntergeschluckt hatte.
Markham warf ihm
einen kurzen Blick zu, dann hielt er es ihm hin.
Danea hob abwehrend die
Hände. „Ich bin kein Erbe der Schöpfer."
Markham begann zu
grinsen. „Dafür muß man das Gen nicht tragen. Es ist ein
Fernglas, mehr nicht." Auffordernd hielt er es ihm immer noch
hin.
Danea griff jetzt doch
zögernd danach und hielt es sich vor die Augen, wie er es vorher bei
dem Lieutenant gesehen hatte. Ungläubig staunte er. „Das ist ...
Die Bäume sind auf einmal so nahe!"
„Ein Fernglas
ist so beschaffen, daß man Dinge wie von nahem sehen kann, die doch
recht weit entfernt sind", erklärte Markham.
Danea staunte, senkte
das Fernglas und blinzelte. „Das ist wirklich erstaunlich!" Er
wechselte einen Blick mit dem Militär.
Markham nickte. „Stimmt.
Wir aus der Milchstraße haben die eine oder andere Lösung parat,
das gebe ich zu. Wenn wir auch längst nicht so weit entwickelt sind
wie die Antiker, eure Schöpfer, es gewesen sind."
Danea reichte ihm das
Fernglas zurück. „Wir haben auch das eine oder andere. Bei uns
heißt es Nahe-Kristall", erklärte er. „Ein durchsichtiger
Stein, der so geschliffen worden ist, daß man Dinge heranholen
kann."
„Also, so rückständig
könnt ihr demnach nicht sein." Markham verstaute das Fernglas
wieder in seiner Überlebensweste. „Kommen Sie, sehen wir uns den
Jumper etwas näher an."
Danea nickte, sah sich
noch einmal um. „Das hier sieht wirklich sehr gut aus. Schade, daß
es schon so spät im Jahr ist. So werden wir mit der Aussaat bis nach
dem Winter warten müssen."
Markham blinzelte.
„Winter?"
„Ja, Winter. Ich
schätze, daß hier ist ein Spätsommer, so wie das Gras aussieht",
fuhr der Erethianer fort. „Hätten wir irgendetwas, was man über
Winter ziehen kann, könnten wir vielleicht schon im Frühjahr
ernten. Aber so?" Er zuckte etwas hilflos mit den Schultern.
„Aber wir können Felder anlegen für das nächste Jahr. Dann haben
wir vielleicht auch etwas mehr Saatgut."
„Ihr habt hier
Jahreszeiten?" fragte Markham.
Danea nickte.
„Natürlich. Kennt ihr die etwa nicht?"
„Von der Erde her
schon." Markham sah sich jetzt nachdenklich um. „Aber in
Atlantis gab es keine, zumindest keine spürbaren. Und auch von
vielen anderen Welten aus der Milchstraße sind Jahreszeiten so gut
wie unbekannt. Wie sieht ein Winter denn in Ihrer Heimatwelt aus?"
„Es ist kalt und
beginnt zu schneien. Meist nicht sehr angenehm. Wir haben immer
gesehen, daß wir Vorräte anlegen konnten. Aber die sind nun ja ...
äh, nicht mehr da."
„Das müssen wir
unbedingt Dr. Stross bei unserem nächsten Bericht weitergeben. Das
könnte wichtig für uns sein." Markham sah sich mit
neuerwachtem Interesse um.
***
86. Tag
Wenn diese Zeilen
irgendwann einmal jemand finden sollte, sollte er auch wissen, mit
wem er es zu tun hatte: Mein Name ist Peter Babbis, Doktor Peter
Babbis, Dipl. Ing. Meine Fachgebiete sind eigentlich Maschinenbau,
Mathematik und Astrophysik. Früher einmal war ich Mitglied, und
Stellverteter des Leaders, in dem Erd-SG-Team Nummer 27. Wir
strandeten hier, wie bereits an früherer Stelle geschrieben, mit
einem Puddlejumper, nachdem wir in ein aktiviertes Supergate gestürzt
waren.
Wir, das bedeutet
natürlich ich selbst und meine Leaderin Major Vashtu Uruhk. Außerdem
waren noch Sergeant George Dorn und mein, leider früh verstorbener
Kollege James-Robert Wallace mit dabei. Gemeinsam hatten wir uns
vielen Aufgaben und Feinden gestellt und zumeist gewonnen. Major
Uruhk dankt mir heute noch für meine, ihr Leben rettende Idee
während ihrer Geiselhaft in der Pegasus-Galaxie. Ihr haben die
restlichen Mitglieder von SG-27 viel zu verdanken gehabt, bzw. tun es
immer noch, so daß wir mit der Zeit immer enger zusammenwuchsen. Ich
denke, unsere Treffen in unserem Stammlokal in Colorado Springs
dürften noch immer legendär sein.
Wenn jemand diese
Aufzeichnungen nach meinem Tod durch die Devi oder andere Feinde
finden sollte, möchte ich denjenigen bitten, sie an das SGC auf der
Erde weiterzuleiten, da es sicherlich sehr wertvolle Erkenntnisse
enthält, vor allem über Dimensionsstürze und auch über unsere
neuen Feinde, die Devi. Sollte es uns nicht gelingen, sie irgendwie
aufzuhalten, könnten diese Hybridwesen vielleicht eines Tages
Pegasus und auch Milchstraße überrennen. Ich bin sicher, bis dahin
werde ich noch einige Erkenntnisse über sie gesammelt haben. Nicht
zu vergessen sei hier auch der Kontrollstuhl auf Antarktica zu
erwähnen. In externen Speichern werden Aufzeichungen aus der Stadt
Vineta, in der wir uns zur Zeit befinden, aufbewahrt, wie mir Major
Uruhk vertraulich mitteilte.
Aber genug davon, kommen
wir zum heutigen Tag:
Stross fühlte sich
wieder befleißigt, mich von meiner, unser aller Überleben
sichernder Arbeit abzuhalten mit allerlei dummen Geschwätz. Wie die
meisten Frauen eben so sind, macht sie sich um ungelegte Eier Sorgen.
Dabei dürfte es doch wohl allzu klar sein, wem sie so viel in dieser
Stadt zu verdanken hat. Aber Frauen sollte man am besten reden
lassen, wenn sie ihre Emotionen ausleben müssen.
Dabei, und das muß ich
zugeben, macht sie ihre Sache als Leiterin hier nicht einmal
schlecht. Nun gut, das eine oder andere ist durchaus noch
verbesserungswürdig, aber zumindest scheint sie zu wissen, was sie
tut. Als Assistentin der, in dieser Dimension früh verstorbenen Dr.
Weir hatte sie allerdings auch eine sehr gute Lehrerin. Ich selbst
war ja für einige Zeit auf Atlantis nach der Geiselhaft, um mich von
der rüden Behandlung durch den Genii-Terroristen Kolya zu erholen.
Dabei lernte ich die Dr. Elizabeth Weir meiner Dimension kennen. Und
ich beneide sie nicht um Teile ihres Stabes. Lt. Colonel Sheppard mag
ja noch ... Nun, er strengt sich zumindest an, und das sollte man als
Wissenschaftler auch respektieren. Aber jemanden wie Dr. Rodney McKay
zum führenden Wissenschaftler zu machen ist in meinen Augen eine
glatte Fehlentscheidung und stärkt ihn nur noch in seiner
Vernarrtheit in sein Ego. Da bin ich etwas versöhnlicher,
zugegeben.
Nun, wie dem auch sei.
Stross kam zu mir und weinte sich aus. Ich gebe zu, ich hörte ihr
nicht wirklich zu. Die PK-Forschung erfordert mein ganzes Können.
Immerhin sind diese eigentlichen Waffen sehr kompliziert aufgebaut
und hochexplosiv. Darum habe ich mich auch zur näheren Erforschung
in ein leerstehendes Gebäude des militärischen Komplexes
zurückgezogen. Ich will schließlich nicht die ganze Stadt in die
Luft sprengen, sollte etwas schiefgehen. Stross jedenfalls scheint
mir im Moment etwas überfordert mit der Situation. Markham noch
immer auf diesem Mond, ich weiß nicht, was er da so lange treibt mit
Danea und den beiden anderen Erethianern, Major Uruhk immer noch auf
der Prometheus, die sich weiterhin in Schweigen hüllt.
Wie nicht anders zu
erwarten, ging es natürlich wieder um meine Dienste als Jumper-Pilot
für ein SG-Team. Besser gesagt, um deren zwei. Zwei Einsätze, die
heute noch sehr dringend geflogen werden mußten. „Wenn es sonst
nichts ist", meinte ich nur dazu. Was hätte ich denn auch
anderes sagen sollen? Major Uruhk hat mich ja bereits mehrmals als
Naturtalent im Fliegen bezeichnet, und inzwischen machen mir die AIs
auch nicht mehr die Probleme, wie ich sie zu Anfang dieser
zweifelhaften Karriere hatte. Ich flog also Claines Teams als erstes
durch das Tor, kehrte hierher zurück und setzte kurz darauf Sanchez'
Team ab. Kein großes Problem, zumal Stross mir die Warterei
ersparte, die nichts als pure Zeitverschwendung ist.
Kaum an meine
Forschungen zurückgekehrt, wurde ich allerdings schon wieder
ausgerufen und sollte Sanchez' Team abholen, da diese auf einige Devi
gestoßen sind. Nun, muß ich erwähnen, daß der Captain mir sein
Leben zu verdanken hat? Selbstverständlich nicht. Es war ja
abzusehen. Claine dagegen ließ sich wirklich Zeit mit seiner
Rückkehr. Und da es, wieder einmal, eine kleine Störung am Tor gab,
sah ich mich zudem befleißigt, mir das ganze noch einmal anzusehen.
Ich muß zugeben, Major Uruhk hat durchaus recht mit ihrer
Einschätzung. Dieses Stargate ist alles andere als
vertrauenserweckend. Wir sollten so bald wie möglich sehen, wie wir
es austauschen können.
Dorn lief mir dann auch
noch über den Weg, natürlich, während ich mein Abendessen einnahm.
Diesen unverdaulichen Nährungsbrei, dem wir im Moment alle
ausgeliefert sind - ein schreckliches, kaum herunterzubringendes
Zeug. Wer auch immer diese Maschinen erfunden hat, man sollte ihn,
selbst nach mehr als zehntausend Jahren, noch im All aussetzen.
Nun, Dorn kam auf jeden
Fall zu mir an den Tisch und sprach mich auf die Prothese an, die er
von mir haben will. Und natürlich habe ich bisher leider nicht die
Zeit gefunden, diese Prothese anzufertigen. Wie soll ich es sagen,
dieser Planet verfügt zwar über einen Tagesrhythmus von 28 Stunden,
aber selbst ich muß auch irgendwann einmal schlafen. Und solange wir
keinen Arzt in Vineta haben, wobei angemerkt sein sollte, daß ich
wirklich nicht weiß, woher wir einen solchen Quaksalber nehmen
sollten, werde ich wohl auch weiterhin auf Schlaf angewiesen sein,
gerade in einer solchen Situation.
Nun ja, ich versprach
Dorn, seine Prothese so bald wie möglich in Angriff zu nehmen.
Solange Major Uruhk auf der Prometheus sitzt, können wir sowieso
nichts weiter tun als abwarten. Natürlich wäre es von Nutzen, sie
so bald wie möglich wieder in der Stadt zu wissen. Aber, wie gesagt,
Pendergast hüllt sich in Schweigen. Wollen wir hoffen, daß sich
dieses Problem irgendwann einmal lösen wird.
Meine Wohnungssuche
verlief weiter erfolglos. Ich habe zwar ein bestimmtes Objekt im
Auge, allerdings bin ich mir ziemlich sicher, daß es nicht genehmigt
werden wird, wenn ich mich in der Kommandozentrale des militärischen
Sektors einmiete. Was wirklich schade ist. Einen solchen Platz findet
man sonst nicht in dieser Stadt. Irgendwie wirkt alles recht eng und
klein. Möglicherweise liegt es schlicht an der Tatsache, daß Vineta
in einer gewaltigen Höhle erbaut wurde und das Szenario wirklich
etwas bedrückend wirkt.
TBC ...
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Kommentare zum Post (Atom)
So und jetzt direkt das nächste Kapitel gelesen.
AntwortenLöschenAha, die werden dort also bald Winter haben. Aber dann haben die ja auch genug Zeit alles für die Aussaat vorzubereiten, wenn da sowieso noch einiges an Arbeit rein gesteckt werden muss.
Schön, dass sich der Mond überhaupt dafür eignet. Auf Dauer wäre diese Maschine die essen zubereitet sicher nicht das Wahre gewesen. Vor allem wenn das wirklich so grausig schmeckt.
Interessant fand ich, dass die Erethianer auch etwas ähnliches wie ein Fernglas besitzen.
Bei dem Part aus Babbis Sicht musste ich wieder das ein oder andere mal schmunzeln :D Das hört sich ja geradewegs so an, als würde er sich total für alle anderen Aufopfern (Jumper-Flüge durch das Tor, Tor überprüfen, sich die Sorgen von Dr. Stross anhören ...) obwohl er ja eigentlich überhaupt keine Zeit hat.
Aber einfach anzweifeln, dass Rodney der Richtige für den Posten des Chefwissenschaftlers auf Atlantis wäre. Also wirklich! Und die Beschreibung von John xD "Er strengt sich zumindest an" *g*
Und ein interessanter Ort, den Peter am Liebsten zu seiner Wohnung ernennen will :D
LG Sabrina
Ja, die Erethiander sind nicht die "Steinzeitler", für die man sie auf den ersten Blick halten könnte. Und freut mich, daß es soweit klappt, sie glaubhaft darzustellen. Ich hatte so leise Befürchtungen, daß Danea ein bißchen zu unsicher daherkommt.
AntwortenLöschenLOL Jaja, Peter wird wohl nie ein Fan von Shep werden. Den Ort, den Babbis gern beziehen würde, wiedererkannt? Vorgekommen ist er schon.
Dank dir für den Kommentar!