26.09.2009

Vashtu VI

Zwei Pfleger hoben die Trage hoch und machten sich auf den Weg in die Krankenstation. Auf dieser Bahre lag, bewußtlos, Dr. Rodney McKay.
Vashtu Uruhk, die Antikerin, die sich dem menschlichen Team von Atlantis anschließen wollte, saß auf einer Stufe der Treppe und beobachtete, wie die Pfleger den Wissenschaftler wegbrachten. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder Dr. Beckett zu, der ihren Arm gewissenhaft untersuchte.
„Sie haben einen Haufen Glück gehabt, nach dem, was Sie erzählten, Vashtu", sagte er gerade in einem leicht tadelnden Tonfall.
„Was ist mit Dr. McKay?" Sie nickte in die Richtung, in der die Bahre verschwunden war.
„Er hat einen ziemlichen Stromschlag abbekommen." Beckett drehte ihren Arm, um die Beweglichkeit der Schulter zu überprüfen.
Vashtu senkte ihren Blick auf ihren Unterarm. Dort zeichneten sich fünf blutunterlaufende Halbmonde ab. So fest hatte Lt. Colonel John Sheppard sie gekrallt, doch genutzt hatte es ihm wenig. Er war in das Tor und wahrscheinlich auch durch das Wurmloch gezogen worden.
Die Antikerin dagegen hatte kaum eine Blessur abbekommen. Die Fingerknöchel ihrer rechten Hand waren blutig und ein Schnitt in der Handfläche der linken. Ein paar Prellungen, die sich gerade bemerkbar machten. Nichts, womit sie nicht fertig werden würde.
Doch was in ihr vor sich ging, war etwas ganz anderes. Sie hätte sich verfluchen können, von dem Moment an, als sie bemerkte, daß etwas aus dem geöffneten Wurmloch zu ihnen zu gelangen suchte. Sie hätte schneller reagieren und nicht erst um Einverständnis bitten sollen. Dann wäre Sheppard nie verloren gegangen.
Mit Hilfe ihrer Wraith- und Iratus-Käfer-Gene war es ihr schließlich gelungen, dem Tor die Energie zu entziehen. Und daraufhin war das Wurmloch zusammengebrochen. Doch sie hatte den Colonel, den sie festgehalten hatte, loslassen müssen dafür. Er hatte sich nicht halten können und war abgerutscht und wohl in das geöffnete Wurmloch hineingezogen worden.
Dr. Elizabeth Weir, die Leiterin der Expedition auf Atlantis, kam mit ernstem Gesicht aus dem Kontrollraum und stellte sich neben sie.
Vashtu wagte nicht aufzublicken. Sie fühlte sich so verdammt schuldig!
„Was ist passiert?" fragte Weir.
Vashtu atmete tief ein, schüttelte dann den Kopf. „Ich konnte ihn nicht festhalten. Er ist in das Tor gerutscht."
„Das konnten wir alle sehen. Aber wie konnten Sie ihn vorher so lange festhalten? Es muß ein gewaltiger Sog geherrscht haben."
Vashtu blickte nun doch auf, Weir ins Gesicht. „Ich habe meine fremden Gene eingesetzt. Aber selbst damit ist mir nicht leicht gefallen."
Weir nickte stirnrunzelnd.
Beckett erhob sich nun, blickte ebenfalls auf sie hinunter. „Sie sollten mit in die Krankenstation kommen. Ihre Schultern wurden bei dieser Kraft beinahe ausgekugelt, und die Schnitte könnten sich entzünden. Außerdem ..."
Vashtu seufzte. „Es geht mir gut." Sie sah wieder Weir an. „Er ist weg, nicht wahr? Wir werden ihn nie wieder sehen."
Weirs Gesicht zeigte keine Emotion. „Das wissen wir noch nicht genau. Solche Arten von Unfällen sind selten, aber manchmal gibt es sie. Das Wurmloch brach in dem Moment zusammen, als er gerade hineingezogen wurde. Vielleicht ... Ich weiß es nicht."
Vashtu schloß die Augen und senkte den Kopf wieder.
Das alles war ihre Schuld. Sie hatte den einzigen, der von Anfang an freundlich zu ihr gewesen war, in den Tod stürzen lassen. Sie hätte ihn irgendwie retten müssen.
Weir hockte sich plötzlich neben sie und legte ihr schüchtern eine Hand auf die Schulter. Die Berührung brannte wie Feuer.
„Wenn es möglich ist, werden wir ihn zurückholen, Vashtu. Und vielleicht können Sie dabei sogar mithelfen. Und jetzt sollten Sie auf Dr. Beckett hören und zur Krankenstation gehen. Oder möchten Sie lieber einen Rollstuhl?"
Die Antikerin erhob sich, verzog kurz das Gesicht. Dann nickte sie und folgte Beckett.

Eine Stunde später

Weir trat nachdenklich in die Krankenstation, winkte Beckett zu sich. Ein Stück entfernt sah sie die Antikerin auf einem der Untersuchungstische sitzen. Eine Krankenschwester war gerade damit beschäftigt, ihre oberflächlichen Wunden zu versorgen.
Wenn Vashtu Sheppard wirklich so ähnlich war, würden die Pflaster allerdings nicht sonderlich lange halten. Wahrscheinlich wartete sie nur darauf, von hier fortzukommen. Und wenn sie Sheppard ähnlich war, würde sie ...
„Elizabeth, gibt es Neuigkeiten?" Beckett war näher zu ihr gekommen.
Weir trat durch die Tür nach draußen auf den Gang und wartete, bis der Mediziner ihr folgte. „Bowman und Hornbach arbeiten an dem Problem. Beide sind sich ziemlich sicher, daß noch nicht alles verloren ist. Aber zunächst muß die Energieversorgung zum Tor wiederhergestellt werden", erklärte sie.
Beckett nickte. „Hornbach? Ach, dieser Neue. Er soll ein sehr guter Theoretiker sein, hörte ich."
Weir nickte. „Aber das ist nicht das, was mir Sorgen bereitet. Wie geht es Vashtu?"
„Ein paar Schrunden und Prellungen, nichts lebensgefährliches."
Weir nickte. „Sie waren nicht dabei, Carson, als sie im Torraum waren. Sheppard stürmte in seiner üblichen Art vor, und sie lief hinterher. Wenn sie nicht gewesen wäre ..." Sie schloß einen Moment den Mund. „Mir bereitet ihre Gentherapie Unbehagen. Sie war plötzlich weit kräftiger als jeder Mensch es je sein könnte. Was, wenn sie diese fremden Zellen in sich nicht richtig unter Kontrolle hat?"
Beckett nickte verständnisvoll. „Ich kann Sie beruhigen, Elizabeth. Ich nahm ihr noch einmal Blut ab. Bisher habe ich zwar nur einen oberflächlichen Blick darauf werfen können, aber es sieht völlig normal aus. Sie hatte mir ja bereits erklärt, daß sie die fremden Gene willentlich steuert und gerade darum für uns so normal wirkt."
Weir sah ihn an. „Und wenn etwas geschieht, das nicht geschehen sollte? Wenn sie diese Gene plötzlich nicht mehr steuern kann?"
„Sie trägt sie jetzt seit mehr als zehntausend Jahren. Ich glaube nicht, daß soetwas geschieht. Aber wenn es Sie beruhigt, werde ich ihre Proben miteinander vergleichen, ob es vielleicht zu irgendeiner Art Mutation gekommen ist", sagte Beckett lächelnd. Dann aber wurde er ernst. „Die andere Frage ist jetzt, wie sie vielleicht helfen kann. Sie hat sehr große Schuldgefühle, weil sie den Colonel losgelassen hat."
„Er ist abgerutscht. Sie versuchte noch nachzufassen, doch er war schon außerhalb ihrer Reichweite", berichtigte Weir.
„Sie sieht das ein wenig anders." Beckett lächelte wieder, wenn auch humorlos. „Sie hat Atlantis in den wenigen Wochen, die sie hier ist, ganz schön durcheinander gebracht. Und dann ist da immer noch der Colonel. Sie liebt ihn, wenn Sie mich fragen."
Weir zögerte mit einer Antwort. „Sie versucht, sich ins Team einzufügen. Die Frage allerdings lautet eher, kann Atlantis zwei John Sheppards verkraften." Sie erinnerte sich an eine kurze Szene, deren Zeugin sie vor kurzem gewesen war. „Auf der anderen Seite wird ihm einmal vor Augen geführt, wie er selbst ist. Das heißt, wenn ..."
„Sie werden schon eine Lösung finden", sagte Beckett im Brustton der Überzeugung. „Ob Vashtu dabei allerdings eine Hilfe sein wird, das weiß ich nicht. Sie brütet im Moment zu sehr, als daß da nicht noch etwas wäre. Meines Wissens hat sie zwar ein, für unsere Verhältnisse, sehr großes Allgemeinwissen, aber möglicherweise stößt diese Sache dann doch an ihre Grenzen."
Weirs Gesicht blieb ausdruckslos. Eigentlich war sie hierher gekommen, um die Antikerin um ihre Mithilfe zu bitten. Wenn diese sich aber mit der Wurmlochphysik nicht auskannte ...
„Wie geht es Rodney?" fragte sie.
Beckett zuckte mit den Schultern. „Er ist immer noch bewußtlos. Und leider kann ich Ihnen auch nicht sagen, wann er wieder zu sich kommen wird. Durch seinen Körper ist eine sehr hohe Ladung Strom geflossen. Das hätte ihn auch töten können."
Weir seufzte. „Danke, Carson. Kann ich jetzt mit Vashtu reden?"
Der Mediziner machte eine einladende Geste. „Gehen Sie nur hinein."
Vashtu war inzwischen versorgt. Um ihre Schultern lag ein Stützverband, der sie körperlich bei ihren Bewegungen störte. Ein paar Pflaster verdeckten die Schrammen. Als sie sich wieder das T-Shirt übergestreift hatte, das sie während des Unfalls getragen hatte, war ihr der Gedanke gekommen, Teyla zu besuchen, die seit ihrem Auftauchen hier in einem Bett der Krankenstation mit einem gebrochenen Knöchel lag.
Noch etwas, weswegen sie sich Vorwürfe machte. Sie hatte mit der Athosianerin reden wollen damals. Doch ihr vorheriges Auftreten hatte das Vertrauen selbstverständlich nicht unbedingt wachsen lassen. Immerhin hatte sie das Sicherheitsteam, das Sheppard damals angeführt hatte, bis auf Teyla und den Colonel zusammenschrumpfen lassen und die Soldaten einen nach dem anderen ausgeschaltet. Verletzt nicht, nein, nur bewußtlos geschlagen.
Vashtu erinnerte sich, wie sie Teyla damals gegenübergestanden hatte. Wie sie versuchte, auf die andere einzureden, ihr zu sagen, daß sie ihr kein Leid antun würde.
Teyla hatte gezögert, doch dann ...
Die Athosianerin war auf der Treppe ausgerutscht und hinuntergestürzt. Dabei hatte sie sich den Knöchel gebrochen. Vashtu wollte helfen, da kam dann Sheppard dazu und sie wurde gefangen genommen.
Jetzt setzte die Antikerin sich an das Bett der Kranken. Teyla lächelte sie an. Vashtu dagegen konnte dieses Lächeln nicht erwidern.
„Ich habe gehört, was geschehen ist", begann Teyla.
Vashtu blickte auf, senkte den Kopf aber gleich wieder.
„Sie sind eine Heldin", fuhr die Athosianerin fort.
Vashtu zog die Schultern hoch. „Haben Sie auch gehört, daß der Lt. Colonel ... ?" Sie brach ab.
Teylas Gesicht wurde ernst. „Ich bin sicher, Sie haben getan, was Sie konnten. Es gibt Dinge, die wir nicht beeinflussen können. Sich über solche Dinge Sorgen zu machen ist müßig und überflüssig. Ich bin sicher, es wird schon einen Weg geben."
Vashtu sah wieder auf, doch Teyla blickte sie nicht an. Ihre Augen schweiften ab und blieben an einem anderen Bett hängen. Dem Bett, in dem Dr. McKay lag. Sie schloß die Augen wieder.
„Waren alle Vorfahren wie Sie?" fragte Teyla leise.
Vashtu hielt die Augen weiter geschlossen, dachte nach. Nach einer Weile schüttelte sie den Kopf. „Die wenigsten, fürchte ich", antwortete sie, kreuzte die Arme vor der Brust, wobei der Verband um ihre Schultern unangenehm spannte. Dennoch krümmte sie sich zusammen, als könne sie so ihre Schuldgefühle abstreifen.
Sie fühlte Teylas Blick auf sich, doch weigerte sie sich immer noch, der anderen in die Augen zu sehen. Die Schuldgefühle nagten an ihr. Wenn sie Sheppard nur fester gepackt hätte. Wenn sie ihn irgendwie in den Kontrollraum hätte zurückbringen können, ehe der Schild versagte.
„Die Menschen von der Erde haben schon viele Probleme gemeistert", sagte Teyla in diesem Moment.
Das wußte Vashtu auch. Sie kannte jede einzelne Mission, die unternommen worden war. Alles hatte sie gelesen, sich immer wieder gefragt, ob und wie sie sich bemerkbar machen konnte. Den Menschen war es gelungen, Atlantis vor den Wraith zu schützen. Zwar um einen hohen Preis, aber es war ihnen geglückt.
Hätte sie nur nicht diesen unseligen Plan gefaßt! Hätte sie sich nur nicht so sehr auf John Sheppard versteift. Warum hatte sie das tun müssen? Warum war sie nicht einfach in ihre Stasiskammer zurückgekehrt und hatte auf das Ende gewartet?
Vashtu preßte die Lippen fest aufeinander.
Natürlich war es einfach zu behaupten, die Wraith-Gene in ihr hätten reagiert und sich ihrer Kontrolle entzogen. Doch so war es nicht gewesen. Sie hatte einen starken Fürsprecher gebraucht und gewußt, daß sie, eben durch die veränderten Erbinformationen, in Gefahr war, wenn sie sich an die Menschen wandte. Also hatte sie den Plan gefaßt, einen Anführer für sich einzunehmen. Mittels Pheromonen hatte sie Sheppard damals in den Gängen rund um ihr einstiges Labor benebelt. Immer wieder hatte sie Spuren gelegt, die er nicht bewußt wahrnahm, auf die er aber dennoch reagierte. Für die anderen mußte er danach wie von ihr besessen gewirkt haben. Es hatte sie selbst erschreckt, wie sehr er plötzlich von ihr abhängig zu sein schien. Und darum hatte sie ihre fremdartigen Duftstoffe bereits während der Quarantäne abgesetzt. Doch da war es schon geschehen und der Colonel konnte sich nicht mehr von ihr lösen. Bis zu der unseligen Mission, bei der sie am Steuer gesessen hatte.
„Vashtu?"
Sie zuckte zusammen, als sie aus ihren Gedanken gerissen wurde. Ihre Schultern brannten von der plötzlichen Bewegung.
„Es freut mich, Sie zu sehen, Dr. Weir", begrüßte Teyla die Expeditionsleiterin.
Vashtu blickte langsam auf, verzog das Gesicht, daß man vielleicht ein Lächeln in ihm lesen konnte.
Weir sah besorgt auf sie hinunter. „Es gibt Neuigkeiten. Ich dachte, das würde Sie interessieren."
Mit einem Ruck saß Vashtu aufrecht, ein kleiner Hoffnungsschimmer lag in ihren Augen. „Neuigkeiten?"
Weir nickte. „Es könnte sein, daß Colonel Sheppard vom Tor noch nicht abgestrahlt worden ist. Bowman ist sich ziemlich sicher, daß, wenn er das DHD wieder in Betrieb nehmen kann, er die Daten des Colonel finden wird." Sie lächelte. „Wie es aussieht, haben Sie genau im richtigen Moment das Tor abschalten können, Vashtu."
Der Mut der Antikerin sank. Sie zog die Brauen zusammen. „Seine Daten sind im Tor gespeichert?" Sie grübelte, ihr Blick glitt wieder ab.
Sie wußte, wie die Tore arbeiteten. Sie wußte auch, daß das betreffende Objekt erst durch das Wurmloch geschickt wurde, wenn es vollständig im Ereignishorizont verschwunden war. Aber ...
Ihr Mut sank. Sie hatte noch nie gehört, daß man diese Daten wieder abrufen konnte. Und selbst, wenn das möglich sein sollte, hätte sie keine Ahnung, wie.
„Das sind doch sehr gute Nachrichten", sagte Teyla.
Vashtu schüttelte den Kopf. „Ich fürchte, ich werde Ihnen dabei nicht helfen können. Wenn ein Schaden an Tor oder DHD passiert wäre ... Aber die Speicher? Nein, ich weiß nicht, was man tun kann." Ihre Stimme klang dumpf.
Sie fühlte Weirs Blick auf sich, hörte dann ein Seufzen. „Dann sollten wir alle hoffen, daß Dr. McKay schnell wieder zu sich kommt. Er ist der einzige, der weiß, was zu tun ist."

Vor 10 000 Jahren

Vashtu schlich durch die Gänge, die Waffe nach vorn gerichtet und aufmerksam die Zeichen auf dem Detektor beobachtend. Das Dutzend Antiker, das ihr folgte, machte in ihren Ohren zu viel Lärm. Aber ändern würde sie es nicht mehr können.
Janus hatte auf den Rat eingewirkt, damit sie diese Mission durchführte. Und Vashtu war mehr als froh, einmal aus ihrem Gefängnis ausbrechen zu können. Einige wichtige Wissenschaftler waren von den Wraith gefangen genommen worden. Der Kapitän der Nehemus war ebenfalls unter ihnen, der einzige Militär in dem zusammengewürfelten Haufen.
Ahnak war es, dessentwegen sie losgeschickt worden war. Sie hatte gehört, seine Forschungen würden ihr Volk eines nicht mehr allzu fernen Tages in eine höhere Existenzebene führen. Eine Ebene, die ihr für immer verschlossen bleiben würde. Das war der Preis dafür, daß sie es fertigbrachte, sich zu wehren.
Aufmerksam betrachtete sie die Anzeigen, blieb dann stehen und gab ein Zeichen nach hinten weiter.
Die Gefangenen zu befreien war noch die leichteste Übung gewesen. Nicht umsonst hatte sie sich schon immer für Waffen und Nahkampf interessiert und irgendwann, nach ihrer Ankunft auf Atlantis, zu ihrer vorwiegenden Freizeitbeschäftigung gemacht. Enkil und sie waren als Kinder Stöcke schwingend durch die Gänge gerannt und hatten sich auf diese Weise sicher mehr als nur einen Feind geschaffen.
Vashtu riß sich mit aller Macht aus diesen Erinnerungen, spannte die Kiefer an. Acht Wraith standen zwischen ihr und dem Jumper. Acht, für sie allein nicht zu viel, aber sie hatte noch andere mit dabei.
Dies war ihre letzte Chance. Sollte sie versagen, würde sie für immer in dieses Kellerloch wandern, man würde ihr auch noch ihre Forschungen entziehen und sie sich selbst überlassen. Dem Rat war sie zu gefährlich, und das Beispiel Enkil war zu überzeugend gewesen.
„Wenn ich sage, daß Sie laufen sollen, laufen Sie, so schnell Sie können", zischte sie dem Kapitän zu. Der nickte, hob die Waffe.
Vashtu versteifte sich, nachdem sie den Detektor zurück in ihren Gürtel geschoben hatte.
Ehrlich gesagt war sie eine lausige Wissenschaftlerin. Nicht, daß sie nicht über das Wissen verfügte. Nur hielt sie es selten bei ihrer Arbeit. Es gab so viel anderes, und die Ruhe, die ihr Vater oder auch Enkil ausgestrahlt hatten, um diese konnte sie ihre Familie nur beneiden.
Wenn es ihr aber gelang, diese Lantianer zurück zu bringen, heil und unversehrt, dann würde sich vielleicht das eine oder andere ändern. Vielleicht würde der Rat dann endlich einsehen, daß sie keine Bedrohung war und sie laufen lassen, statt ihr die unwichtigsten Arbeiten vorzulegen und sie einzuschließen.
Vashtu sprang vor, senkte den Stunner, den sie erbeutet hatte und schoß. Einer der Wraith wurde herumgeschleudert und landete auf dem Boden. Zur Sicherheit drückte sie nochmal auf ihn ab, ließ den Lauf dann hochrucken und zog den Abzug durch.
Der Gang hinter ihr war frei, und sie hatte vor, die Wraith von den anderen abzulenken.
Sie sprang einen Schritt zurück, als sie bemerkte, daß ihre Gegner nun wirklich auf sie aufmerksam geworden waren, raste los. „Laufen Sie!" rief sie über die Schulter zurück, ehe sie um die Biegung rannte, Schwung nahm und hochsprang.
Augenblicklich aktivierten sich die Iratus-Zellen in ihr. Wie eine Spinne hing sie unter der Decke, die Waffe auf dem Boden unter ihr. Das würde den Wraith zu denken geben.
Und tatsächlich blieben die Verbliebenen etwas ratlos stehen.
Vashtu ließ sich zwischen sie fallen, landete auf den Schultern von einem und drückte mit einem Ruck seinen Kopf nach vorn und zur Seite. Sie konnte hören, wie sein Genick brach. Sie nutzte seinen Fall, um den nächsten anzuspringen, riß an dessen langem weißen Haar und zog ihn mit sich zu Boden. Sein Kopf krachte gegen ihr Knie, während sie schon nach seiner Waffe griff, blind den Abzug betätigte. Sie riß ihm den Lauf aus den Händen, schwang ihn herum und spießte den nun Waffenlosen auf, drückte rasch nacheinander einige Male ab, bis die Strahlen sich durch sein Rückgrad frassen und ein Loch in die Wand brannten.
Sie spürte den Schlag kommen, ehe der sie treffen konnte, warf sich flach auf den Boden und griff sich ihren Stunner, rollte sich herum und feuerte. Doch leider hatte sie den vierten Wraith unterschätzt. Dessen Stiefel knallte gegen ihre Schulter. Sie verriß den Schuß, der eine rauchschwarze Spur an die Decke malte.
Mühsam kam sie wieder auf die Beine, wich ungeschickt dem nächsten Schlag aus und stieß den Stunner vor.
Der Wraith schien sie anzustarren, auch wenn sie sein Gesicht, sollte er überhaupt eines haben, nicht sehen konnte. Er packte den Lauf, der sich in seinen Bauch bohrte, und riß ihn herum, daß sie meinte, ihre Arme würden ausgekugelt von der Gewalt.
Sie trudelte wenig elegant herum, fing sich wieder und setzte die Wraith-Waffe an ihre Schulter. Der Wraith kam auf sie zu. Ihre Augen wurden eng und sie drückte ab. Da traf sie ein Schlag in den Rücken.
Krachend landete sie an der Wand, fuhr so schnell wie möglich herum und schrie vor Schmerz auf, als ein weiterer Schlag den Arm traf, der die Waffe hielt. Beinahe öffneten sich ihre Finger. Sie biß die Zähne fest aufeinander und rammte dem Wraith den Lauf in den Bauch, um sofort abzudrücken. Wie eine Marionette wurde er nach hinten geschleudert, ein Loch in seiner Rüstung.
Ihr Arm blutete, ihre Schulter schmerzte und sie fühlte sich etwas benommen. Zeit zu verschwinden, ehe den anderen dreien auffallen würde, daß sie ...
Sie wirbelte herum und raste den Gang hinunter, um zu ihrem Jumper zu gelangen. Hoffentlich war es Kapitän Inniar und den Wissenschaftlern gelungen, sich bis dorthin durchzuschlagen. Die übrigen Wraith folgten ihr dichtauf, und das fremdartige Gewimmer des Alarms zerrte an ihren Nerven.
Sie hastete in den Hangar und schloß das von ihr manipulierte Schott. Das würde zumindest solange halten, bis sie hier raus waren.
Kapitän Inniar senkte seine Waffe und seufzte. „Da sind Sie ja endlich." Er musterte sie forschend.
Vashtu holte einige Male tief Luft, um wieder zu Atem zu kommen. „Alle da? Dann können wir fliegen." Sie lächelte siegessicher, ging zur Hecklucke des Jumpers. Doch dann blieb sie wie erstarrt stehen. Da fehlte jemand.
Sie fuhr zum Kapitän herum und starrte ihn entgeistert an. „Wo ist Vingor?"
Inniar zuckte mit den Schultern, wollte sich an ihr vorbeidrängen. „Zurückgeblieben. Wir sollten sehen, daß wir von hier verschwinden. Ändern können wir sowieso nichts mehr."
Seine Worte trafen sie tiefer, als er ahnte. Sie starrte ihn mit großen Augen an, dann griff sie nach ihrem Gürtel und holte den Detektor wieder hervor. Angestrengt starrte sie auf die kleine Anzeige, drehte sich immer wieder herum, bis sie glaubte, das Lebenszeichen des Wissenschaftlers ausfindig gemacht zu haben.
Sie ließ niemanden zurück, niemals!
Mit weiten, festen Schritten marschierte sie zu der verriegelten Tür zurück, griff nach dem Wraith-Stunner.
„Wo wollen Sie hin?"
„Bleiben Sie hier, solange Sie es verantworten können. Ich hole Vingor", antwortete sie.
„Ich befehle Ihnen ..."
Sie fuhr herum, starrte den Kapitän zornig an. „Ich lasse niemanden zurück!" Damit öffnete sie das Schott und schoß.
Der junge Wissenschaftler mußte noch in dem Gang sein, aus dem sie gekommen waren. Zumindest hatte der Detektor dort ein schwaches Signal angezeigt.
Wenn die Wraith sich schon an ihm genährt hatten ...
Vashtu biß sich auf die Lippen und trat in den Gang hinaus. Hinter ihr schloß sich die Tür.
Sie würde niemanden zurücklassen, niemals! Viel zu laut gelten noch die Schreie ihrer Mutter in ihr, viel zu sehr traf sie es immer noch, wenn sie sich daran erinnerte, wie diese damals vor ihren Augen immer älter geworden war.
Der Alarm lockte inzwischen andere Wraith hierher. Wenn sie sich nicht beeilte, würden auch die veränderten Gene nicht mehr allzu viel nützen.
Vashtu zielte, doch der Gang war momentan leer. Im Laufschritt bewegte sie sich zurück zu dem Quergang, rückwärts sprang sie dort hinein und sah sich um.
Der Gang war leer.
Fluchend griff sie nach dem Detektor, aktivierte ihn wieder und eilte los. Doch weit brauchte sie nicht, hinter der nächsten Ecke fand sie den Vermißten. Nur als jung würde sie ihn wohl nie mehr bezeichnen können.
Vashtu ließ sich auf ein Knie sinken, suchte seinen Puls. Sein Herz schlug noch, gut.
Schwach hob er den Kopf.
„Können Sie aufstehen?" fragte Vashtu.
„Ich ... ich weiß nicht", kam die geflüsterte Antwort.
Dann würde sie ihn wohl schleppen müssen. Sie griff nach ihm, um ihm beim Aufstehen zu helfen. In diesem Moment hörte sie das Zischen hinter sich. Ein Wraith.
Warum hatte sie nicht daran gedacht? Warum ... ?
Vashtu schaltete ihre Gedanken aus, fuhr herum und hob die Waffe. Doch als sie sie betätigte, passierte nichts!Der Wraith war fast über ihr. Sie riß die Waffe hoch, wollte sie ihm in den Körper rammen, doch auch dieses Mal war er schneller. Er schlug sie ihr aus den Händen.
Vashtu trat zu. Der Wraith torkelte zurück.
Sie hatte keine Ahnung, ob sie ihm überhaupt schmecken würde. Und, wenn es nach ihr ging, sie wollte das auch lieber nicht ausprobieren. Ihr war wichtiger, daß sie nahezu über die gleichen Reflexe und Kräfte verfügte. Sie konnte den Wraith schaden.
Er kam wieder näher, die Waffe lag hinter ihm.
Vashtu fluchte in Gedanken. Sie mußte auf seine rechte Hand achten. Und einfach zu töten würde er auch nicht sein, wahrscheinlich war er es gewesen, der sich an dem armen Vingor genährt hatte.
Sie stürzte sich auf den Wraith, und das wurde ihr beinahe zum Verhängnis. Sie hatte seine gesteigerten Kräfte unterschätzt. Er mußte mehr von dem Wissenschaftler genommen haben, als sie zunächst geglaubt hatte.
Seine Faust krachte in ihr Gesicht, daß sie dachte, Nase und Wangenknochen würden bersten. Die Wucht schleuderte sie herum und ließ sie taumeln.
Dann fühlte sie den mentalen Stich in ihrem Kopf. Doch gegen den konnte sie sich wappnen.
Entgegen der offensichtlichen Vermutung, nämlich daß sie sich vor Schmerz auf dem Boden krümmen würde, fuhr sie wieder herum und sprang dem Wraith mit einem wilden Knurren entgegen. Und dieses Mal gelang es ihr zumindest, einen Schlag zu plazieren, ehe sie selbst glaubte, ihr Magen würde perforiert werden durch den gewaltigen Fausthieb. Sie flog tatsächlich einige Schritte zurück, ihr Kopf knallte gegen die Wand. Benommen rutschte sie an dem halblebendigen Gewebe hinunter und blieb liegen.
Der Wraith kam näher.
Vashtu schmeckte Blut im Mund und stöhnte vor Schmerz, als sie sich bewegen wollte. Dann riß sie die Augen plötzlich weit auf. Ihre Hände packten zu, gerade als der Wraith seinen Saugmund auf ihren Brustkorb krallen wollte, um sich an ihr zu nähren.
Wenn er nur nicht so stark wäre!
Vashtu hielt seine Hand mühsam von sich ab, während ihre Gedanken rasten.
Irgendwie mußte sie aus dieser Lage heraus. Irgendwie mußte sie ...
Sie starrte mit einem kalten Lächeln zu dem Wraith hoch, der ihren Blick erwiderte. „Bist du nicht schon satt? Du solltest auf deine Figur achten." Blitzschnell zog sie die Beine an ihren Körper und rammte sie ihm in den Unterleib.
Der Wraith stolperte von ihr zurück.
So schnell wie möglich war sie wieder auf den Beinen.
Waffe, sie brauchte eine Waffe!
Ein Ganglauf!
Sie riß an dem ekelhaft warmen Material, das aus der Wand wuchs, während sie genau den Wraith im Auge behielt. Was sie jetzt auf keinen Fall gebrauchen konnte, war eine hinterhältige Attacke. Doch der Ganglauf hatte sich bereits gelockert, wahrscheinlich war sie selbst während ihre Sturzes dagegen geknallt.
Sie riß ihn ganz aus seiner Halterung und wirbelte herum.
Na bitte, das ging doch.
„Ich an deiner Stelle würde gehen", sagte sie, hob den Stock.
„Ich werde dir häppchenweise dein Leben aussaugen und mich an deinem Leid ergötzen!" zischte der Wraith.
Vashtu seufzte. „Wenn du meinst." Sie holte aus und schlug zu.
Der Wraith taumelte zurück, sein Gesicht drückte deutlichen Unglauben aus.
Vashtu kam näher, riß den Stock hoch, rammte ihn ihrem Gegner in den offenstehenden Rachen. Einige Zähne brachen ab und blieben in dem Material stecken. Der Fremdartige heulte auf vor Schmerz. Sie legte sich mit ihrem ganzen Gewicht auf den Stab, trieb ihn Stück um Stück weiter in den Rachen ihres Gegners. Um sich schlagend wurde der Wraith an die Wand genagelt und brüllte.
Sie wandte sich nun wieder dem Wissenschaftler zu. An seinem Gürtel sah sie eine der kleinen Handwaffen ihres Volkes, besser als nichts. Sie nahm die Waffe an sich und zog den ehemals jungen Mann hoch.
„Kommen Sie, es ist nicht weit."
Sie hatte keine Ahnung, wieviele Wraith inzwischen zwischen ihr und dem Jumper waren. Sie konnte im Moment nur das beste hoffen.
Und dieses Mal hatte sie zumindest etwas Glück. Es waren nur drei Wraith im Gang, und die hatten ihr den Rücken zugewandt.
Rasch drückte sie immer wieder ab und sah sie fallen. Es würde nicht lange dauern, doch es würde reichen.
Vingor trug sie inzwischen mehr als das sie ihn stützte. So schnell sie konnte kehrte sie, ihn schleppend, in den Hangar zurück und lief ... direkt in die Mündung einer Waffe. Polternd hörte sie die ihre auf dem Boden aufschlagen. Vor Überraschung hatte sich ihre Hand geöffnet.
„Lassen Sie ihn", befahl Inniar.
Vashtu zögerte einen Moment, dann ließ sie den sterbenden Körper des Wissenschaftlers los. Er sank wie Herbstlaub zu Boden.
„Und jetzt in den Jumper. Sie fliegen uns zurück in die Stadt."
Vashtu sah zu dem Sterbenden hinunter. „Aber ..."
„Ich werde dem Rat die Empfehlung geben, Sie einzusperren und den Schlüssel wegzuwerfen, Vashtu Uruhk." Er nickte zu Vingor hinunter. „Sie sind unberechenbar und haben meinen ausdrücklichen Befehl verweigert. Sie werden niemals wieder freikommen, dafür sorge ich. Einen Toten retten ..."
Sie blickte auf, ballte die Hände zu Fäusten. „Er ist nicht tot!"
Ein Energieblitz löste sich aus der Waffe und traf den sterbenden Wissenschaftler. „Jetzt schon."

Gegenwart

Vashtu riß die Augen auf. Augenblicklich flammte die Beleuchtung in ihrem Quartier auf , dimmte sich aber sofort wieder herab, als sie geblendet blinzelte.
Mit einem Stöhnen rappelte sie sich auf, rubbelte in ihren Haaren. Dann zog sie die Beine an, schlang ihre Arme um die Schenkel und stützte das Kinn auf ihre Knie.
Ein Traum, nur ein Traum.
Ein bitteres Lächeln umspielte ihre Lippen. Ein Traum, der tatsächlich geschehen war. Sie war auf diesem Wraith-Schiff gewesen, sie hatte diese Wissenschaftler gerettet. Kapitän Inniar ... das war eine andere Geschichte. Doch sie war damals froh über jede Art der Unterstützung gewesen. Er aber hatte sie nur benutzt.
Vor dem Rat war diese Rettungsaktion etwas anders dargestellt und sie als die Schuldige an dem Tod von Vingor genannt worden. Inniar war sogar soweit gegangen zu behaupten, sie hätte sich an dem Toten genährt.
Vashtu schloß die Augen.
Das war lange her, sehr lange. Weder Inniar noch einer der anderen lebte, zumindest hoffte sie das. Warum also hatte sie sich im Traum gerade an diese Mission erinnert?
Als sie ihre Augen wieder öffnete, blickte sie genau auf den Rücken des Buches, das Sheppard ihr in die Quarantäne gebracht hatte. Bisher hatte sie noch nicht weiterlesen können, und er wollte es noch nicht zurück. Sein Lesezeichen war noch sehr weit vorn plaziert gewesen.

L. Tolstoi - Krieg und Frieden

Vashtu starrte auf den Titel.
Sheppard saß im Speicher des Tores fest und sie hatte keine Ahnung, wie man ihn dort wieder herausholen konnte. Und er war dort hinein geraten, weil sie so dumm gewesen war und den Menschen von den Ladegeräten erzählt hatte, die ihr Volk damals benutzte, um genügend Energie für alles zur Verfügung zu haben.
Es war alles ihre Schuld!
Sie lehnte ihre Wange an die Knie und schloß die Augen wieder.
Sie wußte nicht, was zu tun war, sie war sich nicht einmal sicher, ob Dr. Weir nach dem zweimaligen Schlamasel überhaupt noch Wert auf die letzte Adresse legte. Wofür sollte das alles überhaupt gut sein?
John Sheppard ...
Sie war damals, wenn auch nur vorrübergehend, dem Militär unterstellt worden. Ein Militärangehöriger hatte ihr einen klaren Befehl gegeben, den sie vollkommen ignorierte, um Vingor zu retten. Einen jungen Wissenschaftler, der schon tot war, ehe sie überhaupt zu dieser waghalsigen Rettung aufgebrochen war.
Sie kannte zumindest Auszüge aus der Personalakte von Sheppard. Sie wußte, auch er hatte einen Befehl verweigert, in einer ähnlichen Situation. Nur sehr viel Glück - oder vielleicht die Vorsehung - hatten ihn hierher gebracht.
Plötzlich verstand sie.
Sie hatte sich an den Colonel gewandt, sie hatte ihn mit ihren Duftstoffen einfangen wollen, weil ihre Entscheidungen ähnlich waren. Sie selbst waren sich ähnlich. Immer wieder war ihr aufgefallen, daß sie nicht viele Worte machen mußten. Es genügte ein Blick, und der eine wußte, was der andere dachte.
Sie erinnerte sich noch an die waghalsige Jagd durch das Meteoritenfeld. Sheppard hatte ihr später vorgeworfen, sie hätte seine Befehle verweigert. Doch während des Fluges waren ihr nicht die Blicke entgangen, die Art, wie er ihre Bewegungen beobachtet hatte. Und sie war sicher gewesen, daß er ebenso wie sie gehandelt hätte, hätte er am Steuer des Jumpers gesessen.
Was dachte sie da? Das war unmöglich!
Doch eine kleine Stimme in ihrem Inneren wisperte ihr zu, daß es genau das war, was ihr aufgefallen war. Das war von Beginn an der Grund gewesen, warum sie so fasziniert von ihm gewesen war. Er ließ niemanden zurück, ebensowenig wie sie. Er setzte sein Leben aufs Spiel für andere, für Dinge, an die er glaubte - genau wie sie. Sie dachten gleich, oder fast gleich.
Er würde nie jemanden zurücklassen - sie würde das niemals tun ...
Und doch war sie gerade dabei, sich von ihm zu verabschieden. Sie suhlte sich in ihren Selbstvorwürfen, statt sich zusammenzureißen und etwas zu tun. Etwas, das ihm helfen konnte.
Vashtu hob mit einem Ruck den Kopf, schwang die Beine aus dem Bett und saß stocksteif da.
Was konnte sie tun? Wie konnte sie behilflich sein?
Sie konnte ... Die Datenbank! Sie konnte versuchen, die letzte Adresse ausfindig zu machen. Sie konnte die fehlenden Symbole suchen.
Das würde Sheppard nicht viel helfen. Aber wenn er zurückkehrte ...
Die Menschen hatten Schwierigkeiten mit der Technik ihres Volkes. Gut möglich, daß die Energiezufuhr noch immer gestört war. Immerhin hatte sie mit ziemlicher Kraft an den Kabeln gezerrt. Nun, wenn es darum ging, das konnte sie mit dem richtigen Werkzeug beheben. Wenn das Tor wieder offen war, konnte man ...
Nein, nicht solange Sheppard im Speicher festsaß. Irgendetwas sagte ihr, sie solle nicht einmal daran denken, das Tor anzuwählen, solange er noch darin war.
Aber hatte Dr. Weir nicht gesagt, Dr. McKay würde sich mit diesem Problem auskennen? Hatte sie nicht etwas von einem ähnlichen Vorfall auf der Erde erzählt?
Vashtu erhob sich, verzog kurz vor Schmerz das Gesicht, dann kleidete sie sich rasend schnell an.
Nein, Sheppard helfen konnte sie nicht. Aber sie konnte dafür sorgen, daß ihm geholfen wurde und alles bereit war, wenn er zurückkehrte!

Kurz darauf

In der Krankenstation herrschte nächtliche Ruhe und Stille. Gleichmäßige Atemgeräusche und das leise Summen einiger Apparaturen waren die einzigen Geräusche. Die Nachtschwester saß vorn, weit entfernt von den Betten, und las.
Vashtu hatte eines als erstes gelernt: sich so leise wie möglich zu bewegen. So war sie durch eine kleine Tür am anderen Ende der Räumlichkeiten eingetreten, stand jetzt vor McKays Bett und blickte auf ihn hinunter.
Was sie da tun wollte, war für ihr Volk zwar relativ selbstverständlich, doch sie hatte es schon lange nicht mehr getan. Seit sie sich selbst die fremden Gene injiziert hatte nicht mehr. Sie hoffte, die fremden Zellen würden sie nicht behindern oder ihm gar Schaden zufügen.
Sie zögerte noch einen Moment, dann trat sie näher an sein Bett heran und nahm seine Hand. Sie war eiskalt und trocken, doch sein Herz schlug.
Vashtu schloß die Augen und konzentrierte sich.
Teyla, die einen leichten Schlaf hatte, öffnete die Augen. Sie wußte im ersten Moment selbst nicht, was sie geweckt hatte, dann drehte sie den Kopf.
Die Ahnin, Vashtu, stand an McKays Bett, hatte seine Hand in ihre genommen. Ein sanftes Licht pulsierte zwischen den beiden Gestalten.
Teyla lächelte und drehte den Kopf wieder zurück.

Einige Zeit später

Vashtu betrat das Labor, in dem sie zusammen mit Dr. Zelenka und Dr. McKay gearbeitet hatte, als sie die Gate-Adressen der Ladegeräte hatten finden wollen. Von hier aus hatte sie noch immer vollen Zugriff auf den Hauptrechner, ohne daß jemand in der Kommandozentrale etwas bemerken würde.
Sie stellte sich vor den großen Bildschirm und gab ihre Befehle ein.
Augenblicklich erschien eine Abfrage, die sie beantwortete. Der Rechner lud die erforderlichen Daten herunter.
Vashtu trat an das Panel und begann, ihre Abfrage zu starten. Als sie wieder aufblickte, rasten Datenreihen über den Bildschirm.
Auch das hatte sie erledigt.

TBC ...

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