30.01.2010

Inhuman IV

„Vashtu!"
Zwei Männer des militärischen Wachdienstes hielten John Sheppard zurück, der sich gegen die gläserne Außenverkleidung des Kommandopostens werfen wollte, als er sah, wie die Antikerin angeschossen wurde. Kurz und unkooridiniert wehrte er sich gegen sie, dann zog er sich unvermittelt wieder in sich selbst zurück, als Elizabeth Weir zu ihm hinübersah.
Kolya tauchte jetzt wieder im Zoom der Kamera auf und sagte noch etwas, was er nicht verstand, dann wechselte das Bild ruckhaft wieder auf den Raum, in dem sich der andere Mann aus dem Team der Antikerin befand.
Sheppard atmete heftig ein und aus, preßte die Lippen fest aufeinander.
Er mußte etwas tun! Irgendetwas mußte er tun, sonst würde er den Verstand verlieren. Er konnte das nicht mehr mitansehen.
Mit einem Ruck wandte er sich ab und lief die Treppe hinunter zum Torraum. Vor dem Wurmloch blieb er stehen, starrte darauf. Der Schild war gerade wieder aktiviert worden. Und selbst wenn nicht, er hätte keine Möglichkeit, zu ihr zu gelangen.
Hilflos die Fäuste ballend stand er vor dem geöffneten Wurmloch und starrte es an. Doch vor seinem inneren Auge sah er immer wieder, wie die Antikerin auf dem Stuhl zurückgeschleudert wurde.
Er mußte etwas tun!
Wenn doch nur McKay schon wieder hier wäre! Weir hatte den Wissenschaftler mit einer Eskorte noch einmal zu dem Planeten geschickt, auf dem er Vashtus Spuren gefunden hatte. McKay sollte im Speicher des dortigen Stargates suchen, ob sie nicht herausfinden könnten, wohin Kolya seine Geiseln gebracht hatte.
„John!"
Einen Moment zögerte er, dann drehte er sich um und blickte hoch zum Kommandoposten. Elizabeth Weir stand am Geländer und sah zu ihm hinunter. „Ich möchte mit Ihnen sprechen, allein."
Wieder ein Zögern, dann nickte er, ging die Stufen wieder hinauf und folgte der Expeditionsleiterin in ihr Büro.
„Wenn Sie sich nicht im Griff haben, muß ich Sie leider in Gewahrsam nehmen lassen, John", sagte Weir als erstes zu ihm. „Sie sind keine Hilfe für Vashtu, und Sie sind keine Hilfe für uns. Wir brauchen Sie hier, John, mit Leib und Seele."
„Sie weiß es nicht, nicht wahr?" fragte er plötzlich, nachdem er eine Weile nur dagestanden und sie angestarrt hatte. „Sie weiß nicht, wie ähnlich ihre Lage der meinen damals ist."
Weir lehnte sich gegen ihren Schreibtisch, musterte ihn. „John, ich war damals dafür, daß Vashtu uns verließ. Da war etwas zwischen ihnen beiden, und ... Ich habe den Verdacht, es ist immer noch da, vielleicht sogar stärker als vor einem Jahr."
„Sie braucht unsere Hilfe", beharrte er.
Weir schüttelte den Kopf. „Wir haben Anweisungen von der Erde, John, an die müssen wir uns halten. Keine Verhandlungen mit Kolya, und keine Alleingänge Ihrerseits. Ich habe Rodney losgeschickt, damit er sich umsieht. Finden wir etwas, leiten wir es an die Erde weiter. General Landry muß dann entscheiden."
„Er wird sie sterben lassen!"
„Das wissen wir nicht. Vielleicht wird auch eine Eingreiftruppe über die Gate-Brigde hergebracht. Und dafür könnten wir Sie dann brauchen. Nur müssen wir solange warten, bis wir genaueres wissen. Wir können nicht einfach blind vorstürmen und unsere ganze Verantwortung über Bord werfen." Sie richtete sich wieder auf und trat näher. „Zwischen Ihnen und Vashtu gibt es starke Gefühle, das weiß auch ich. Aber jetzt ohne zu überlegen zu handeln, käme Selbstmord gleich. Vashtu hat mit Carson gesprochen, es geht ihr offensichtlich soweit gut. Kolya hat uns eine Blutprobe von ihr geschickt, an der Beckett bereits arbeitet. Bald wissen wir mehr, und wenn Rodney zurückkommt, haben wir vielleicht ein Ziel."
„Und wenn er sie über zig Welten geschleppt hat?"
Weir sah ihn kopfschüttelnd an. „Durch wieviele Tore hat er Sie damals gebracht? John, Sie wissen sehr genau, daß Vashtu Uruhk auf sich selbst aufpassen kann, sie hat es uns allen mehr als einmal bewiesen. Sie haben General Landry gehört, auch er hält große Stücke auf sie."
„Trotzdem hat sie keine Ahnung ..." Den Rest des Satzes ließ er offen.
„Ich habe keine Befugnis darüber zu entscheiden, was den einzelnen Mitgliedern des SG-Command an Wissen zugestanden wird und was nicht, John. Ich weiß nicht, ob Sie es weiß oder nicht. Aber ich weiß, daß auch sie darum gebeten hat, Sie aus der Sache rauszuhalten. Und wenn Sie sich nicht endlich wieder im Griff haben, werde ich ihr zustimmen und Sie bei der nächsten Übertragung in die Arrestzelle sperren lassen."
„Sie wird sterben, wenn wir nicht eingreifen."
„Das wissen wir noch nicht genau." Doch Weir war sicher, eine Lüge ausgesprochen zu haben. Auch sie hatte die zweite Übertragung gesehen.

***

„Sie bluten." Babbis beugte sich über sie, wieder ein paar Kompressen in der Hand.
„Ist nicht möglich!" Sie kniff die Augen zusammen und schluckte einige Male. „Wenn auf einen geschossen wird, passiert das meistens, Peter."
„Ich meinte ja nur", murmelte er, kramte einen Verband aus der Kiste und begann, ihn ihr anzulegen.
„Erdrosseln Sie mich nur nicht. Kolya wird nicht sonderlich begeistert darüber sein."
„Ich bin vorsichtig." Babbis hockte halb über ihr und umwickelte ihren blutigen Hals.
„Zum Glück nur ein Streifschuß. Ich muß mich gerade bewegt haben, als er abdrückte." Sie blinzelte. „Hätte auch anders ausgehen können."
Babbis biß sich auf die Lippen, sagte aber nichts.
Dabei fragte er sich wirklich ernsthaft, warum man sie wieder aus ihrer Zelle geholt hatte. Was sollte das? Wozu? Und warum kam sie mit einer weiteren Schußwunde wieder zurück hierher, schwächer als sie vorher gewesen war.
„Machen Sie sich keine Sorgen. Es wird schon", wisperte sie ihm zu.
Als er zu ihr hinuntersah, bemerkte er ihren Blick. In ihren Augen stand nur allzu deutlich der Schmerz, den sie nicht zeigen wollte. Er wandte sich wieder seiner Arbeit zu und fädelte vorsichtig das Ende des Verbandes unter den restlichen Zellstreifen.
„Haben Sie diesen Kolya wütend gemacht, oder warum schießt er auf Sie?" fragte er dann.
Vashtu lehnte sich wieder gegen die Wand, zog ein Bein an und versuchte offensichtlich, eine halbwegs bequeme Haltung zu finden. „Er versucht, Atlantis zu erpressen, ebenso wie er mich erpressen will", antwortete sie leise. Ihre Stimme klang ein wenig heiser.
Babbis nickte und erhob sich. „Dieser eine war vorhin hier und hat etwas Nahrung und Wasser gebracht. Sie sollten etwas essen, dann geht es Ihnen bestimmt bald besser."
Vashtu lächelte wieder diese gequälte Grimasse, die er schon kannte. „Sie hören sich schon an wie Carson Beckett, der Arzt auf Atlantis."
Babbis holte die Kanne und das Stück groben Brotes. „Ich weiß, es heißt immer, wenn man gekidnappt wird, soll man nichts annehmen. Aber dieses hier scheint eine Ausnahme zu sein. Oder finden Sie nicht?"
Vashtus Kopf sank auf ihre Schulter. „Ich habe keinen Hunger. Aber essen Sie ruhig, Peter. Ich denke nicht, daß Kolya mich noch einmal vergiften will."
Babbis ließ sich wieder neben ihr nieder und runzelte die Stirn. „Noch einmal?"
Müde öffnete sie die Augen wieder und sah ihn an. „Mein Arm", sagte sie nur.
„Ist mir aufgefallen. Was ist damit?" Babbis stützte vorsichtig ihren Kopf und ließ sie ein wenig von dem Wasser trinken.
„Man hat mir etwas injiziert. Laut Dr. Weir ein Mittel, das Wraith tötet", antwortete sie, nachdem sie getrunken hatte.
Babbis sah sie verstehend an. „Darum heilen die Wunden nicht."
Sie nickte. „Ich halte die Fremdzellen unter Kontrolle, um ein bißchen Zeit zu gewinnen. Und darum wirke ich wohl auch nicht so recht auf dem Damm. Es kostet mich viel Konzentration."
„Aber dieses Mittel ist in ihrem Blutkreislauf."
Sie nickte wieder, blieb dieses Mal aber stumm.
„Wirkt es, einmal abgesehen von Ihrem Arm?"
Sie runzelte die Stirn. „Ich fürchte ja."

***

Sheppard war gerade auf dem Weg in die Krankenstation, als er McKays Stimme hörte. Unwillkürlich atmete er auf, bis er die Nachricht gehört hatte. Dann beschleunigte er seine Schritte nur noch mehr, traf kurz darauf im Labor ein, in dem Dr. Carson Beckett das Blut untersuchte, daß Kolya durch das Wurmloch geschickt hatte.
„Doc, bitte sagen Sie mir etwas positives", begrüßte er Beckett.
Der Arzt blickte stirnrunzelnd auf. Sein Gesicht war sehr ernst. Dann schüttelte er langsam den Kopf. „Tut mir leid, Colonel, aber es scheint, daß es tatsächlich die Impfung der Hoffaner gewesen ist, die ihr verabreicht wurde. Und sie gehört zu der Hälfte, die auf dieses Mittel anspricht."
Sheppard atmete tief ein und spannte die Kiefer an. Nach einer kleinen Weile nickte er auffordernd, nachdem er noch etwas im Gesicht des Arztes hatte lesen können.
„Es ist ..." Beckett seufzte und schüttelte wieder den Kopf. „Es sieht so aus, als würden der Reihe nach sowohl die Wraith- als auch die Iratus-Zellen ihren Dienst einstellen, Colonel. Ganz bin ich zwar noch nicht mit den Testreihen durch, aber ... Sind alle Zellen inaktiv und schreitet die Vergiftung fort, wird Vashtu ... Ihre Antiker-DNS ist nicht fähig ... Sie wird ihr wahres Alter erreichen."
Sheppard sah den Mediziner stumm an. „Das heißt ..." flüsterte er schließlich.
„Das heißt, das nur die Antiker-Stränge ihrer DNS nicht das halten können, was die Fremdzellen bewirken. Sie wird sterben, Colonel, an Altersschwäche."
Sheppard bezwang sich, sich keine Emotion anmerken zu lassen. „Kann man es noch aufhalten?"
Beckett neigte abwägend den Kopf von einer zur anderen Seite. „Möglicherweise, wenn ihr das Gegenmittel so schnell wie möglich verabreicht wird."
„Und was wäre das Gegenmittel?"
„Eine zweite Gentherapie, wie sie sie bereits einmal durchgemacht hat. Aber es müssen noch genug Fremdgene in ihr aktiv sein, damit sie anschlagen und die Zellen die Impfung bekämpfen können. Sie müssen gestärkt werden, um den Angriff des Hoffanerstammes zu überstehen, verstehen Sie?"
„Feuer mit Feuer bekämpfen", sagte Sheppard.
Beckett nickte. „Ganz genau. Das gute ist, sehr wahrscheinlich wird sie daraufhin immun gegen eine neue Impfung sein. Aber ..."
„Aber uns läuft die Zeit davon, richtig?" ergänzte Sheppard. Verzweiflung wollte ihn übermannen, wenn er an die Nachricht von McKay dachte.
„Das ist richtig. So schnell, wie die Impfung bei ihr wirkt, bleiben ihr vielleicht noch neun, bestenfalls zehn oder elf Stunden, ehe es zum Kollaps kommt." Beckett seufzte. „Glücklicherweise ist sie selbst Wissenschaftlerin genug, daß sie die zusätzlichen Kräfte bewußt unterdrückt. Würde sie sie einsetzen, würde es wesentlich schneller gehen. So muß das Mittel sich durch ihre Genstränge arbeiten und erkennt vielleicht nicht alles auf Anhieb."
Sheppard biß sich auf die Lippen, sagte aber nichts.
Was Kolya da mit Vashtu tun wollte, verstieß gegen wirklich alles, was man auch nur entfernt menschlich nennen konnte. Er wollte tatsächlich eine zehntausend Jahre alte Frau so gründlich vernichten, daß nichts mehr von ihr bleiben würde. Und bei dieser Vernichtung wollte er sie auch noch leiden lassen. Nein, das ging sogar noch fast über das hinaus, was er erlebt hatte.
„Es bleibt zu hoffen, daß, wenn Rodney zurückkehrt ..."
„McKay ist zurückgekehrt", antwortete Sheppard wie auf eine Frage.
Beckett sah ihn auffordernd an. „Dann wissen wir jetzt, wo Vashtu ist?"
Sheppard blickte auf, in die Augen des Mediziners. Langsam schüttelte er den Kopf. „Was immer Kolya mit dem Tor angestellt hat, um ein Wurmloch in die Milchstraße aufbauen zu können, er hat den Speicher des Gates zerstört. Wir sind genauso klug wie vorher."

***

„Und wenn Sie diesem Kolya doch den Kristall geben?" Babbis hockte neben der Antikerin und starrte vor sich hin. „Vielleicht läßt er uns dann gehen?"
Vashtu reagierte einen Moment lang nicht, dann seufzte sie. „Ich kann ihm den Kristall nicht geben. Ich habe ihn nicht mehr."
„Aber ... ?" Babbis sah zu ihr und runzelte die Stirn. „Ich dachte, Sie hätten ihn getragen, als wir im SGC losgegangen sind."
Vashtu schloß immer wieder die Augen, als würde sie kurz wegsacken. Dann schluckte sie und schüttelte leicht den Kopf. „Ich hatte ihn dabei, ja, aber ... jetzt habe ich ihn nicht mehr." Ihr Blick glitt vielsagend zur Decke, dann zu den Wänden.
Babbis verstand. Darum antwortete sie auf dieses Thema immer so ausweichend. Sie fürchtete, sie würden abgehört werden.
Aufmerksam blickte er sich jetzt in dem Raum um, der ihre Zelle geworden war. Groß war er nicht, etwa ein Dutzend Schritte in jede Richtung. Sie hockten gegenüber der Stahltür, die hinaus auf einen Gang führte. Die Wände waren grob verputzt, und an einer Seite, ihnen schräg gegenüber, befand sich ein großer Spiegel. Von irgendwelchen Abhörgeräten war nichts zu sehen. Aber er hatte auch keine Ahnung, wie weit die Technik der Genii reichte.
Er fühlte, wie ihr Bein ihn vorsichtig anstieß, drehte sich wieder zu ihr um. Vashtu hatte sich gerade aufgesetzt, ihr Gesicht war ernst. Mit den Augen bedeutete sie ihm, näher zu kommen. Als er sich dicht über sie beugte, begann sie leise zu wispern. So leise, daß er sie kaum verstand:
„Ich habe den Kristall versteckt, nachdem ich angeschossen wurde. Meine Hoffnung war, daß ein Team aus Atlantis ihn finden würde."
Babbis nickte verstehend. „Und?"
Ihr Gesicht verzog sich wieder zu dieser bitteren Parodie auf ein Lächeln. „Ich kann ja wohl schlecht nachfragen, ob er auch dort angekommen ist, oder? Was denken Sie, was Kolya dazu sagen würde?"
Babbis hatte den pockennarbigen Genii nur einmal gesehen, als sie gefangengenommen wurden. Danach schien der sich nur noch um die wichtige Beute zu kümmern. Doch wenn er sich Vashtu jetzt ansah, mußte er sich eingestehen, daß eine solche Frage sehr wahrscheinlich den Zorn dieses Mannes mehr als nur erregt hätte.
„Sie sollten nachfragen, irgendwie. Eine List, etwas, was die Expedition auf die richtige Spur führen könnte", schlug er zischend vor.
Sie nickte. „Das werde ich tun. Vor allem ..." Sie zögerte, hustete dann einmal kurz. „John weiß nichts davon, aber ich habe ihm damals fast alle Benutzerreche über Atlantis eingeräumt, ehe wir beschlossen, daß ich den Kristall mit zur Erde nehmen sollte. Gibt er einen bestimmten Code ein und benutzt den Kristall, sind die Tiefraumscanner von Atlantis in der Lage, unsere ID-Chips aufzuspüren, egal, wo in der Pegasus-Galaxie wir uns befinden."
„Wir brauchen einen Code, um den Code zu verschlüsseln, den er eingeben soll." Babbis richtete sich nachdenklich auf. Er hob die Hand und legte Daumen und Mittelfinger aneinander.
„Peter!" Ihre Stimme klang warnend.
„Verzeihung." Er ließ die Hand wieder sinken, griff sich statt dessen den Brotkanten und riß ein kleines Stück davon ab. Nachdenklich kaute er darauf herum.
„Kann ich Sie mit dem Problem allein lassen, Peter?" fragte die Antikerin.
Verstört blickte er auf. „Warum?" Dann sah er, wie die Tür geöffnet wurde.
„Weil die Zeit für unser trautes Beisammensein wieder einmal vorbei ist."

***

„Ich verstehe ..." Landrys Stimme klang nachdenklich.
„Uns bleibt nicht mehr viel Zeit, Sir", wandte Sheppard ein. „Laut Dr. Beckett hat Vashtu noch knapp sieben Stunden, danach ist nichts mehr zu machen und sie wird sterben."
„Aber wir wissen immer noch nicht, wo sie und Dr. Babbis sich befinden", wandte Landry ein. „Ich habe ein Team bereitstehen, Colonel. Washington hat grünes Licht für eine Rettungsmission gegeben. Aber, und das ist die Voraussetzung, wir brauchen eine Gate-Adresse. Solange Sie die nicht vorweisen können, sind auch mir die Hände gebunden."
Sheppard fühlte leichten Aufwind. Erleichtert nickte er. „Wir werden bereitstehen, Sir, und Ihnen sofort mitteilen, sollten wir irgendetwas herausfinden. Dr. McKay versucht zur Zeit den Absender der Gate-Aktivierungen durch Kolya herauszufinden. Aber das ist nicht einfach."
„Und Sie bleiben, wo Sie sind, Colonel."
Sheppard nickte wieder. „Ja, Sir, ich bleibe, wo ich bin. Ich habe verstanden."
Landry seufzte. „Es reicht mir schon, daß ich hier zwei Leute habe, die auf Biegen und Brechen ihrem Team nach wollen. Halten Sie Ihre Füße still, Sheppard."
„Aber, Sir", wandte er ein, „sollte die Zeit nicht mehr ausreichen ..."
„Darüber reden wir, wenn die Zeit nicht mehr ausreicht. Wann erwarten Sie die nächste Übertragung? Wieder drei Stunden nach der letzten?"
Sheppard schluckte, zwang seine Erinnerungen in die Tiefen seines Geistes zurück. „Ja, Sir. In einer Viertelstunde."
„Gut, dann ..." Landry zögerte, wechselte dann unvermittelt das Thema: „Colonel, ich weiß nicht, ob Sie sich noch an Dr. Babbis erinnern können?"
Sheppard runzelte die Stirn. „Den Begleiter von Vashtu? Ich bin mir nicht sicher, Sir."
Landry zögerte wieder. „Sagt Ihnen SG-27 noch etwas?"
Sheppard hob den Kopf. „Ja, Sir, das sagt mir etwas." Er stutzte. „Soll das heißen ..."
„Miss Uruhk hat Ihr altes Team geerbt, Colonel, das soll es heißen", fiel Landry ihm ins Wort. „Und sie hat ihre Sache bisher sehr gut gemacht. Böse Zungen behaupten, besser als Sie. Ich denke eher, wenn Sie mehr Zeit mit ihnen verbracht hätten, wäre es Ihnen ebenfalls gelungen, die Jungs auf den richtigen Weg zu bringen."
Sheppard wußte nicht recht, was er mit dieser Information anfangen sollte. SG-27, sein Chaoten-Team. Das Team, das nicht einmal einen Einsatz unbeschadet überstanden hatte. Nie hatte er sich damals mehr nach Rodney McKay gesehnt!
„Ich will damit sagen, daß Miss Uruhk, trotz all ihrer Schwächen, ein wertvolles Mitglied des SGC geworden ist, Colonel. Wir werden sie nicht zurücklassen, glauben Sie mir. Landry Ende." Die Verbindung brach ab.
Sheppard atmete etwas erleichtert auf, drehte sich dann um und winkte Lorne zu sich, seinen Stellvertreter.

***

Vashtu sah Kolya aus der Dunkelheit auftauchen, spannte sich an. Die Schmerzen in ihrem Inneren wurden schlimmer, doch sie zwang sich, sich dagegen zu sperren. Nicht ganz einfach, wenn die Schmerzschwelle sonst durch fremde Gene gesteuert wurde, das mußte sie zugeben.
„Sie sehen inzwischen nicht mehr recht frisch aus, Vashtu Uruhk", bemerkte Kolya. „Haben Sie Schmerzen?"
„Sie wissen verdammt genau, daß ich Schmerzen habe, Kolya", entgegnete sie so aggressiv wie möglich. „Was wollen Sie?"
Kolya musterte sie amüsiert. „Es bereitet mir eine gewisse Befriedigung, Sie leiden zu sehen. Das sollten Sie wissen. Denn wenn ich den Schmerz in ihrem Gesicht lesen kann, kann Colonel Sheppard das auch, wahrscheinlich sogar besser als ich."
„Sie irren sich, wenn Sie meinen, Sie könnten ihn mit meinem Tod unter Druck setzen, Kolya. Wir haben uns seit einem Jahr nicht mehr gesehen."
Er nickte sinnend. „Dennoch scheint er immer noch sehr interessiert an Ihnen zu sein."
Vashtu schluckte wieder, begegnete seinem Blick so entschlossen wie möglich. „Wir lassen niemanden zurück", war alles, was sie darauf entgegnete.
Kolya nickte, zog wieder die Ampulle aus seiner Manteltasche und spielte mit ihr herum. Nachdenklich ging sein Blick zwischen ihr und ihrer möglichen Rettung hin und her.
„Nein!" war alles, was sie auf die stumme Frage sagte.
Er nickte, trat vor sie und beugte sich über sie. „Vielleicht sollte ich Ihnen ein kleines Geheimnis verraten, Vashtu Uruhk." Er senkte seine Stimme zu einem bloßen Wispern herab und musterte sie sehr genau. „Denn offensichtlich hat man auf der Erde vergessen, Ihnen etwas mitzuteilen, was vielleicht wichtig für Sie wäre ... jetzt!"
„Ich denke nicht, daß es irgendetwas über Sie gibt, was ich nicht auch ohne die Berichte zu kennen über Sie weiß, Kolya. Sie sind ein Sadist!" spie sie ihm entgegen.
Seine Hand schoß vor, packte sie unter dem Kinn und riß ihren Kopf in den Nacken. Sehr aufmerksam musterte er sie wieder, dann beugte er sich noch tiefer über sie. Sein Mund näherte sich ihrem rechten Ohr.
Vashtu zwang sich, weiter ruhig zu bleiben, auch wenn in diesem Moment wirklich alles in ihr danach brüllte, sich irgendwie zur Wehr zu setzen. Die Nähe ihres Feindes, dabei mußte sie sich immer wieder ins Gedächtnis rufen, daß er nicht einmal ihr Feind war, sondern der von Sheppard, wirkte beinahe zu verführerisch auf sie.
„Sie sind nicht die erste, die auf einem solchen Stuhl sitzt, Ahnin", wisperte Kolyas Stimme in ihr Ohr.
Vashtu zwang sich weiter ruhig zu bleiben, spannte die Kiefer an und wartete.
„Ihr heißgeliebter Colonel Sheppard hatte das Vergnügen ebenfalls, wissen Sie?" fuhr der Genii in einem süffisanten Tonfall fort zu berichten. „Ja, er saß in einem ähnlichen Bunker auf einem ähnlichen Stuhl, war ähnlich wie Sie gefesselt und es gab ähnliche Übertragungen wie jetzt bei Ihnen. Nur mit einem deutlichen Unterschied ..." Er schwieg und richtete sich wieder auf, noch immer ihr Kinn mit seiner Hand hart haltend. Aufmerksam starrte er sie an, ein kaltes Lächeln unterdrückend.
Als er nicht fortfuhr, sah Vashtu sich irgendwann befleißigt, doch nachzufragen: „Und was war jetzt Ihr großer Unterschied?"
Nichts davon glaubte sie, rein gar nichts! John war zu klever, um ausgerechnet Kolya in die Hände zu fallen. Nein, das hätte man ihr mitgeteilt, davon war sie überzeugt. Landry und O'Neill wußten schließlich ...
„Ich hatte einen Wraith."
Diese Worte waren wie ein Hammerschlag, der sie voll traf. Ihre Augen weiteten sich entsetzt.
Kolyas kaltes Lächeln trat jetzt voll hervor. Langsam nickte er, beugte sich wieder tiefer über sie. „Und ich ließ es zu, daß dieser Wraith sich an Sheppard nährte", fuhr er fort.
Alles Blut wich ihr aus dem Gesicht. Sie konnte in den Augen des Genii lesen, daß er die Wahrheit sagte, daß es geschehen war!
John, an dem sich ein Wraith nährte! John, dessen Leben ausgesaugt wurde, der immer älter wurde. John Sheppard, der Greis!
Vashtu schluckte, versuchte mit aller Macht, die plötzlich aufkommende Panik zu bekämpfen. Dabei wurde ihr klar, wie sehr sie sich doch auf ihn verlassen hatte. Darauf, daß John kommen würde, daß er sie hier herausholte und nach Atlantis brachte. Aber all diese Hoffnung, die sie nicht einmal hatte zugeben wollen, hatte Kolya gerade mit einem einzigen Satz gründlich zerstört.
Der Genii richtete sich wieder auf, ließ ihr Kinn los und lächelte weiter. „Ja, der Colonel muß dem Wraith sehr gemundet haben. Dreimal nährte er sich an ihm, Vashtu Uruhk, dreimal. Nur das Eingreifen der Atlanter verhinderte, daß Sheppard starb."
Vashtu spannte die Kiefer an, starrte vor sich hin, von blankem Entsetzen gepackt. Immer wieder schluckte sie.
Nein, das konnte nicht sein! Nein, nein, nein! Nicht John! Nicht Sheppard, nicht ausgerechnet er!
„Nach dem dritten Mal sagte der Wraith mir, daß, wenn er weitergemacht hätte, er den Colonel getötet hätte und dies doch wohl nicht in meinem Sinne gewesen wäre." Kolya weidete sich an ihrem Entsetzen, sie konnte es spüren, doch sie konnte es nicht ändern.
Sie mußte hier heraus! Sie mußten es selbst schaffen. John würde ihr keine Hilfe sein, gar keine. Aus welchem Grund auch immer Kolya ausgerechnet sie hierher verschleppt hatte, es KONNTE schlichtweg nicht John sein. Der Genii würde keinen uralten Mann mehr als Bedrohung sehen. Sehr wahrscheinlich würde ein wie auch immer gearteter Versuch ausgerechnet von John Sheppard Kolya nur ein müdes Lächeln abverlangen.
Vashtu schüttelte den Kopf, riß sich so gut es ging zusammen und schluckte einige Male, um ihre Stimme wieder unter Kontrolle zu bringen. Erst dann blickte sie wieder auf, versuchte so viel Entschlossenheit wie möglich in ihren Blick zu legen. „Ich glaube Ihnen nicht ein Wort!" zischte sie.
Doch Kolya lächelte nur weiter, nickte einmal kurz.

TBC ...

2 Kommentare:

  1. wow und wieder so ein spannender teil.
    bin ja froh das landry bereit ist ein rettungsteam zu schicken, aber solange die nicht wissen wo vasthu sich befindet...
    und jetzt sind die auch noch unter zeitdruck wegen dieser blöden impfung!
    kein wunder das john mühe hat sich zu beherrschen.
    der letzte teil des kapitels war auch super geschrieben.
    oh man...war ja klar das kolya vashtu noch auf die nase binden muss, dass er sheppard schon mal in die gleiche lage gebracht hat.
    nur hat er verschwiegen dass john nun nicht der alte mann geblieben ist der er nach dem aussaaugen war.
    nun gut...ich glaub auch nicht, das er es mitbekommen hat, wie der wraith ihm das leben zurück gegeben hat.
    hoffe nur, dass vashtu trotz der gedanken an einen uralten john nicht den mut verliert!
    LG Sabrina

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  2. Mh, ich denke schon, daß Kolya das irgendwie mitgekriegt hat, daß John sein Leben zurückerhielt. In "Irresponsible" war er ja nicht überrascht, ihn zu sehen, zumindest merkte man ihm nichts davon an.
    Hey, die Erde wird sich doch eine lebende Antikerin (und sei sie noch so pflegeintensiv) nicht durch die Lappen gehen lassen. Die wären ja schön doof, wenn! Dumm nur, daß sie eben nicht wissen, wohin die Reise geht.
    Ob Vashtu verzweifelt, wer weiß? Sagen wir mal so, sie hat noch einiges auszuhalten *flöt*.

    Bis denne
    Ramona

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