Einen Tag später, Las Vegas:
Als John aus dem Wagen stieg, traf ihn die Hitze der Wüste, die Sonne brannte augenblicklich auf jeden Quadratzentimeter seiner Haut, der sichtbar war. Sein dunkles Haar schien plötzlich zu einer glühenden Masse zu mutieren und die Uniform an seinem Körper zu kleben. Doch er war solche Klimazonen gewöhnt, er kannte sie noch aus seinen verschiedenen Einsätzen für die Air Force, und natürlich auch aus seiner Zeit in der Pegasus-Galaxie.
Mitchell trat um den Wagen herum, die Sonnenbrille bereits auf der Nase. „Oh Mann, was für eine Sauna!" stöhnte er, als er bei John angekommen war.
Der ließ seine Sonnenbrille in der Tasche und begann den Aufstieg.
Hoffentlich würde Cam Mitchell dicht halten, wie er es versprochen hatte. John hatte keine Lust auf noch mehr Ärger, ganz zu schweigen davon, daß er vielleicht sogar aus dem Stargate-Programm fliegen konnte für das, was er nach hoffentlich erledigter Berater-Tätigkeit tun wollte. Während Mitchell nämlich dem einen oder anderen Casino einen Besuch abstatten wollte, wollte er lieber rausfahren nach Groom-Lake und dort McKay und seine neue Assistentin besuchen. Er mußte diese Chance einfach nutzen, die ihm das Schicksal so unverhofft hinhielt.
„Wird sicher schnell gehen. Keine Ahnung, was eines Ihrer Ex-Schäfchen da angerichtet hat. Unfall klingt nach Blechschaden", kommentierte Mitchell den mageren Bericht, den Landry ihnen beiden gegeben hatte.
Die Polizei von Las Vegas hatte die Air Force angefordert Berater zu schicken aufgrund der Papiere, die dieser immer noch namenlose Wissenschaftler bei sich gehabt hatte. Mitchell war offensichtlich ausgewählt worden, um ein Auge auf ihn zu haben, sagte John sich ebenfalls zum wiederholten Male. Und Landry ließ ihn von der Leine, weil er nun einmal nicht nur der einzige höhere Militär aus Atlantis war, der auch erreichbar war, sondern weil er nun einmal die Verantwortung in der Pegasus-Galaxie gehabt hatte.
John hatte tunlichst vermieden, Landry auf einen kleinen Fehler in seinem Schlachtplan hinzuweisen: nämlich die Tatsache, daß sich in AREA 51 eben die Person befand, die sich sehr wahrscheinlich noch besser mit möglicher, amoklaufender Technologie aus Antikerhand auskannte und auf die er, laut IOA, auf gar keinen Fall stoßen durfte. Möglicherweise war das aber auch so geplant von Landry, der sehen wollte, wie weit er ihm vertrauen konnte ... John wies diesen Gedanken weit von sich.
Statt dessen betrat er als erster die Polizeizentrale der Spielerstadt und fühlte augenblicklich Erleichterung, als der erste kühle Hauch des Klimaanlage ihn streifte.
Die Hitze draußen war doch ein wenig mehr als er erwartet hatte, ging ihm auf, während er hinüberging zu einem Empfangstresen, hinter dem eine weibliche Polizeibeamtin wartete. Er setzte sein charmantestes Lächeln auf und lehnte sich gegen das kühle Metall der Arbeitsfläche.
„Lt. Colonel John Sheppard und Lt. Colonel Cameron Mitchell von der Air Force. Ein ... Captain J. Brass hat um Hilfe durch uns gebeten", stellte er sich und seinen Begleiter vor.
Die junge Frau sah auf, erwiderte sein Lächeln. Ein Leuchten trat in ihre Augen. „Sie sind ..." Sie schloß den Mund, warf Mitchell einen Blick zu, wandte sich dann abrupt wieder ihrem Terminal zu.
„Dr. Grissom erwartet Sie in seinem Büro." Sie hob den Kopf wieder und wies auf eine Glastür, hinter der reges Treiben herrschte. „Einfach da durch und dann die vierte links. Nicht zu verfehlen, Colonel. Das Büro mit den ganzen toten Tieren."
John stutzte, nickte aber.
„Danke." Mitchell blinzelte der jungen Polizistin zu, übernahm jetzt die Führung.
Ein Summer öffnete ihnen die Tür zu dem wohl ansonsten nur für Bedienstete des Sheriffs zugänglichen Bereich des Präsidiums.
John kamen eigenartigerweise Erinnerungen an das, was vor gut eineinhalb Jahren in New York geschehen war. Damals war er kurzfristig Hauptverdächtiger in einer brutalen Mordserie gewesen. Ganz war nie geklärt worden, was genau mit dem echten Täter geschehen war. Sie wußten nur, daß er von Naniten verseucht worden war und seine, Johns, Gestalt angenommen hatte.
Wie es wohl Mac Taylor jetzt erging? War er immer noch der Leiter der Tatortermittler?
Vielleicht sollte er sich einmal wieder bei dem Ex-Marine melden, überlegte John. Immerhin waren sie beide sich damals sehr sympatisch gewesen und als Freunde auseinandergegangen. Mac Taylor hatte sich sogar als eine Art Hellseher erwiesen, als er ihm prophezeite, er werde sein Glück finden. John war sich sicher, er hatte es gefunden - und wieder verloren.
Die Labore in Las Vegas waren größtenteils vollverglast und von allen Seiten einsehbar. Im Gegensatz zu den kathedralenartigen Hallen in New York war es hier um einiges heller, auch wenn es kaum Außenfenster gab. Es wirkte moderner als das, was er hatte in Big Apple bewundern dürfen.
„Oh Mann, der Typ ist wohl ein Käferfreak!" stöhnte Mitchell auf, als sie beide das beschriebene Büro erreichten. Schon von draußen waren all die Nadelsammlungen und Gläser mit verschiedenen organischen Inhalten sichtbar. Regale um Regale verhinderten einen direkten Blick auf den Schreibtisch, zumindest solange, bis sie die Tür zu diesem Büro gefunden hatten. Von dort aus nämlich schlängelte sich ein schmaler Gang bis ans andere Ende des Raumes, wo ein großer, massiv wirkender Schreibtisch stand. Allerdings hatte das ganze einen Haken: Der Besitzer dieses Büros war wohl nicht anwesend.
John drehte sich wieder zu den anderen Laboren hin um. Suchend blickte er sich um, ob er wohl irgendjemand erkennen konnte, der mehr oder weniger eilig in ihre Richtung kam. Aber durch das reichliche Gewusel in den anderen Abteilungen war nicht wirklich etwas ausmachbar.
„Ist das da etwa ein siamesisches Schwein?" fragte Mitchell halb angeekelt, halb fasziniert. „Das sieht da drin ja aus wie in einem Panoptikum."
John hob eine Braue, sagte aber nichts, sondern seufzte, während er die Arme vor der Brust kreuzte.
Jetzt war wohl Warten angesagt. Die Frage war wohl, wie lange würden sie warten müssen, bis dieser Dr. Grissom für sie Zeit hatte.
Eigenartig, dabei hatte die Polizei Las Vegas doch wohl sie angefordert und nicht sie hatten sich aufgedrängt - oder?
„Schuß!" rief jemand aus einem der anderen Räume. Eine Sekunde später donnerte tatsächlich etwas, was beinahe wie eine Detonation klang, durch das Labor.
„Wow!" entfuhr es Mitchell.
„In einen Metallkasten abgegeben", kommentierte John ruhig, sah den Gang, den sie gekommen waren, wieder hinauf. Erleichtert beobachtete er, wie jetzt ein schlanker Mann mit graumeliertem Haar auf sie beide zuhielt. Er trug Bundfaltenhosen, und während er sich bewegte, war deutlich der leichte Ansatz zu O-Beinen sichtbar, die er sonst wohl durch den Schnitt zu verbergen suchte. Beim Näherkommen fühlte John sich von zwei lebhaften, grauen Augen gemustert, während das Gesicht weitestgehend unbewegt blieb, die Miene sogar beinahe von Desinteresse sprach.
„Sie sind die Berater der Air Force?" fragte der Neuankömmling.
John richtete sich wieder auf und ließ die Arme an seinen Seiten herabfallen, um die Rechte dann wieder zu heben und dem Fremden hinzuhalten. „Lt. Colonel John Sheppard, USAF", stellte er sich vor. „Und Sie sind Dr. Grissom?"
Sein Gegenüber nickte, ergriff seine Hand zögernd und erwiderte den Druck. Ein fester Händedruck, der John überraschte. Irgendwie war sein erster Eindruck von diesem Grissom eher der eines Bücherwurmes und Misantropen gewesen. Da schien er sich wohl geirrt zu haben.
„Lt. Colonel Cameron Mitchell", stellte sich nun auch der Leader von SG-1 vor.
„Das ging ja erstaunlich schnell dafür, daß Sie erst aus Colorado kommen mußten", bemerkte Grissom und öffnete seine Bürotür. „Ich hatte auch nicht unbedingt mit Offizieren gerechnet, eher mit Kollegen des Verstorbenen."
„Verstorbenen?" echote John. Augenblicklich schwante ihm nichts gutes.
„Hat man Ihnen noch nichts mitgeteilt?" Grissom schien erstaunt, während er an den Reihen von Regalen vorbei auf seinen Schreibtisch zuhielt.
John warf den schmalen Gängen und verschiedenen Ablagen nur kurze Blicke zu. Was er hatte von außen sehen können war schon mehr als genug für seinen Geschmack gewesen. Dieser Dr. Grissom schien im wahrsten Sinne des Wortes in seiner Arbeit aufzugehen. Jedenfalls hatte Mitchell mit einem recht gehabt: Dieses Büro/Labor war wirklich das reinste Panoptikum aus verschiedenen Kuriositäten und Versuchsreihen, mal offenbar abgeschlossen und auf ihrem jeweiligen Regalbrett vergessen, mal wohl noch im Gange.
„Uns wurde mitgeteilt, daß das Sheriffbüro Las Vegas Berater braucht, weil es einen Unfall gegeben hat", antwortete Mitchell endlich.
Grissom schob eine eigenartige Kiste zur Seite, die John erst auf den zweiten Blick als eine detailreiche Miniatur eines Raumes erkannte (offensichtlich wohl eine Küche), und ließ sich hinter seinem Schreibtisch nieder. Ihnen beiden bot er erst zögernd die Stühle auf der anderen Seite an.
„Einen Unfall?" fragte er dann und runzelte die Stirn. „Eher doch wohl nicht. Wir wissen nicht genau, was geschehen ist. Es hat einen Einbruch in ein Haus gegeben und später wurden zwei Leichen und der Kadaver eines Hundes gefunden, nachdem die Polizei sich dort umgesehen hat."
John lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und schlug die Beine übereinander. „Ist der Tatverdächtige derjenige, dessentwegen Sie uns kommen ließen?" erkundigte er sich.
Grissom zog einen Stapel Fotos unter einem Haufen Papieren hervor. „Nein, einer der Toten ist ein Dr. Harvey Minneon. Unseres Wissens war er gerade in Ihre Einrichtung bei Groom Lake versetzt worden."
Minneon?
Irgendwie meinte John, einen Nachhall auf diesen Namen zu haben. Allerdings war er sich nicht so ganz sicher. Er beugte sich vor. „Haben Sie ein Foto?"
Grissom zog einen laminierten Ausweis unter einem weiteren Stapel Papieren hervor und schob ihn ihm hin. John nahm ihn und betrachtete das paßbildgroße Foto eines hageren Mannes.
Das war einer von McKays Assistenten aus Atlantis!
John holte tief Atem und nickte. „Ich kenne ihn, wenn auch nicht sonderlich gut." Er legte den Ausweis zurück auf den übervollen Schreibtisch. „Allerdings werde ich Ihnen da nicht so wirklich weiterhelfen können. Ich könnte Sie höchstens an seinen Vorgesetzten vermitteln."
„McKay?" fragte Mitchell.
John nickte stumm.
Grissom sah von einem zum anderen. „Sie wissen nichts von den Forschungen des Toten? War er vielleicht Entomologe?"
John stutzte, schüttelte dann den Kopf. „Nein, er war Physiker und hatte kein eigenes Forschungsgebiet - noch nicht. Aber, wie gesagt, ich kann Sie an seinen Vorgesetzten verweisen und sehen, ob ich vielleicht die letzte Beurteilung von Dr. Minneon faxen lassen kann. Ansonsten kann ich recht wenig sagen."
Grissom nickte wieder, reichte ihm dann den Stapel Fotos, den er bis jetzt in der Hand gehalten hatte. „Wissen Sie vielleicht, was das angerichtet haben könnte, Colonel?"
John wollte in dem Moment, in dem er diese Frage hörte, seine Hand wieder zurückziehen.
Nein, nicht das, betete er im Stillen, während er sich zwang, das erste Bild anzusehen. Doch diese höhere Macht, die sich offenbar gern einmal in sein Leben einmischte, stellte sich wieder einmal taub.
„Ist das Dr. Minneon?" fragte Grissom unbarmherzig.
Johns Finger zitterten, er konnte nichts daran ändern. Zu frisch waren seine eigenen Erinnerungen. Am liebsten hätte er diesem Dr. Grissom die Fotos ins Gesicht geschleudert. Statt dessen konzentrierte er sich, so wie es Dr. Heightmeyer und auch Dr. Mackenzie es ihm geraten hatten, fokussierte sich auf einen Punkt und versuchte an etwas anderes zu denken, während er jetzt noch einmal sehr bewußt das Foto musterte.
Nein, die charakteristischen Wunden fehlten, es war kein Wraith gewesen.
John holte noch einmal tief Atem.
Kein Wraith, aber etwas, was es mit ihnen aufnehmen konnte ...
„Kann ich mal sehen?" Mitchell beugte sich vor.
John war nur zu froh, die Fotos wieder loszuwerden und sah auf, während er sie an den Leader von SG-1 weitergab. Augenblicklich glaubte er sich als Forschungsobjekt auf den Seziertisch unter Grissoms forschenden Blick.
Verdammt, warum mußte er immer so viel verraten über sich selbst!
„Sie kennen diese Symptome also." Das war keine Frage, das war eine Feststellung.
Grissom erhob sich wieder von seinem Stuhl, sah immer noch auf ihn hinunter. „Wir haben da noch etwas im Haus der Minneons gefunden. Vielleicht hilft Ihnen das weiter, Colonel Sheppard."
Mitchell legte die Fotos mit einem deutlich angeekelten Gesichtsausdruck zurück auf den Schreibtisch, stand ebenfalls auf. Nur John mußte sich geradezu zwingen, sich wieder zu erheben. Seine Beine schienen sein Gewicht nicht mehr tragen zu wollen, seine Knie bestanden plötzlich aus Gummi.
Er AHNTE, was die Minneons getötet hatte. Und wenn er recht hatte, hatte dieser Einbrecher mehr als nur ein bißchen Glück gehabt, da lebend wieder rauszukommen.
Grissom führte sie aus seinem Büro heraus in eines der angrenzenden Labore, schaltete dort das Licht ein, nachdem sie vor einem Glaskasten standen, einem Terrarium, worin sich etwas regte.
Als die Neonröhren unter der Decke aufflammten und den Raum in grelle Helle tauchten, mußte John blinzeln, wandte sich halb ab. Dann drehte er sich doch um und sah auf das nieder, was sich da in dem Terrarium befand - und glaubte sich in einem Alptraum gefangen.
Ein riesiger Iratus-Käfer hockte in der Mitte eines Gespinstes und ließ seinen Schwanz langsam pendeln.
„Was ist das?" Mitchell beugte sich vor.
John riß den anderen geistesgegenwärtig zurück, gerade als der Käfer gegen das Glas sprang. „Nicht!"
Dann drehte er sich um und verließ wortlos das Labor, Mitchell im Schlepptau.
John wußte, was er jetzt zu tun hatte. Er kannte nur zwei andere auf der Erde, die zumindest ansatzweise etwas über diese Insekten wußten. Und eine dieser beiden „Experten" befand sich in AREA 51!
Grissom mußte zugeben, die Reaktion dieses Colonel Sheppard hatte ihn überrascht. So schnell hatte er wirklich noch niemanden sein Labor verlassen sehen wie den Luftwaffenoffizier.
„Was war das denn gerade?" Unbemerkt war Catherine aus einem der anderen Labore auf den Gang getreten und stand jetzt neben ihm.
Grissom schürzte nachdenklich die Lippen, nickte dann. „Ich würde sagen, da hat jemand sehr viel Respekt vor unserem Gast - zurecht, wie wir inzwischen wissen." Er warf dem eigenartigen Insekt in dem Terrarium einen langen Blick zu.
„Vernünftig", kommentierte die Tatortermittlerin.
Grissoms Augen wurden schmal. „Ich gehe jede Wette darauf ein, daß die beiden wiederkommen werden. Und daß sie dann noch jemanden mitbringen. Jemanden, den wir eigentlich von Anfang an hier wollten."
***
AREA 51:
Vashtu legte den Schraubendreher zur Seite und betrachtete ihr Werk skeptisch. Sicher war sie sich wirklich nicht, ob das halten würde. Hatte die Datenbank auch nur einen Schwachpunkt, würde sie sie vielleicht in Krämpfen von der Wand reißen - und sich dabei das Genick brechen. Sie wagte nicht zu glauben, daß ihre Fremdzellen so schnell reagieren würden auf die Gefahr, die ihr möglicherweise drohte.
„Scheint jetzt zu halten", kommentierte McKay. Als sie ihm einen Blick zuwarf sah sie ihn mit überkreuzten Armen auf der anderen Seite des Arbeitstisches stehen und leise nicken.
Vashtu verzog unwillig das Gesicht. „Nächster Versuch?" fragte sie.
McKays Gedanken murmelten in ihrem Kopf über die Ungerechtigkeit des Lebens, der es ihm untersagte, diese spezielle Maschine zu gebrauchen.
Und so war es auch. Ähnlich wie die Kontrollstühle reagierte offensichtlich auch die mobile Datenbank nur auf natürliche Genträger. Dabei sollte derjenige, der seinen Kopf in diese Maschine steckte, nach Möglichkeit nicht nur das Gen tragen, sondern auch die nötige Gehirnkapazität aufweisen. Oder, vereinfacht ausgedrückt: Es sollte ein Antiker sein, der detailliert nach dem Wissen forschte, das McKay offensichtlich mal wieder so dringend suchte.
Bei der ganzen Sache gab es allerdings zwei Knackpunkte: Man benötigte einen Steuerkristall mit der Ratsfreigabe und es gab nur noch sehr wenige Lantianer (oder Antiker, wie Vashtu meist bevorzugte), die für einen solchen Versuch auch noch zur Verfügung standen. Um ehrlich zu sein, außer ihr war keiner in der Nähe, Aufgestiegene ausgeschlossen.
„Wenn ich gleich loslege, schalten Sie bitte nicht wieder den Strom ab. Es sei denn, Sie wollen, daß mein Hirn gegrillt wird. Damit allerdings wäre Ihnen wohl wenig geholfen, Rodney." Vashtu ließ den Kopf auf ihren Schultern kreisen und verzog erneut das Gesicht.
„Ich weiß Bescheid!" McKay klang alles andere als begeistert.
Nun ja, damit dürften sie beide gleich motiviert sein, befand Vashtu und trat an das Gerät heran. Tief holte sie Atem und warf dem Kanadier noch einen Blick zu. „Keine Energieunterbrechung, solange ich online bin! So wie wir dieses Ding modifiziert haben, könnte ich nach einem solchen Fall mit dem IQ eines Schokoriegels wieder rauskommen", wiederholte sie.
McKay war genervt, seinen Gedanken zufolge, die in ihrem Kopf murmelten, war sie einfach nur übervorsichtig - wie jede Frau eben. Inwieweit irgendjemand sie als etwas besonderes empfand, konnte er nicht nachvollziehen.
Wenn das sein einziges Problem mit ihr war ...
„Aktivieren!"
Vashtu atmete noch einmal tief ein, dann steckte sie ihren Kopf in die Höhlung. Der Retinastrahl flimmerte auf ihrer Netzhaut, die prankenartigen Sicherheitsbügel umschlossen ihren Kopf und zogen sie dichter an das Eingabefeld heran.
Bitte jetzt keinen Fehler machen, war ihr einziger Gedanke, während sie blind begann, die Statusbefehle abzurufen, die McKay für seine weitere Forschung brauchte.
Vielleicht hätte sie doch vorschlagen sollen, daß man den Stuhl von Antarktica holte, ging ihr durch den Kopf. Augenblicklich interpretierte das Programm ihren Gedanken falsch und fand den falschen Abzweig.
Vashtu fluchte und konzentrierte sich wieder auf ihre eigentliche Arbeit.
„Was war das für ein Ding?" Cameron Mitchell kam hinter John her, als habe der ihn an die Leine gelegt.
John seufzte schwer. Auf der Fahrt hierher hatte er versucht, Landry zu erreichen, aber dabei keinen Erfolg gehabt. Also handelten sie von jetzt an auf eigene Faust. Und das hieß, kehrten sie nicht ins SGC unter Triumpf zurück, würde man ihnen die Hölle heiß machen, davon war er überzeugt. Andererseits aber blieb ihnen wohl kaum eine andere Wahl. Wenn es darum ging, sich in einen Iratus-Käfer einzufühlen, okay, das war eine Sache, denn verschwommen erinnerte John sich durchaus noch an seine Zeit als mutierender Riesenkäfer. Wenn es aber um konkretes Wissen ging, da war er wirklich überfragt. Auch Beckett wußte kaum mehr, erinnerte er sich. Aber da gab es noch jemanden, dessen Genstruktur zu einem Drittel aus Iratus-Zellen bestand und dementsprechend doch wohl besser als jeder andere Bescheid wissen sollte. Immerhin hatte diejenige das Mittel, daß sie zu einem eindritteligen Käfer machte, auch selbst erfunden.
„Ein Iratus-Käfer, nach den Wraith wohl so ziemlich das gefährlichste in der Pegasus-Galaxie", antwortete John endlich und marschierte strammen Schrittes weiter an der gewaltigen, halb unterirdisch gelegenen Halle entlang, um zum nächsten Aufzug zu kommen.
„Und wir sind auf dem Weg ... ?"
„Wir holen die Antikerin Vashtu Uruhk mit dazu. Erst einmal dürfte sie mit zehntausend Jahren auf dem Buckel heutzutage als Koryphäe gelten, zum anderen trägt sie selbst Zellen des Iratus-Käfer in sich", erklärte John, warf seinem Begleiter einen langen Blick zu. „Ich sehe keine andere Möglichkeit. Wenn Sie eine Antwort wissen, ich bin für alles offen."
Mitchell zuckte mit den Schultern. „Wenn die Kleine nicht wieder irgendwas in die Luft jagt wie Silvester." Er grinste breit.
Vashtu hatte was?
John öffnete die Tür, die zum Aufzugsschacht führte und folgte dem Leader von SG-1.
„Scheint ja ziemlich durchgeknallt zu sein, Ihre Expertin, Sheppard", fuhr Mitchell fort zu berichten. „Sie hat sich da seit letztem Jahr einiges geleistet, was gerade das IOA zu ärgern scheint. Woolsey war eine Zeitlang wirklich Dauergast im SGC - wegen ihr."
John preßte die Lippen aufeinander.
Warum teilte ihm niemand mit, wenn Vashtu in Schwierigkeiten steckte? Wozu die ganze Zeit diese dämliche und überflüssige Kontaktsperre? Fürchtete man, Vashtu würde ihn anstecken mit ihren unvernünftigen Aktionen?
Mitchell schien in seinem Element zu sein. Breit grinsend lehnte er sich an die Rückwand des Liftes, der sie einige Stockwerke tief in das Innere der Erde bringen würde.
„Hatte sich auch schon gut eingeführt, als man sie aus Atlantis hier herüber schickte", fuhr er fort. „Ich war nicht da, darum weiß ich es nur durch Hörensagen. Aber als sie eigentlich befragt werden sollte durch O'Neill, gab es einen feindlichen Angriff durch die Lucian Alliance. Die Typen hatten sich als SG-Team verkleidet und waren durchs Gate gekommen. Ihre Vashtu Uruhk hat sich einfach ne Waffe gegriffen und den Trupp quasi im Alleingang ins Reich der Träume geschickt. Seitdem hat sie wohl einen ziemlichen Stein bei O'Neill im Brett."
Ja, das hörte sich schon eher nach der Vashtu an, die er damals kennengelernt hatte vor knapp einem Jahr. Er erinnerte sich noch sehr lebhaft daran, wie sie gemeinsam durch die Gänge eines Hives gejagt waren, das sie dann in die Luft sprengten ... besser, Vashtu hatte es in die Luft gejagt.
„Aber was sie sich seitdem geleistet hat ... Junge, Junge!" Mitchell schüttelte den Kopf. „Meine Großmutter sagte immer: Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. Im Falle von Vashtu Uruhk hat er inzwischen wohl schon ziemliche Sprünge, wenn Sie mich fragen. Allein die Sache zu Silvester ... da hat sie sich sicher keine Freunde bei der Air Force gemacht."
Die Lifttüren öffneten sich wieder. John trat hinaus und blickte sich einen Moment lang suchend um, ehe er fand, was er suchte.
McKays Labor war wirklich recht einfach zu finden, genau wie der Kanadier es ihm am Telefon gesagt hatte.
Was, zum Kuckuck, hatte Vashtu geritten, daß sie das SGC in die Luft sprengen wollte, wie Mitchell behauptete?
John war bereit, den Kampf aufzunehmen und sie sich einmal richtig vorzunehmen. Es wäre doch gelacht, wenn er nicht herauskriegen würde, was sie sich dabei gedacht hatte.
Der einsame Wachsoldat vor der Tür zu McKays Labor öffnete ihnen ohne Aufforderung mit seiner Sicherheitskarte die Tür, als sie bei ihm angekommen waren. Er grüßte zackig und ließ sich diesen Gruß von ihnen beiden abnehmen.
Schleimer, war das erste, was John dabei durch den Kopf ging.
Als sie die Tür durchschritten hatten, befanden sie sich in einem kleinen, abgeteilten Büro, das mit einer Metall- und Glaswand vom Rest des Labors abgeteilt war.
John staunte nicht schlecht über das Chaos, das der Kanadier schon jetzt hier hinterließ. Überall standen leere Kaffeetassen herum. Zwischen diversen Berichten und Artefakten fanden sich Reste von Schoko- und Energieriegeln.
Da fehlte eindeutig seine ordnende Hand, urteilte John fachmännisch.
„Können Sie nicht lesen, daß gerade ein Versuch ..." McKay, der an einem antikischen Panel stand, das sie schon vor einer Weile aus Atlantis zur Erde gebracht hatten, blieb der Mund offen stehen, als er erkannte, wer ihm da einen Besuch abstatten wollte. „Sheppard?"
John grinste breit, ließ seine Augen noch einen Moment lang durch den Raum gleiten. Doch den eigentlichen Grund für seinen unverhofften Besuch fand er erst einmal nicht.
„Hallo, Rodney", grüßte er endlich, trat auf den Wissenschaftler zu.
„Weil sie nicht mit Ihnen reden wollte, kommen Sie extra von Colorado hierher? Mann, muß Liebe schön sein!" McKays Stimme trof vor Sarkasmus.
„Halb richtig", kommentierte John ganz automatisch. „Wir brauchen Vashtu, aber nicht aus dem Grund, den Sie meinen. Sie muß uns in Las Vegas helfen."
„Wobei? Soll sie Schlammcatchen?" McKay grinste. „Ich bin mir nicht sicher, ob veränderliche Gene nicht doch unter Doping fallen."
John schüttelte unwillig den Kopf und sah aus dem Fenster nach draußen. Erleichtert seufzte er. Da draußen stand eine kleine, schlanke weibliche Gestalt und hantierte offenbar mit irgendetwas herum, während ihr Kopf in irgendeinem Gerät steckte.
„Wo haben Sie denn das Ding her?" Mitchell war unbemerkt herangetreten und betrachtete fasziniert, was sich auf der anderen Seite in der großen Halle gerade abspielte.
John fand währenddessen die Tür, nach der er Ausschau gehalten hatte, und schlüpfte durch sie hindurch nach draußen, wo sich die Gesuchte eben befand und wohl irgendetwas ... machte.
„Colonel, lassen Sie das bleiben! Das ist gefährlich!" hörte er McKays Stimme über Lautsprecher, doch er achtete nicht weiter darauf. Immerhin hatte er inzwischen selbst so seine Erfahrungen, was diese fremde, so hoch entwickelte Technologie betraf.
Er trat hinter die Antikerin und tippte ihr erst mit einem Finger auf die Schulter.
„McKay, nerven Sie nicht!" kam es prompt gedämpft unter dem eigenartigen Kopfputz hervor.
John mußte wider Willen grinsen, betrachtete das ganze jetzt näher in der Hoffnung, irgendwo einen Ein-Ausschalter zu finden. In Ermangelung eines solchen, tippte er eben noch einmal, während er sich, eine Grimasse ziehend, zum Kontrollraum umdrehte und McKay ein Zeichen gab, damit dieser den Versuch abbrach.
„Rodney!" Unterschwellig waren da tatsächlich noch zwei Worte, wenn sie auch nicht ausgesprochen wurden.
John rätselte weiter über dieses Ding, das Vashtu auf dem Kopf saß. Vielleicht hätte er Mitchell doch gezielter befragen sollen. Immerhin hatte der das ganze ja wohl erkannt.
In diesem Moment gab das eigenartige Gerät vollkommen abrupt den Kopf der Antikerin wieder frei. Sie schwankte einen Moment, bis John sie auffing und vorsichtig unter dem Gerät hervorzog.
„Ich habe doch gesagt, Sie sollen die Energie laufen lassen, bis ich das Zeichen gebe." Vashtu murmelte benommen und fühlte sich an wie ein nasser Sack - ein sehr attraktiver nasser Sack zugegeben.
„Geht's wieder?" fragte John, nachdem er selbst wieder zu Atem gekommen war.
Sie stöhnte ein bißchen, machte noch keinerlei Anstalten, sich aus seinen Armen befreien zu wollen. Und John mußte zugeben, ihm gefiel es eigentlich immer noch recht gut, sie zu halten, wenn auch dieses Mal aus einem deutlich anderen Grund.
„Vashtu, ich bräuchte dich leider im Hier und Jetzt", sagte er nach einigem Zögern.
Augenblicklich riß sie die Augen auf, ihr Körper versteifte sich.
„Hallo ..." John lächelte unschuldig, als sie den Kopf in seine Richtung drehte.
Vashtus Augen wurden wirklich kugelrund. Mit einem Ruck machte sie sich los und taumelte tatsächlich einige Schritte rückwärts, bis sie sich gefangen hatte. Dabei ließ sie ihn nicht eine Sekunde aus den Augen.
„Du?" ächzte sie schließlich.
John hob die leeren Hände. „Sieht so aus."
Wenn es möglich war, wich auch noch das letzte bißchen Farbe aus ihrem Gesicht. „Was ... was machst du denn hier?" stotterte sie.
Tja ...
John beschloß, nicht mit der Tür ins Haus zu fallen, sondern brav das zu sagen, was er sich auf der Fahrt hierher zurechtgelegt hatte.
„Wir haben ein kleines Problem in Las Vegas, der Stadt, die in der Nähe liegt", erklärte er also. „Und bei der Lösung dieses Problems könnten wir deine Hilfe und deinen Sachverstand gebrauchen."
Vashtu starrte ihn baff erstaunt an. „Du willst meine Hilfe bei irgendetwas, was in Las Vegas geschehen ist?"
„Genau so ist."
Vashtu gewann allmählich ihre Selbstbeherrschung wieder. Sie kreuzte die Arme vor der Brust und hob stolz das Kinn. „Bedaure, aber Rodney braucht mich."
John atmete tief ein.
„Außerdem dürftest auch du darüber informiert sein, daß das IOA einen Kontakt zwischen uns strengstens untersagt hat. Wenn man uns zusammen erwischt, hat das verdammt üble Folgen für uns beide", fügte sie hinzu.
„Und wenn wir nicht aufhalten, was da möglicherweise durch Las Vegas geistert, haben wir bald eine Totenstadt", entgegnete John und hob beschwichtigend die Hände. „Hör zu, ich habe mir von Landry das Okay geben lassen. Wir sind abgesichert und dürfen in diesem Fall zusammenarbeiten. Ich brauche dich, Vashtu", schwindelte er.
Die Antikerin stutzte. „Du hast das mit Landry geklärt? Ist das wahr?"
John kreuzte zwei Finger und nickte. „Ich schwöre!"
Vashtu seufzte und sah ihn weiter forschend an.
Himmel, sie hatte noch immer diese schönen, braunen Augen ... Allerdings war das Haar sehr kurz geraten, befand er. Sah nicht mehr wirklich weiblich aus, ihre Frisur.
„Worum geht's?" Noch immer zögerte sie.
John kniff die Lippen aufeinander. Bis hierher hatte es ja relativ geklappt. Die Frage war jetzt, ob ...
„Wir haben ein kleines Ungeziefer-Problem in der Stadt", meldete sich Mitchell zu Wort.
Hätte der denn nicht bei McKay bleiben können?
John fluchte im stillen, nickte aber. „So ist es."
Vashtu sah etwas hilflos von einem zum anderen. „Und was soll ich dabei, wenn ein paar Anwohner neue Hausgäste haben?" fragte sie irritiert.
„Weil es keine normalen Feld-Wald-und-Wiesen-Käfer sind", antwortete John, ehe Mitchell es tun konnte.
Wieder ein deutliches Stutzen. „Ihr sucht ... Käfer?" kommentierte sie trocken.
„Sie haben's erfaßt! Besondere Käfer, die so groß werden können wie ein Männerkopf, vielleicht noch größer!" Mitchell gestikulierte übertrieben, um ihre Aufmerksamkeit zu erringen.
Doch Vashtu ließ sich jetzt nicht beirren. „Käfer, die so groß wie ein Männerkopf werden? John, ihr redet hier doch wohl nicht von ..."
„Iratus-Käfer sind irgendwie von Pegasus mit hierher gekommen." John nickte schicksalsergeben.
Vashtus Augen wurden wieder groß. „Iratus-Käfer auf der Erde?" fragte sie.
„Stimmt genau. Übrigens ... Cam Mitchell, Leader von SG-1." Mitchell hielt der Antikerin seine Rechte hin.
Vashtu zögerte wieder, ehe sie einschlug. Doch sie ließ kaum einen Blick von John.
„Was genau soll ich denn dabei?" fragte sie schließlich.
John atmete tief ein. „Du bist die einzige, die weiß, was das für Viecher sind", erklärte er. „Du bestehst selbst aus einem Drittel Iratus. Und darum denke ich, du könntest uns sogar sehr gut weiterhelfen."
Vashtu verzog unwillig das Gesicht. „Wenn Iratus-Käfer mit von der Partie sind, dann wünsche ich euch viel Glück. Aber das mache ich nicht!" Entschieden schüttelte sie den Kopf.
„Vashtu, ich bitte dich! Alles, was wir brauchen, sind ein paar Tipps von dir, wie wir eine mögliche Plage verhindern können."
„Plage? Bisher haben wir zwei Tote und einen verendeten Wuffi. Das kann man doch wohl kaum Plage nennen", bemerkte Mitchell.
Vashtu stutzte. „Sekunde!" Sie drehte sich wieder zu John um und sah ihn an. „Du redest von einem Käfer, aber drei Leichnamen. Wenn der Käfer jetzt aber erst mit euren Sachen aus Atlantis kam, kann er schlichtweg noch nicht so viel verspeist haben, ganz zu schweigen davon, daß der Hund bei einem ausgewachsenen Käfer nicht mehr gefährdet gewesen wäre."
„Na bitte, Sie können es ja!" Mitchell tat, als wolle er in die Hände klatschen.
„Wieviele Käfer?" fragte Vashtu, ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
John schüttelte den Kopf. „Wir wissen es nicht. Die Polizei von Las Vegas hat einen gefangen, mehr sind bisher wohl noch nicht aufgetaucht."
Vashtu sah ihn noch einen Moment lang an, dann holte sie tief Atem und schnappte sich ein kleines Schraubendreher-Set, das auf dem Tisch gelegen hatte.
„Rodney, ich fahre mit den beiden Colonels nach Vegas", war alles, was sie noch zu sagen hatte.
John seufzte schwer. Auf der Fahrt hierher hatte er versucht, Landry zu erreichen, aber dabei keinen Erfolg gehabt. Also handelten sie von jetzt an auf eigene Faust. Und das hieß, kehrten sie nicht ins SGC unter Triumpf zurück, würde man ihnen die Hölle heiß machen, davon war er überzeugt. Andererseits aber blieb ihnen wohl kaum eine andere Wahl. Wenn es darum ging, sich in einen Iratus-Käfer einzufühlen, okay, das war eine Sache, denn verschwommen erinnerte John sich durchaus noch an seine Zeit als mutierender Riesenkäfer. Wenn es aber um konkretes Wissen ging, da war er wirklich überfragt. Auch Beckett wußte kaum mehr, erinnerte er sich. Aber da gab es noch jemanden, dessen Genstruktur zu einem Drittel aus Iratus-Zellen bestand und dementsprechend doch wohl besser als jeder andere Bescheid wissen sollte. Immerhin hatte diejenige das Mittel, daß sie zu einem eindritteligen Käfer machte, auch selbst erfunden.
„Ein Iratus-Käfer, nach den Wraith wohl so ziemlich das gefährlichste in der Pegasus-Galaxie", antwortete John endlich und marschierte strammen Schrittes weiter an der gewaltigen, halb unterirdisch gelegenen Halle entlang, um zum nächsten Aufzug zu kommen.
„Und wir sind auf dem Weg ... ?"
„Wir holen die Antikerin Vashtu Uruhk mit dazu. Erst einmal dürfte sie mit zehntausend Jahren auf dem Buckel heutzutage als Koryphäe gelten, zum anderen trägt sie selbst Zellen des Iratus-Käfer in sich", erklärte John, warf seinem Begleiter einen langen Blick zu. „Ich sehe keine andere Möglichkeit. Wenn Sie eine Antwort wissen, ich bin für alles offen."
Mitchell zuckte mit den Schultern. „Wenn die Kleine nicht wieder irgendwas in die Luft jagt wie Silvester." Er grinste breit.
Vashtu hatte was?
John öffnete die Tür, die zum Aufzugsschacht führte und folgte dem Leader von SG-1.
„Scheint ja ziemlich durchgeknallt zu sein, Ihre Expertin, Sheppard", fuhr Mitchell fort zu berichten. „Sie hat sich da seit letztem Jahr einiges geleistet, was gerade das IOA zu ärgern scheint. Woolsey war eine Zeitlang wirklich Dauergast im SGC - wegen ihr."
John preßte die Lippen aufeinander.
Warum teilte ihm niemand mit, wenn Vashtu in Schwierigkeiten steckte? Wozu die ganze Zeit diese dämliche und überflüssige Kontaktsperre? Fürchtete man, Vashtu würde ihn anstecken mit ihren unvernünftigen Aktionen?
Mitchell schien in seinem Element zu sein. Breit grinsend lehnte er sich an die Rückwand des Liftes, der sie einige Stockwerke tief in das Innere der Erde bringen würde.
„Hatte sich auch schon gut eingeführt, als man sie aus Atlantis hier herüber schickte", fuhr er fort. „Ich war nicht da, darum weiß ich es nur durch Hörensagen. Aber als sie eigentlich befragt werden sollte durch O'Neill, gab es einen feindlichen Angriff durch die Lucian Alliance. Die Typen hatten sich als SG-Team verkleidet und waren durchs Gate gekommen. Ihre Vashtu Uruhk hat sich einfach ne Waffe gegriffen und den Trupp quasi im Alleingang ins Reich der Träume geschickt. Seitdem hat sie wohl einen ziemlichen Stein bei O'Neill im Brett."
Ja, das hörte sich schon eher nach der Vashtu an, die er damals kennengelernt hatte vor knapp einem Jahr. Er erinnerte sich noch sehr lebhaft daran, wie sie gemeinsam durch die Gänge eines Hives gejagt waren, das sie dann in die Luft sprengten ... besser, Vashtu hatte es in die Luft gejagt.
„Aber was sie sich seitdem geleistet hat ... Junge, Junge!" Mitchell schüttelte den Kopf. „Meine Großmutter sagte immer: Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. Im Falle von Vashtu Uruhk hat er inzwischen wohl schon ziemliche Sprünge, wenn Sie mich fragen. Allein die Sache zu Silvester ... da hat sie sich sicher keine Freunde bei der Air Force gemacht."
Die Lifttüren öffneten sich wieder. John trat hinaus und blickte sich einen Moment lang suchend um, ehe er fand, was er suchte.
McKays Labor war wirklich recht einfach zu finden, genau wie der Kanadier es ihm am Telefon gesagt hatte.
Was, zum Kuckuck, hatte Vashtu geritten, daß sie das SGC in die Luft sprengen wollte, wie Mitchell behauptete?
John war bereit, den Kampf aufzunehmen und sie sich einmal richtig vorzunehmen. Es wäre doch gelacht, wenn er nicht herauskriegen würde, was sie sich dabei gedacht hatte.
Der einsame Wachsoldat vor der Tür zu McKays Labor öffnete ihnen ohne Aufforderung mit seiner Sicherheitskarte die Tür, als sie bei ihm angekommen waren. Er grüßte zackig und ließ sich diesen Gruß von ihnen beiden abnehmen.
Schleimer, war das erste, was John dabei durch den Kopf ging.
Als sie die Tür durchschritten hatten, befanden sie sich in einem kleinen, abgeteilten Büro, das mit einer Metall- und Glaswand vom Rest des Labors abgeteilt war.
John staunte nicht schlecht über das Chaos, das der Kanadier schon jetzt hier hinterließ. Überall standen leere Kaffeetassen herum. Zwischen diversen Berichten und Artefakten fanden sich Reste von Schoko- und Energieriegeln.
Da fehlte eindeutig seine ordnende Hand, urteilte John fachmännisch.
„Können Sie nicht lesen, daß gerade ein Versuch ..." McKay, der an einem antikischen Panel stand, das sie schon vor einer Weile aus Atlantis zur Erde gebracht hatten, blieb der Mund offen stehen, als er erkannte, wer ihm da einen Besuch abstatten wollte. „Sheppard?"
John grinste breit, ließ seine Augen noch einen Moment lang durch den Raum gleiten. Doch den eigentlichen Grund für seinen unverhofften Besuch fand er erst einmal nicht.
„Hallo, Rodney", grüßte er endlich, trat auf den Wissenschaftler zu.
„Weil sie nicht mit Ihnen reden wollte, kommen Sie extra von Colorado hierher? Mann, muß Liebe schön sein!" McKays Stimme trof vor Sarkasmus.
„Halb richtig", kommentierte John ganz automatisch. „Wir brauchen Vashtu, aber nicht aus dem Grund, den Sie meinen. Sie muß uns in Las Vegas helfen."
„Wobei? Soll sie Schlammcatchen?" McKay grinste. „Ich bin mir nicht sicher, ob veränderliche Gene nicht doch unter Doping fallen."
John schüttelte unwillig den Kopf und sah aus dem Fenster nach draußen. Erleichtert seufzte er. Da draußen stand eine kleine, schlanke weibliche Gestalt und hantierte offenbar mit irgendetwas herum, während ihr Kopf in irgendeinem Gerät steckte.
„Wo haben Sie denn das Ding her?" Mitchell war unbemerkt herangetreten und betrachtete fasziniert, was sich auf der anderen Seite in der großen Halle gerade abspielte.
John fand währenddessen die Tür, nach der er Ausschau gehalten hatte, und schlüpfte durch sie hindurch nach draußen, wo sich die Gesuchte eben befand und wohl irgendetwas ... machte.
„Colonel, lassen Sie das bleiben! Das ist gefährlich!" hörte er McKays Stimme über Lautsprecher, doch er achtete nicht weiter darauf. Immerhin hatte er inzwischen selbst so seine Erfahrungen, was diese fremde, so hoch entwickelte Technologie betraf.
Er trat hinter die Antikerin und tippte ihr erst mit einem Finger auf die Schulter.
„McKay, nerven Sie nicht!" kam es prompt gedämpft unter dem eigenartigen Kopfputz hervor.
John mußte wider Willen grinsen, betrachtete das ganze jetzt näher in der Hoffnung, irgendwo einen Ein-Ausschalter zu finden. In Ermangelung eines solchen, tippte er eben noch einmal, während er sich, eine Grimasse ziehend, zum Kontrollraum umdrehte und McKay ein Zeichen gab, damit dieser den Versuch abbrach.
„Rodney!" Unterschwellig waren da tatsächlich noch zwei Worte, wenn sie auch nicht ausgesprochen wurden.
John rätselte weiter über dieses Ding, das Vashtu auf dem Kopf saß. Vielleicht hätte er Mitchell doch gezielter befragen sollen. Immerhin hatte der das ganze ja wohl erkannt.
In diesem Moment gab das eigenartige Gerät vollkommen abrupt den Kopf der Antikerin wieder frei. Sie schwankte einen Moment, bis John sie auffing und vorsichtig unter dem Gerät hervorzog.
„Ich habe doch gesagt, Sie sollen die Energie laufen lassen, bis ich das Zeichen gebe." Vashtu murmelte benommen und fühlte sich an wie ein nasser Sack - ein sehr attraktiver nasser Sack zugegeben.
„Geht's wieder?" fragte John, nachdem er selbst wieder zu Atem gekommen war.
Sie stöhnte ein bißchen, machte noch keinerlei Anstalten, sich aus seinen Armen befreien zu wollen. Und John mußte zugeben, ihm gefiel es eigentlich immer noch recht gut, sie zu halten, wenn auch dieses Mal aus einem deutlich anderen Grund.
„Vashtu, ich bräuchte dich leider im Hier und Jetzt", sagte er nach einigem Zögern.
Augenblicklich riß sie die Augen auf, ihr Körper versteifte sich.
„Hallo ..." John lächelte unschuldig, als sie den Kopf in seine Richtung drehte.
Vashtus Augen wurden wirklich kugelrund. Mit einem Ruck machte sie sich los und taumelte tatsächlich einige Schritte rückwärts, bis sie sich gefangen hatte. Dabei ließ sie ihn nicht eine Sekunde aus den Augen.
„Du?" ächzte sie schließlich.
John hob die leeren Hände. „Sieht so aus."
Wenn es möglich war, wich auch noch das letzte bißchen Farbe aus ihrem Gesicht. „Was ... was machst du denn hier?" stotterte sie.
Tja ...
John beschloß, nicht mit der Tür ins Haus zu fallen, sondern brav das zu sagen, was er sich auf der Fahrt hierher zurechtgelegt hatte.
„Wir haben ein kleines Problem in Las Vegas, der Stadt, die in der Nähe liegt", erklärte er also. „Und bei der Lösung dieses Problems könnten wir deine Hilfe und deinen Sachverstand gebrauchen."
Vashtu starrte ihn baff erstaunt an. „Du willst meine Hilfe bei irgendetwas, was in Las Vegas geschehen ist?"
„Genau so ist."
Vashtu gewann allmählich ihre Selbstbeherrschung wieder. Sie kreuzte die Arme vor der Brust und hob stolz das Kinn. „Bedaure, aber Rodney braucht mich."
John atmete tief ein.
„Außerdem dürftest auch du darüber informiert sein, daß das IOA einen Kontakt zwischen uns strengstens untersagt hat. Wenn man uns zusammen erwischt, hat das verdammt üble Folgen für uns beide", fügte sie hinzu.
„Und wenn wir nicht aufhalten, was da möglicherweise durch Las Vegas geistert, haben wir bald eine Totenstadt", entgegnete John und hob beschwichtigend die Hände. „Hör zu, ich habe mir von Landry das Okay geben lassen. Wir sind abgesichert und dürfen in diesem Fall zusammenarbeiten. Ich brauche dich, Vashtu", schwindelte er.
Die Antikerin stutzte. „Du hast das mit Landry geklärt? Ist das wahr?"
John kreuzte zwei Finger und nickte. „Ich schwöre!"
Vashtu seufzte und sah ihn weiter forschend an.
Himmel, sie hatte noch immer diese schönen, braunen Augen ... Allerdings war das Haar sehr kurz geraten, befand er. Sah nicht mehr wirklich weiblich aus, ihre Frisur.
„Worum geht's?" Noch immer zögerte sie.
John kniff die Lippen aufeinander. Bis hierher hatte es ja relativ geklappt. Die Frage war jetzt, ob ...
„Wir haben ein kleines Ungeziefer-Problem in der Stadt", meldete sich Mitchell zu Wort.
Hätte der denn nicht bei McKay bleiben können?
John fluchte im stillen, nickte aber. „So ist es."
Vashtu sah etwas hilflos von einem zum anderen. „Und was soll ich dabei, wenn ein paar Anwohner neue Hausgäste haben?" fragte sie irritiert.
„Weil es keine normalen Feld-Wald-und-Wiesen-Käfer sind", antwortete John, ehe Mitchell es tun konnte.
Wieder ein deutliches Stutzen. „Ihr sucht ... Käfer?" kommentierte sie trocken.
„Sie haben's erfaßt! Besondere Käfer, die so groß werden können wie ein Männerkopf, vielleicht noch größer!" Mitchell gestikulierte übertrieben, um ihre Aufmerksamkeit zu erringen.
Doch Vashtu ließ sich jetzt nicht beirren. „Käfer, die so groß wie ein Männerkopf werden? John, ihr redet hier doch wohl nicht von ..."
„Iratus-Käfer sind irgendwie von Pegasus mit hierher gekommen." John nickte schicksalsergeben.
Vashtus Augen wurden wieder groß. „Iratus-Käfer auf der Erde?" fragte sie.
„Stimmt genau. Übrigens ... Cam Mitchell, Leader von SG-1." Mitchell hielt der Antikerin seine Rechte hin.
Vashtu zögerte wieder, ehe sie einschlug. Doch sie ließ kaum einen Blick von John.
„Was genau soll ich denn dabei?" fragte sie schließlich.
John atmete tief ein. „Du bist die einzige, die weiß, was das für Viecher sind", erklärte er. „Du bestehst selbst aus einem Drittel Iratus. Und darum denke ich, du könntest uns sogar sehr gut weiterhelfen."
Vashtu verzog unwillig das Gesicht. „Wenn Iratus-Käfer mit von der Partie sind, dann wünsche ich euch viel Glück. Aber das mache ich nicht!" Entschieden schüttelte sie den Kopf.
„Vashtu, ich bitte dich! Alles, was wir brauchen, sind ein paar Tipps von dir, wie wir eine mögliche Plage verhindern können."
„Plage? Bisher haben wir zwei Tote und einen verendeten Wuffi. Das kann man doch wohl kaum Plage nennen", bemerkte Mitchell.
Vashtu stutzte. „Sekunde!" Sie drehte sich wieder zu John um und sah ihn an. „Du redest von einem Käfer, aber drei Leichnamen. Wenn der Käfer jetzt aber erst mit euren Sachen aus Atlantis kam, kann er schlichtweg noch nicht so viel verspeist haben, ganz zu schweigen davon, daß der Hund bei einem ausgewachsenen Käfer nicht mehr gefährdet gewesen wäre."
„Na bitte, Sie können es ja!" Mitchell tat, als wolle er in die Hände klatschen.
„Wieviele Käfer?" fragte Vashtu, ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
John schüttelte den Kopf. „Wir wissen es nicht. Die Polizei von Las Vegas hat einen gefangen, mehr sind bisher wohl noch nicht aufgetaucht."
Vashtu sah ihn noch einen Moment lang an, dann holte sie tief Atem und schnappte sich ein kleines Schraubendreher-Set, das auf dem Tisch gelegen hatte.
„Rodney, ich fahre mit den beiden Colonels nach Vegas", war alles, was sie noch zu sagen hatte.
***
Grissom staunte nicht schlecht, als er die beiden Luftwaffenoffiziere nur etwas mehr als zwei Stunden nach ihrem spektakulären Abgang wiedersah, dieses Mal in Begleitung einer kleinen, schwarzhaarigen Frau, die sich offensichtlich nicht einmal die Zeit genommen hatte, sich umzuziehen. Statt, wie ihre beiden Begleiter, in Uniform zu kommen, trug sie eine grüne Armeehose, entsprechende Stiefel und ein schwarzes T-Shirt. Aufmerksam und neugierig sah sie sich um, während dieser Colonel Sheppard neben ihr stand mit einem Blick, als müsse er mit Argusaugen auf sie achten. Mitchell verhandelte mit dem Beamten, der mittlerweile den Empfang übernommen hatte.
Grissom beschloß, seiner eigenen Neugier nachzugeben und den Dreien entgegenzukommen, ehe sie sich die Zähne am wachhabenden Beamten ausbeißen konnten. Ihn interessierte vor allem die junge Frau, die doch wohl die angeforderte Expertin sein mußte, auf die er gewartet hatte. Er war allerdings sehr gespannt, wer sie sein mochte, gesehen hatte er sie zumindest noch auf keinem Kongreß.
Grissom öffnete die Tür zu den Laboren und forderte seine Gäste auf, ihm zu folgen.
Sheppard wirkte weiterhin angespannt und ein wenig nervös, wenn er sich auch recht gut im Griff hatte. Die Fremde schien beunruhigt, kam sofort seiner Aufforderung nach mit beherzten Schritten. Mitchell folgte neugierig. Was war das nur für ein Gespann ... ?
Grissom führte seine Gäste zum zweiten Mal an diesem Tag in sein Büro und Labor, hieß sie, sich zu setzen. Allerdings hatte er nicht mehr daran gedacht, daß es nur zwei Stühle gab, so daß Sheppard und Mitchell kurzfristig einen kleinen Disput darüber ausfochten, wer von ihnen der Neuen seinen Platz anbieten durfte. Die allerdings schien das wenig zu stören, sie beugte sich über den Schreibtisch und reichte Grissom die Hand.
„Uruhk, Vashtu Uruhk. Ich arbeite als wissenschaftliche Beraterin für die Air Force", stellte sie sich vor.
Viel Federlesens machte sie schon einmal nicht, was Grissom durchaus gefiel. Er erwiderte ihren festen Händedruck. „Gil Grissom, Leiter der Nachtschicht."
Diese Dr. Uruhk nickte, richtete sich wieder auf und kreuzte die Arme vor der Brust. „Colonel Sheppard teilte mir mit, daß Sie an einem Tatort etwas eingefangen hätten, was möglicherweise gefährlich sein könnte. Ein Insekt."
Sie machte keine großen Umstände und schien auch durchaus bereiter, etwas mitzuteilen und zusammenzuarbeiten als die beiden Offiziere.
Grissom reichte ihr den laminierten Ausweis. „Wir fanden die Leichen von Dr. Minneon und seiner Mutter, sowie den Kadaver eines Hundes", erklärte er.
Uruhk nickte nachdenklich mit gerunzelter Stirn. „Das Fehlen von Dr. Minneon ist noch nicht aufgefallen, da er seinen Dienst in Groom Lake noch nicht antreten mußte", erklärte sie, legte den Ausweis zurück auf den Tisch. „Eine Basis wurde aufgelöst und dadurch ist einiges Chaos entstanden. Dr. Minneon war Assistent von Dr. McKay, mit dem ich zur Zeit in Groom Lake zusammen an einer Forschungsreihe arbeite. Er sollte erst Anfang der kommenden Woche seinen Dienst wieder antreten." Ihr Blick fiel auf das Modell der Küche. Interessiert beugte sie sich etwas vor, rief sich dann aber offensichtlich selbst zur Ordnung.
„Sie kannten Dr. Minneon also nicht selbst?" fragte Grissom.
Uruhk schüttelte den Kopf. „Er mag mir über den Weg gelaufen sein, als ich kurz in der gleichen Basis arbeitete. Aber mein ... Forschungsgebiet ist ein vollkommen anderes. Ich bin keine Physikerin."
„Aber Minneon und dieser McKay sind es."
Allmählich tauchte ihm der Name McKay einmal zu oft in dieser Ermittlung auf, befand Grissom. Dabei allerdings gab es auch keinen Hinweis, daß dieser Physiker, von dem er noch nie etwas gehört hatte, irgendwie in die Angelegenheit verwickelt war.
Uruhk nickte. „Wie gesagt, Minneon war Assistent von McKay. Ich helfe im Moment nur aus." Sie zuckte mit den Schultern.
„Wenn ich fragen darf, was ist Ihr Forschungsgebiet? Entomologie?"
Um ihre Mundwinkel begann es zu zucken. „Insektenforschung?" fragte sie nach, schüttelte dann den Kopf. „Ich bin Genetikerin."
Grissom musterte sie mit neuerwachtem Interesse.
Eine Genetikerin, die offenes Interesse an ihrem Käferfund hegte und als Expertin von zwei hohen Offizieren hinzugezogen wurde bei dieser Sache. Da machte ihn doch etwas stutzig, mußte er zugeben.
„Hören Sie, Dr. Grissom", fuhr Uruhk fort. Sie hatte tatsächlich einen Akzent, der ihm erst jetzt auffiel und den er noch nie zuvor gehört hatte. Wo kam diese Frau her?
„Ich weiß, wir alle kennen uns nicht, sind uns noch nie begegnet. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, daß vielleicht nicht viel Zeit bleibt."
Grissom horchte auf. „Wie meinen Sie das?"
Uruhk spannte kurz die Kiefer an, nickte dann. „Haben Sie Fotos vom Tatort?"
Er wies auf den Stapel, der noch immer dort lag, wo Mitchell ihn abgelegt hatte.
„Dr. Grissom, es ist durchaus möglich, daß wir uns auf unsere Geheimhaltungspflicht berufen müssen", wandte jetzt Sheppard ein. Der hatte sich schließlich doch niedergelassen und sich nun vorgebeugt, die Ellenbogen auf die Oberschenkel gestützt. „Es tut uns leid, aber ich denke, Sie wissen, daß Groom Lake zum größten Teil unter präsidiale Sicherheitsstufe fällt."
Grissom nickte, beobachtete die Frau.
Uruhk war deutlich blasser geworden, wie schon Sheppard vor ihr. Doch sie hatte sich mehr im Griff. Aufmerksam studierte sie die Fotos der Leichen, ehe sie den Stapel auf den Tisch zurücklegte. Ihr Gesicht war ernst geworden.
„Wie viele dieser Insekten haben Sie gefunden?" fragte sie.
Grissom war überrascht. Im Gegensatz zu der offensichtlichen Unwissenheit von Mitchell oder der deutlichen Phobie bei Sheppard hielt Uruhk sich gefaßt und sachlich, dabei war ihr allerdings auch deutlich Respekt vor diesen eigenartigen Insekten anzumerken. Und, vor allem, schien sie tatsächlich mehr zu wissen als die beiden Männer.
Grissom lehnte sich zurück und sah sie weiter an. „Zweien meiner Kollegen gelang es, ein Exemplar lebend zu fangen. Dabei allerdings setzten sie deutlich ihr Leben aufs Spiel."
Uruhk nickte. „Kann ich mir denken. Wenn es das ist, was ich vermute und was Colonel Sheppard mir bereits sagte, hatten Ihre Leute mehr als nur Glück."
Sie wußte tatsächlich mehr als sie zugeben wollte - oder konnte. Sheppard hatte ja gerade selbst auf die extem hohe Sicherheitsstufe hingewiesen.
Hatte Dr. Uruhk am Ende diese Käfer irgendwie mit ihrer genetischen Forschung erschaffen? Wenn man Mäusen menschliche Ohren anzüchten konnte, oder gar menschliche Organe in Schweinen, warum dann nicht einen Monsterkäfer? Zumal er noch nichts von dieser Spezies gehört hatte ...
„Wieviele?" wiederholte sie ihre Frage, ihre Augen wurden eisig.
Wer war diese Frau? Warum hatte er noch nie etwas von ihr gehört, wenn sie doch offensichtlich gut genug war, unter präsendialer Sicherheitsstufe zu arbeiten?
„Woher wissen Sie, daß es sich nicht nur um das eine Exemplar gehandelt hat, das wir einfangen konnten?" Grissom erwiderte ihren intensiven Blick.
„Weil das da", sie tippte mit dem Finger auf den Fotostapel, „nicht von einem Exemplar allein angerichtet werden konnte, dazu reichte die Zeit nicht. Wir wissen, wann Dr. Minneon hier eintraf, Dr. Grissom, und wir wissen, wann seine Leiche gefunden wurde."
„Vashtu, vielleicht solltest du dir ..." Sheppard verstummte, als sie ihm einen Blick zuwarf.
Grissom nickte. „Einer der Beamten, die zuerst am Tatort eintrafen, fand ein Exemplar und zertrat es. Es war vielleicht ... halb so groß wie das lebende."
Uruhk nickte. „Wo ist der lebende?" Sie richtete sich wieder auf.
Sofort war auch Sheppard auf den Beinen. „Nebenan. Da ist ein leerstehendes Labor."
„Dr. Uruhk!" Grissom hatte sich ebenfalls erhoben und sah diese eigenartige Frau jetzt wieder forschend an. „Wollen Sie mir vielleicht mitteilen, daß diese Insekten Ihr Werk sind?"
Sie und Sheppard wechselten einen Blick, dann begann sie zu kichern. „Mein Werk? Um Gottes Willen! Dann hätte ich mich schon längst in Grund und Boden geschämt!" Sie schüttelte den Kopf. „Nein, Iratus-Käfer sind eine natürlich vorkommende, sehr seltene Art, die erst vor kurzem entdeckt und noch nicht groß erforscht wurde. Wir wissen nur, daß diese Tiere extrem gefährlich sind."
Iratus-Käfer? Diesen Namen hatte Grissom noch nie gehört.
„Und woher kommen sie?"
„Sie sind dort beheimatet, wo unsere aufgegebene Basis liegt." Sheppard gelang ein schiefes Grinsen. Er zuckte die Schultern. „Deshalb kam Minneon ja erst so spät hier an. Er war noch in Quarantäne."
„Sie beantworten meine Frage nicht", wandte Grissom ein.
Uruhk und Sheppard tauschten einen Blick, dann ging sie, wahrscheinlich wollte sie sich den Käfer ansehen, den sie eingefangen hatten.
„Tut mir leid, aber ich fürchte, dafür reicht Ihre Sicherheitsstufe nicht." Sheppard wandte sich ihm wieder zu und zuckte mit den Schultern.
„Wollen Sie mir jetzt erzählen, diese Iratus-Käfer kämen vom Mars?" Grissom schmunzelte allein über die Vorstellung.
„Ne, da ist es zu unwirtlich", wandte jetzt Mitchell toternst ein und erhob sich ächzend.
„Hören Sie, Dr. Grissom, wir helfen Ihnen so gut wie möglich. Aber leider sind uns in bestimmten Belangen die Hände gebunden", erklärte Sheppard.
Grissom sah durch die Scheibe eine Bewegung. Diese Dr. Uruhk war allein nebenan.
Vashtu trat vor das Terrarium und sah auf das Wesen hinunter, das sich darin befand. Glücklicherweise besaß der Käfer weder den Verstand noch die Mittel, wirklich aus seinem Gefängnis auszubrechen, anders als dieses Ding in dem Film, den sie gestern abend zusammen mit einigen Wissenschaftlern aus AREA 51 gesehen hatte ... Alien!
Daß sie hier allerdings etwas vor sich hatte, was sie nicht vor sich haben dürfte, war ihr nur zu klar. In dem großen Terrarium, das sonst sicher anderweitig genutzt wurde, saß ein ausgewachsener weiblicher Iratus-Käfer und wartete nur darauf, daß sie seine Angriffszone betrat.
Vashtu konzentrierte sich auf die fremden Zellen in ihrem Inneren und erzeugte bewußt die Hormone, die dem Weibchen vorgaukelten, sie gehöre zur gleichen Art. Dann beugte sie sich langsam vor - nur um augenblicklich zurückzuweichen, als der Schwanz des gewaltigen Käfers gegen das Glas schlug und das ganze Terrarium erbebte.
„Wir haben ein Problem ..." Vashtu atmete tief ein, dann drehte sie sich um und verließ das leerstehende Labor wieder.
Ja, sie hatten ein Problem, ein ziemlich großes sogar. Und wenn sie nicht schnell etwas unternahmen, würde sich das ganze zu einer Katastrophe ausweiten.
Sie ging eiligen Schrittes wieder zurück in das Labor dieses Dr. Grissom und fand ihn in eine rege Diskussion mit John verwickelt.
„Wir müssen Minneons Haus durchsuchen", sagte sie mitten in den Disput über Geheimhaltung und Offenlegung der Fakten hinein. „Wir brauchen Zugang zu Haus, Garage und Garten."
Grissom sah sie irritiert an. „Warum?"
Vashtu kniff kurz die Lippen aufeinander, atmete noch einmal tief ein und rang mit sich. Dann entschied sie sich für das vorläufig kleinere Übel: „Es gibt noch einen Käfer da draußen."
Daß sie hier allerdings etwas vor sich hatte, was sie nicht vor sich haben dürfte, war ihr nur zu klar. In dem großen Terrarium, das sonst sicher anderweitig genutzt wurde, saß ein ausgewachsener weiblicher Iratus-Käfer und wartete nur darauf, daß sie seine Angriffszone betrat.
Vashtu konzentrierte sich auf die fremden Zellen in ihrem Inneren und erzeugte bewußt die Hormone, die dem Weibchen vorgaukelten, sie gehöre zur gleichen Art. Dann beugte sie sich langsam vor - nur um augenblicklich zurückzuweichen, als der Schwanz des gewaltigen Käfers gegen das Glas schlug und das ganze Terrarium erbebte.
„Wir haben ein Problem ..." Vashtu atmete tief ein, dann drehte sie sich um und verließ das leerstehende Labor wieder.
Ja, sie hatten ein Problem, ein ziemlich großes sogar. Und wenn sie nicht schnell etwas unternahmen, würde sich das ganze zu einer Katastrophe ausweiten.
Sie ging eiligen Schrittes wieder zurück in das Labor dieses Dr. Grissom und fand ihn in eine rege Diskussion mit John verwickelt.
„Wir müssen Minneons Haus durchsuchen", sagte sie mitten in den Disput über Geheimhaltung und Offenlegung der Fakten hinein. „Wir brauchen Zugang zu Haus, Garage und Garten."
Grissom sah sie irritiert an. „Warum?"
Vashtu kniff kurz die Lippen aufeinander, atmete noch einmal tief ein und rang mit sich. Dann entschied sie sich für das vorläufig kleinere Übel: „Es gibt noch einen Käfer da draußen."
TBC ...
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