10.10.2009

Nachtrag: Willkommen auf der Erde

Author's Note: Dieser kleine Oneshot ist direkt nach Vashtus Einführung in die Stargate-Welt entstanden, quasi als eine Art Übergang zu "meiner" kleinen Serie SG-V (SG-27 und Stargate: Vineta). Es soll eigentlich zeigen, wie ähnlich sich Vashtu Uruhk und John Sheppard sind, denn an ihr wird das, was auf sie wartet, nicht immer ganz spurlos vorbeigehen.
Zeitlich spielt dieser Oneshot vielleicht zwei bis drei Monate nach den Ereignissen in der vorhergehenden FF.


Dr. Carson Beckett stieg aus dem Auto, sah sich neugierig um. Eine normale Straße in einer amerikanischen Stadt. Mehrfamilien- und Apartmenthäuser reihten sich aneinander, sauber gestutzte Rasenflächen, von Gärtnern gepflegte Beete, die einen Kontrast zu dem Grün bildeten. Ein Neubaugebiet, irgendwo in den Vereinigten Staaten von Amerika.
Beckett wandte sich dem Haus mit der Adresse zu, die er nach einigen Anläufen direkt von General O'Neill erhalten hatte. Scheinbar wollte irgendjemand nicht, daß das Atlantis-Team mit seinem Besucher aus der Vergangenheit weiteren Kontakt pflegte, etwas, was er nun so gar nicht verstand.
Er ging die Einfahrt zu dem modernen Apartmentgebäude hinauf und sah schon von weitem den Swimmingpool in der herbstlichen Sonne glitzern.
Zumindest schien sie gut untergebracht worden zu sein.
Beckett betrat den Innenhof, stieg eine Treppe in den zweiten Stock hinauf und suchte die entsprechende Tür, die ihn hoffentlich an sein Ziel führen würde.
Von General O'Neill hatte er nämlich erfahren, daß diese neue Bewohnerin der Erde sich weiterhin als etwas aus ihrer Art geschlagen gab. Im SG-Center war man nicht sonderlich glücklich mit ihr und wußte nicht so recht, wohin man sie stecken sollte. O'Neill selbst war dafür eingetreten, daß sie in den aktiven Dienst versetzt worden war, nachdem sie nacheinander so ziemlich alle Mitarbeiter der wissenschaftlichen Abteilungen gegen sich aufgebracht hatte. Selbst mit dem doch recht ruhigen Daniel Jackson hatte sie sich überworfen.
Er fand die richtige Tür und klopfte.
Von drinnen war zunächst kein Geräusch zu hören, und Beckett wollte unverrichteter Dinge schon wieder gehen, als er plötzlich ein eigenartiges Geräusch unter sich hörte. Er drehte sich um und sah etwas, was ihn ziemlich verblüffte:
Die Gesuchte war gerade in den Innenhof gekommen - auf einem Skateboard, das sie nun geschickt abbremste und mit einem Fuß hochklappte.
Beckett blinzelte und mußte zweimal hinsehen, ehe er sie erkannte. Wären da nicht die bekannten Gesten gewesen, wäre er wahrscheinlich in einer Menschenmenge an ihr vorbeigelaufen, ohne zu wissen, daß er sie eigentlich kannte.
Mit schnellen Schritten, das Board unter den Arm geklemmt, kam sie die Treppen hoch, eine Hand in der Fliegerjacke aus Leder.
„Vashtu?" rief Beckett leise herunter, als sie im Stockwerk unter ihm angelangt war und mit einem Schlüssel klimperte.
Sie blickte überrascht zu ihm auf, und gleich darauf erschien ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht. „Dr. Beckett! Was für eine Überraschung!" Sie beschleunigte ihre Schritte noch und hastete die letzte Treppe hinauf.
„Warten Sie schon lange?" erkundigte sie sich. In den Gläsern ihrer Sonnenbrille spiegelte sich der Besucher aus einer anderen Galaxie.
„Ich hätte mich gemeldet, aber auf dem Stützpunkt hat niemand eine Telefonnummer von Ihnen. Ich hoffe, ich störe nicht", sagte er.
Vashtu, die Antikerin, die vor einigen Monaten in Atlantis für einige Aufregung gesorgt hatte, winkte ab. „Ich mußte nur kurz etwas wegbringen. Kommen Sie rein." Sie steckte den Schlüssel ins Schloß und öffnete die Tür, dann ließ sie ihrem Besucher den Vortritt. Als sie selbst ihr Apartment betrat, lehnte sie das Board an die Wand neben der Tür, zog den Schlüssel wieder ab und steckte ihn von innen ins Schloß.
Beckett sah sich aufmerksam um. Die Wohnung war recht klein, aber relativ gemütlich eingerichtet. Ein Küchentresen ragte ins Zimmer hinein, ein gemütlich aussehendes Sofa und ein niedriger Couchtisch standen vor einem der modernen Flachbildschirme. An der Seite, wuchtig und doch urgemütlich aussehend, wartete ein alter Ohrenbackensessel auf einen möglichen Gast. Zwei Türen zweigten von dem schmalen Flur ab, eine führte sicherlich in ein Schlafzimmer, die andere in ein Bad.
„Setzen Sie sich." Vashtu drückte sich an ihm vorbei und trat hinter den Tresen. „Möchten Sie etwas trinken? Ich habe ausländisches Bier, eine Flasche Wein, Limonade und Wasser. Oder etwas warmes? Tee oder Cappuccino?"
Beckett streifte seine Jacke ab und hielt sie etwas hilflos über den Arm drappiert. „Danke, ein Wasser, bitte."
Vashtu nickte und öffnete einen großen Kühlschrank mit eingebautem Froster. „Legen Sie ihre Jacke einfach zu meiner. Ich habe noch keine Garderobe gefunden, die mir gefallen würde", sagte sie.
Beckett trat in den Flur zurück und legte seine Jacke ordentlich neben der einfach hingeworfenen, die die Antikerin getragen hatte.
Irgendwie schien er sich gerade wieder in einem Traum zu befinden. Eine solche Wohnung hätte er vielleicht Vashtus männlichem Gegenstück Lt. Colonel Sheppard zugetraut. Daß ihre Ähnlichkeit sogar den gleichen Einrichtungsgeschmack betraf, soweit hatte er damals nicht gedacht.
Beckett betrat wieder den Wohnraum, setzte sich langsam auf das Sofa.
Vashtu kam hinter dem Tresen hervor, zwei Gläser und eine Zwei-Liter-Flasche Wasser in den Händen.
Auf dem Tisch stand, wie achtlos liegengelassen, ein Laptop, der noch eingeschaltet war. Zahlenkolonnen ratterten über den Bildschirm.
Vashtu flätzte sich in den Sessel, nachdem sie ihrem Gast und sich selbst etwas zu trinken eingegossen hatte, strecke die Beine aus und grinste den Arzt an. „Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich freue, Sie einmal wiederzusehen."
Beckett lächelte schüchtern.
Die Antikerin war inzwischen beinahe unheimlich in ihrer Ähnlichkeit zu Sheppard, mußte er zugeben. Jetzt trug sie sogar eine ähnliche Frisur wie er.
Er konnte seinen Blick kaum von den wild abstehenden, schwarzen Haaren abwenden. Was war denn nur in sie gefahren?
„Wie steht es in der Heimat?" erkundigte Vashtu sich, beugte sich vor und musterte ihn interessiert.
„Oh, allen geht es gut", antwortete Beckett. „Ich soll Ihnen Grüße bestellen, sollte ich Sie sehen. Teyla vermißt das Training mit ihnen. Und Rodney ... Nun, kaum waren Sie durch das Tor gegangen, hat er auch schon Sheppard aufgesucht und von ihm verlangt, er möge den kompletten Speicher des Hauptrechners noch einmal hochfahren. Aber Sie hatten wohl vergessen, jemandem von uns die Kontrolle zu übertragen."
Vashtu grinste spitzbübisch. „Nein, vergessen habe ich es nicht", sagte sie. Ihr Gesicht drückte einen Moment lang Sehnsucht aus. „Wie geht es ... Colonel Sheppard?"
„Es geht ihm gut. Er hat viel zu tun." Beckett tastete nach seiner Brieftasche, zog einen Umschlag heraus. „Das soll ich Ihnen geben, wenn ich Sie sehen würde."
Einen Augenblick zögerte sie, dann griff sie doch nach dem Papier. Sehr vorsichtig legte sie es auf den Tisch und strich mit den Fingern liebkosend darüber.
„Wie lange sind Sie noch auf der Erde?" Ihre Augen stellten noch eine zweite Frage.
„Leider nicht mehr sehr lange. Wenn Sie ihm eine Antwort schreiben wollen, ich habe den ganzen Nachmittag Zeit."
Ein unsicheres Lächeln glitt über ihr Gesicht.
„Und wie geht es Ihnen?" erkundigte Beckett sich.
Sie kniff die Lippen aufeinander, sank wieder in den Sessel zurück. „Es ist langweilig hier", antwortete sie dumpf.
„Oh."
Sie nickte brütend. „Die ersten Wochen wurde ich von allen Seiten gepiesakt. Eine Untersuchung nach der anderen. Dabei hatten Sie mich doch schon auf Atlantis auf den Kopf gestellt. Angeblich, so hieß es, damit ich keine unbekannten Seuchen einschleppe. Die haben mir mindestens einen Liter Blut abgezapft."
Beckett nickte. „Und jetzt sind Sie im SG-Center beschäftigt, habe ich gehört?"
Sie zuckte mit den Schultern, behielt demonstrativ den leeren Bildschirm im Auge. „Man schiebt mich von einer Abteilung in die nächste. Dieses übersetzen, das anfassen, dort aushelfen." Sie seufzte. „Letzte Woche bekam ich neue Befehle. Ab übermorgen bin ich tatsächlich in den aktiven Dienst versetzt. Zumindest etwas. SG-15, von diesem Team schon einmal gehört?" Hoffnungsvoll sah sie auf.
Beckett hob die Schultern, ließ sie wieder sinken. „Leider nicht. Aber ich bin sicher, Sie werden das schon meistern."
„So sicher bin ich mir da nicht. Aber ich bin froh, endlich wieder etwas anderes zu sehen als die Erde. Wie gesagt, hier ist es langweilig, zumindest die meiste Zeit."
„Ich hörte, Sie hatten einige Probleme?"
Vashtu lächelte sarkastisch. „Probleme? Ich dachte, man würde mich aus Cheyenne-Mountain schmeißen." Sie sah ihn wieder an. „Ich habe Dr. Jackson von SG-1 die Meinung gesagt, nachdem er mehrere Tage wegen einer Übersetzung hinter mir herlief. Dabei hatte ich sie ihm schon längst gemailt. Es war nichts wichtiges."
Beckett nickte wieder, trank einen Schluck. „Er war da anderer Meinung?"
Vashtu nickte bedrückt. „Ja, war er, leider. Er meinte, offensichtlich sei ich nicht dazu in der Lage, wissenschaftlich zu arbeiten. Nun ja, ich fürchte, irgendwie hat er da recht."
Beckett streckte die Hand aus. „Aber Sie sind noch dabei, das ist doch gut."
Wieder ein Nicken gepaart mit einem dumpf brütenden Blick. „Nachdem ich in Landrys Büro zitiert worden bin und mit ihm und General O'Neill habe sprechen müssen. Danach wurde ich erst beurlaubt und letzte Woche erhielt ich, wie gesagt, neue Befehle."
„General O'Neill scheint große Stücke auf Sie zu halten, Vashtu. Ich habe selbst kurz mit ihm sprechen können. Er meinte nur, Sie sollten vielleicht ein wenig zurückhaltender sein. Ihr Gehirn arbeitet etwas schneller als das von uns Menschen. Damit hatten wir es ja bereits auf Atlantis zu tun."
Die Antikerin zog wieder eine Grimasse. „Ich halte mich ja zurück, das habe ich ihm auch gesagt. Aber ich verstehe nicht, warum ich ständig wegen irgendwelcher Kleinigkeiten herbeizitiert werde. Letztens drückte mir doch so ein Wissenschaftler ein Küchengerät in die Hand und sagte mir, ich solle es aktivieren und auf ein Ziel schießen."
Beckett verkniff sich ein Lachen.
„Ich weiß auch, daß Dr. Weir der Meinung war, dies sei die beste Lösung", fuhr Vashtu fort. „Aber irgendwo liegen doch auch Grenzen. Ich bin aus Atlantis hierher gekommen, weil ich etwas suchen wollte. Aber bisher durfte ich Versuchskaninchen und Übersetzerin spielen." Entrüstet richtete sie sich in ihrem Sessel auf und sah Beckett an. „Stellen Sie sich vor, irgendjemand hat eine alte Handwaffe meines Volkes gefunden. So weit, so gut. Aber das war das erste, was ich aktivieren sollte. Allerdings hatte wohl niemand damit gerechnet, daß diese Waffe nach zehntausend Jahren vielleicht defekt sein könnte. Sie wäre in meiner Hand explodiert, wenn ich sie nicht sofort weggeworfen hätte! Aber mich beschuldigte man, vorher hätte sie einen tadellosen Eindruck gemacht." Sie zog eine Grimasse, hielt ihre Linke hoch, als müsse sie beweisen, daß sie noch an ihrem Arm saß.
Beckett nickte nachdenklich.
„Ich kann mit Untersuchungen leben, ich kann sogar damit leben, daß ich Unsinn übersetzen soll. Aber es fällt mir wirklich schwer, das ständig zu tun. An die wichtigen Forschungen darf ich nicht mitarbeiten, und gegen die Ori soll ich noch nicht eingesetzt werden. Irgendjemand hat wohl entschieden, ich soll den Kontrollstuhl auf Antarktika bedienen, doch den habe ich bis jetzt noch nicht einmal zu Gesicht bekommen."
„Können Sie das denn?" erkundigte Beckett sich.
Vashtu zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, ich habe auf soetwas noch nie gesessen. Und auf Atlantis hatte ich weder Zeit noch Lust, es auszuprobieren."
Beckett sah sie wieder an. „Aber jetzt werden Sie die Milchstraße kennenlernen. Das ist doch schon was."
Die Antikerin hob die Brauen. „Wenn Sie meinen ..." Überzeugt schien sie keineswegs zu sein.
Beckett sah wieder auf den Umschlag, der auf dem Tisch lag.
Eigentlich war er hergekommen, weil er ihr ins Gewissen reden sollte, damit sie sich mehr anstrengte. Den Verantwortlichen beider Stargate-Projekte war sie nicht teamfähig genug. Aber vielleicht hatte man auch noch nicht ihre wirklichen Stärken ausgekundschaftet. Und zumindest General O'Neill hielt immer noch zu ihr.
„Was haben Sie dem General eigentlich erzählt?" fragte Beckett.
Vashtu sah überrascht auf. „Nichts anderes als ich Colonel Sheppard erzählt habe", antwortete sie, zögerte dann aber. „Naja, ein bißchen mehr. Es schien ihm zu gefallen. Jedenfalls, so sagte Landry zu mir, war er es, der darauf gedrängt hat, mich durchs Tor zu schicken."
Beckett nickte, fragte sich, ob O'Neill vielleicht auch die Berichte über sie und ihr Verhalten gelesen hatte. Wenn er richtig informiert war, war der General auch maßgeblich daran beteiligt gewesen, daß Sheppard zur Atlantis-Expedition kam. Jetzt schien er seine schützende Hand über Sheppards weiblichen Gegenpart zu halten.
„Der General ist schon schwer in Ordnung." Vashtu nickte nachdenklich. „Das habe ich schon bei unserem ersten Treffen gemerkt. Er sagte, er habe früher selbst SG-1 geleitet und später eine Zeitlang das Stargate-Center. Er hat viel mitgemacht. Ich mag ihn."
Beckett lächelte. Wenn er sich recht erinnerte, hatte auch Sheppard stets positiv über O'Neill gesprochen. Wieder einmal eine Gemeinsamkeit - warum überraschte ihn das nur nicht?
„Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich jetzt gern den Brief lesen." Vashtu legte ihre Hand auf den Umschlag. „Kann ich Ihnen sonst noch etwas anbieten? Möchten Sie sich ein bißchen umsehen, solange?"
„Ich kann warten. Vielleicht haben Sie noch Fragen danach." Beckett lehnte sich zurück und blickte auf den großen Bildschirm.
„Eines können Sie John auf jeden Fall schon einmal sagen: Mit Football hatte er recht. Ein sehr interessantes Spiel, wenn man es einmal begriffen hat."
Beckett schüttelte amüsiert den Kopf.

2 Kommentare:

  1. Hey =)
    schön das beckett vashtu auf der erde besucht.
    oh man da hat sie es aber auch nicht einfach...wie kann man sich nur mit so vielen leuten aus dem sgc in die wolle kriegen :D
    vorallem mit daniel ;)
    aber ich glaub mit geräten aktivieren und übersetzen fühlt sie sich wohl "leicht" unterfordert...
    aber stimmt...es werden die parallelen zu sheppard richtig schön deutlich.
    am besten fand ich das beispiel, dass o'neill sich so für die beiden einsetzt und die sache mit dem football ;D
    LG Sabrina

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  2. So, heute habe ich zumindest noch ein paar Minuten Zeit -> Arbeit! *uff!*
    Carson wird in den kommenden Storys auch mal auftauchen, bzw. genannt werden. Die beiden freunden sich immer mehr miteinander an und Carson macht es sich sozusagen zur persönlichen Aufgabe, weiter Postboten zu spielen (er ist eben doch romantisch, unser Lieblingsschotte).
    Freut mich, daß es dir gefallen hat, gerade auch die Parallelen. Aber noch weiß Vashtu von einigen anderen irdischen Sportarten nichts *grins*.

    Bis denne
    Ramona

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