29.04.2010

Erdgebunden III

"Was ist denn da los?" Captain Jeffrey Storm bremste unwillkürlich den Wagen ab, gab dann aber wieder Gas, als er den Leichenwagen in der Auffahrt der Babbis-Familie sah. „Scheiße!"
Joe Hernan, Ex-Polizist und seit neuestem für das Stargate-Programm tätig, pfiff durch die Zähne. „Das nenne ich einen großen Auftritt!"
Storm warf ihm einen undefinierbaren Blick zu. „Keinen guten, wenn Sie mich fragen." An der Absperrung parkte er den Wagen und stieg sofort aus, sein Beifahrer folgte ihm auf dem Fuße.
Ein junger Polizist, der die Absperrung offensichtlich bewachte, trat ihnen entgegen. „Entschuldigen Sie, aber Sie müssen weiterfahren. Hier gibt es nichts zu sehen."
Storm zückte mit aller Seelenruhe seinen Ausweis. „Militärpolizei. Wenn das hier das Anwesen der Familie Babbis ist, habe ich sehr wohl etwas hier zu tun, nämlich einen Militärangehörigen zu suchen und zu finden."
Der junge Polizist starrte beeindruckt auf den Ausweis.
"Nationale Sicherheit", wandte nun Hernan ein, zückte ebenfalls eine Brieftasche. Allerdings hatte er noch keinen Ausweis vorzuweisen, statt dessen eine Legitimation, vom Präsidenten unterzeichnet und vom Kongreß abgesegnet.
Der junge Mann stand augenblicklich stocksteif.
"Was ist hier passiert?" verlangte Storm zu wissen.
Ein ungutes Gefühl beschlich ihn, als er wieder zu dem Leichenwagen hochsah. Zwei Bullis mit der Kennung der Spurensicherung standen ebenfalls, neben gut einem Dutzend Streifenwagen und Zivilfahrzeugen der Polizei, in der Auffahrt.
"Ein Mord, Sir", antwortete der junge Polizist.
Storm und Hernan wechselten einen Blick, dann schlüpften sie Seite an Seite unter der Absperrung durch und marschierten den Kiesweg zum Haus hinauf.
"Mord! Wenn unser ausgeflogenes Vögelchen ..." Hernan biß sich auf die Lippen.
"Babbis nicht. Der hat schon ganz anderen Typen gegenüber gestanden", entgegnete Storn ruhig und schüttelte den Kopf. Doch innerlich blieb er angespannt. „Aber man könnte ihm das Verbrechen vorwerfen."
"Und was machen wir dann?"
"Ermitteln und sehen, daß er einen gescheiten Anwalt kriegt."
"Sie wollen der Polizei ins Handwerk pfuschen? Das wird die nicht gern sehen!"
"Sind die schon von mir gewohnt. Mache ich öfter." Storm zuckte mit den Schultern. „Und manchmal sind sie froh, wenn sie einen Fall abgeben können." Allerdings, sagte er sich selbst, war ihm das noch nie bei einem Mordfall passiert. Entführung, Geiselnahme, Verschleierung, einiges andere mehr, das ja. Aber einen Mord?
"Wer ist der ermittelnde Detective?" wandte Hernan sich an den nächstbesten Polizisten, der draußen vor dem Haus stand und eine Zigarette rauchte.
Der blinzelte irritiert, nickte dann aber hinein. „Detective Vinge", nuschelte er, die Kippe cowboyhaft in einem Mundwinkel balancierend. „Ist drin."
Wieder wechselten die beiden Männer einen Blick, dann nickten sie sich zu, als müßten sie sich selbst bestätigen und betraten das Haus.
In der Halle blieben sie wieder stehen und sahen sich beeindruckt um. Dann aber wurden sie aufmerksam, als das Objekt ihrer Suche von zwei Polizisten die Treppe hinuntergeführt wurde.
"Storm! Gott sei Dank! Könnten Sie diesen Idioten sagen, daß ich nichts getan habe?" rief der junge Wissenschaftler ihnen zu.
Storm blickte auf und kniff die Lippen aufeinander. „Wird sich schon aufklären, Doc. Lassen Sie mich mal machen. Rufen Sie im SGC an und melden sich bei Landry", antwortete er. „Der wird sich um alles weitere kümmern."
Babbis, mit blassem Gesicht und vom Schlaf noch verstrubbelten Haaren, nickte, ließ sich von den Polizisten aus dem Haus führen.
"Scheiße, was ist hier los?" entfuhr es Hernan.
"Nichts gutes, fürchte ich." Storm klopfte dem anderen auf die Schulter. „Lassen Sie uns sehen, wo wir diesen Vinge finden. Vielleicht bekommen wir dann zumindest ein paar Antworten."
Hernan nickte stumm, folgte ihm dann.

***

Als Mackenzie einige Stunden später das Krankenzimmer seiner Patientin betrat, war er sich ziemlich sicher, daß er einen Fehler machte. Aber im Command bestand man darauf, daß die Antikerin Bescheid wußte, vielleicht, weil sie sich bisher immer stark für gerade dieses Teammitglied gemacht hatte.
Vashtu saß auf dem Bett, das Kissen in den Rücken gestopft, den Laptop auf den Knien und war offensichtlich wieder in ihre Beschäftigung während der ersten Sitzung vertieft. Diesmal bemerkte sie wirklich nicht, daß er den Raum betrat, wie er feststellte. Sie war viel zu sehr in dieses Spiel, oder was auch immer sie da tat, versunken.
"Major Uruhk?" Hörbar schloß der Psychologe die Tür.
Beim Klang seiner Stimme versteifte sie sich plötzlich, doch das hatte nichts mit Erschrecken zu tun, es war eher Erkennen, wie er mit einem Blick in ihr Gesicht feststellte. Vorher entspannt, war sie jetzt sofort wieder auf der Hut.
Was hatte man ihr nur angetan, daß sie dermaßen auf Hilfe, auch wenn diese unangenehm war, reagierte?
"General Landry schickt mich. Ich soll Ihnen etwas mitteilen - etwas ernstes", fuhr er fort.
Erstaunt beobachtete er, wie sie plötzlich begann, in sich hineinzuhorchen, als erwarte sie dort etwas wahrzunehmen. Erst nach einem erleichterten Seufzen sah sie auf, ihm direkt in die Augen. Ihr Blick war wieder kalt.
"Was gibt es?" fragte sie emotionslos. „Meines Wissens ist es noch nicht morgen, eher Nachmittag - und zwar desselben Tages."
Mackenzie nickte. „Das ist richtig. Es geht auch nicht um Ihre Therapie, Major. Wie Sie sehen, habe ich keine Unterlagen bei mir." Er hob die leeren Hände.
Mißtrauisch sah sie ihn an. „Was wollen Sie dann?" fragte sie.
Mackenzie trat an das Bett heran und ließ sich auf einem Stuhl nieder. „Wie gesagt, General Landry schickt mich mit der Bitte, Ihnen etwas mitzuteilen. Es geht um Ihr vermißtes Teammitglied."
Augenblicklich saß sie stocksteif da, in ihren Augen sah er Sorge. „Geht es Babbis gut? Wo ist er?"
Mackenzie lehnte sich zurück.
War er hier gerade mitten in einer Sitzung? Ihm kam es fast so vor. Ihre Sorge war so offensichtlich schwesterlich, als habe sie sie im Lehrbuch gelesen.
"Dr. Babbis befindet sich in Boston", antwortete er ausweichend.
"Boston?" Ihre Augen wurden groß. „Was macht er denn in Boston?"
Mackenzie lehnte sich vor. „Major, Dr. Babbis wird des Mordes verdächtigt und sitzt in Untersuchungshaft."
Das Blut wich ihr aus dem Gesicht. „Was?" Sie blinzelte verständnislos, ihr Blick irrte hin und her. „Wen soll er denn ermordet haben?"
"Seinen Vater", antwortete Mackenzie sehr einfühlsam.
Wenn das möglich war, wurden ihre Augen noch größer. „Seinen Vater? Warum sollte Babbis seinen Vater töten? Das ist doch purer Unsinn!"
"Wie es aussieht, gibt es jede Menge Zeugen, die aussagen, daß er sich mit ihm gestritten hat am Tag des Mordes. Die beiden, so die bisherigen Ermittlungen, waren allein im Haus der Familie, sonst niemand bei ihnen."
Entschlossen packte sie den Laptop zur Seite und schwang die Beine aus dem Bett.
Mackenzie richtete sich auf, packte sie an der Schulter. „Major, Sie sind noch nicht bereit für die Welt da draußen!" warnte er.
Sie stieß ihn einfach weg, es schien ihr nicht einmal sonderliche Mühe zu bereiten. Auf blossen Füßen marschierte sie an ihm vorbei zu ihrem Schrank und öffnete diesen, um sich Schuhe und Jacke herauszuholen.
"Zwingen Sie mich nicht, den Sicherheitsdienst zu rufen, Major!" Mackenzie stellte sich vor die Tür, während er beobachtete, mit welcher Entschlossenheit sie ihre wenigen Habseligkeiten zusammenpackte und in einer Reisetasche verstaute. Dorn hatte ihr die zusätzliche Wäsche gebracht, erinnerte er sich.
"Major, Sie bleiben schön hier, bis Sie geheilt sind." Er ließ seine Stimme jetzt eindringlich klingen, baute sich vor der Tür auf. Doch er war sich auch im klaren darüber, daß er gegen sie keine Chance haben würde. Das hatte sie ihm ja auch gerade erst bewiesen. Sie war wesentlich kräftiger als er, ob nun mit oder ohne ihre Fremdzellen wagte er sich gar nicht auszumalen.
"Ich werde nicht danebenstehen und zusehen, wie ein Mitglied meines Teams für etwas angeklagt wird, was es nie im Leben getan hat!" fauchte sie ihn an. „Peter würde nie jemanden töten, schon gar nicht seinen Vater, verdammt! Lassen Sie mich auf der Stelle hier heraus, Mackenzie! Wenn Sie mir nicht die Erlaubnis geben, werde ich sie mir holen. Ich bin gesund! Mir geht es gut!" Sie baute sich vor ihm auf. Unter normalen Umständen hätte sie vielleicht lächerlich gewirkt, sie war gut einen halben Kopf kleiner und wesentlich schlanker als er. Unter normalen Umständen, aber nur allein diese Frau war nicht normal.
"Ich kann Sie nicht gehen lassen, Major, tut mir leid. Die MP und die nationale Sicherheit haben sich der Sache angenommen. Dr. Babbis wird der beste Anwalt gestellt, den das Militär sich leisten kann. Sie können doch gar nichts tun in dieser Sache!"
Das war ein Fehler, und er wußte es in dem Moment, als er die Worte aussprach.
Plötzlich wurde sie wieder eiskalt, starrte ihn an. Ihre Kiefer spannten sich an und er sah kalte Wut in ihren Augen blitzen. Sie trat noch einen Schritt näher.
"Sie sind nicht mehr eingesperrt in diesem Labor, Major Uruhk, Sie brauchen nicht mehr auf Selbstmordmissionen zu gehen gegen die Wraith. Sie sind hier sicher, und für Dr. Babbis wird getan, was in unseren Kräften steht. Wenn er unschuldig ist, dann wird er auch wieder freikommen."
In ihren Augen blitzte etwas auf. „Ich war auch unschuldig!" zischte sie plötzlich. Ihr ganzer Körper bebte vor Anspannung, und Mackenzie begriff, wie sehr sie sich zurückhalten mußte um nicht das zu tun, was ein Teil ihres Denkens ihr vorgab. Und er begriff noch etwas.
"Ja, Sie waren unschuldig, Vashtu. Sie hatten nichts getan, gar nichts." Er ließ seine Stimme so sanft wie möglich klingen, um sie zu beruhigen. „Und doch sperrte man Sie ein, das ist richtig. Aber jetzt und hier ist das anders. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, nicht jetzt, verstehen Sie? Es wird nichts passieren."
Plötzlich schimmerten wieder Tränen in ihren Augen und ihre Lippen begannen leise zu beben. Dann bahnte sich der erste Schluchzer seinen Weg tief aus ihrem Inneren heraus. „Er hat damals auch nichts getan, aber er hätte es können." Die Aggression war weg, so plötzlich verraucht wie ein Blitz. Statt dessen sah der Psychologe sich unversehens einem hilflosem kleinen Mädchen gegenüber. Einem Mädchen, das mit dem Schmerz nicht umgehen konnte, der in ihm wütete.
Sie schlug die Hände vor das Gesicht und schluchzte einfach nur, sank auf den Boden, vollkommen kraft- und haltlos.
Die erste Sperre war gefallen, die erste Blockade gelöst.
Mackenzie atmete tief ein, rutschte dann an der Tür entlang ebenfalls zu Boden, sah sie an und wußte nun wirklich nicht mehr, was er sagen sollte. Er wußte nur, es mußte von ihr kommen. Babbis' Inhaftierung hatte offensichtlich etwas in ihr gelöst, vielleicht einen der Faktoren, den sie heute selbst gestreift hatte. Sie hatte die Blockade durch seine Frage gelockert, und die Schwierigkeiten des jungen Wissenschaftlers die Tür restlos aufgestoßen.
Sie zog die Beine an, schlang die Arme um die Schenkel und barg das Gesicht zwischen den Knien, während sie einfach nur weinte.
Mackenzie atmete einige Male tief ein.
Was er sich heute morgen zusammengereimt hatte, bestand aus mehreren Gründen. Es gab vieles, was offensichtlich in ihr arbeitete und sie immer mehr zu etwas getrieben hatte, was sie selbst nicht wollte. Vielleicht würde sich aber jetzt nach und nach alles seine Bahn brechen, ohne daß er härtere Methoden auffahren mußte dafür.
"Enkil ..." wisperte sie endlich, zog die Nase hoch. Inzwischen hatte sie die Stirn auf die Knie gestützt und starrte auf ihren Schoß hinunter. „Er war ... ein Monster! Er mutierte immer weiter, wurde zu etwas ... wir ... ich konnte ... Er hatte keine echte humanoide Form mehr. Aber er hatte noch einen letzten Rest Verstand." Sie stockte und schluckte einige Male. „Ich ... Die Gentherapie ... ich nahm sie wieder auf, weil ich ihm helfen wollte. Ich verfeinerte sie und fand schließlich den Fehler. Enkil ... er sollte sie bekommen. Vielleicht ..."
"Der Rat lehnte Ihr Gesuch ab", warf Mackenzie nüchtern ein.
Sie nickte, krümmte sich noch weiter zusammen. „Da kam ich auf den Gedanken, mir das Mittel selbst zu spritzen. Ich ... Sie sollten sehen, daß es ungefährlich war." Ihre Schultern bebten, wieder ein tiefer Schluchzer. „Aber ... Der Rat entschied ... Es ... ich wurde zusammen mit ihm in Enkils Zelle gesperrt. Heute nennt ihr es die Brick ..." Wieder bebte ihr ganzer Körper, doch diesmal nicht vor Wut.
Der Psychologe fühlte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich.
Vashtu sah auf. Noch nie in seinem Leben hatte Mackenzie in den Augen eines anderen einen so tiefen Schmerz gesehen, und er hoffte, er würde das auch nie wieder sehen müssen.
"Enkil ... er hielt sich zurück. Er ... er griff mich nicht an. Ich war ... ich hoffte, ich ... Ich wollte da heraus!" Ihr ganzer Körper verkrampfte sich. „Ich habe ihn angegriffen, kontrolliert angegriffen. Ich wollte aus dieser Zelle ... ich hatte solche Angst! Und Enkil ... er wehrte sich nicht einmal! Er ließ es zu, daß ich ... daß ich ... ihn verletzte ... ihn fast tötete. Er konnte nicht mehr sprechen oder sich sonstwie verständlich machen. Er war ... nicht mehr der, den ich gekannt habe. Ich ... ich sah ihn als ... als einen Feind. Ich sollte ihn ... töten."
Mackenzie schluckte und nickte.
"Als er ... er lag einfach da, vor mir." Vashtus Brauen zogen sich hilflos zusammen. „Ich dachte, ich hätte es hinter mir. Aber ich hatte nur eine kleine mit einer großen Zelle getauscht. Der Rat holte mich aus der Brick und ließ mich in unser altes Labor sperren. Sie waren sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Sie ... Enkil starb einige Tage später. Er starb ... weil ich ..."
"Er starb, weil man Ihnen befohlen hatte, ihn zu töten, Sie ihn aber nur verletzen konnten", vervollständigte Mackenzie den Bericht. „Und Sie brachte man in das Labor, damit Sie dort Ihre Arbeit wieder aufnehmen konnten."
Sie nickte mit einem bitteren Gesichtsausdruck und starrte ins Leere. Tränen gab es jetzt keine mehr.
"Sie waren ... normal geblieben. Sie mutierten nicht. Und Sie konnten die Zellen kontrollieren."
Wieder ein stummes Nicken, und gleichzeitig spürte er, wie die Tür sich wieder schloß. Und er wußte selbst, es war mehr als genug für dieses Mal gewesen.

***

Peter atmete auf, als er Storm in Begleitung von zwei anderen Männern den Raum betreten sah. „Oh, Gott, bin ich froh Sie zu sehen, Captain!" seufzte er und ließ den Kopf auf seine Unterarme sinken, die er auf den Tisch vor sich gestützt hatte.
"Doc, das ist Dan Elliott, Anwalt. Er wird Sie in sämtlichen Bereichen vertreten", stellte der MP einen der beiden Männer vor.
Peter nickte und seufzte wieder. Dann richtete er sich auf und sah die drei müde an. „Was soll dieser ganze Quatsch, ich hätte meinen Vater getötet? Der wird sich doch bloß wieder ..." Er verstummte, als er in das Gesicht des dritten Mannes blickte. Ungläubig zwinkerte er. „Sie sind doch ... ich meine, Sie waren doch ..."
"Hernan", stellte der sich vor und nickte. „Und ganz recht, ich war bei dem Banküberfall dabei. Inzwischen arbeite ich für die nationale Sicherheit - zumindest in diesem Fall."
Peter warf einen ratlosen Blick in die Runde. „Ich verstehe nicht ..."
"Doc, Ihr Vater ist wirklich tot, ermordet", erklärte Storm. „Sah nicht sehr schön aus. Die Polizei glaubt, Sie müßten es gewesen sein, weil wohl nur Sie beide im Haus waren. Können Sie sich an irgendetwas erinnern?"
Peter blinzelte, riß sich dann zusammen und richtete sich stocksteif auf. „Das ist doch Unsinn! Warum sollte ich meinen Vater denn töten? Wie denn überhaupt?"
"Professor Babbis wurde mit einem Küchenmesser ermordet", erklärte nun wieder Hernan. „Mehr wollen Sie gar nicht wissen, glauben Sie mir."
Peter schluckte, sah sich wieder in dem Raum um, in den er gebracht worden war nach dem Erkennungsdienst. Seine Schultern sanken herab.
Nie hätte er geglaubt, einmal selbst in so einem Raum sitzen zu müssen. Im Fernsehen mochte das ja recht spannend sein, aber selbst in eine solche Situation zu geraten ... Er kniff die Lippen fest aufeinander und begann, mit den Fingern einen Takt auf die Tischkante zu trommeln, hielt dann aber plötzlich wieder inne und sah auf.
"Was jetzt?" fragte er.
Das schien das Stichwort des Anwalts gewesen zu sein. Er ließ sich neben seinem Klienten nieder und nickte. „Zunächst einmal müssen da einige grundsätzliche Fragen geklärt werden. Doktor Babbis, was wollten Sie in Boston? Sie leben doch nicht hier, sondern in Colorado Springs."
Peter blinzelte, begann, an einem Ohrläppchen zu zupfen. „Ich ... Mein Vater holte mich her. Er sagte, er hätte dafür gesorgt, daß ich ..." Er stockte, bekam große Augen. „Oh mein Gott! Er hat veranlaßt, daß ich das SGC verlassen soll!"
Storm nickte. „Wir haben auch eine Kündigung erhalten, aber die war nicht unterschrieben", erklärte er. „Und da Sie mit Ihrem Eintritt in das SGC zu einem Geheimnisträger der höchsten Stufe geworden sind, Doc, ist es nicht ganz so einfach für Sie, da wieder herauszukommen."
Elliott und Hernan tauschten einen langen, besorgten Blick, der auch dem jungen Wissenschaftler nicht entging.
"Ich bin mitgekommen, weil meine Mutter einen Unfall hatte. Sie liegt im Brigham & Women's Hospital." Er verstummte kurz wieder und schluckte hart. „Sie ... bei der Untersuchung ist herausgefunden worden, daß sie unter Eierstockkrebs im letzten Stadium leidet."
Storm sah ihn mitfühlend an. „Doc, wenn Sie wollen, dann ... das Eveins Army ist sehr gut eingerichtet, mit allem, was nötig ist ... und noch ein bißchen mehr, wenn Sie verstehen?"
Peter schluckte, zupfte wieder an seinem Ohrläppchen und kniff die Lippen aufeinander. Dann nickte er. „Dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar, Captain. Sie ... ist blind und hat starke Schmerzen."
Storm nickte nun auch. „Ich werde das veranlassen."
"Würde ich nicht tun. Mrs. Babbis könnte die einzige Zeugin sein, die das Alibi des Doktors bestätigen kann", entgegnete Elliott.
"Kann sie nicht. Ich bin gestern am frühen Abend gegangen. Danach war ich noch in einem Coffee-Shop", antwortete Peter wie auf eine Frage. „Und wenn ihr im Eveins wirklich geholfen werden kann ..." Hoffnungsvoll sah er wieder Storm an.
"Ich werde Landry informieren. Glaube nicht, daß er etwas dagegen hat, wenn ihr die beste Pflege zuteil wird. Sie arbeiten schließlich für das Militär, Doc", beruhigte Storm ihn. „Ich rufe gleich nachher an."
"Wir haben allerdings ein weiteres Problem", warf Elliott in den Raum. „Dadurch, daß Doktor Babbis nicht hier gemeldet ist, besteht für das Gericht die Gefahr der Flucht. Ich glaube nicht, daß ich Sie auf Kaution herausholen kann."
Peter nickte niedergeschlagen.
"Woran erinnern Sie sich noch?" fragte Hernan nun.
Der junge Wissenschaftler sah wieder auf. „Ich war im Krankenhaus bei ihr, dann bin ich in diesen Coffee-Shop gegangen und habe drei oder vier Tassen getrunken. Der letzte Kaffee schmeckte etwas bitter. Dann habe ich mir ein Taxi genommen und bin zum Haus meiner Eltern rausgefahren. Auf dem Weg dorthin war ich ziemlich müde. Also bin ich gleich zu Bett gegangen."
"Sie haben Kaffee in einem Coffee-Shop getrunken und wurden müde?" Storm hob die Brauen. „War das entkoffinierter?"
"Nein, normaler Kaffee."
Storm und Hernan wechselten einen langen Blick, sahen dann gemeinsam den Anwalt an. Der schien zu verstehen. „Ich werde eine Blutprobe veranlassen lassen. Aber wenn es ein Mittel auf pflanzlicher Basis war ... diese K.O.-Tropfen sind verteufelt schwer nachzuweisen."
"Warum sollte mir jemand K.O.-Tropfen in den Kaffee mischen?" Peter war verwirrt.
"Fragen wir einmal anders: Wer hatte Grund, Ihren Vater zu töten?" erkundigte Hernan sich.
Der junge Wissenschaftler verzog voller Ironie das Gesicht. „Fragen Sie lieber, wer nicht. Mein Vater hat sich überall seine Feinde geschaffen. In der Literaturwelt ist er schon seit Ewigkeiten ein rotes Tuch für alle. Er hat mehr als eine Karriere zerstört. Und an der Uni ... Er ist ... war ziemlich hart mit seinen Studenten, da sind auch mehr als genug abgesprungen und hinterher komplett abgerutscht."
"Netter Mensch, Ihr Vater, Doc", wandte Storm ein. In seinem Gesicht spiegelte sich der Rest des Satzes wieder.
Peter blinzelte. „So schlimm bin ich nicht!" brauste er dann auf, erntete einen amüsierten Blick von dem MP und dem Ex-Polizisten.
Elliott sah ihn von der Seite an mit nachdenklicher Miene.
"Da wäre noch eine andere Sache, Doc", wandte Storm ein. „Sie haben nicht zufällig irgendwo einen Zweitschlüssel für Ihre Wohnung versteckt?"
"Hä?" Peter starrte den MP groß an.
"Major Uruhk hat Ihnen ... etwas geschickt, was sie gern wieder hätte. Und dem SGC wäre es ebenfalls lieber, wenn sie es bei sich tragen würde, statt daß es offen irgendwo herumliegt."
Peter blinzelte, dann weiteten sich seine Augen entsetzt. „Ist V... Major Uruhk in Schwierigkeiten? Wo ist sie? Sie würde mir den Kristall doch nicht ..."
Elliott drückte ihn mit sanfter Gewalt wieder auf den Stuhl zurück. „Beruhigen Sie sich. Wird schon nicht so schlimm sein, Doktor Babbis."
"Der Major hatte Schwierigkeiten, Doc. Aber das ist jetzt ein für allemal geklärt. Glauben Sie mir. Sie hat Ihnen den Kristall nur zur Vorsicht geschickt. War wohl so abgemacht zwischen ihnen, oder?" Storm neigte leicht den Kopf.
Peter nickte stumm, noch immer mit geweiteten Augen.
"Wie war das jetzt mit dem Zweitschlüssel?" erkundigte Hernan sich.
"Hinter dem dritten Stein in der Mauer, rechts von der Tür."
Storm und Hernan tauschten wieder einen Blick. Dann wandte der MP sich wieder an Peter: „Wir verlassen Sie jetzt, Doc, und geben Ihre Wünsche und Antworten an das SGC weiter. Machen Sie sich keine Sorgen, Sie kommen hier schon raus."

TBC ...

2 Kommentare:

  1. ui das wird ja richtig spannend! Mord??
    Als ich das das erste mal gelesen habe dachte ich mir, bestimmt musste der Vater dran glauben und siehe da: Der Vater ist tatsächlich tot!
    Aber Babbis?? Ne der war das nicht, der hat doch seelenruhig im Bettchen geschlafen und wusste nicht einmal, das der Vater im Hause ist.
    Und Vashtu...das hat sie ja richtig aufgewühlt, davon zu hören!
    Wurde auch einmal langsam Zeit, dass sie anfängt von sich auch etwas zu erzählen, auch wenn es sicherlich nur ein Bruchteil vom Ganzen war.
    Aber zuerst hatte sie befürchtet, es ist etwas mit John passiert kann das sein?
    Weil sie so in sich hinein gehorcht hat ;)
    Jetzt bin ich aber mal riesig gespannt darauf, wer dem armen Peter da etwas anhängen will...
    LG Sabrina

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  2. Wow, Kompliment für die aufmerksame Leserin! Ja, das "in sich Reinhorchen" hatte tatsächlich mit John zu tun. Kompliment! Die Stelle wurde bisher meist überlesen.
    Vashtu ist im Grunde ihres Herzens eine Glucke (wenn wir beim Geflügelvergleich bleiben wollen, nachdem John ja der Gockel ist *zwinker*). Mackenzie hat ja selbst bemerkt, wie sie zu Dorn und Babbis steht - der eine ist Vaterersatz, der andere der kleine Bruder. Und da sie schon eine Familie verloren hat, will sie diese unbedingt behalten, darum ist sie so aufgewühlt hier.

    *lach* Der arme Peter sitzt tatsächlich in der Patsche. Ob ihm da ausgerechnet Storm und Hernan raushelfen können ... ? Aber wer weiß, ob er nicht doch im Drogenrausch ... Könnte doch sein, nachdem er mit seinem Vater allein im Haus gewesen ist laut Polizei ...

    Dann freu ich mich schon auf dein nächstes Comment - und nochmals vielen, lieben Dank für dieses hier *strahl*.

    Bis denne
    Ramona

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