13.08.2010

Die geheime Stadt V

Als Dorn am nächsten Morgen die Augen öffnete, glaubte er noch einen Moment lang zu träumen. Er blinzelte verwirrt und rappelte sich schließlich vorsichtig auf. Dann lächelte er mit der Güte eines Großvaters und zog die dünne Decke leise über den kleinen Körper, der sich eng an ihn geschmiegt hatte.
Die kleine Nefrenna kuschelte sich in sein Kissen, schlief einfach weiter. Ihren Stock hatte sie auf den Nachttisch neben sich gelegt. Aber wahrscheinlich auch nur, weil er ihr gesagt hatte, selbst Major Uruhk würde des Nachts die Waffen ablegen.
Dorn lächelte, strich dem kleinen Mädchen eine Strähne seines dunklen Haares aus dem Gesicht und betrachtete es.
Die Erethianer waren wirklich ein sehr gastfreundschaftliches Völkchen, mußte er zugeben, und seiner Leaderin mehr als dankbar für die Hilfe, die sie geleistet hatte. Daß der Planet wahrscheinlich zerstört war, selbst Dorn hatte von der gewaltigen Feuerwalze gehört, die darüber hinweggezogen war, schien sie nicht wirklich zu stören, viel zu sehr waren sie damit beschäftigt, den Sieg über die Devi zu genießen. Früher, so hatte Cornyr, Nefrennas und Daneas Vater, ihm erzählt, seien die Erethianer ein bedeutenderes Volk gewesen, bevor die Devi zurückkamen.
Das allerdings machte dem Marine Sorgen. So wie die Überlieferung der Erethianer lautete, hatten sie früher, bis vor ein paar hundert Jahren, eine recht hochstehende Zivilisation gehabt, sie hatten friedlich auf ihrem Planeten gelebt, sich selbst als Hüter der verbotenen Stadt der Antiker gesehen und auch darüber gewacht, daß diese nie entdeckt worden war. Doch es gab noch andere Ruinen auf dem Planeten, sehr alte Ruinen sogar. Niemand wußte so recht, woher diese Ruinen stammten, bis andere kamen, von anderen Welten, mit Raumschiffen, und sie warnten vor der Rückkehr der Devi.
Wenn er Vashtu richtig verstanden hatte, war dieses Volk vor rund zehntausend Jahren aus dem Reagenzglas, oder eben dessen Aquivalent der Antiker, durch ihre Forschungsergebnisse entstanden und hatten in dieser Galaxis einen Holokaust angerichtet. Wenn sie sich so schnell hatten entwickeln können, daß sie sogar die Raumfahrt beherrschten, warum hatten sie sich von den Planeten zurückgezogen, auf denen sie wohl zuerst heimisch gewesen waren? Und, vor allem, wohin waren sie gegangen?
Der Vorhang schob sich mit einem leisen Rascheln zurück, Dr. Grodin steckte seinen Kopf in das kleine Abteil, stutzte und staunte nicht schlecht.
Dorn legte einen Finger an die Lippen, setzte sich jetzt endgültig auf. Dabei bemerkte er wieder einmal sein Alter, seine Arme zitterten und fühlten sich taub an, weil er die ganze Zeit sein Gewicht auf sie gestützt hatte.
„Melden, daß die Kleine hier ist. Erethianer", flüsterte er dem Arzt zu.
Grodin schmunzelte, schien einen Moment lang zu überlegen, dann nickte er schweigend und ging wieder.
Dorn sank auf sein Bett zurück und drehte sich vorsichtig auf die Seite. Nefrenna nachdenklich betrachtend, wünschte er sich, daß Vashtu hier wäre.

***

Mit einer netten kleinen Gute-Laune-Melodie sprang der Wecker des Palmtops an und dudelte diese in rascher Folge immer wieder herunter.
Vashtu wälzte sich unwillig auf den Rücken, streckte den Arm aus und tastete nach dem Handrechner, um ihn so weit wie möglich von sich zu schmeißen. Ein erster einsetzender Funke ihres Verstandes warnte sie eindringlich vor einer solchen radikalen Maßnahme. Statt dessen schlug sie mit der Faust auf das Gerät, rollte sich wieder zusammen und kroch in ihren Schlafsack zurück.
Aber die Ruhe war ihr nur für kurze Zeit vergönnt.
Jemand begann sie hart zu schütteln, während, offensichtlich jemand anderes, an dem Reißverschluß des Schlafsacks herumfingerte.
„John, laß das!" brummte sie, noch immer fast im Schlaf verfangen.
„Major, Sie müssen aufwachen! Sofort!" rief ihr eine weibliche Stimme zu.
Vashtu stutzte, wagte es nicht, die Augen zu öffnen. Nein, dieser Traum war gerade zu schön, den wollte sie weiterträumen.
„Vashtu, Sie müssen den Bericht absetzen, jetzt!" bellte Peters Stimme sie an.
Ob sie sein Palmtop beschädigt hatte? Warum sollte er sich sonst wieder so aufregen.
Vashtu grummelte etwas unwilliges und wollte sich in ihrem Schlafsack verstecken. Lieber von John Sheppard träumen als sich jetzt schon wieder Pendergast stellen.
Pendergast!
Mit einem Ruck riß sie die Augen auf.
„Mist!"
Stross gelang es endlich, den Reißverschluß ein Stück weit zu öffnen. Noch immer war Peter Babbis damit beschäftigt, sie zu schütteln.
„Es reicht, Peter!"
Unwillig machte sie sich los, setzte sich auf und gähnte.
Eine tolle Nacht! Im Endeffekt hatte sie die ganze Zeit draußen gesessen und die Zwei-Stunden-Frist abgewartet, die man ihr gesetzt hatte. Auf keinen Fall wollte sie noch einmal auf die Prometheus gebeamt werden. Nicht mit der Drohung im Nacken, die Stross gestern abend ihr gegenüber mehr oder weniger ausgesprochen hatte.
„Sind Sie jetzt endlich wach?" Die Wissenschaftlerin hielt ihr ihr Funkgerät hin.
Vashtu warf dem kleinen Gerät einen verächtlichen Blick zu, griff aber doch danach, dabei blieb ihr Blick an ihrer Uhr hängen.
„Ich hätte noch zehn Minuten", muffelte sie unwillig, während sie das vorgesehene Ende an ihrem Ohr befestigte.
Stross sah sie verblüfft an. „Was?"
Mit schmalen Augen starrte Vashtu die andere an, dann wandte sie sich ab und aktivierte das Funkgerät. „Uruhk hier. Zweistündige Meldung: Keine Vorkommnisse, Sir. Ziehen in einer Stunde los, um Erethia weiter zu erkunden. Uruhk Ende." Sie staunte über ihre eigene Stimme, die alles andere als verschlafen klang.
„Sehr gut, Major", meldete sich unversehens Pendergast zu Wort.
Vashtu blinzelte und beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Peter zum Gaskocher ging, auf dem die Kaffeekanne stand. „Danke, Sir."
„Und Sie wollen also fortfahren, den Planeten abzusuchen?"
„Sir, wo wir eine Rotte Devis gefunden haben, können durchaus auch noch ein paar mehr überlebt haben. Außerdem ... Ich sollte doch überprüfen, ob die Erethianer wieder auf ihren Planeten zurückkönnen, Sir. Bis jetzt sieht es aber nicht so gut aus, Sir", antwortete sie.
„Aber offensichtlich gibt es noch Luft zum Atmen", sagte der Colonel nun.
Peter kehrte zurück und drückte ihr eine Tasse in die Hand.
Vashtu roch nur kurz daran, dann stellte sie sie angewidert neben sich auf den Boden. „Aber wir haben bisher weder Wasser noch irgendwelche Reste von Vegetation gefunden, Sir. Luft ist leider nicht alles, was ein Mensch zum Leben braucht."
„Tun Sie, was Sie nicht lassen können, Major. Es ist Ihre vertane Zeit. In zwei Stunden sprechen wir uns wieder. Prometheus Ende." Es knackte in der Leitung.
Vashtu kniff die Lippen aufeinander. Beinahe hätte sie sich das Funkgerät wieder aus dem Ohr gerissen und wäre darauf herumgetrampelt.
Konnte dieser Kerl sie denn nicht einmal in Ruhe lassen? Was gedachte er denn noch zu tun, um sie zu drangsalieren?
„Sie sehen müde aus, Major", wandte Stross sich an sie. „Vielleicht sollten wir die weitere Erkundung um ein paar Stunden verschieben?"
„Nein, tun wir nicht." Vashtu ächzte und kämpfte sich aus dem Schlafsack heraus. „Pendergast läßt uns überwachen, oder ist Ihnen das immer noch nicht klar? Wie sonst hätte er mich gestern so schnell auf die Prometheus befördern können." Sie drehte sich zu der Wissenschaftlerin um und sah sie an. „Ich weiß nicht, wie es in Ihrer Dimension ist, aber in meiner tragen alle SGC-Angehörigen einen ID-Chip unter der Haut. Und zumindest die Kennung von meinem kennt Pendergast. Wenn ich mich nicht in spätestens einer Stunde wie auch immer bewege, tritt er mir wieder vor's Schienenbein, darauf können Sie sich verlassen."
„Dann trinken Sie zumindest den Kaffee, der hält ein bißchen wach", sagte Peter hinter ihr besorgt.
„Ich trinke keinen Kaffee, das sollten Sie nach einem halben Jahr mit mir zusammen wissen", knurrte sie unwillig und rollte den Schlafsack zusammen.
„Ein Grund mehr, es jetzt zu tun. Sie haben doch selbst von der Gefahr durch Devi gesprochen, Major", wandte Stross ein.
Vashtu griff jetzt doch wieder nach der Metalltasse. Der Geruch von altem Kaffee stieg ihr in die Nase und ließ sie angewidert das Gesicht verziehen. Doch irgendwie gelang es ihr zumindest, einen Schluck herunterzukriegen, ehe sie Peter das Gefäß zurückgab. Sie schüttelte sich. „Wacher bin ich trotzdem nicht", kommentierte sie und marschierte zum Jumper zurück, einen Blick zum Himmel werfend.
Dichte dunkle Wolken erschienen im ersten Dämmerlicht und schienen bleischwer über der fruchtlosen Ebene zu hängen.
Vashtu seufzte ergeben und packte ihren Schlafsack weg. Aus dem zweiten Jumper erklangen jetzt einige Geräusche. Die Marines und Markham standen wohl auch auf. Sie wollte gar nicht wissen, wie ihnen wohl diese Nacht bekommen war, zu achtzehnt in dem engen Jumper.
Dann runzelte sie die Stirn und lugte wieder aus dem Gleiter heraus.
Achtzehn? Und wo kam Peter her?
Vashtu schüttelte den Kopf und rieb sich mit einer Hand durch das Haar.
Was ihr schon wieder für merkwürdige Gedanken kamen! Sie hätte wirklich die Brick riskieren und wenigstens einen Bericht auslassen sollen. Dann hätte sie zumindest ausschlafen können.
Mit einem leisen Summen glitt die Tür zum Cockpit hinter ihr auf.
Vashtu fuhr herum und bekam große Augen.
Markham, Frederics und noch zwei andere Marines tappten ihr verschlafen entgegen. „Morgen, Mam", nuschelte einer nach dem anderen, während sie den Jumper verließen.
Vashtu blinzelte ihnen ungläubig nach und schüttelte den Kopf.
Nein, das wollte sie gar nicht wissen!

***

Anne wartete, bis Major Uruhk ihren Bericht durchgegeben hatte, dann wanderte sie an der Seite der anderen weiter.
Ihnen beiden hatte die Antikerin das Hochplateau zugeteilt, während die anderen Teams sich um die Ebene unter ihnen kümmern sollten. Doch Anne zweifelte nicht, daß sich überall das gleiche Bild bieten würde: nichts als verbrannte Erde unter einem wolkenverhangenen Himmel.
Major Uruhk wischte mit dem Fuß etwas Asche zur Seite, beugte sich ein wenig vor und runzelte die Stirn. „Könnte ein Bachlauf gewesen sein", bemerkte sie dann. „Ist zumindest nicht ganz ausgetrocknet."
Anne trat näher und blickte auf das nieder, was die Antikerin entdeckt zu haben glaubte. Dann folgte sie dem, tief in die Felsen gegrabenen Verlauf. „Ein recht großer Bach", fügte sie dann hinzu.
Major Uruhk nickte, trat dann an ihr vorbei und nahm die Wanderung wieder auf.
Anne spürte es, und sie glaubte, der Antikerin erging es nicht anders. Vineta stand zwischen ihnen beiden und drückte auf sie nieder. Sie hatte geglaubt, wenn sie allein mit der Majorin reden könnte, würde es leichter werden. Doch bisher hatte sie noch keinen Anfang gefunden, wußte auch nicht, wie sie das ändern sollte.
„Es sind, wie Markham mir sagte, nicht alle Devis getötet worden", begann die Antikerin plötzlich.
Anne blinzelte, nickte dann dann und schloß wieder zur anderen auf. „Das ist richtig. Sie kamen mit Jägern hinter uns her und beschossen uns. Pendergast schickte zwar eine Staffel aus, aber einige sind offensichtlich ins Weltall entkommen."
Major Uruhk nickte nachdenklich, hielt die Augen aber weiter auf den Boden zu ihren Füßen gerichtet.
„Was denken Sie?" fragte Anne nach einer kleinen Weile.
„Daß wir unsere Sachen packen, ein paar Puddlejumper nehmen und hier verschwinden sollten, das denke ich", antwortete die Antikerin. „Wenn Devi entkommen sind, wo sind die dann hin? Und woher wissen wir ..." Sie kniff kurz die Lippen aufeinander, hob dann mit einem Ruck den Kopf. „Peter und ich haben gestern darüber gesprochen. Wir denken, es wird noch mehr geben, irgendwo. Und wenn die erfahren, was wir hier angestellt haben ..." Sie zuckte mit den Schultern.
Anne runzelte die Stirn und drückte ihre Hände tiefer in ihre Jackentaschen. „Und die Stadt?"
„Die ist ein Trümmerhaufen. Ich denke nicht, daß die Devi die noch einmal beziehen werden", antwortete die Antikerin gelassen.
„Ich rede nicht von der Devi-Stadt, Major. Ich rede von Ihrem Vineta."
Der Kopf sank wieder auf die Brust und die Asche wurde sehr aufmerksam studiert. „Darüber gibt es nichts zu reden. Vineta steht nicht zur Disposition, Doc. Tut mir leid."
„Das wußten Sie auch schon vor der Rettungsaktion, Major. Sie waren da", hielt Anne ihr vor. „Sie haben meine Leute durch ein falsches Angebot dazu gebracht, ihr Leben für Sie zu riskieren."
„Das tut mir auch leid. Ich wußte keinen anderen Rat. Pendergast hätte mein Team ..." Major Uruhk stöhnte und hob den Kopf in den Nacken. Anne sah, daß sie die Augen dabei geschlossen hielt. „Ich meine, er hätte alle Gefangenen sterben lassen."
„Weil es ihm auf Sie ankommt. Ich denke, das werden Sie inzwischen auch schon herausgefunden haben."
Ein kurzer Blick aus diesen sprechenden Augen, dann senkte die Antikerin den Kopf wieder. „Ich weiß es. Und irgendwie werde ich irgendwann etwas daran ändern."
„Und warum nicht hier? Hier haben wir die Möglichkeit." Anne blieb stehen und hob die Hand. „Eine Stadt Ihres Volkes, Major, und wahrscheinlich sogar ein Sternentor. Sie wollten doch so schnell wie möglich zur Erde zurück. Das wird Ihnen nicht gelingen, wenn Sie Pendergast einen der Jumper stehlen und er Sie die ganze Zeit jagt. Das sollte Ihnen auch klar sein. Sie sprachen selbst von den Chips, die wir alle tragen. Sie haben gestern erlebt, was geschieht, wenn Sie ihn verärgern. Und es wird noch schlimmer werden, glauben Sie mir."
Auch die Majorin war nun stehengeblieben, sah sie unter ihren Ponyfransen hervor aufmerksam an. Und in ihrem Blick lag plötzlich ein tiefes Leid und Trauer. Aber keine Trauer um das verstorbene Mitglied ihres Teams, nein, um etwas anderes.
Anne begriff plötzlich.
„Sie denken, Sie sind schuld an dem Untergang Ihres Volkes!" entfuhr es ihr.
Die Antikerin atmete tief ein, hob den Kopf wieder. „Nein, das bin ich nicht - nicht für alle", entgegnete sie.
„Aber ... ?" Anne trat wieder näher.
Major Uruhk spannte die Kiefer an. Einen Moment lang sah es so aus, als wolle sie sich abwenden und das Thema damit fallenlassen, dann aber schien sie sich entschieden zu haben.
„Die Therapie, die ich an mir anwandte, hat auch die Devi geschaffen", erklärte sie endlich. „Der Rat von Atlantis gab meine Forschungsergebnisse hierher weiter, Dr. Stross. Ich wurde auf Atlantis wie eine Gefangene gehalten und mußte ..." Sie hob die Hand und wischte die letzten Worte mit einer bestimmten Geste aus der Luft. „Die Forscher hier dagegen wandelten die Ergebnisse ab und schufen auf diese Weise die Devi. Und die wandten sich gegen die Antiker hier und metzelten mein Volk nieder. Das ist die Geschichte, Dr. Stross. Das ist die Wahrheit über Vineta. Die Stadt ging in einem Krieg unter, der die Belagerung der Wraith weit in den Schatten stellte. Zwanzig Jahre standen wir dort unter Belagerung, hier dagegen ging es um einige Tage und Wochen." Sie drehte sich um und stand hochaufgerichtet vor Anne. In ihren Augen blitzte es. „Die Devi wurden geschaffen als Waffe gegen die Wraith, und zwar, nachdem ich bewiesen hatte, daß die Therapie etwas taugt und nicht zu einem Chaos führt. Sie haben mich gestern gefragt, was ich bin. Ich bin, was man aus mir gemacht hat, Dr. Stross, nicht mehr und nicht weniger! Der Rat benutzte mich als Waffe gegen die Wraith, ebenso wie er die Devi gebrauchen wollte. Doch diese zweite Waffe hat sich als ... zu effektiv erwiesen und sich gegen seinen Schöpfer gewandt."
Anne starrte sie an. „Sie sind ..." Sie schloß den Mund, weil sie nicht wirklich wußte, was sie sagen sollte.
Major Uruhk nickte. „Ich bin die eigentliche Schöpferin der Devi, Dr. Stross. Und ich möchte nicht wissen, was alles noch in den Speichern von Vineta lauert auf den nächsten Unbedachten, der sich erdreistet, die Stadt wieder zum Leben erwecken zu wollen. Ich werde es nicht sein, das kann ich Ihnen garantieren!" Damit drehte sie sich wieder um und marschierte weiter.
Anne blieb noch einen Moment lang so stehen, wie sie bis jetzt gestanden hatte. Dann schluckte sie hart und folgte der Antikerin. „Aber Sie waren nicht mit an den Forschungen hier beteiligt, wenn ich das richtig verstanden habe, oder?"
Major Uruhk blieb stehen, den Kopf wieder in den Nacken gehoben. Anne sah, wie ihre Schultern sich hoben und dann wieder langsam senkten, ehe sie antwortete: „Nein, ich war nie hier. Ich wußte nicht einmal etwas von dieser Stadt bis in diese Zeit. Als ich auf Antarktica war und den Kontrollstuhl dort ausprobieren sollte, bin ich über die Speicher von Vineta gestolpert und habe einen Teil der Berichte gelesen. Und Sie können mir glauben, ich wäre froh gewesen, hätte ich das nicht getan. Auf keinen Fall wollte ich ausgerechnet hier landen, auf gar keinen Fall!"
„Aber jetzt sind Sie hier", entgegnete Anne mit sanfterer Stimme. „Und was haben Sie jetzt? Ein defektes Schiff, das von einem größenwahnsinnigen Colonel befehligt wird, der Sie lieber jetzt als gleich auf seine Erde schleppen würde, ob Sie nun wollen oder nicht. Wir haben die Devi gegen uns aufgebracht, und ich rede jetzt nicht von Ihnen allein, Major, daran waren wir alle beteiligt. Wir können diese Galaxis nicht verlassen, wir wissen ja nicht einmal, in welcher Dimension wir uns befinden! Irgendwann wird uns auch noch die Munition ausgehen, so ungern ich das auch sage. Ich habe gesehen, was es kostet, nur einen Devi zu töten, und da können Sie noch so effektiv sein, Major." Sie holte tief Luft, ehe sie fortfuhr: „Auf der anderen Seite haben wir einen Planeten, der eine gewaltige Katastrophe hinter sich hat und noch über keine Vegetation verfügt. Hier gibt es keine Deckung für die Devi, Major, anders als vielleicht sogar auf der Prometheus. Wir haben eine Stadt Ihres Volkes, und in deren Speichern vielleicht sogar die Antwort, wie die Devi vernichtet werden können. Wir haben einen Teil der Atlantis-Crew, die es ohnehin gewohnt ist, auf sich selbst gestellt zu sein. Wir haben den Rest Ihres Teams, einen erfahrenen Kämpfer und einen jungen, sehr intelligenten und talentierten Wissenschaftler. Und wir haben Sie, Major! Wir haben ein, wenn auch kleines Volk, das Ihnen dankbar ist für das, was Sie getan haben. Vielleicht haben wir sogar ein Stargate und können versuchen, damit Kontakt nach außen aufzunehmen, auch um herauszufinden, wo und in welcher Dimension wir uns befinden. Und alles, was es uns kostet, ist ein wenig Zeit, um überhaupt zu überprüfen, ob die reine Idee etwas taugt."
Sie beobachtete, wie die Hand der Antikerin unwillkürlich nach einer der beiden Ketten um ihrem schlanken Hals getastet hatte, als sie sprach. Ansonsten hatte sie keine Reaktion gezeigt. Jetzt aber schüttelte sie den Kopf. „Das ist inakzeptabel", murmelte sie. „Es ist zu gefährlich! Wir haben nicht die blaßeste Ahnung, was uns noch in Vineta erwarten könnte."
„Dann sollten wir es herausfinden. Welche Wahl haben wir denn überhaupt, Major?"
Die Antikerin drehte sich langsam wieder zu ihr um und sah sie nachdenklich an.
„Einen Versuch ist es allemal wert. Alles ist besser, als Pendergast auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein, das wissen Sie auch", bohrte Anne weiter.
Die sprechenden Augen zeigten noch einen Rest Skepsis, doch noch immer schwieg die Antikerin.
Anne kreuzte die Arme vor der Brust. „Wir sind zwanzig Leute auf dem gesamten Planeten, Major. Und zumindest über das Militärpersonal haben Sie die Befehlsgewalt. Sie werden diese zwanzig Leute doch wohl unter Kontrolle halten können, oder?" fragte sie.
Die Antikerin begann, an ihrer Unterlippe zu nagen, wandte den Blick wieder ab und sah sich um. Anne wußte, was sich ihren Augen zeigte: Nichts als verbrannte Erde.
„Denken Sie auch an die Erethianer. Pendergast wird sie hier zurücklassen, gleichgültig ob sie überleben können oder nicht. Es mögen nicht viele sein, aber sie haben ein Leben verdient, Major. Ein Leben ohne Schrecken und ohne Hunger."
Die Kiefer der Antikerin spannten sich kurz an, dann nickte sie. „Also gut. Wir durchsuchen die Stadt. Aber sollten wir auch nur den leisesten Hinweis finden, daß es noch etwas schlimmeres als die Devi dort geben sollte ..."
„Brechen wir das ganze ab und kehren zur Prometheus zurück." Anne streckte der anderen die Hand hin. „Aber sollten wir nichts finden, werden Sie zulassen, daß die Erethianer und auch meine Crew Vineta für sich erobern, Major. Abgemacht?"
Die Antikerin betrachtete die dargebotene Hand, sah dann zögernd auf. Schließlich schlug sie ein. „Abgemacht, wenn Sie sich um mein Team kümmern."
„Jedem einzelnen Mitglied von SG-27 steht meine Tür immer offen." Anne lächelte.

TBC ...

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