18.07.2009

Das Monster III

John saß stumm daneben, während Elizabeth und Carson sich munter unterhielten und Rodney, wie immer morgenmuffelnd, sein Frühstück hinunterschlang und sich hinter einer Zeitung vergraben hatte.
Der Traum der letzten Nacht verfolgte ihn. Immer wieder tauchte aus den Tiefen seines Geistes das Gesicht der Frau auf. Der Frau, deren Bild er gestern in einer Abendausgabe gesehen hatte, die Rodney hatte lesen wollen.
John schnürte es die Kehle zu.
War er es vielleicht gewesen? Hatte er diese Frau getötet, diese Miss Lloyd?
Er wußte es nicht. Er hatte nicht die blaßeste Ahnung, ob und was sich vor zwei Nächten abgespielt hatte. Nur dieser Traum, der ihn quälte und verfolgte ... Wenn nun ... ?
„Es hat wieder einen Mord gegeben", sagte Rodney in diesem Moment, „nicht einmal einen Block von hier entfernt."
John zuckte zusammen, als habe der Wissenschaftler ihn geschlagen.
Einen weiteren Mord. Das dürfte dann das ... sechste Opfer sein.
Sechs. Seit sechs Tagen waren sie in New York, um der Außenabteilung des IOA über das eine Jahr der Expedition Rede und Antwort zu stehen. Und vorher hatte man ihm im Cheyenne-Mountain sehr deutlich zu verstehen gegeben, daß er von jetzt an nicht mehr gebraucht werden würde auf Atlantis. Was immer der Generalstab und die Air Force mit ihm planen mochten, er würde nicht zurückkehren in die Pegasus-Galaxie. Und das vornehmlich, weil er selbst die meisten Fehler begangen hatte.
John schloß die Augen.
Und wenn er nun der Mörder war? Wenn ...
Elizabeth und Carson diskutierten mit Rodney über diesen sechsten Mord. Keinem schien aufzufallen, daß er sich nicht an diesem Gespräch beteiligte.
John öffnete die Augen wieder, sah auf seine verbundene linke Hand hinunter, betrachtete dann seine bloßen Unterarme, an denen sich deutlich Krater und Hämatome abzeichneten. Abwehrverletzungen, so hatte dieser Ermittler Mac Taylor es genannt. Aber was, wenn das nicht seine Abwehrverletzungen waren, sondern die dieser Lloyd? Was, wenn er durch die Kopfschmerzen regelmäßig den Verstand verlor und ...
Es läutete.
John zuckte unwillkürlich zusammen, sah dann auf, als Carson sich erhob und etwas vom Zimmerservice murmelte.
Was, wenn er der Central-Park-Ripper war?
John wußte, was der Krieg aus einem Menschen machen konnte, er hatte es oft genug selbst erlebt. Und er kannte mehr als einen seiner alten Kameraden, die sich nie von dem erholt hatten, was sie während der Kämpfe hatten mitansehen und manchmal sogar selbst hatten tun müssen. Irgendwie war es ihm bis vor einem Jahr meist gelungen, sich von den größten Massakern fernzuhalten. Sicher, es war schlimm gewesen, was er erlebt hatte, seit er das erste Mal in ein Krisengebiet versetzt worden war, aber wenn er an die Schilderungen von manchen anderen dachte ...
„NYPD", sagte eine Stimme.
„Was?" Elizabeth klang vollkommen verblüfft.
John öffnete die Augen, atmete tief ein. Er begegnete Rodneys entsetztem Blick, richtete sich dann auf und drehte sich um, gerade als drei Männer und eine Frau die Suite betraten.
„Major Sheppard?" fragte Elizabeth leise, doch er ignorierte sie.
Beinahe wollte ein erleichtertes Lächeln sich auf sein Gesicht schieben, als er sah, wer da gekommen war. Ja, den einen Mann kannte er, es war Mac Taylor, an den er gerade noch gedacht hatte. Hinter ihm ging eine Frau mit dunklen Haaren und einem ausgeprägten Schmollmund - untern normalen Umständen hätte er sie vielleicht anziehend gefunden. Der zweite Mann trug ein Ledersakko und hatte schwarze Haare. Die Koteletten waren vielleicht etwas lang für Johns Geschmack, betonten andererseits aber auch das schmale Gesicht mit den dicken Brauen und den dunklen Augen. Sicher hatte dieser Mann wenigstens einen Italiener in seiner Familie.
Aber ... warum auch nicht? Immerhin galt New York weithin als die Hochburg der Italianos und als Hauptquartier der amerikanischen Mafia.
Der letzte Mann trug die Uniform der Polizei und ging neben der Tatortermittlerin einher.
Vor John blieben die vier stehen.
Er nickte Mac zu. Es brauchte keine Worte zwischen ihnen, er wußte, warum sie gekommen waren.
„John Sheppard, ich verhafte Sie hiermit", der Schwarzhaarige legte ihm eine Hand auf die Schulter, doch er ließ sich nicht stören, sah weiter offen und forschend in das Gesicht des Tatortermittlers, der ihm im Krankenhaus so sympatisch gewesen war, „wegen des dringenden Verdachtes des vorsätzlichen Mordes und der Vergewaltigung in sechs Fällen."
Mac senkte den Blick. „Es tut mir leid." Seine Stimme klang rauh.
John nickte, richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Rodney?" fragte er, ohne sich umzusehen. „Würden Sie bitte in mein Zimmer gehen und meine Waffe holen?"
„Was geht hier vor?" meldete sich endlich Elizabeth zu Wort.
„Detective Don Flack, NYPD", stellte der Schwarzhaarige sich endlich vor und zückte seinen Dienstausweis. John warf ihm nur einen halben Blick zu.
Rodney bewegte sich noch immer nicht!
„McKay!" John klang ungeduldig, wandte sich dann an Flack: „Wollen Sie mich fesseln zur Sicherheit?"
„Das wird nicht nötig sein, Major", antwortete Mac sofort wie auf Kommando. „Ebensowenig wie Sie jemanden schicken müssen, um Ihre Waffe zu holen. Sie haben eine Berechtigung. Und wollen Sie sich diese Schmach wirklich antun?"
John biß sich auf die Lippen und schüttelte den Kopf.
„Ich bestehe darauf zu erfahren, was genau meinem Stabsmitglied vorgeworfen wird", begehrte Elizabeth hinter ihm auf.
Carson kam jetzt endlich den Flur hinunter, während McKay an ihnen vorbei in Richtung seines Zimmers stürzte.
John seufzte erleichtert.
„Tut mir leid, Mam, aber ..."
„Wir haben die Ergebnisse des DNA-Vergleichs", schnitt Mac Flack das Wort ab, noch immer sehr konzentriert John musternd. „Die Proben von Ihnen stimmen mit denen der ersten fünf Ermordeten überein, Major."
Er war der Ripper!
John schluckte, nickte dann wieder. „Ich gehe freiwillig mit und ..." Er brach ab, weil ein Klumpen in seiner Kehle ihn plötzlich würgte.

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Grün glühende Augen starrten ihn an ...
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„Mein Junge!"
John riß sich zusammen, richtete sich wieder auf, während der uniformierte Polizist und die Tatortermittlerin Carson von ihm fernhielten.
„John?" ließ Elizabeth sich vernehmen.
Ihm war übel, doch er würde wohl nichts daran ändern können, was hier gerade geschah. „Wir sollten gehen", sagte John, als er sich wieder gefangen hatte.
„John!"
Er warf einen Blick über die Schulter zurück auf Weir. Ein trauriges Lächeln zuckte um seinen Mundwinkel. „Würden Sie für mich Landry informieren, Elizabeth? Man wird in ... Colorado wissen wollen, was geschehen ist."
Elizabeth starrte ihn groß an. Deutlich sichtbar schluckte sie und begann zu nicken.
John drehte sich wieder um, betrachtete die attraktive Frau. „Sie wollen meine Sachen durchsuchen?" fragte er.
Die musterte ihn mißtrauisch, nickte dann aber und zog einen Umschlag aus ihrer Jackentasche.
John schüttelte den Kopf. „Danke, aber ich gebe Ihnen meine Genehmigung. Nehmen Sie mit, was Sie brauchen."
„Sind Sie sicher, Major?" erkundigte Mac sich. „Sie verzichten gerade auf Ihre Rechte. Ich hoffe, das ist Ihnen klar."
McKay kam endlich zurück, die leere Beretta in der zitternden Hand. Gut, daß er das Magazin an einem sicheren Ort versteckt hatte.
„Gehen wir", sagte John nur, während diese Frau Rodney die Waffe abnahm. „Das Magazin finden Sie in der Seifenablage im Bad", wandte er sich an sie und lächelte wieder humorlos.
„John!"
Er sah noch einmal über die Schulter zurück und schüttelte den Kopf. „Es ist in Ordnung, Elizabeth. Wirklich."
Damit ließ er sich, von Flack und Taylor flankiert, aus der Suite führen.

***

Sergeant George Dorn nahm seine Mütze ab und folgte dem Luftwaffenoffizier, dem er zugeteilt worden war, in das Hotel hinein.
Erst das Chaos im Cheyenne-Mountain selbst, dann auch noch das Debakel in der Peterson Airbase und schließlich das schlechte Wetter hier in New York. Es war zum Auswachsen gewesen. Dadurch, daß gerade die Leitung des SGCs wechselte, war selbst Dorns Geduldsfaden etwas strapazierter als sonst, zumal er erst vor wenigen Tagen erfahren hatte, daß seine Tochter Laurell in den Irak versetzt werden sollte als Sanitätsfliegerin.
Es behagte ihm nicht, auch wenn ihm klar war, daß sie, durch ihren Eintritt in die Streitkräfte, sich auch verpflichtet hatte, an Auslandseinsätzen teilzunehmen. Doch Cindy, seiner Frau, das klar zu machen ... und es auch noch selbst zu akzeptieren, das waren definitiv andere Dinge als die, die er bisher hatte bewältigen müssen.
Dabei war er so sicher gewesen, Laurell irgendwie ins SGC bringen zu können und hatte deshalb mehr oder weniger darauf bestanden, daß sie der Air Force beitrat, als sie unbedingt in seine Fußstapfen hatte schlüpfen wollen. Vielleicht wäre sie bei den Marines doch besser ... ?
Major Lorne, dem er zugeteilt worden war auf Geheiß des neuen Leiters von Cheyenne-Mountain, diesem General Hank Landry, hatte sich an den Tresen gestellt und sprach jetzt auf den Portier ein.
Dorn sah sich, zugegeben, etwas desinteressiert um. Hatte sich einiges verändert, seit Stephen, sein Neffe, hier einen Ferienjob als Page gehabt hatte.
Mit einem leisen Klingeln öffneten sich die Lifttüren.
Dorn schmunzelte. Immer noch der gleiche alte Aufzug, der allmählich wirklich in Rente gehen sollte - so wie er demnächst.
Drei Männer verließen den Lift, alle drei dunkelhaarig, einer in einem Ledersakko.
Dorn musterte die drei, wohl wissend, daß er so schnell deren Gesichter nicht mehr vergessen würde. Wie immer, er hatte nun einmal ein sehr gut funktionierendes Gedächtnis, was sich in seinem Dienst für das SGC auch schon mehrfach ausgezahlt hatte.
Der mittlere der drei sah ihn groß an, konnte seinen Blick nicht von ihm wenden. Merkwürdige Augen ...
Dorns Blick glitt die Gestalt hinab. Helles T-Shirt, ausgewaschene Jeans, Militärstiefel ...
Er stutzte, gerade als Lorne sich wieder aufrichtete.
Der Fremde mit den Militärstiefeln wollte stehenbleiben, öffnete den Mund.
„Weitergehen", sagte der mit dem Ledersakko. Konnte es sein, daß das einer aus dem Flack-Clan war?
Der hochgewachsene Mann mit den Militärstiefeln an den Füßen ging, wenn auch unter deutlicher Zuhilfenahme der Hand des Ledersakkos, weiter, drehte sich im Lauf aber immer weiter um, als das Recken seines langen, geröteten Halses nicht mehr ausreichte.
Nicht gerade ganz regelkonform die Frisur, ging Dorn auf. Sollte das vielleicht dieser Sheppard sein, wegen dem sie gekommen waren?
„Serge?" wandte Lorne sich an ihn, gerade als die drei das Hotel verließen.
Dorn nickte nachdenklich, folgte dem Major zu den Aufzügen. „Sollten die Treppen nehmen", brummte er einsilbig.
Lorne warf ihm einen überraschten Blick zu. „Wieso?"
Wieder erklang dieses leise Läuten, als die beiden Türen sich öffneten.
Dorn schürzte nachdenklich die Lippen und zuckte mit den Schultern, folgte Lorne aber anstandslos in den Aufzug hinein.
Dieser Mann mit den Militärstiefeln ging ihm nicht aus dem Kopf. Sollte das etwa wirklich Sheppard sein, der angeblich einigen Ärger hatte, sowohl hier in New York wie auch im SGC? Soweit Landry das beim Briefing angedeutet hatte schien er wohl nicht gerade sehr ... militärisch zu sein. Andererseits aber besaß er wohl auch einige Erfahrung, wie Dorn über den Techniker Walter erfahren hatte, der, auf sein Geheiß hin, die Akte dieses Sheppard aus den Eingeweiden des Hauptrechners gezogen hatte. Eine zugegebenermaßen beeindruckende Akte.
Wider Erwarten blieb der Lift nicht stecken, was Dorn schon einmal etwas beruhigte.
Zumindest schienen die Götter nun wieder auf ihrer Seite zu sein, hatte doch was für sich.
Sich weiter an Lornes Seite haltend, marschierte er den Gang hinunter, der im Stil der 20er gehalten einiges mehr versprach als dieses Etablisement halten konnte, bis zu einer halb offenstehenden Tür.
Lorne gab ihm Zeichen. Dorn blieb stehen und wartete, während der Luftwaffenoffizier vorsichtig, die Hand an seiner Waffe, die Tür ganz aufstieß und in die Suite sicherte. Dann gab er ihm Entwarnung und trat ein. Der Marine folgte und sah sich neugierig um.
Sieh an, soweit war die Renovierung denn doch schon gekommen ...
Ein langer Flur schloß sich an die Tür an. Am Ende dieses Flures stand eine Tür offen, vor der sich ein Streifenpolizist positioniert hatte. Aufgeregte Stimmen drangen aus dem Raum schräg hinter der geöffneten Tür, der wohl eine Art Aufenthaltsraum für die hier lebenden Gäste sein sollte.
Dorn warf einen kurzen Blick in das erste Zimmer hinein und sah den Rücken einer jungen Frau, die sich gerade über das ungemachte Bett beugte. Auf dem Rücken ihrer Windjacke war deutlich die Abkürzung CSI zu lesen.
Sie waren zu spät!
Dorn folgte Lorne in den Wohnraum hinein und fand sich unvermittelt in einem halben Chaos wieder.
Ein Mann saß wie betäubt an einem Eßtisch, der noch gedeckt war, ein anderer lief, fingerschnippend und vor sich hinlamentierend, auf und ab. Eine dunkelhaarige Frau stand an einem niedrigen Beistelltisch und telefonierte gerade aufgeregt.
„Major Lorne und Sergeant Dorn vom SGC", stellte der Air Force Offizier sie beide vor, erntete erst einmal nichts als Unverständnis für seine Worte, dann sprang der Mann, der gerade noch vor sich hingemurmelt hatte, auf sie beide zu.
„Und wo, wenn man fragen darf, kommen Sie ausgerechnet erst jetzt her?" fuhr er Lorne an. „Hier geht gerade die Welt unter und Sie sind seit Urzeiten überfällig!"
Dorn schmunzelte.
Das schien ja ein munterer Tag zu werden ...


***

Mac hatte die Reaktion des Majors in der Lobby sehr genau beobachtet und war auch selbst auf die beiden Militärs aufmerksam geworden, die am Tresen gestanden hatten und offensichtlich nach einer Auskunft verlangten. Was ihn eher verblüffte war die Tatsache, wie lange die Air Force gebraucht hatte, um einem ihrer Leute Hilfe zu schicken. Irgendwie wollte er nicht so ganz davon ausgehen, daß es sich „nur" um ein Versehen handelte. Nein, dazu kannte er die „Flugaffen" ein bißchen zu gut noch aus seiner Zeit beim Militär. Außerdem, hatte er nicht bereits beim ersten Gespräch mit Sheppard mehr oder weniger deutlich wahrnehmen können, daß dieser offensichtlich Ärger hatte?
War es möglich, daß dieser Ärger schuld daran war, daß Sheppard vielleicht durchgedreht und die Frauen doch ermordet hatte? Dann hätte Danny recht mit seiner Theorie der multiplen Persönlichkeiten, denn niemand konnte so gut schauspielern, wie der Major es im Moment tat.
„Weitergehen", sagte Flack auf der anderen Seite.
Mac fühlte wieder, wie sein Mitleid für dem Militär erwachte. Und genau in dieser Empfindung sah er auch seinen vorrangigen Grund dafür, Sheppard für unschuldig zu befinden, obgleich das sonst ganz und gar nicht seinem Naturell entsprach. Diese Verwirrung in den haselnußfarbenen Augen, dieses Gesicht, das sich verzweifelt bemühte, keine Empfindung zu zeigen, es aber dennoch tat, diese Schuldgefühle, die aus jeder Ritze von Sheppards Verstand schimmerten.
Was auch immer er in den letzten Monaten mitgemacht hatte, es hatte ihn wohl wesentlich deutlicher gezeichnet als die vormaligen Einsätze in Krisengebieten. Und es arbeitete immer noch in dem Mann.
Mac öffnete die Tür für ihren Gefangenen, wartete, bis dieser in den Wagen geklettert war - Gott sei Dank hatte er Flack davon überzeugen können, nicht mit einem Streifenwagen zu kommen - und schloß sie dann hinter Sheppard.
Der Detective sah ihn nachdenklich an. „Hoffentlich verrennst du dich nicht, Mac", sagte er schließlich. „Vergiß nicht, laut der DNA war es Sheppard."
Mac nickte.
DAS würde er wohl so schnell schlichtweg nicht vergessen können. Erinnerte der Rest des Teams ihn nicht daran, dann würde es Sheppard selbst sein, der ihm keine Ruhe ließ.
Wer auch immer da im Central Park sein Unwesen trieb, für Mac war es nur zu klar, daß es sich dabei um jemanden handeln mußte, der dem Major übles wollte. Aber warum? Und warum diese bestialischen Morde? Man hätte Sheppard auch wesentlich leichter eine Falle stellen können, so es denn überhaupt noch nötig war, wovon er nicht so wirklich auszugehen wagte.
„Ich weiß", sagte er schließlich, sah zu dem Polizisten hinüber und erwiderte Flacks Blick. „Und was denkst du, Don?"
Der Detective sah ihn einen Moment lang überrascht an. „Bin ich dieses Mal etwa nicht der Akteur, dem ihr so wunderbar souflieren könnt?" fragte er nach einer kleinen Weile amüsiert.
Mac schmunzelte. „Ich fürchte, ich bin auf jede zweite Meinung angewiesen, die ich nur hören kann. Das 'Verrennen' habe ich inzwischen einmal zu oft gehört ..."
Flack grinste, zog seine Sonnenbrille hervor und setzte sie sich auf. „Verständlich", gab er zu. „Aber ich muß dir recht geben. Dieser Sheppard ist bisher alles andere als ein typischer Serienkiller, vielleicht abgesehen von seinem IQ."
Mac warf einen Blick auf die Rückbank. Der Major saß, die Finger in seine Oberschenkel gekrampft, da und starrte nach vorn aus der Frontscheibe. Er wirkte wieder angespannt. Dabei verrieten die kleinen Falten in seinem Gesicht, daß er gern und oft lachte.
Der IQ ... der war wirklich mit anderen Serienkillern vergleichbar, das stimmte. Aber nicht jeder, der intelligent war, mußte zwangsläufig zu einer Bedrohung für seine Mitmenschen werden. Das war Unsinn!
„Noch Fragen?" Flack grinste ihn an.
Mac kniff kurz die Lippen aufeinander, dann schüttelte er den Kopf. „Laß uns fahren."





***

„Einen Moment, bitte." Major Evan Lorne hob die Hand und sah von einem zum anderen. Kurioserweise trat plötzlich Stille ein, kurz nachdem er die Stimme erhoben hatte.
Wow! Dabei hatte er doch bisher immer als der gegolten, der so leicht zu übersehen und -hören war! Dieser Major Sheppard hatte seine Leutchen wohl gut erzogen in dem Jahr Pegasus-Galaxie.
Sergeant Dorn lehnte am Türrahmen und verschränkte die Arme vor der Brust. Desinteressiert sah er sich um, schien gleichzeitig aber vollkommen konzentriert zu sein.
Evan fühlte sich gleich besser. Auch wenn er zu Anfang nicht begeistert gewesen war, ausgerechnet mit dem maulfaulen Dorn zusammengesteckt zu werden, inzwischen hatte es sich doch gelohnt, wie er fand. Dabei mußten sie beide ein interessantes Paar für jeden Außenstehenden abgeben, schon allein aufgrund ihrer unterschiedlichen Uniformen.
„Was ist denn jetzt?" fuhr der Mann ihn plötzlich an, der bis jetzt den Raum ruhelos durchschritten hatte.
Konnte DAS tatsächlich Dr. Rodney McKay sein, von dem er soviel gehört hatte? Der McKay, der Samantha Carter regelmäßig zur Weißglut gebracht hatte und es wohl immer noch schaffen würde, sollte er auf den weiblichen Lt. Colonel treffen? Davon allerdings war weniger auszugehen, da Carter inzwischen die militärische Abteilung in AREA 51 leitete.
Evan war sich nicht sicher, aber der andere, dieser leicht untersetzte Mann mit den himmelblauen Augen und dem hochgegelten Pony, saß nur am Tisch und musterte ihn ratlos. Von McKay hatte er bisher eigentlich nur gehört, daß er sehr hektisch sei.
Also dann ...
Evan räusperte sich, zog seine Uniformjacke zurecht. „Erst einmal würde ich gern über das informiert werden, was hier geschehen ist. General Landry sagte lediglich, daß Major Sheppard in Schwierigkeiten stecken und im Krankenhaus liegen würde, jedoch gestern bereits wieder in Ihre Obhut entlassen worden sei. Aber hier ist er nicht. Und wenn ich die Durchsuchung dieses Zimmers draußen auf dem Gang richtig deute, ist inzwischen die Polizei aktiv geworden - was nicht der Fall hätte sein dürfen."
„Major ... Lorne, richtig?" Die dunkelhaarige Frau, die bis jetzt telefoniert hatte, legte endlich den Hörer wieder auf die Gabel und drehte sich um. Endlich ein bekanntes Gesicht! Dr. Elizabeth Weir sah ihn streng und nachdenklich zugleich an.
Evan nickte, wies zu dem Marine hinüber. „Sergeant Major George Dorn, United States Marine Corps, zugeteilt dem SGC und Mitglied von SG-9", stellte er seinen Begleiter vor. „Und ich bin Major Evan Lorne von der Air Force, zur Zeit warte ich auf die Bestätigung, mit Ihnen in die Pegasus-Galaxie zu reisen und dort meinen neuen Stationierungsort kennenzulernen."
Weir sah ihn von oben bis unten an, ebenso wie dieser hektische Kerl, der wohl wirklich McKay war. Nur der Mann am Tisch blickte zu Dorn hinüber und musterte den Marine, der sich jedoch keine Reaktion anmerken ließ, sondern weiter dastand wie bisher.
„Major Lorne, unter anderen Umständen würde ich sagen, es ist schön, daß Sie nun doch endlich eingetroffen sind", sagte Weir nun wieder. „Ich kann mich ... dunkel entsinnen." Sie lächelte leicht, als er nickte. „Ich bin die Leiterin der Atlantis-Expedition und das sind meine beiden Stabsmitglieder Dr. Rodney McKay", es war tatsächlich der hektische, der ihn jetzt mit einem bösen Blick bedachte, „und Dr. Carson Beckett." Der Blauäugige sah jetzt zu ihm hinüber und lächelte, ehe er sein Interesse wieder auf Dorn richtete.
Evan war, zugegeben, irritiert über diese Reaktion. Was war auf den ersten Blick an Dorn so faszinierend? Oder spürte der Mediziner irgendetwas, was ihm verborgen geblieben war?
„Da haben Sie sich ja schön den Wecker auf 'zu spät' gestellt!" maulte McKay wieder los.
Lorne zuckte sichtlich zusammen, als er aus seinen Gedanken gerissen wurde und fokusierte den Wissenschaftler. „Major Sheppard ist vor gerade verhaftet worden", erklärte Weir, nachdem sie McKay einen strafenden Blick zugeworfen hatte. „Ich wundere mich allerdings ebenfalls darüber, daß Sie so lange bis hierher brauchten."
„Vielleicht sind die beiden ja zu Fuß gegangen. Von der Zeit könnte es vielleicht passen", bemerkte der Wissenschaftler giftig, trat an den Tisch und wollte sich offensichtlich seine Tasse nehmen, um einen Schluck zu trinken.
Evan begriff nicht so ganz, was als nächstes geschah. Es schepperte kurz, dann heulte McKay plötzlich los und hielt sich die rechte Hand. Beckett sprang auf, jedoch wohl mehr erschrocken als ebenfalls beteiligt.
„Ja, mein Junge, was machen Sie denn für Sachen?" fragte der Mediziner mitfühlend.
Evan und Dorn tauschten einen Blick. Was war das denn?
McKay jammerte laustark vor sich hin, machte damit jede mögliche Erklärung und Entschuldigung von Seiten der beiden Militärs unmöglich. Evan tauschte nur abwechselnd einen Blick mit Dorn und dann mit Weir.
In was für einen Affenzirkus hatte Landry ihn denn da geschickt? Ganz zu schweigen von seinem eigenen Antrag auf Versetzung nach Atlantis. Sicher, damit würde er deutlich (und endlich) die Karriereleiter hochfallen. Aber zu welchem Preis?
„Ich hole kurz meine Tasche, dann wird es halb so schlimm", bemerkte Beckett, nachdem er McKay endlich auf einen der vier Stühle niedergedrückt hatte.
Wieder tauschten Evan und Dorn einen langen und sehr beredten Blick, ehe dem Luftwaffenoffizier auffiel, daß sich hinter dem Marine noch zwei Schatten auf dem Flur abzeichneten.
Dem Sergeant schien eine Veränderung ebenfalls nicht entgangen zu sein, denn plötzlich richtete er sich wieder zu seiner durchschnittlichen Größe auf und drehte sich zu den beiden im Flur stehenden Angehörigen der Legislative um. „Alles in Ordnung", brummte er maulfaul.
Evan seufzte und sah Beckett nach, der hinter einer der angrenzenden Türen verschwunden war.
„Hören Sie, Major. Es mag kein sonderlich gut gewählter Zeitpunkt sein, aber ich möchte Ihnen trotzdem sagen, daß ich mich freue, Ihre Bekanntschaft machen zu dürfen."
Evan blickte irritiert wieder auf und sah Weir neben sich stehen. Etwas beschämt lächelte er.
Toller zukünftiger stellvertretender Kommandant des militärischen Kontingents auf Atlantis! Eine Zivilistin konnte sich an ihn heranschleichen!
„Wir wurden aufgehalten, Mam", erklärte er so leise wie möglich. „Sie können mir glauben, ich wäre auch lieber bereits gestern hier eingetroffen. Schon allein, damit ..."
Weir schüttelte den Kopf. „Ich habe gerade einen Bekannten angerufen, der Major Sheppards Fall übernehmen wird als sein Anwalt. Darüber sollten Sie sich im Moment keine Sorgen machen. Ich möchte allerdings, daß Sie ein bißchen mehr leisten als nur dumm herumzustehen. Wir müssen Major Sheppard helfen - und wir werden das auch tun!"
Dorn schloß die Tür zum Aufenthaltsraum und nickte ihm zu, als er dem Marine einen ratlosen Blick zuwarf. „CSI will sich auch noch die anderen Räume ansehen", brummte der alternde Militär.
„WAS?" brauste McKay plötzlich auf. „Soll das ein Witz sein? Wieso sollte diese ... diese Miss September irgendwo wühlen wollen?"
Dorn sah den Wissenschaftler sinnend an. „Die kleine Addy ist groß geworden", sagte er dann endlich und nickte, „hat aber immer noch ihre Haare auf den Zähnen. Und sie hat einen Durchsuchungsbefehl." Ein breites und zufriedenes Grinsen erschien auf seinem Gesicht, als McKay das Blut in den Kopf stieg.
Evan und Weir beobachteten diesen Schlagabtausch zwischen den beiden interessiert - vor allem die Leiterin der Atlantis-Expedition, deren Blick deutlich länger auf Dorn verharrte, als notwendig gewesen wäre.
Irgendwie fühlte Evan sich denn doch etwas in seinem männlichen Stolz verletzt. Okay, er war nicht gerade der große Raßler, der alle auf sich aufmerksam machte, aber immerhin war er für Pegasus ausgewählt worden und nicht Dorn.
„Kennen Sie diese Eddy, Sergeant?" erkundigte Weir sich interessiert.
Dorn sah sie überrascht an, hob dann wie in Zeitlupe die Schultern. „Die Burns, die wohnen in Brooklyn", antwortete er. „Cal hat früher ganz passabel Baseball gespielt. Reichte aber nicht ganz zum Profi, hatts trotzdem probiert. Ist dann abgesoffen, Minneapolis oder Chicago oder wo auch immer. War der Onkel der kleinen Addy."
Evan starrte den Marine groß an.
Dorn konnte ja sprechen! Wenn er das im SGC berichten würde, würde man ihm nicht glauben, soviel war sicher. Daß Dorn mehr als maximal fünf Wörter hintereinander über seine Lippen brachte würde als Naturphänomen gelten, das nicht öfter als alle hundert Jahre einmal stattfand - wohl eher seltener.
Beckett verließ, mit hochrotem Gesicht und einem blauen Rucksack in den Händen, wieder sein Zimmer. „Ellizabeth?" fragte er hilflos.
Dorn und Evan wechselten einen Blick, dann folgte der Air Force-Offizier der Leiterin von Atlantis.
„Was ist denn, Carson?" erkundigte Weir sich, während Becketts Gesichtsfarbe von dunkelrot zu schmutzigem Weiß wechselte.
„Carson, was auch immer passiert ist, ich verblute hier!" beschwerte McKay sich. „Es wird schon nicht so schlimm sein, daß Sie nicht zumindest ein Pflaster für mich hätten, oder?"
Der schottische Mediziner schluckte und zog eine Plastiktüte aus seinem Rucksack. „Die gehört dem Major", flüsterte er heiser. „Und ... es sieht aus, als wäre Blut daran."
Evan warf einen Blick über die Schulter zu Dorn, der sich stocksteif aufgerichtet hatte und sich jetzt lautstark räusperte. „Verdammt trockene Luft hier", sagte er dann mit beinahe theatralisch erhobener Stimme.
Weir warf einen irritierten Blick über die Schulter. „Was?" fragte sie verblüfft.
„Mam, die Polizei befindet sich noch im Nebenraum", gab Evan zu bedenken. „Vielleicht finden wir etwas, womit wir dem Major helfen können. Aber das setzt voraus, daß wir ungestörten Zugriff darauf haben."
Die Leiterin der Expedition sah ihn einen Moment lang an, dann hellte sich ihr Gesicht auf. „Niemals jemanden zurücklassen, wie?"
Evan nickte. „Unser Ehrenkodex im SGC."
McKay fauchte den immer noch ruhigen Dorn an und gab ihnen damit eine brauchbare Geräuschkulisse, als sie zu Beckett traten, der die Tüte nach einem kurzen Zögern der dunkelhaarigen Frau übergab.
Evan bekam einen langen Hals und lugte an ihr vorbei auf den Inhalt der Tüte. Eine Boxershorts, recht verknüllt und nur nachlässig hineingestopft. Doch der dunkelrote Fleck war gut auszumachen und wies eine interessante Form auf.
Die Farbe ...
„Ich dachte, diese Sache im Park sei vor knapp zwei Tagen passiert?" fragte Evan nach und sah Beckett ins Gesicht. Der nickte nur stumm.
„Warum ist der Fingerabdruck dann immer noch feucht? Das Blut ist nicht eingetrocknet", fuhr Evan fort.
Eine halbe Sekunde später beugte sich noch ein vierter Kopf über die Tüte. „Sie haben recht!" Dr. McKay schien wirklich überrascht. „Das ist tatsächlich ein Fingerabdruck."
Evan nickte, wechselte einen Blick mit Beckett. „Kann das irgendetwas beweisen?"
Weir verschwand von seiner Seite und begann jetzt ihrerseits irgendeinen recht lauten - und recht sinnlosen Monolog.
„Wenn es vom wahren Täter ist, könnte ich mit geeignetem Gerät beweisen, daß Major Sheppard unschuldig ist", antwortete Beckett leise.
„Wenn ich eine sichere Leitung bekommen könnte, könnte ich mich bei AFIS einhacken und herausfinden, zu wem der Abdruck gehört. Falls ein gewisser Arzt mich versorgen kann, EHE ich verblute!" Selbst McKay hielt seine Stimme deutlich gesenkt.
Evan sah plötzlich Land am Horizont. „Dann könnten wir also mehr tun als dumm herumsitzen und abwarten. Sehr schön." Ein zufriedenes Lächeln erschien aus seinem Gesicht.
McKay warf ihm einen unwilligen Blick zu. „Sie meinen, wenn wir nicht auf der Erde wären, Major!" giftete er ihn an. „Wir brauchen ein Top-Labor. So, wie der CSI ihn wohl haben dürfte. Nur leider werden die uns nicht an ihre Geräte lassen!"
„Kein Problem", brummte Dorns dunkle Stimme im Hintergrund.
Evan drehte sich mit McKay zusammen um und beobachtete, wie der Marine den Hörer von der Gabel nahm, ein Amt wählte und dann eine Nummer.
„Was macht der da?" fragte Beckett verblüfft und erntete unwillige Blicke. Selbst Dr. Weir war kurzfristig verstummt.
„Al? ... Bin hier ... ja ... ja ... nein ... gut ... schlecht ... das Labor? Geht gut? Brauche es ... wann? Gut ... grüß Mum ... mhmh." Dorn hängte den Hörer auf und sah in vier verwirrte und erwartungsfrohe Gesichter. Stumm nickte er. „Hab ein Labor, hilft manchmal dem CSI aus", sagte er, konsulidierte kurz seine Uhr. „Halbe Stunde, dann müssen wir da sein. Ist'n ziemliches Stück. Wir sollten jetzt los."
„Sergeant, dürfte ich fragen, woher Sie sich so gut auskennen hier?" erkundigte Weir sich.
Dorn grinste. „Komme aus NY. Die Dorns waren schon alteingesessen, als das hier noch Neu Amsterdam hieß", antwortete er, drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Gemeinschaftsraum.
Weir nickte sinnend, während Evan, Beckett und McKay verwirrte Blicke miteinander tauschten.





***

Nach den erkennungsdienstlichen Maßnahmen hatte man John in diesen Raum gebracht, in dem er bis jetzt noch wartete. Auf was, das konnte er selbst nicht ganz genau sagen.
Das alles erschien ihm immer noch so real wie seine Alpträume. Er wußte, irgendetwas stimmte nicht, aber er konnte seine Finger nicht wirklich darauf legen und das kranke Gewebe herausreißen. Es war wie verhext. Auf der einen Seite war er sich sicher, daß er nichts mit den Morden zu tun hatte, auf der anderen aber wußte er auch nicht, ob er nicht doch der Ripper war.
Auffällig war es auf jeden Fall, daß er ...

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Unter seinen hilflos tastenden Fingern gab das Fleich widerlich leicht nach, während er nach irgendeiner Schwachstelle suchte, um dieses ... Ding von sich fernzuhalten. Und da sah er das Leuchten und fand einen festen Widerstand ...
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John zuckte zusammen, als sich die Tür öffnete.
Was waren das für merkwürdige Bilder, die ihn immer wieder heimsuchten? Er wußte es nicht, und er war sich nicht sicher, ob er es wissen wollte. Das ganze war einfach nur ...
„Major?"
John blickte auf, in die besorgten Augen von Mac Taylor. „Detective." Er versuchte sich an einem schiefen Grinsen, war sich aber ziemlich sicher, daß ihm das gründlich mißlang nach der Mimik seines Gegenübers zu urteilen.
Die Tür öffnete sich erneut und dieser Detective Flack trat ein. Beide Männer ließen sich John gegenüber an dem Tisch nieder.
„Sind Sie sicher, daß Sie mit Ihrer Aussage nicht warten wollen, bis Ihnen ein Rechtsbeistand zur Verfügung steht?" erkundigte Mac sich.
John preßte kurz die Lippen aufeinander, nickte dann aber. „Ich bin mir sicher, ja", sagte er.
Flack lehnte sich lässig auf seinem Stuhl zurück. „Dann geben Sie also zu, daß Sie die sechs Frauen erst brutal vergewaltigt und dann getötet haben, Major?"
John zuckte wie getroffen zusammen, schüttelte dann den Kopf. „Ich ... ich weiß es nicht", flüsterte er.
Mac beugte sich vor. „Sie können sich nicht daran erinnern, ob Sie die Frauen überfallen haben?" erkundigte er sich.
John nickte. „Ich ... ich habe Kopfschmerzen, seit Tagen schon", erklärte er. „Ich bin mir nicht sicher, ob es vielleicht auch zu Blackouts gekommen ist. Es ist ... ich gehe regelmäßig joggen, auch an meinem Stationierungsort. Und ... Seit wir in New York sind ..." Er seufzte und zuckte mit den Schultern.
Mac wechselte einen Blick mit Flack, nickte dann. „Ich muß gestehen, ich kann es immer noch nicht glauben. Könnte es sein, daß irgendjemand im Besitz Ihrer DNA ist und uns deshalb so deutliche Spuren hinterläßt?"
John blickte auf. „Wie bitte?"
„Bisher gab es an jeder Leiche deutliche Spermaspuren und auch Blut und Gewebeteile des Mörders. Und all das weist auf Sie als Täter hin, Major Sheppard", ließ Flack sich nun vernehmen.
John schüttelte verwirrt den Kopf. „Wenn die DNA mit meiner übereinstimmt, dann ..."
Die Schuld drückte ihn wieder nieder. Er hatte seinen vorgesetzten Offizier getötet. Sumner war von seiner Hand gestorben, egal, ob es sich nun um einen Akt der Gnade gehandelt hatte oder nicht, er hatte es getan. Er war nicht da gewesen, als Markham und Stakehouse von den Wraith abgeschossen wurden. Er hatte Ford nicht aufgehalten und dadurch wäre Atlantis beinahe ...
Die Tür öffnete sich erneut und Schritte näherten sich ihm von hinten.
Mac blickte auf. „Aiden?"
Der Name war wie ein Schlag ins Gesicht.
John ruckte hoch, fuhr herum. Einen Moment lang die vollkommen irrsinnige Hoffnung in den Augen, daß er Ford wiedergefunden hatte. Doch es war nicht Ford ... Das Licht in seinen Augen erlosch, John senkte den Kopf wieder und drehte sich um. Heftig und tief, als hätte er gerade einen Spurt hinter sich, mußte er einige Male Luft holen.
Nein, es war natürlich nicht Ford, wie denn auch? Es war die junge, attraktive Frau aus der Hotelsuite, die ihn jetzt irritiert musterte. John mußte ein tief aus seiner Brust aufsteigendes Stöhnen unterdrücken, verbarg sein Gesicht in den Händen und zwang sich, immer wieder tief und ruhig durch die Nase zu atmen.
Mac war die Reaktion des Militärs dagegen nicht entgangen. Er wechselte einen langen Blick mit Aiden, die gerade zu einer zynischen Bemerkung hatte ansetzen wollen. Unmerklich schüttelte er den Kopf.
Nein, was auch immer hier vorging, der Major hatte nichts damit zu tun. Wie auch immer seine DNA an und in die Leichen kam, er war kein Mörder, kein eiskalter Killer, den es gebraucht hätte für einen dieser Morde.
Aiden trat an den Vernehmungstisch, reichte ihm ihren vorläufigen Bericht. Dabei musterte sie aufmerksam Sheppard, schüttelte schließlich stumm den Kopf und ging wieder.
Mac reichte den Bericht an Flack weiter, musterte weiter seinen Gegenüber. Irgendjemand wollte Sheppard ganz offensichtlich einen Strick drehen. Anders war das ganze nicht zu erklären. Und der Major spielte insofern auch noch mit, indem er sich seinen Schuldgefühlen ergab und sich selbst quälte. Nein, da stimmte etwas ganz und gar nicht.
Flack gab ihm den Bericht zurück.
Er warf nur einen halben Blick darauf. Noch nie in seinem Leben war Mac sich einer Sache dermaßen sicher gewesen, und der Bericht von Aiden unterstützte ihn darin noch. Sheppard war unschuldig, wie auch immer das passieren konnte.
„Vielleicht sollte ich ..."
„Sie werden auf einen Rechtsbeistand warten, Major", sagte Mac sofort und klappte die Akte zu. „Und ich möchte, daß Sie sich ganz genau an das zu erinnern versuchen, was vor zwei Nächten geschehen ist. Wir brauchen Ihre Aussage, um Sie zu entlasten."
Sheppard warf ihm einen verblüfften Blick zu.

***

Dorn nahm dankbar nickend den Schlüssel von seinem Neffen entgegen und schloß die Tür hinter dem jungen Mann.
„Wow!" entfuhr es es Carson Beckett, als er sich umsah und die Gerätschaften genau begutachtete.
Ja, damit konnte er arbeiten - vor allem schnell und effizient. Die Geräte in diesem Labor waren ebenso gut wie die, die er nach Atlantis mitgenommen hatte für seine Forschungszwecke. Wer auch immer der Inhaber dieser Firma war und sich hinter dem Namen „Scundoc Inc." verbarg, er hatte ein erstaunlich gutes Equipment. Kein Wunder, daß selbst die Polizei sich an dieses Labor wandte.
„Und?" Elizabeth trat an seine Seite. Major Lorne folgte ihr und sah sich um.
Carson klatschte unternehmungslustig in die Hände. „Dann sollten wir anfangen!" sagte er voller Enthusiasmus.
„Bis morgen früh ist das Ihres, Doc", meldete Dorn sich zu Wort. „Neun Uhr, dann kommen die Angestellten."
Carson fühlte sich einfach nur wohl, so wohl, wie er sich schon lange nicht mehr gefühlt hatte, seit Elizabeth ihn mitgenommen hatte und er durch das Tor geschritten und wieder hier auf der Erde gelandet war.
Wie fremd man seiner Heimat innerhalb nicht einmal eines Jahres werden konnte ... Früher hätte er nie geglaubt, daß er sich einmal nach dem Ozean und der salzgeschwängerten Luft sehnen würde statt nach den schroffen Bergen und dem wechselhaften Wetter Schottlands. Jetzt, das mußte er zugeben, dachte er anders darüber. Atlantis war zu seiner zweiten Heimat geworden, wie die Stadt wohl für so gut wie jeden ihrer neuen Bewohner ein Zuhause bot. Mit ihrem ganz eigenen Charme hatte die Antiker-Stadt sie eingefangen und an sich gebunden. Es war längst nicht nur darum gegangen, daß sie nicht zurück konnten - sie wollten nicht, und zwar allesamt.
Jetzt und hier hatte Carson zumindest ansatzweise das Gefühl, etwas ähnliches wie eine vertraute Umgebung wiedergefunden zu haben.
Er nickte. „Mit diesem Equipment dürfte das zu schaffen sein. Haben wir noch die Proben vom Major?"
Elizabeth nickte und holte aus ihrer Tasche die Zahnbürste hervor, die Major Sheppard gehörte. Irgendwo zwischen den Borsten mußte sich seine DNA verbergen. Und Beckett würde sie finden und analysieren, und das so schnell, wie es eben für irdisches Gerät möglich war.
Irgendwie wünschte er sich gerade jetzt doch die eine oder andere Apparatur aus Atlantis hierher, die feiner waren und noch schneller arbeiteten. Ganz zu schweigen davon, daß ...
„Hat sich schon jemand den Computerraum angesehen?" fragte in diesem Moment McKay und erschien im Durchgang zum nächsten Zimmer.
Carson fühlte sich deutlich überfahren von dem Kanadier, sagte aber nichts, sondern griff nach seinem Rucksack. „Moment!" Mit langen Schritten war McKay an seiner Seite und entwand ihm die Tüte mit ihrem kostbaren Inhalt. „Sie werden jetzt keine Beweise zerstören, ehe ich sie nicht gesichert habe, Carson. Ist das klar?"
„Vielleicht sollten wir sehen, ob wir nicht selbst noch das eine oder andere finden am Tatort", schlug in diesem Moment dieser nette Major vor, der den interessanten älteren Mann mit den grauen Augen mitgebracht hatte.
Carson sah auf. Elizabeth lächelte ihn an. „Schon gut", sagte sie. „Sie werden hier gebraucht. Und ich bin mir ziemlich sicher, Major Lorne meinte das auch nicht, nicht wahr?"
Der Luftwaffenoffizier wirkte plötzlich ziemlich verwirrt. „Wie?" Dann leuchtete Begreifen in seinem Gesicht und er nickte. Ganz offensichtlich war er es nicht gewohnt, daß man auf ihn hörte. Ein merkwürdiger Umstand, immerhin war Lorne ja Major.
„Na, ich werde sicher auch nicht im Unterholz herumkriechen und mir noch irgendeinen Ausschlag an Feuerefeu oder Brennesseln holen." Rodney hielt die Tüte hoch. „Und ich werde hier gebraucht. Es sei denn, jemand von Ihnen hat ein Programm, um ein Paßwort zu umgehen binnen relativ kurzer Zeit."
Elizabeth nickte. „Und Sergeant Dorn sollte ebenfalls hier bleiben und Wache halten", schlug sie vor. „Immerhin war dieser Albert Baxter-Dorn doch ein Verwandter und hat hier irgendeinen verantwortungsvollen Posten, oder?" Bei diesen Worten drehte Elizabeth sich halb zu dem Marine um, der immer noch an der Tür stand.
Dorn hob eine Braue und zuckte mit den Schultern, während er seine Hände in den Hosentaschen vergrub. „Meinem Neffen gehört das hier", brummte er schließlich. „Hat studiert und Glück gehabt in der Lotterie, so daß er das hier aufziehen konnte."
Carson lächelte. „Dann sollten Sie ihm herzlich danken und ihn von mir für seine hervorragende Wahl danken, was sein Equipment angeht. Es wird mir ein Vergnügen sein, diese Geräte bei der Arbeit zu sehen."
Dorn nickte nur stumm, lehnte sich schwer gegen den Türrahmen.
Elizabeth wandte den Kopf und lächelte Lorne an. „Damit blieben noch wir beide", sagte sie. „Was ist, trauen Sie sich zu, Spuren zu sichern?"
Der Major stand plötzlich stocksteif da und starrte sie groß an. „Sie meinen ... ?"
Rodney, die Tüte in einer Hand, winkte mit der anderen ab. „Wenn Sie mit wollen, sollten Sie sich besser gleich daran gewöhnen, daß bei uns einer für den anderen einsteht, Major Lorne. Auch wenn es noch so schwer fällt und manche von sich selbst glauben, gleicher als andere zu sein. Gerät einer in Schwierigkeiten, helfen die anderen. So ist das in einem Team."
„Das ist mir klar", entgegnete Lorne, sah dann wieder Elizabeth an. „Sie wollen tatsächlich mit in den Central Park gehen und Spuren an Orten suchen, die die Polizei vielleicht noch nicht wieder frei gegeben hat?"
Die Leiterin von Atlantis nickte. „So ist es. Oder denken Sie, ich sei dafür nicht geeignet, Major?" Um ihren Worten die Spitze zu nehmen lächelte sie freundlich. Doch in ihren Augen glomm eine gewisse Warnung.
Lorne hob sofort die Hand. „Um Gottes Willen nein!" entfuhr es ihm.
„Gut, dann sollten Sie endlich losziehen!" Rodney winkte mit der Hand, als wolle er Fliegen verscheuchen. „Immerhin wird es nicht früher und irgendwann auch wieder dunkel. Los jetzt!"
„Rodney!" begehrte Elizabeth auf.
Der Top-Wissenschaftler schien einen Moment lang selbst von seiner Forschheit, gerade ihr gegenüber, überrascht zu sein, dann winkte er ab. „Machen Sie einfach, daß Sie hier verschwinden und mir nicht länger auf die Nerven fallen."
DAS allerdings hielt Carson für ein Gerücht. Doch er sagte nichts dazu, sondern lächelte Elizabeth und Lorne gewinnend hinterher, als diese das Labor verließen.


TBC ...

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