20.07.2009

Das Monster IV

John hockte in der Zelle und fragte sich, ob er jemals wieder frische Luft würde atmen können. Alles in ihm schien sich verkrampft zu haben und darauf zu warten, daß er ... etwas tat. Aber er hatte noch immer nicht die blaßeste Ahnung, WAS genau er tun sollte.
Er fühlte sich hilflos, wußte nicht wirklich, wie er vorgehen sollte. Sicher, dieser Detective Taylor hatte ihn von einer großen Dummheit abgehalten, und dafür war er ihm auch dankbar. Andererseits aber ... konnte es nicht doch sein, daß er der Ripper war? Immerhin wußte er nichts von den letzten beiden Nächten, einmal abgesehen von den Alpträumen. Und hatte er sich da nicht selbst mit einem Messer in der Hand gesehen? Einem Messer, daß er aus einem Körper gezogen hatte?
Die Tür öffnete sich.
John blickte auf, wollte sich aufsetzen. Er hockte, die Beine angezogen und die Fersen auf den Bettrahmen gestützt, auf der Matratze, den Rücken gegen die kalte Wand gelehnt und die Arme auf den Knien.
„Bleiben Sie ruhig sitzen, Major." Mac Taylor trat ein, nickte dann dem Beamten zu, der daraufhin von außen die Tür der Zelle wieder verschloß, und lehnte sich lässig gegen die Wand, um ihn genau zu studieren.
John schluckte und biß sich auf die Lippen.
„Ich möchte Ihnen helfen", wandte Mac sich nach einer Weile an ihn. „Nur muß ich dazu wissen, was vor zwei Nächten im Park passiert ist."
John schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht." Seine Stimme klang plötzlich heiser.
Mac runzelte die Stirn. „Was ist das letzte, woran Sie sich erinnern können?" bohrte er vorsichtig weiter.
John wollte schon abwiegeln und um seine Ruhe bitten, als es ihm plötzlich einfiel ...

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Eine Frauenstimme. Er war sich ganz sicher. Da rief eine, immer schwächer werdende Frau um Hilfe.
Er beschleunigte seine Schritte, stolperte über etwas, was unter seinem Fuß nachgeben wollte und kam zum Stehen. Er konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Beinahe blind tastete er nach dem, das ihm gerade beinahe das Gleichgewicht gekostet hatte:
Ein Ast!
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„Ein schwächer werdender Schrei", sagte er endlich zögernd. „Er kam ... Ich weiß nicht. Irgendwo von vorn, aber ... es muß irgendwo zwischen zehn und elf Uhr gewesen sein."
Mac nickte nachdenklich, als er aufblickte.
„Also links vor Ihnen", fragte der Tatortermittler nach einer Weile. „Sind Sie sich da sicher?"
John zögerte, biß sich wieder auf die Lippen. Eine Falte wuchs zwischen seinen Brauen, als er versuchte, sich an mehr zu erinnern ...

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Er wich vom Weg ab, den er sowieso kaum noch sehen konnte, und schlug sich in die Büsche. Der Boden unter ihm war nachgiebig wie lockerer Waldboden. Seine Fußspuren gruben sich tief hinein.
Wieder dieser Schrei - und gleichzeitig setzten seine Kopfschmerzen ein, heftiger als an jedem vorhergehenden Abend.
John rutschte beinahe aus, als er ein Rasenstück erreichte. Das Gras war feucht ...
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„Ein feuchtes Rasenstück? Sind Sie sich sicher?" Mac hatte sich aufgerichtet.
John schloß die Augen wieder, sah dieses grüne Leuchten. „Und dann war da dieses Licht", flüsterte er heiser, spürte den irritierten Blick des Tatortermittlers und hob die Lider wieder. „Dieses grüne Leuchten."
„Grünes Leuchten?" echote Mac verwirrt.
John nickte. „Ich ... ich kann es nicht anders beschreiben. Irgendwie habe ich das Gefühl, ich würde etwas ähnliches kennen, aber im letzten Moment entgleitet mir die Erinnerung. Ich ... ich weiß nicht, was es ist."
„Ist es eine Floureszenz?" erkundigte Mac sich.
John strengte sein Hirn an, kniff die Lippen aufeinander. Schließlich aber zuckte er hilflos mit den Schultern. „Ich weiß es nicht", gab er zu und blickte auf. „Ich kann durchaus verstehen, daß Sie mir helfen wollen, Detective Taylor, aber ..."
Mac hob eine Hand. „Sie sind Pilot, haben einiges an Einsätzen auf dem Buckel. Gerade Ihnen muß ich nichts von dem Phänomenen der Luminiszenz erzählen. Sie kennen die Geschichten bestimmt ebenso gut wie ich, was in den 40ern während des Krieges geschehen ist mit verirrten Piloten ..."

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Die Jagdbomber hatten sich über den Inseln verirrt.
Captain Miller sah immer wieder auf die rasant sinkende Nadel seiner Treibstoffanzeige. Nur noch einige Minuten, dann ...
Er wagte gar nicht, sich vorzustellen, was geschehen würde. Kaltes Gewässer, irgendwo zwischen den Inseln. Haigebiet. Seine Leute würden, sofern sie sich aus den kleinen Flugzeugen würden retten können, Stück für Stück zerfleischt werden. Es brauchte weniger als die gestrige Schlacht gegen die Japs, um ...
„Captain?" meldete sich Weis über das Funkgerät.
Eigentlich sollte Funkstille herrschen. Aber die Aussicht auf eine Bruchlandung auf dem Wasser ließ das Schweigen brechen, ebenso wie es die Kommandowege untergrub. Und Miller fühlte sich nicht in der Lage, daran etwas zu ändern.
„Captain!" Dieses Mal war es Wilson, der aufgeregt in sein Funkgerät schrie. „Acht Uhr! Acht Uhr!"
Miller schüttelte den Kopf, wollte einen Moment lang wirklich den Befehl zur Notwasserung geben, da sah er es selbst.
Es war ein Wunder! Schlicht und ergreifend ein Wunder!
Der Ozean vor ihnen leuchtete. Ein breiter Weg, wie eine Straße, eine Landebahn, glühte in der Schwärze der Nacht. Und irgendwo, gerade noch erreichbar für die Maschinen, wartete der Flugzeugträger ...
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John nickte.
Ja, er kannte die Geschichten. Er selbst hatte das Leuchten des Planktons mehr als einmal selbst gesehen, als er als Sea Hawk-Pilot auf einem der Flugzeugträger stationiert gewesen war. Das war vor Afghanistan ...
„War es so?" bohrte Mac weiter.
War es das gleiche Leuchten wie damals, als er mit dem Hubschrauber beinahe vom Weg abgekommen wäre im Golf?
„Nein!" Das Wort war ihm einfach entfleucht. Er hatte es nicht aussprechen wollen. „Das Leuchten des Planktons sieht anders aus. Es ist bläulich."
Mac warf ihm einen zufriedenen Blick zu. „Sind Sie sich sicher? Sie wissen, wie es entsteht?"
John zögerte wieder, nickte dann aber.

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Mikroskopisch kleine Algen treiben im Salzwasser der Ozeane. Gerade an den warmen Stellen innerhalb der Erdachse ist ein zusätzliches Phänomen sichtbar, das es sonst nirgendwo gibt:
Zu bestimmten Zeiten des Jahres, während die Strömungen sich Jahreszeitenbedingt kurzfristig ändern, treffen verschiedene Planktonarten aufeinander. Kleinstlebewesen, Algen, kaum intelligenter als Einzeller, beginnen sich zu teilen, um sich fortzupflanzen
Winzige klonartige Zellteile der Algen trennen sich vom „Mutterkörper" ab. Während dieser Zellteilung kommt es zu einem floueszierenden Leuchten des Ozeans und der Meere, da Energie frei wird und die Kleinstlebewesen mit diesem Leuchten auf andere ihrer Art reagieren.
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„Inzwischen weiß wohl jeder Pilot, woher das Leuchten des Ozeans stammt." Johns Stimme klang sarkastisch.
Mac nickte nachdenklich, sah ihn weiter forschend an. „Sonst noch etwas? Es war nicht das Leuchten einer Lumineszenz, soweit waren wir schon."
John konzentrierte sich wieder. Aber die Erklärung flutschte aus seinen zugreifenden Geistesfingern wie ein Fisch, den man mit den Händen fangen wollte. Er wußte, er kannte dieses Leuchten, er hatte es bereits gesehen, damit zu tun gehabt. Aber wo? Wann? Warum?
Er assoziierte es nicht mit Gefahr - eigentlich. Eher mit ... Rodney?
Wieso mit McKay?
„Vielleicht wie Glühwürmchen? Ab und an finden sich zu dieser Jahreszeit schon einige, die nachts unterwegs sind", schlug Mac vor.
Glühwürmchen ...
„Nein!" John schüttelte den Kopf.
Wieder tauchte das Gesicht des Wissenschaftlers vor seinem inneren Auge auf, und immer noch konnte er sich keinen echten Reim darauf machen, warum er immer an McKay dachte, wenn er sich an dieses Leuchten erinnerte.
„Haben Sie den Ripper gesehen, Major?" bohrte Mac weiter.
John fuhr sich mit einer Hand durch sein verwuscheltes Haar. „Ich ... ich bin mir nicht sicher", gab er zu.
Das Leuchten. Das grüne Leuchten ...

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Der Schatten tauchte zwischen den Büschen auf, und irgendetwas ... war verdammt falsch an diesem Schatten in der Finsternis.
John begriff erst beim zweiten Hinsehen, als er schon den Ast fester packte, WAS genau nicht stimmte. Da war ein grünes Leuchten an diesem Schatten. Aber es kam nicht von einer Lampe ... zumindest nicht von einer, die zu sehen gewesen wäre. Nein, dieses grüne Leuchten gab keine wirkliche Helligkeit ab. Es strahlte nicht, es beleuchtete nicht. Es war ... einfach da!
Und im nächsten Moment begriff John auch, wo dieses „einfach da" sich befand ...
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John stockte in seinen Gedanken, doch der entscheidende Moment in seiner Erinnerung war immer noch nicht abrufbar. Er konnte den undeutlichen Schatten gegen die andere Finsternis der sie beide umgebenden Büsche und Bäume wahrnehmen, aber auch nur wenig mehr. Und der Punkt fehlte. Er wußte nicht wirklich, wie er ihn zurückholen konnte.
„Ist da wirklich nichts? Oder können Sie sich nicht daran erinnern?" erkundigte Mac sich mitfühlend.
John beschloß, weiterhin ehrlich zu sein. „Ich glaube, da ist etwas. Aber die Erinnerung ist blockiert." Er blickte auf und sah den Chef des CSI-New York forschend an. „Warum wollen Sie mir helfen, Detective? Ich kann mir nicht vorstellen, daß Ihre Aufgabe innerhalb des CSI der eines Advocato Diaboli ist."
Mac grinste schief und nickte. „Stimmt, ich bin üblicherweise der unparteiische", antwortete er nicht ohne Zynismus, wurde wieder ernst. „Warum ich Ihnen helfen möchte? Sagen wir, ich habe meine Gründe."
„Sie waren auch in der Armee, stimmt's?" John fühlte sich wohler, nachdem er einmal ausholen konnte.
Mac schmunzelte mit nach vorn geneigtem Kopf. „Stimmt", antwortete er. „Ich war bei den Marines. 1982 in Beirut, falls Ihnen das noch etwas sagt."
John wurde ernst. Stumm nickte er.
„Sie sind noch etwas jung dafür. Wo waren Sie? Noch auf dem College? Oder schon auf der Akademie?"
John senkte den Blick. „Ich ... an der Akademie", antwortete er zögernd. „Luft- und Raumfahrttechnik. Ich wollte eigentlich ins Raumfahrtprogramm wechseln."
Mac nickte nachdenklich. „Wie Gary", sagte er dann leise.
John setzte sich mit einem leisen Schnaufer auf. „Wer ist Gary?"
Macs Blick glitt ab. „Lieutenant Gary Francis war einer der verdammt besten Hubschrauber-Piloten, den ich je kennengelernt habe. Bis Beirut. Da ... traf er auf einen Panzerbrecher, der ihn vom Himmel holte."
John atmete tief ein und ballte die Hände zu Fäusten. Afghanistan kratzte an seiner Erinnerung und wollte losgelassen werden. Doch er zwang es wieder zurück in die Tiefen seines Geistes.
„Gary starb damals." Mac seufzte und kreuzte die Arme vor der Brust, während er sich nun von der Wand abstieß. „Sie beide hätten sich hervorragend verstanden, Major, davon bin ich überzeugt. Wer weiß, vielleicht wäre er irgendwann Ihr Vorgesetzter geworden, wäre er damals nicht verblutet. Ich weiß nur, daß er meine Meinung über die 'Fliegeraffen' der Air Force ziemlich auf den Kopf gestellt hat." Ein trauriges Lächeln erschien auf Macs Gesicht. „Er hat mich damals gebeten, jedem zu helfen, der mich an ihn erinnern würde. Tja, und Sie sind der erste, der mich an Gary erinnert, Major. Gehe ich recht in der Annahme, daß Ihre Insubordination darin bestand, daß Sie anderen den Hintern retten wollten?"
John nickte stumm.
Mac schloß kurz die Augen. Sein Lächeln vertiefte sich kurzfristig. Dann drehte er sich um und ging zur Zellentür zurück. „Dann sind Sie wirklich wie Gary", sagte er und klopfte.
Kurz darauf drehte sich der Schlüssel im Schloß.
Gerade als die Tür sich öffnete, drehte Mac sich noch einmal um. „Übrigens, bei Gedächtnisverlusten, die sich nicht auf natürliche Art beheben lassen, kann Hypnose helfen, Major. Das sollten Sie vielleicht im Auge behalten." Damit verließ er die Zelle, ließ einen sehr nachdenklichen Major John Sheppard zurück.

***

„Vorsicht!" Major Lorne nahm sie fest und sicher am Arm.
Elizabeth staunte nicht schlecht über den Luftwaffen-Offizier, den man ihr von Cheyenne-Mountain aus aufdrücken wollte für die Expedition. Lorne schien ja wirklich ein vollkommen anderes Kaliber zu sein als sie geglaubt hatte. Eigentlich hatte sie eher mit einem zweiten Caldwell gerechnet, mußte sie zugeben.
Elizabeth lächelte und nickte. „Danke."
Der Major sah sie einen Moment lang forschend an, dann wandte er sich ab und ging wieder vor ihr her.
Elizabeth richtete ihre Aufmerksamkeit jetzt auf ihre Umgebung. „Was ist das hier?" fragte sie verblüfft.
Lorne zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Vielleicht eine Sumpfwiese", schlug er vor. „Da hinten ist der See, an dem die Telefonzelle steht."
Elizabeth nickte wieder, betrachtete die Wiese, auf der sie stand.
Irgendetwas stimmte hier doch nicht. Der Boden unter ihren Füßen war trocken, also konnte sie sumpfiges Gelände ausschließen. Warum aber dann glänzte die ganze Wiese vor Feuchtigkeit? Überall waren, wie Tau am Morgen, kleine Tropfen auf den Grasstielen und Blättern, verliehen dem ganzen einen silbrigen Schimmer.
Lorne drehte sich wieder zu ihr um. „Mam? Ich glaube, ich habe etwas gefunden."
Elizabeth nickte. Dessen war sie sich auch ziemlich sicher, wenn sie es auch nicht benennen konnte. Sie wußte nur, sie wurde allmählich neugierig. Was war das für eine merkwürdige Wiese?
„Major, hatten Sie nicht vorhin im Drugstore Tiefkühlbeutel gekauft?" fragte sie, stapfte Lorne endlich hinterher.
Der blinzelte irritiert und stutzte, nickte dann aber. „Ja, das ..." Er schloß den Mund, sah zu den silbrig glänzenden Gräsern hinunter. „Sie meinen, daß hier könnte irgendwie mit dem zusammenhängen, was Major Sheppard zugestoßen ist?"
Elizabeth nickte. „Möglicherweise", gab sie zu bedenken. „Sicher bin ich mir nicht. Aber wir sollten eine Probe mitnehmen, die Carson untersuchen kann. Vielleicht sind diese Tropfen etwas anderes als Wasser. In der Pegasus-Galaxie könnten Sie vielleicht auf etwas ähnliches stoßen."
Lorne atmete einige Male tief ein. „Ich ... äh ..." Er schloß den Mund und holte die Packung mit den Tiefkühlbeuteln hervor, die sie vorhin gekauft hatten. Eilig und sehr verlegen riß er die Pappe auf und ließ beinahe die Rolle fallen, die sich in deren Inneren befunden hatte.
Elizabeth griff danach und sah, wie sein Gesicht dunkelrot anlief.
„Schon gut", sagte sie sanft. „Ich weiß, Sie wurden ausgewählt, weil Sie als natürlicher Genträger identifiziert wurden. Das ist für mich kein Problem, Major, wirklich nicht."
Lorne blickte etwas verschüchtert wieder auf, nickte dann. „Ich weiß ... man sagte mir ... Also, wegen Major Sheppard ..." Etwas hilflos schloß er den Mund wieder und zuckte mit den Schultern.
„Auch das wird geklärt werden, darauf können Sie sich verlassen." Elizabeth trennte einen der Beutel ab, stülpte ihn gekonnt um und riß einen Grasstengel ab, um das Plastik über ihn zu ziehen. Die Feuchtigkeit verteilte sich eigenartige zähflüssig in dem Beutel und sagte ihr, daß sie vielleicht auf dem richtigen Wege war mit ihrer Vermutung.
Lorne beobachtete sie, schwieg jetzt aber, bis sie den Beutel verschloß und in ihre Umhängetasche steckte.
„Da entlang", murmelte er schließlich.
Elizabeth mußte zugeben, dieser junge Mann gefiel ihr immer besser. Nicht so flippig und quirlig wie Sheppard würde er einen guten Ausbremser für den Major abgeben auf Atlantis. Und daran bestand kein Zweifel: Sie WOLLTE Lorne mitnehmen - am liebsten hätte sie auch noch diesen Marine mit eingepackt, diesen Sergeant Dorn. Aber das würde wohl eher ein Wunschtraum bleiben, nach dem, was er auf seine eigenartige Art angedeutet hatte.
Elizabeth lächelte, als sie dem Major folgte.
Wenn es nach ihr gehen würde, würde sie wohl die halbe Erde mitnehmen nach Atlantis. Und, das mußte sie zugeben, es wäre mehr als genug Platz in der Stadt mit ihren gewaltigen Ausmaßen. Sie fragte sich ohnehin, wie lange es wohl noch dauern würde, bis Atlantis vollständig erforscht sein würde. Bei dem Tempo, das Sheppard und die anderen Teams vorgelegt hatten, wohl noch eine ganze Weile.
„Ich weiß jetzt nicht, wie ich es Ihnen sagen soll, Mam", brach Lorne unvermittelt das Schweigen mit unsicherer und leiser Stimme.
Elizabeth sah auf und betrachtete seinen breiten Rücken. Breiter als der Sheppards. Allerdings hatte sie auch selten einen so schlanken Mann wie ihn gesehen ...
„Was meinen Sie, Major?" erkundigte sie sich.
Oh Gott, sie war Sheppard um den Hals gefallen, als die Daedalus ihn heruntergebeamt hatte in das Gatrium von Atlantis. Sie war einfach nur so erleichtert gewesen, ihn lebend wiederzusehen. Ihr war schlichtweg nicht in den Sinn gekommen ...
„General Landry war der Meinung, Sie sollten wissen, daß der Generalstab der Meinung ist, für die Verteidigung der Erde besser gerüstet sein zu müssen. Unter anderem auch mit jemanden, der mit dem Kontrollstuhl auf Antarktica gut umzugehen weiß", erklärte Lorne.
Elizabeth war es, als würde ihr Herz zu Eis erstarren. „Wie bitte?"
Darum also war es gegangen von Anfang an! John Sheppard war ein Naturtalent im Umgang mit dem seltenen ATA-Gen. Er mußte sich nicht einmal groß anstrengen, um Ergebnisse zu erzielen. Und nur allein sein Umgang mit den Puddlejumpern auf Atlantis sprach Bände, ganz zu schweigen davon, was Rodney ihr über den Umgang mit dem dortigen Kontrollstuhl erzählt hatte.
Natürlich würde man ihn, sobald sich irgendeine Chance bot, eben an diesen Planeten fesseln und nicht mehr weglassen. Und dann war auch noch ausgerechnet sie mit dieser hirnrissigen Idee gekommen, ihre Stabsmitglieder mit auf die Erde zu nehmen!
Lorne blieb stehen. „Es tut mir leid, aber man ist wohl tatsächlich der Meinung, Major Sheppard wäre hier auf der Erde besser aufgehoben als in der Pegasus-Galaxie", sagte er.
DAS allerdings würde sich noch zeigen! Wenn es sein mußte, würde Elizabeth wirklich auch noch das letzte aufbieten, um John Sheppard wieder dorthin mitzunehmen, wohin er ihrer Meinung nach gehörte - und so abgeneigt schien er Atlantis gegenüber auch nicht zu sein, bedachte sie den ganzen Unsinn, den er innerhalb eines knappen Jahres angestellt hatte.
Lorne blieb wieder stehen, doch dieses Mal den Blick auf den Boden geheftet. „Ich glaube, wir haben tatsächlich etwas gefunden, Mam", sagte er, rückte etwas zur Seite.
Elizabeth beugte sich interessiert vor, erstarrte dann, als sie genau erkannte, was da auf dem Boden lag.
„Oh mein Gott!" entfuhr es ihr, ihre Hand glitt unwillkürlich an ihren Hals.
Lorne nickte und hockte sich hin.
Vor ihm, zwischen ihnen beiden, zog sich eine breite, schleimige Spur entlang, als wäre eine überdimensionale Schnecke hier herumgekrochen. Doch es stimmte die Farbe dieses „Schleimes" nicht: Er war rötlich!
Und zudem lang mitten in diesem schleimigen Pfad der Teil von einem Ast. Sogar einem recht dicken und stabil wirkenden Ast. Nur eben fehlte ein deutliches Stück, war wie unter einer großen Gewaltanwendung einfach abgebrochen.
Der einzige Grund, warum der Major wohl auf diese Spur und den Ast aufmerksam gworden war, war die Tatsache, daß der rote Schleim im vereinzelt durch die Blätter fallenden Sonnenlicht glitzerte, ansonsten hätten sie das ganze wohl vollkommen übersehen.
„Wie kann das sein?" hauchte Elizabeth endlich.
Lorne schüttelte nur den Kopf. „Ich weiß es nicht. Aber wir sollten es mitnehmen."
Elizabeth nickte, reichte Lorne die Tiefkühlbeutel. Der Major kramte das Isolierband aus seiner Uniformjacke, das sie ebenfalls im Drugstore erstanden hatten, dann hockte er sich hin und begann, das ganze einzutüten.
Elizabeth wartete und rieb sich fröstelnd die Arme. Doch die Kälte kam von innen, aus ihrem Körper - besser aus ihrer Seele. Sie konnte einfach nicht glauben, daß ausgerechnet Major Sheppard zu solchen grausamen und bestialischen Morden fähig sein konnte. Und sprach bisher nicht alles eine andere Sprache?
Lorne erhob sich wieder, reichte ihr die beiden zusammengeklebten Gefrierbeutel, sah dann den schmalen Trampelpfad hinunter, dem sie bis hierher gefolgt waren.
„Was denken Sie?" erkundigte Elizabeth sich, als sie sah, wie Lornes Stirn sich runzelte.
Einen Moment lang schien er abwiegeln zu wollen, dann nickte er gedankenverloren. „Wenn Sie mich fragen, spricht hier kaum etwas für die Schuld von Major Sheppard, Mam", antwortete er nach einer Weile endlich, half ihr über die Senke mit ihrem ekligen Inhalt und folgte dann dem Pfad weiter. „Ich mag ihn nur anhand seiner Akte kennen, aber die spricht eigentlich recht deutlich FÜR ihn. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er irgendeiner Frau Schaden zufügt. Außerdem ... was sind das für Spuren, die wir gefunden haben? Woher kommen sie? Und warum hat das CSI sie nicht schon mitgenommen?"
Das allerdings waren interessante und richtige Fragen - auf die Elizabeth aber leider ebenfalls keine Antwort hatte. Seufzend zuckte sie mit den Schultern.
Wieder blieb Lorne stehen, nachdem er sie durch ein Gebüsch gelotst hatte.
Sie befanden sich in einer kleinen, natürlichen Höhlung neben einem gewaltigen Baumstamm und einigen hohen, komplett verwilderten Büschen und anderen Bäumen, die jedoch längst nicht so majestätisch wie der große waren.
„Der Tatort", sagte Lorne erschaudernd.
Elizabeth wollte einen Moment lang fragen, woran er das sehen konnte, als sie das gelb-schwarze Absperrband bemerkte und den großen, dunklen Fleck unter einem der Büsche.
„Oh mein Gott!"
Lorne nickte nur stumm. Sein Interesse hatte er allerdings dem großen Baum zugewandt.

***

Rodney hatte sich in den angrenzenden Raum des Labors zurückgezogen, in dem der Rechner stand, der mit der internationalen Fingerabdruck-Datenbank verlinkt war. Nach einigen fruchtlosen Versuchen, war es ihm irgendwann denn doch wider Erwarten gelungen, das Paßwort zu knacken (wer rechnet denn auch mit einem solchen Wort wie Mausilein?) und jetzt ratterten pro Minute einige hundert gespeicherten Fingerabdrücke über den Bildschirm und verglich die unverkennbaren Merkmale so gut wie jedes Menschen automatisch mit dem Print, den er dem Rechner eingegeben hatte.
Was er brauchte waren schlicht und ergreifend ERGEBNISSE!
Rodney fühlte, wie er wieder nervöser wurde und begann in seinen Hosentaschen zu wühlen, bis er schließlich, ziemlich enttäuschend, ein Hustenbonbon fand. Wahrscheinlich eines von denen, die diese Stewardess verteilt hatte.
Nein, darauf konnte er wirklich verzichten!
Rodney packte das Bonbon trotzdem aus und steckte es sich in dem Mund. Wenn er jetzt nicht allmählich etwas gutes und gescheitetes zu Essen bekam, würde er wahrscheinlich bald im Zuckerkoma liegen und Sheppard damit seine einzige Chance verlieren, jemals entlastet zu werden.
Er wollte sich gerade abwenden und den Rechner ein bißchen allein arbeiten lassen, als plötzlich ein Klingelton ertönte.
Rodney fuhr zusammen und drehte sich um, um in ein schmales Gesicht mit zusammengewachsenen, nachtschwarzen Brauen unter ebenso dunklen Augen zu starren. Ein Gesicht, daß ihm der Computer zeigte. Über den zweiten, kleineren Bildschirm blinkte eine grüne Anzeige über den schwarzen Hintergrund: Match - Match - Match
Rodney konnte sein Glück einfach nicht fassen. So schnell? Dabei hatte er doch gerade erst ...
Er fuhr herum, sah zur Tür, wo gerade Carson Beckett aufgetaucht war. Der Schotte trug einen ziemlich verwirrten Gesichtsausdruck zur Schau.
„Was ist?" fragte Rodney.
Beckett blickte von einem anderen Computerausdruck auf, hielt ihn ihm dann hin. „Könnten Sie vielleicht ... äh, eine Gegenprobe zur Verfügung stellen?" fragte er.
„Und warum sollte ich das tun?" Rodney kreuzte die Arme vor der Brust und funkelte den Mediziner an. „Ich bin beschäftigt, Carson!"
Nie im Leben würde er zugeben, daß er Angst vor Spritzen hatte!
Beckett hielt ihm den Ausdruck hin. „Aber ich brauche ... eine Bestätigung, um zu sehen, ob das Gerät richtig geeicht ist", behaarte er.
„Warum nehmen Sie dann nicht diesen maulfaulen Dorn? Der steht oder sitzt die ganze Zeit nur herum!"
„Weil Sergeant Major Dorn die gleiche Blutgruppe wie Major Sheppard hat", erklärte Beckett. „Aber die Vergleichsprobe stimmt nicht. Sie kommt von einem anderen, nicht vom Major. Die Blutgruppe stimmt nicht."
Rodney runzelte die Stirn, schnappte sich dann den Ausdruck und studierte ihn sofort ... um das Papier kurz darauf sinken zu lassen und sinnend durch die Wand zu starren.
„Rodney?" fragte Carson leise.
Dann hatte der Major recht gehabt und es gab diesen Killer ... Nicht, daß er nicht daran geglaubt hatte, aber ...
„Was macht die DNA?" fragte Rodney, nachdem er dem Bildschirm mit dem AFIS-Programm einen Blick über die Schulter zugeworfen hatte.
„Nicht vor morgen früh, tut mir leid."
McKay kniff die Lippen aufeinander, dann drehte er sich steif herum und marschierte zum Rechner hinüber, um die polizeiliche Akte dieses Mannes da auf den Bildschirm zu rufen. Mit ein bißchen Glück würde dort auch seine Blutgruppe zu lesen sein. Und wenn nicht in der Polizeiakte, dann in einer anderen.
Rodney war entschlossen, dem Major zu helfen. Immerhin ... es galt ein Beinahe-Mitglied der Mensa zu retten. Da konnte er nicht anders, er war geradezu verpflichtet zu tun, was er tun würde ...

***

Nacht gegen 23.30 Uhr
Mac war es, als würde er ein grauenvolles Deja Vu erleben ... zum inzwischen siebten Mal.
Wieder eine Frauenleiche, wieder im Central Park, und dieses Mal sogar wieder in der Nähe der Strawberry Fields - gab es denn kein anderen Pflaster mehr für den Ripper? Immerhin war der Central Park groß, einiges an Quadratkilometern. Warum ausgerechnet immer hier?
Flack nickte ihm zu, drehte sich dann wieder zum Finder der Leiche, einem Junkey um, und befragte ihn recht rüde weiter.
Mac atmete einige Male durch die Nase und stapfte weiter.
Mit einem zumindest hatte ER recht behalten: Major John Sheppard war NICHT der Täter. Der saß immer noch brav in seiner Zelle und wartete darauf, daß sich jetzt die Tür endlich für ihn öffnete. Sein Gefühl, so ungern er sich dem auch hingab, hatte ihn nicht getrogen.
Danny blickte auf und kniff die Lippen unwillig zusammen, als er nähertrat. Aiden auf der anderen Seite der Wiese fotografierte etwas.
Mac sah sich um, dann stutzte er.
Die ganze Wiese sah aus, als hätte der Tau sie benetzt, aber für Tau war es noch zu früh. Woher also kam dieses ...
Er tat etwas untypisches und streckte die Hand aus, zupfte einen der Stengel ab und betrachtete ihn mit zur Seite geneigtem Kopf.
Was war das? Jedes normale Wasser wäre ihm längst auf die Finger getropft, warum ... ?
„Da muß ein Fehler vorliegen!" Danny hatte sich endlich aufgerichtet und stand nun neben ihm. „Wahrscheinlich wollen diese Freunde von unserem Major ihn decken und haben ..."
„Sie haben gar nichts, Danny", entgegnete Mac mit einem drohenden Unterton in der Stimme. Er ließ den Stengel sinken und funkelte den wesentlich jüngeren Tatortermittler an. „Du hast dich in eine Sache verrannt, das ist passiert, Danny", fuhr er fort. „Wir dürfen uns keine Meinung bilden, zumindest solange nicht, bis wir wirklich alles andere ausschließen können. Das weißt du auch verdammt genau. Und dennoch hast du es getan."
Danny zog deutlich den Kopf ein, funkelte ihn aber hinter seiner Brille weiter wütend an.
Mac nickte. „Das ist, was ich sehen möchte von dir: Biß!" Er nickte. „Und jetzt geh wieder an die Arbeit. Oder hast du wieder eine Antwort auf das, was hier auf dem Gras liegt?"
Danny war kurz davor, die Beherrschung zu verlieren, Mac wußte es es. Dennoch aber mußte der Junge sich endlich einmal ein dickeres Fell anschaffen, sonst würde er wirklich irgendwann untergehen. Und jemand so begabten und intelligenten wie Danny Messer würde Mac so schnell nicht wieder finden. Also ...
„Und wenn sie doch ... ?" Danny verstummte, als er ihm einen langen Blick zuwarf.
„Die Begleiter des Majors sind allesamt in dem Privatlabor von Scunlap. Inc. Flack und ich lassen sie beobachten, seit Sheppard verhaftet ist. Die Beamten hätten sich schon gemeldet, wenn ihnen etwas spanisch vorgekommen wäre, denkst du nicht?"
Danny druckste etwas herum, nickte dann aber.
„Dann mach dich jetzt wieder daran die Spuren zu nehmen, zu ordnen und zu analysieren!" Mac wandte sich ab.
Der jüngere Tatortermittler zögerte noch einen Moment, dann schlich er im wahrsten Sinne des Wortes davon.
Mac seufzte schwer und schloß einen Moment lang die Augen.
„War das nötig?" erkundigte sich Aiden an seiner Seite. Sie mußte den Standort gewechselt und den Rest des Streites mitbekommen haben.
Mac zögerte, nickte dann aber. „Das war es. Danny muß endlich begreifen, wie und woran wir arbeiten. Wir können es uns nicht leisten, unsere Neutralität zu verlieren."
Aiden sah ihn an. Sie sah ihn einfach nur an, für eine ihm unendlich lang erscheinende Zeit. Dann erst fragte sie sehr aufmerksam, jedes Wort betonend:
„Haben wir die nicht schon verloren?"

***

Hände waren schmierig-klebrig, und als er auf sie hinabsah, wirkten sie gegen die Dunkelheit schwarz. Irgendetwas klebte an ihnen, und es dauerte eine kleine Weile, ehe er begriff, daß es sich um verrottetes Laub und Dreck handelte.
Sein Kopf ... die Welt drehte sich, und er hatte das Gefühl, etwas würde in sein Auge laufen.
War das möglich? Aber was sollte ihm in sein Auge laufen?
Er stützte sich an der rauhen Rinde eines dicken Baumstammes ab, hangelte sich mehr oder weniger daran hinauf. Die Welt drehte sich schneller, und zu den stechenden Schmerzen in seinem Kopf gesellte sich eigenartiges Summen in seinen Ohren.
Er sackte gegen den rauhen Stamm, dann hörte er, seltsam losgelöst von sich und seiner Umwelt, das ferne Brüllen und Heulen. Und nahe das leise Wimmern, dessen Ursprung er in seinen eigenen Schmerzen vermutete, bis ihm klar wurde, daß da noch etwas bei ihm war.
Mühsam, sich immer noch gegen den Baumstamm stemmend, um das Gleichgewicht halten zu können, drehte er sich um. Mit einem letzten Rest Humor fragte er sich, wie er wohl auf andere wirken mußte. Wahrscheinlich wie jemand, der um einiges zuviel getrunken hatte, ging ihm auf.
Ein gewaltiger Schatten erhob sich vor ihm in der Nacht. Mit verschleierten Augen blickte er daran hinauf und ... lächelte als sich seine Lider resignierend senkten und er den Baumstamm wieder hinabrutschte.
Das war er, der da vor ihm stand. Nur ein anderer ER als er war. Und dieser andere hatte ein blutverschmiertes Messer in der Hand ... und den Arm gehoben, bereit zuzustechen.
Das Lächeln wurde zu einem zynischen Grinsen. Er starb, doch er würde weiterleben. Sollte es so nicht sein?
Er konnte spüren, wie der andere näherkam ...


***

John öffnete die Augen und atmete einige Male schnell und hektisch ein, während seine Augen versuchten, sich an die Finsternis zu gewöhnen.
Oh Gott, was ... ? Er war sich nicht sicher, ob er überhaupt jemals wirklich erfahren wollte, WAS sich in dieser Nacht abgespielt hatte im Central Park.
Er hatte sich selbst gesehen. Er hatte sich mit der Mordwaffe in der Hand gesehen!
Hatte er sich so in das Opfer eingefühlt, daß er durch dessen Augen den Mord, den er begangen hatte, mitverfolgen konnte?
John stöhnte leise auf.
Er hatte sich, ehe ein Polizist die Nachtschicht übernommen hatte, in weiser Voraussicht ein Kopfschmerzmittel geben lassen und fühlte sich jetzt leicht betäubt. Aber ...
John ging auf, als es ihm endlich gelang, den Traum abzuschütteln, der aber innerlich weiter an ihm nagte und kratzte und sicher noch mehr Wunden reißen würde, daß er keine Kopfschmerzen hatte.
Mit einem Ruck saß er aufrecht, spürte die leichte Desorientierung in der absoluten Finsternis, ebenso ein leichtes Schwindelgefühl, daß ihm nicht ganz echt zu sein schien. Doch ... da waren keine Kopfschmerzen!
Warum hatte er plötzlich keine Kopfschmerzen mehr?

***

Elizabeth lehnte sich zurück und sah auf den Bildschirm.
Eigentlich sollten sie wohl allmählich sehen, daß sie beide wieder ins Labor kamen, um die anderen zu unterstützen. So wirklich helfen würden sie jetzt, nachdem sie den Tatort nochmals untersucht hatten, wohl nicht. Aber zumindest drückte das schlechte Gewissen nicht mehr ganz so arg auf ihr Gemüt.
Elizabeth zögerte, dann griff sie nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus.
Eigentlich hatten sie nur kurz duschen und sich umziehen wollen, nachdem sie die Beweise, die sie noch gefunden hatten, ins Labor gebracht hatten. Doch der Major ... Wo war der eigentlich?
Elizabeth zögerte nicht mehr, sondern erhob sich mit Schwung vom Sofa und streckte sich.
„Major Lorne?" rief sie und marschierte in die Richtung, in der Sheppards Zimmer in dieser Flucht lag.
Irgendwie schien Lorne davon auszugehen, daß dieser Raum für sämtliche Militärangehörige als Schlafplatz dienen konnte, denn die Deckenlampe war bereits gelöscht und in dem wenigen Licht, das von draußen hereinstrahlte, konnte Elizabeth einen Körper sehen, der auf dem Bett lag.
„Major?" fragte sie. „Wir sollten allmählich wieder zurück zu den anderen." Sie hob die Hand, um das Licht einzuschalten.
„Lassen Sie bitte das Licht aus, Dr. Weir", meldete sich in diesem Moment eine verkrampft beherrscht klingende Stimme. Die von ... Lorne?
Elizabeth zögerte, ließ die Hand wieder sinken, trat aber statt dessen in den Raum hinein. „Stimmt etwas nicht?" fragte sie, sich an diesen Unterton erinnernd.
„Bitte ... wenn Sie wieder ins Labor wollen, dann ... dann fahren Sie ohne mich, Dr. Weir." Ein Leises, halb unterdrücktes Stöhnen.
„Major?" Elizabeth zögerte und versuchte, die Finsternis um sie her mit den Augen zu durchdringen. Die Vorhänge vor den Fenstern waren komplett geschlossen und ließen nicht den leisesten Lichtschimmer durch.
„Bitte", sagte Lorne gequält.
Elizabeth begriff endlich. „Jetzt sagen Sie nicht, Sie haben Kopfschmerzen!"
Lorne schwieg.
Die Leiterin der Atlantis-Expedition stöhnte auf.
War das eine Seuche? Erst Sheppard und jetzt Lorne? Warum das? Und warum jetzt und hier? Das ...
„Bitte, Dr. Weir, ich möchte nicht unhöflich sein, aber ..."
„Schon gut." Mit diesen zwei Worten zog Elizabeth sich zurück und schloß die Tür hinter sich ganz, als sie wieder im Flur stand. Dann ging sie zum Telefon im Wohnraum.
Sie war sich ziemlich sicher, daß Carson sich geirrt hatte. Einer, der ständig Kopfschmerzen zu haben schien, das ließ sie sich noch gefallen. Aber jetzt den zweiten auch noch? Nein, das war jetzt kein Zufall mehr.
Elizabeth hob den Hörer von der Gabel und wählte die Nummer, die Dorn ihr auf einem Zettel notiert hatte. Dann wartete sie ... und wartete ... und beschloß schließlich doch, es zu riskieren und zum Labor zu fahren und Lorne damit allein zu lassen. Es würde ihm wohl hoffentich nichts passieren in den wenigen Minuten, bis sie wieder zurück war.
Elizabeth legte den Hörer zurück auf die Gabel und schnappte sich ihre Jacke.

TBC ...

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