21.12.2009

1.08 Unter fremdem Einfluß I

TV-Serie: Stargate general
Reihe: SG-V (SG-27)
Genre: drama, scifi
Rating: PG


"Und wenn Sie einfach die Potenz aus der linearen Abgleichung der Koordination nehmen", Vashtu Uruhk runzelte die Stirn, „das ganze dann multiplizieren und den Wert an Pi angleichen? Damit müßte sich Ihr Problem doch gelöst haben."

Dorn warf ihr einen irritierten Blick zu, doch die Antikerin ließ sich nichts anmerken, stapfte weiter durch das kniehohe Gras.

Nein, nein, nein! So geht das aber nicht!" Peter Babbis schüttelte den Kopf. „Sie können doch nicht einfach irgendeinen Wert an Pi angleichen! Das würde sämtliche Werte erst recht verfälschen." Hilflos gestikulierte er, als wolle er Fliegen verscheuchen. „Die Maßenangleichung in der höheren Potenz zu berechnen ist unmöglich! Vashtu, wo haben Sie denn rechnen gelernt?"

Die Antikerin gab ihr Pokerface auf und grinste in sich hinein. „War ja nur als Hilfestellung gedacht, da Sie ja solche Probleme mit dieser Berechnung haben."

Das ist keine Hilfe, das ist ..." Babbis stockte, als er einen Blick in ihr Gesicht warf. Dann wurde er plötzlich puterrot. „Das ist doch ... ! Sie grinsen ja!" Entrüstet schob er die Unterlippe vor. „James, sieh dir das nur einmal an. Diese Frau gibt gerade den größten Blödsinn der Welt von sich, und sie grinst auch noch dabei!"

Dr. James Wallace drehte sich kurz um, dann ging er schulterzuckend weiter, die Augen wieder auf den Boden gerichtet.

Geben Sie es zu, Sie wollten mich die ganze Zeit hochnehmen!" beschwerte Babbis sich.

Vashtu nickte. „Stimmt, Doc", antwortete sie, tauschte wieder einen Blick mit dem alternden Sergeanten. „Weil das im Moment nichts mit unserem Auftrag zu tun hat. Wir sind nicht hier, um irgendwelche Maßenangleichungen zu berechnen." Mit einem Finger tippte sie auf sein gezücktes Palmtop. „Lassen Sie Ihre Doktorarbeit bitte zu Hause, wenn wir anderweitig beschäftigt sind."

Anderweitig beschäftigt?" Babbis warf einen demonstrativen Blick um sich. „Hier ist doch nichts!"

Das allerdings mußte die Antikerin leider zugeben. Sie stützte die Arme auf ihre P-90 und runzelte die Stirn, während sie sich auf dieser fremden Welt umsah.

SG-6 hatte gemeldet, hier über etwas gestolpert zu sein, mit dem das Team nichts anzufangen wußte. Da aus den Aufzeichnungen hervorgegangen war, daß die Gestalt, auf die sie getroffen war, offensichtlich Vashtus Muttersprache gebraucht hatte, hatte General Landry beschlossen, wenn auch nach längerem Intervenieren der Antikerin, SG-27 die Sache untersuchen zu lassen.

Ihr erster Fremdwelteinsatz seit der Sache mit dem Supersturm.

Vashtu seufzte und holte ihren Energiedetektor aus der Brusttasche der Überlebensweste, nachdem sie sich noch einmal umgesehen hatte.

Ach, jetzt geht das wieder los!" Babbis warf ihr einen beleidigten Blick zu, den sie jedoch kaum bemerkte.

Sie aktivierte das Gerät und blieb stehen. Stirnrunzelnd las sie die Anzeigen ab. „Komisch ..." Sie drehte sich ein paarmal um die eigene Achse, als müsse sie sich erst orientieren.

Mam?"

Vashtu hob die Hand, kontrollierte noch einmal die Anzeige, dann wies sie in eine bestimmte Richtung und sah auf. Eine niedrige Bergkette schien das Ziel ihrer Suche zu sein.

Aber ... ?

Bin ich eine Gemse?" beschwerte Babbis sich.

Vashtu steckte den Detektor wieder weg und schüttelte den Kopf. „Tja, offensichtlich sind wir das alle nicht, Peter", antwortete sie wie auf eine ernstgemeinte Frage. „Trotzdem sieht es aus, als müßten wir ein bißchen klettern. Meine Herren?" Sie trat die Führung an und nickte Dorn im stummen Einverständnis zu.

Der Marine ließ sich daraufhin ans Ende der Gruppe zurückfallen und behielt die beiden Wissenschaftler scharf im Auge.

Babbis schloß wieder zu ihr auf, während die Antikerin ihre Sonnenbrille aus einer Befestigung an der Schulter löste und sich auf die Nase setzte.

Sind Sie sich eigentlich sicher, daß Sie schon wieder fit sind? James hat mir da etwas erzählt." Jetzt klang die Stimme des jungen Wissenschaftlers plötzlich etwas besorgt.

Vashtu warf ihm einen halben Blick zu. „Wenn Wallace auf die Sache mit dem Motorrad anspielt ..." Sie zuckte mit den Schultern.

Nein, eher auf Ihre Strafversetzung nach Antarktica. Was hat es dort gegeben?"

Wieder wurde ihr Gesicht ausdruckslos. Sie zuckte mit den Schultern. „Es ging darum, ob ich mit dem Kontrollstuhl umgehen kann oder nicht. Die Antwort ist ja."

Hä?"

Ich kann mit diesem Stuhl umgehen. Ist gar nicht mal so schwer. Außerdem hatte ich ja schon eine ungefähre Vorstellung von dem, was mich erwartete." Vashtu stapfte weiter. Auf keinen Fall würde sie noch mehr erzählen. Die andere Sache, die sich in Antarktica zugetragen hatte, ging niemanden etwas an.

Dann können Sie also wirklich für die Verteidigung der Erde eingesetzt werden, falls es soweit kommen sollte. Ist doch beruhigend." Babbis kletterte an ihrer Seite über die ersten Felsen.

Bisher habe ich immer in der ersten Reihe gekämpft, Peter. Und genau darum empfinde ich es nicht als sehr beruhigend, plötzlich auf die Reservebank gesetzt zu werden." Vashtu kletterte über das nächste Gestein, blieb oben angekommen kurz stehen und sah sich stirnrunzelnd um.

Als Reservebank würde ich Antarktica nun wirklich nicht bezeichnen. Eher als ..."

Ein durchdringender Schmerzensschrei erklang hinter ihnen.

Vashtu drehte sich um und sah, wie Dorn vom Weg ausscherrte und in einer Senke verschwand.

Wallace!" Gekonnt sprang sie von dem Felsen herunter, schlug Babbis kurz auf den Arm und hetzte den Weg zurück, den sie gerade gekommen waren.

Weit war es nicht, bis sie zu der Senke kam. Und dort, wie erwartet, hockte Wallace mit schmerzverzerrtem Gesicht und hielt sich den Knöchel.

Nicht schon wieder!" stöhnte die Antikerin, warf Dorn einen langen Blick zu. Der Marine zuckte nur hilflos mit den Schultern.

James? Was hast du denn jetzt wieder angestellt?" Babbis drängte sich an ihr vorbei und beugte sich über den Verunglückten.

Vashtu hockte sich neben ihn, suchte Wallaces Blick. „Geht es? Sollen wir ein Notfallteam rufen?" fragte sie.

Babbis warf ihr einen fragenden Blick zu, doch sie reagierte nicht darauf.

Ich bin umgeknickt!" stöhnte Wallace auf.

Natürlich bist du das." Babbis seufzte ergeben. „James, das nächste Mal solltest du wirklich in der Nähe des Tores bleiben. Das scheint wirklich sicherer für dich zu sein."

Nicht wenn ein Wurmloch eingeht ..." murmelte die Antikerin düster.

Irritiert blinzelnd drehte er sich zu ihr um. „Was?"

Vashtu winkte ab und richtete sich wieder auf. „Geht es wieder?"

Wallace starrte vorwurfsvoll zu ihr hoch. „Warum müssen Sie uns eigentlich immer in unwegsames Gelände führen?" Trotzig wie ein kleines Kind schob er die Unterlippe vor.

Babbis konnte fühlen, wie die Antikerin plötzlich Distanz suchte, er mußte gar nicht hinsehen. Und, das mußte er leider auch zugeben, er konnte sie nur zu gut verstehen. Manchmal war ihm selbst schon ein bestimmter Gedanke durch den Kopf gegangen. Doch bisher hatte er sich immer geweigert, ihn auch laut auszusprechen.

Dorn, Peter, Sie beide bringen Wallace zum Gate zurück. Ich sehe mich hier noch ein bißchen um. Die Energieanzeige scheint sehr nahe zu sein", befahl Vashtu nun.

Aber ..." Babbis sah auf.

Die Antikerin blickte stirnrunzelnd zu ihm nieder, schüttelte schließlich den Kopf. „Nein, Doc, heute nicht. Hier gibt es keine Gefahr. Serge?"

Dorn nickte und trat näher, während Vashtu die Felsen wieder hinaufkletterte.

Babbis sah ihr einen Moment lang nach, dann half er seinem Kollegen auf und ließ den Größeren sich auf ihn stützen.

Sie tut es schon wieder!" hörte er Wallace flüstern. „Sie benimmt sich schon wieder wie Sheppard. Immer mit dem Kopf durch die Wand!"

Babbis wechselte einen kurzen Blick mit Dorn, nickte dem Militär zu, dann gingen sie langsam los, Richtung Sternentor.

Wallace knurrte immer noch etwas vor sich hin, doch Babbis hörte ihm nicht zu.

Warum nur ständig diese Unfälle seines Kollegen? Das hatte doch schon nichts mehr um Ungeschicklichkeit zu tun. Eher schien es, als weigere Wallace sich strickt, im Team mitzuarbeiten.

Wir sind gleich da. Wird schon", brummte Dorn auf der anderen Seite.

Babbis seufzte.

Sie waren seit einigen Wochen nicht mehr auf einem Fremdwelteinsatz gewesen. Ehrlich gesagt, er hatte sich gefreut, mal wieder von der Erde fortzukommen und seinen Kontakt zu der Antikerin vielleicht noch ein wenig zu vertiefen. Sie arbeiteten beide ganz gut zusammen, hatte er jetzt schon mehrfach feststellen können. Und gerade diese Tatsache verwirrte ihn auch. Bisher war er noch niemandem begegnet, mit dem er so gut hatte zusammenarbeiten können wie mit ihr.

Dorn! Zurück! Ich ..."

Alarmiert blieben die beiden gesunden Mitglieder von SG-27 plötzlich stehen, als sie die, durch die Funkwellen verzerrte Stimme ihrer Teamleaderin hörten. Vor allem, daß der Spruch mittem im Satz aufhörte, beunruhigte sie.

Babbis und Dorn wechselten einen langen Blick, dann ließen sie Wallace zeitgleich los und rasten zurück zu den Felsen. Der Wissenschaftler hinter ihnen heulte auf und rief ihnen etwas nach, doch sie hörten nicht darauf.

Babbis' Beine waren länger, sein Körper jünger, so war es kein Wunder, daß er den alternden Sergeanten allmählich hinter sich zurückließ. Sorge breitete sich in seinem Geist immer weiter aus.

Was, wenn der Antikerin etwas passiert war? Was, wenn diesmal sie einen Unfall hatte?

Er wagte gar nicht, sich vorzustellen, was das wohl bedeuten mochte. Er wollte sie nicht verlieren, weder als Anführerin noch als Kollegin. Viel zu schwer fiel es ihm, mit anderen zusammenzuarbeiten.

Da!" hörte er Dorn hinter sich rufen, kaum daß sie Felsen wieder erreicht hatten und blickte auf. Der rötliche Qualm einer Notfackel schraubte sich in den blauen Himmel.

Schnell und ungeschickt kraxelte er über die nächsten Felsen, was Dorn wieder etwas aufholen ließ. Dann blieb er wie angewurzelt stehen und starrte auf den reglosen Körper, der auf einem niedrigen Felsen lag.

Miss Uruhk!" Dorn stürzte an ihm vorbei.

Babbis holte nur immer wieder tief Atem, beugte sich schließlich vor. Aufmerksam sah er sich um, doch er konnte nichts finden, was irgendwie schuldig aussah.

Sie ist bewußtlos", meldete Dorn, als er ihren Puls gefühlt hatte. „Wir müssen sie zurück zum Gate bringen, schnell!"

Babbis richtete sich wieder auf und biß sich auf die Lippen. Dann nickte er.


***


Wie geht es ihr?" Babbis kam um die Ecke und sah Dorn, der neben dem Bett saß und dumpf brütend auf ihre Leaderin hinuntersah.

Unverändert", kam die einsilbige Antwort des Marine. Langsam sah er auf, in seinen grauen Augen stand deutlich Schmerz und Hilflosigkeit zu lesen.

Babbis wandte seine Aufmerksamkeit der schlanken Gestalt in dem Bett zu. Unwillkürlich zuckte er zusammen, als er den Schlauch sah, der aus ihrem Mund zu einem Beatmungsgerät führte. Sie war bereits im Gateroom intubiert worden, trotzdem erschreckte es ihn, sie so zu sehen.

Vashtu sah aus, als würde sie schlafen, wenn da nicht die ganzen Kabel an ihrem Körper befestigt gewesen wären. Um die andere Seite des Bettes und das Kopfende herum standen jede Menge Monitore, die alle unterschiedliche Werte aufzeichneten.

Sein Blick glitt darüber, und er schluckte.

Ihr Herzschlag war unregelmäßig, die Atmung hatte sich bereits auf dem Weg zum Gate eingestellt, so daß Dr. Lam nichts anderes übrig geblieben war, als sie zu intubieren. Wenn er es richtig las, war auch ihr Blutdruck ziemlich abgefallen. Nur ein einziger Monitor zeigte eine rege Aktivität, ein EEG? Er war sich nicht sicher.

Was sagt Dr. Lam?" fragte er schließlich.

Sie weiß nichts." Dorns Antwort klang dumpf. „Sie sagt es zwar nicht, aber ..."

Babbis schluckte.

Er hatte Vashtu schon verwundet gesehen, er wußte, daß Verletzungen bei ihr extrem schnell heilten. Vielleicht war das der Grund, warum sie nichts mehr hatten feststellen können, als sie sie schließlich erreichten. Aber auch auf den Felsen war nichts zu sehen gewesen, zumindest nichts wirklich eindeutiges.

Eine Reaktion von Dorn ließ ihn aus seinen Gedanken fahren. Babbis drehte sich um und sah Dr. Lam hinter sich stehen. Die Ärztin starrte zu ihm hoch, als erwarte sie jeden Moment einen Angriff seinerseits.

Sie sind ja immer noch hier, Sergeant", sagte Lam aber nur, drängte sich an dem schlacksigen jungen Mann vorbei und begann, die Werte der Bildschirme zu überprüfen.

Wie geht es ihr?" fragte Babbis leise.

Lam drehte sich wieder zu ihm um, betrachtete ihn stirnrunzelnd. „Wenn Sie die Physiognomie der Antiker besser kennen als ich, können Sie mir gern widersprechen, Babbis", antwortete sie, „aber meiner Meinung nach nicht sonderlich gut. Ihr Kreislauf bricht immer wieder zusammen. Miss Uruhk kämpft um ihr Leben, wenn Sie mich fragen."

Babbis senkte den Blick.

Vielleicht sollten Sie sich auch nach Dr. Wallace erkundigen. Er jedenfalls fragte nach Ihnen beiden", fuhr Lam fort. „Hier können Sie ohnehin nichts tun."

Aber ..." Babbis schloß den Mund. Er wußte selbst nicht, was er hatte sagen wollen.

Hören Sie mir zu, Mr. Babbis", sagte die Ärztin im bestimmten Ton, betonte dabei sehr deutlich das Mister, „Ihre Leaderin liegt im Koma und wir wissen nicht warum. Ich habe keine Ahnung, was sie alle dazu verleitet hat, sich zu trennen, aber einen wirklichen Grund kann es für eine solche Schlappe meines Wissens nicht geben. Miss Uruhk war allein, als ihr - was auch immer - zustieß. Das ist keine wirklich effektive Teamarbeit, wenn Sie mich fragen." Jetzt musterte sie auch Dorn vorwurfsvoll. „Sie alle wissen, daß Miss Uruhk wichtig ist in dem Kampf, der uns bevorsteht. Statt sie allein gehen zu lassen, hätte sich wenigstens einer von ihnen finden sollen, der bei ihr war. Wenn sie jetzt nämlich stirbt, sind wir soweit wie vor einem Jahr. Die Gefahr für die Erde wird nicht kleiner, und Miss Uruhk hat von allen mit dem ATA-Gen die am weitest entwickelten Fähigkeiten."

Sie ist eine Antikerin." Babbis ließ den Kopf hängen.

Miss Uruhk befahl uns, zum Tor zu gehen", wandte Dorn ein.

Babbis nickte. „James hatte einen Unfall und konnte nicht mehr weiter. Miss Uruhk wollte uns gleich folgen, nur noch kurz etwas überprüfen." In hilfloser Wut ballte er die Hände zu Fäusten. „Dr. Lam, bei allem nötigen Respekt Ihnen gegenüber, aber zumindest ich vertraue meiner Leaderin soweit, daß sie durchaus auch einmal ein paar Minuten auf sich selbst aufpassen kann - zumal auf einem fremden Planeten!"

Lam starrte ihn kurz an, dann drehte sie sich wieder um und las weiter die Daten ab.

Verdammt noch mal! Dr. Lam, wir haben nur getan, was unser Leader uns aufgetragen hat! Und Miss Uruhk hat zumindest auf mich bisher nicht den Eindruck gemacht, daß sie nicht selbst auf sich aufpassen kann, ganz im Gegenteil! Also hören Sie auf, uns die Schuld in die Schuhe schieben zu wollen!"

Dr. Wallace erzählte da eine andere Geschichte." Lams Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Sie nahm eine Liste und trug etwas darin ein. „Und jetzt sollten Sie beide gehen. Ich bin sicher, General Landry möchte auch noch einige Worte mit Ihnen wechseln."

Ich werde mich nicht von der Stelle rühren!"

Dorn erhob sich, sah den jüngeren Mann kurz an, dann nickte er. „Komme nachher wieder", erklärte er und ging.

Babbis sah ihm nach und atmete einige Male tief ein. Dann setzte er sich demonstrativ auf den Stuhl, auf dem der Marine bis jetzt gesessen hatte und starrte auf das reglose Gesicht in den Kissen.


***


Irgendeine Verbesserung?" General Landry beugte sich über die bewußtlose Antikerin und runzelte die Stirn.

Ich bin ihre Anhängsel endlich los", antwortete Dr. Lam.

Landry hob die Brauen, sagte aber nichts. Statt dessen richtete er sich auf und blickte zu seiner Tochter hinüber. „Das meinte ich an für sich nicht."

Dr. Lam sah ihn herausfordernd an und hob das Kinn. „An ihrem Zustand hat sich nichts geändert, falls du das meinst. Keiner von uns hat auch nur die geringste Ahnung, was eigentlich mit ihr los ist. Laut den Aussagen, die dir gegenüber gemacht wurden, sind einige Minuten zwischen dem, was auch immer geschehen ist, und dem Eintreffen von Dorn und Babbis vergangen. Falls es eine Wunde gewesen ist, kann ich sie nicht mehr finden. Wir wissen ja, daß Miss Uruhk sich durch ihre Fremdzellen extrem schnell selbst heilen kann und teilweise keine bewußte Steuerung über diesen Vorgang hat - zumindest behauptet sie das."

Du glaubst es nicht?" Ein ungläubiger Blick von Landry.

Ja, das glaube ich nicht. So wie die Fremdgene in ihrem Inneren sich verhalten, hat sie über alles die Kontrolle. Aber es mag sein, daß sie über die Jahrtausende vergessen hat, dies bewußt zu tun. Ihr Unterbewußtsein gibt den Befehl. Aber letztendlich steuert sie alles immer noch selbst." Lam runzelte die Stirn, nickte dann anerkennend. „Diese Gentherapie ist etwas ... Auch wenn ich an für sich ihre Entscheidung nicht wirklich nachvollziehen kann, muß ich doch sagen, ihre Arbeit war ganz hervorragend. Schade, daß sie nur Beckett die Ermächtigung gegeben hat, ihre Forschungen einzusehen und vielleicht zu vervollständigen."

Landry sah wieder hinunter auf das schmale Gesicht der bewußtlosen Antikerin, runzelte die Stirn. „Eine geniale Wissenschaftlerin ... Irgendwie erscheint mir das bei Miss Uruhks Eskapaden etwas ... nun, eigenartig."

Es ist aber so. Du wirst niemanden finden, der es auf dem Gebiet der Genetik mit ihr aufnehmen kann, zumindest hier und heute. Sie behauptet, vor zehntausend Jahren sei das anders gewesen." Lam seufzte. „Es wäre wirklich ein unglaublicher Verlust, wenn sie sterben würde."

Irgendeine Chance?" Landry sah wieder auf, eine leise Hoffnung in den Augen.

Lam zögerte, dann wandte sie sich ab. Langsam schüttelte sie den Kopf. „Nicht wirklich. Wenn sie nicht von selbst wieder aufwacht, werden wir nie erfahren, was geschehen ist. Tut mir leid."

Landry seufzte, wollte sich schon abwenden, da fiel ihm etwas auf und er senkte den Kopf wieder auf die Gestalt im Bett. Entgeistert sog er scharf den Atem in seine Lungen. „Oh mein Gott!"

Was?" Lam drehte sich um und erstarrte.

Die Antikerin rührte sich. Die Finger ihrer rechten Hand bewegten sich sacht, dann kreiste ihre Hand.

Lam fuhr wieder zu den Bildschirmen herum, schüttelte jedoch nur den Kopf. „Ihr Kreislauf hat sich wieder stabilisiert, aber ansonsten kann ich keine Veränderung feststellen. Wie kann das sein?"

Landry wich vom Bett zurück und atmete immer wieder tief ein. „Das gibt es doch nicht!" keuchte er schließlich, ließ Lam den Kopf wieder senken und sich auf ihre Patienten konzentrieren.

Vashtu hatte ihre Augen geöffnet und sah die beiden Menschen unverwandt an.

Miss Uruhk!" seufzte Landry, halb erleichtert, halb erschrocken.

Die Aufmerksamkeit der Antikerin glitt augenblicklich mehr zu ihm. Sie starrte ihn an, ohne jegliches Erkennen in den Augen. Sie starrte nur.

Wie geht es Ihnen?" Lam trat an das Bett heran und beugte sich über ihre Patientin.

Die richtete ihre Aufmerksamkeit nun auf sie, doch wieder war keine Spur von Erkennen in ihren Augen zu sehen.

Lam zögerte, dann beugte sie sich über die Antikerin. „Moment, ich ziehe Ihnen den Schlauch. Das wird etwas unangenehm."

Landry trat noch einen Schritt zurück und erschauderte, als er beobachtete, was geschah. Noch immer schien es ihm, als durchbohre die Antikerin ihn mit ihrem Blick. Irgendetwas war anders, das wurde ihm schnell klar. Irgendetwas war ...

Vashtu hustete und würgte, als der Beatmungsschlauch aus ihrer Kehle entfernt wurde. Mühsam rappelte sie sich auf die Ellenbogen und keuchte.

Warten Sie." Geschäftig goß Lam einen Becher Wasser ein und reichte ihn ihrer Patientin. „Hier, trinken Sie, dann wird es besser."

Vashtu ließ sich den Becher an die Lippen drücken. Landry sah, wie sie langsam schluckte und dann die Hand hob, als sie genug hatte.

Wie geht es Ihnen?" fragte der Leiter des SGC.

Vashtus Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf ihn. Unverwandt sah sie ihn an, blinzelte nicht einmal. Doch sie schwieg.

Landry erschauderte.

Es kann sein, daß es etwas dauert, bis Ihre Stimme sich erholt hat, Miss Uruhk. Möchten Sie etwas aufschreiben?" erkundigte Lam sich.

Vashtu reagierte nicht. Weiter starrte sie Landry an. Dann setzte sie sich unvermittelt auf und hob die Beine aus dem Bett.

Miss Uruhk?" Lam trat irritiert einen Schritt zurück.

Vashtu stand auf, trat dicht an den Leiter des SGC heran. Noch immer zuckte in ihrem Gesicht nicht einmal ein Muskel. Unwillkürlich wich Landry etwas zurück.

Dann ballte die Antikerin plötzlich die Hand zur Faust und schlug zu. Der General ächzte getroffen und klappte nach vorn. Blitzschnell griff sie nach seinem Arm und hebelte ihn über ihre Schulter, daß er hart auf das Bett knallte, in dem sie vorher gelegen hatte. Landry ächzte und würgte immer noch von dem Schlag. Offensichtlich konnte er sich im Moment nicht wirklich gegen die Antikerin wehren.

Miss Uruhk!" Lam starrte Vashtu entgeistert an.

Mit einem tierischen Knurren drehte die sich herum.

Lam wich zurück, konnte den Blickkontakt mit Vashtu nicht lösen. Dann stürzte sie unvermittelt los, die Antikerin hinter sich wissend.

Kommen Sie zu sich! Miss Uruhk!" rief die Ärztin, warf sich auf den Notfallknopf. Ein durchdringender Alarm schallte durch die Krankenstation, blinkende rote Lichter flammten auf.

Dann fühlte Lam bereits, wie sie im Nacken gepackt und zurückgerissen wurde. Eine Faust schrammte über ihr Gesicht, während sie herumwirbelte.

Irgendwie gelang es ihr, sich zumindest kurzfristig wieder zu befreien. Sie fuhr herum, nach irgendeiner Waffe gegen die Antikerin suchend. Aber was würde gegen die Kraft eines Wraith wirklich etwas nutzen?

Wieder knurrte die Antikerin. Tief und grollend klang dieser Laut, und sehr gefährlich.

Lam griff sich das erstbeste von einem nahestehenden Tischchen und schleuderte ihrer Angreiferin eine Nierenschale entgegen. Vashtu wischte sie wie eine Fliege beiseite, kam drohend näher.

Hören Sie, was immer auch geschehen ist, wir können darüber reden. Sie müssen das nicht tun, Miss Uruhk!" Lam trat rückwärts Schritt für Schritt zurück.

Warum ausgerechnet jetzt? Es war spät in der Nacht und sie die einzige in der Krankenstation. Und sie hatte keine Ahnung, wie lange der Sicherheitsdienst brauchen würde.

Vashtu sprang vor - und mitten in ihrem Sprung traf sie eine Energieentladung. Der schlanke Körper der Antikerin wurde in der Luft herumgewirbelt und aus der Bahn geworfen. Hart krachte sie gegen die Wand, rutschte dann an dieser hinunter und blieb zwischen zwei Betten bewußtlos auf dem Boden liegen.

Lam zögerte, dann richtete sie sich auf und starrte auf den zusammengesunkenen Körper.

Was war das?" flüsterte sie.


TBC ...

2 Kommentare:

  1. Hey =)

    uiuiui...das fing alles so harmlos an und dann so eine wendung.
    Am angang musste ich sogar einmal lachen, als vashtu babbis irgendwas von an pi angleichen und son quatsch erzählt hat :D
    Und dann ist wallace schon wieder gestürzt...tollpatsch oder geplant? Denn das er ne abneigung gegen vashtu hat ist mitlerweile ja nicht mehr zu übersehen.
    naja sie ähnelt halt sheppard und wenn er mit dem shcon nicht klar gekommen ist ;)
    und dann auf einmal der schock, dass die vashtu da bewusstlos finden...man kann die auch keine minute aus den augen lassen!
    aber der noch größere schock folgte ja noch!
    Erst erzählt wallace anscheind schwachsinn und dann greift vashtu auch noch general landry und dr. lam an :-O
    Was zum teufel ist denn jetzt in sie gefahren?
    So ich les jetzt gespannt weiter und wünsche dir Frohe Weihnachten =)
    LG Sabrina

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  2. Auch dir erst einmal ein frohes Fest, hoffentlich wurdest du reich beschenkt und du und deine Familie ist zufrieden.
    Wallace ... was mir jetzt beim Überarbeiten auffällt ist ebenfalls diese extreme Abneigung. Bei der ersten Veröffentlichung wurde ich seinerzeit gefragt, ob er vielleicht unter diesem fremden Einfluß steht. Wenn ich mir die nächsten Fics ansehe muß ich behaupten, auch wenns mir damals beim Schreiben nicht auffiel, offensichtlich ist er in Mitleidenschaft gezogen worden. Also, mal ein Kreuz für den guten Jim-Bob brechend, Babbis hat schon recht, wenn er meint, Wallace würde neben der Spur laufen.
    Tja, was da mit Vashtu passiert ist ... das wirst du hoffentlich heute noch erfahren (wenn ich dran denke und nicht den ganzen Tag verschlafe).

    Bis denne
    Ramona

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