03.12.2009

Teamwork II

Wallace beobachtete wenig begeistert, wie Babbis den Laptop vor ihm aufbaute und einschaltete. „Aber ...“ Er verstummte und ließ die Schultern sinken. Das schnurlose Telefon wurde neben den Rechner gelegt.
„Kein Aber!“ Babbis richtete sich wieder auf und nickte Dorn zu, der bereits an der Tür stand und wartete. „Du wirst mittels des Rechners herausfinden, was du kannst. Dorn und ich sind das aktive Team und lassen uns von dir zu den Adressen schicken. Irgendwo werden wir schon fündig werden. Dann informieren wir das SGC und warten auf die Kavallerie. Ist doch ganz einfach.“
„Aber wenn ich mich in die Daten des Trusts einhacke, könnten sie das zurückverfolgen und ... und ...“
„Das Risiko gehe ich ein. Und vergiß nicht, das hier ist meine Wohnung, nicht deine. Du bist aus dem Schneider.“ Babbis ließ dabei aus, daß er sowieso in einigen Tagen umziehen würde. Und wenn er sich an das SGC wandte, würde er vielleicht in den nächsten Wochen einen Schutz bekommen, sollte der Trust herausfinden, daß es sein Rechner gewesen war, der sich in ihre Dateien eingehackt hatte.
Wallace schluckte hart. „Ich weiß nicht, ob ich das kann.“
„Du hast dich ins Pentagon eingehackt, schon vergessen, wie du mir das erzählt hast?“ Babbis schüttelte den Kopf, beugte sich dann wieder über sein Teammitglied. „Weißt du eigentlich, daß wir bisher immer noch als die Weicheier im ganzen SGC gelten? Als Feiglinge? Weißt du, was man über uns sagt?“
Wallaces Wangen wurden dunkelrot, verschämt wich er dem Blick des anderen aus. „Das ist doch egal. Wir machen unsere Arbeit.“
„Aber nicht gut genug!“ Babbis richtete sich wieder auf. „Wenn wir ein Team sein wollen, müssen wir auch füreinander eintreten. Und das heißt, wir müssen zusammenhalten. Das tun wir aber bisher nicht. Wir lassen uns von Dorn und Uruhk beschützen. Und ich möchte irgendwann einmal als Wissenschaftler anerkannt werden, der für seine Sache einsteht.“
Wallace nagte an seiner Unterlippe. „Sie ist manchmal wie Lt. Colonel Sheppard“, murmelte er.
Babbis nickte. Auch ihm war das nicht entgangen, im Gegenteil, er hielt es ihr regelmäßig vor. Aber dennoch war auch der Colonel damals für sie eingetreten und hatte sie beschützt. Er hatte geholfen, so gut er konnte. Und die Antikerin war ebenso.
„Weißt du noch, auf R3Y-775? Als du dieses außerirdische Gerät gefunden hast?“ fragte er.
Wallace sah auf und nickte. „Der Planetenkiller, ja.“
Das war ihre zweite Mission gewesen, und Uruhk hatte Wallace nicht nur das Leben gerettet, sie hatte die Fehlfunktion der Maschine, die Wallace zu verdanken gewesen war, auf ihre Kappe genommen. Beinahe wäre sie nach Antartica versetzt worden, auf nimmer Wiedersehen.
„Oh.“ Wallace senkte den Kopf.
„Du bist ein Ass am Rechner“, sagte Babbis nun. „Du hast da einiges auf dem Kasten, was wir anderen nicht können. Ich verlange ja nicht von dir, mit Dorn und mir da raus zu gehen, James. Wir übernehmen den gefährlichen Part. Du sitzt hier und kontaktierst uns, wenn du etwas findest. Wir sehen uns dort unauffällig um und geben die Informationen an das SGC weiter. Keiner wird verletzt und wir haben geholfen, unserem Leader das Leben zu retten.“
Wallace starrte auf den Bildschirm.
„Du brauchst ja nicht einmal die Nummern zu wählen. Ich habe sie in der Kurzwahl“, fuhr Babbis fort. „Alles, was du tun mußt, ist, zwei Tasten zu drücken, die 1 für mich oder die 2 für Dorn. Du gibst uns die Infos und wir sehen nach. Kein Problem. Und niemand verlangt von dir, daß du dich zu tief in die Daten des Trusts einhacken mußt. Die werden doch wohl irgendwo ein Adressenverzeichnis im Internet stehen haben. Du suchst die, die uns am nächsten sind, heraus und wir überprüfen sie.“
Wallace saß immer noch stirnrunzelnd da.
Babbis seufzte. „Hast du eine Ahnung, was mit uns geschehen wird, wenn Miss Uruhk vom Trust irgendwie ... verletzt wird? Denkst du denn wirklich, wir würden noch jemals eine Chance erhalten, durch das Gate zu gehen?“
Wallace zuckte mit den Schultern. „Man wird uns einen neuen Leader geben“, murmelte er.
„Wird man nicht. SG-27 wurde nur neu aktiviert, damit Miss Uruhk den Umgang mit den Menschen lernt. Fällt sie aus, werden wir wieder in den Innendienst versetzt, landen in AREA 51 oder sonstwo. Nie wieder werden wir einen Fuß auf einen anderen Planeten setzen dürfen, glaube mir.“
Dorn an der Tür blickte auf bei diesen Worten und runzelte schweigend die Stirn.
Babbis richtete sich auf und nickte. „Es ist so. Ich habe es läuten gehört. General Landry wollte uns von Anfang an nicht dabei haben. Doch Miss Uruhk ist zu wichtig für das SGC, sie können sie nicht einfach laufen lassen.“
Dorn wandte sich ab.
„Wir sind doch keine Pausenclowns“, murmelte Wallace.
„Aber als genau das werden wir im SGC angesehen, James. Und aus genau diesem Grund müssen wir jetzt etwas tun, um zu beweisen, daß wir ein Team sind. Wenn wir helfen, Miss Uruhk zu befreien, wird man uns ernst nehmen, man wird SG-27 ernst nehmen und uns nicht immer nur auf unwichtige Planeten schicken. Und das ist es doch wert, oder?“
Widerstrebend nickte Wallace endlich.
Babbis seufzte erleichtert, griff nach seiner Jacke und folgte Dorn nach draußen.

***

Vorsichtig schlich Vashtu über den Gang, prüfte kurz alle Türen, die sie fand. Irgendwo mußte es hier doch eine Treppe oder einen Aufzug geben, irgendwo ein Fenster.
Sie hörte Schritte in einem der anderen Quergänge und suchte sich eine Deckung. Die Automatik klickte leise, als sie sie entsicherte. Vashtu hielt den Atem an, sah dann den Mann im schwarzen Anzug, wie er an ihr vorbeiging, ohne sie zu bemerken. Dann wartete sie, bis sie sicher sein konnte, daß er wirklich keinen Alarm schlug und atmete erleichtert aus.
Vorsichtig lugte sie um die Ecke, inspizierte wieder aufmerksam den Hauptflur und schlich schließlich weiter.
Aus der Richtung, aus der der Anzugträger gekommen war, waren ihr schon mehrere entgegengekommen. Gut möglich, daß sie dort irgendwo einen Ausgang fand. Sie hielt sich schon viel zu lange auf den Gängen auf für ihren Geschmack. Es war nur eine Frage der Zeit, bis man ihre Flucht bemerken würde und dann hinter ihr herjagte. Und sie wollte dann schon nicht mehr auf diesem Stockwerk sein.
Sie schlüpfte in den Seitengang und schlich vorsichtig weiter.
Vor ihr tauchte ein helles Rechteck auf, durch das sie auf einen wolkenverhangenen Himmel sehen konnte. Ein Fenster, endlich!
Vashtu beschleunigte ihre Schritte und hielt darauf zu, dann fiel ihr die Metalltür auf. Ein Aufzug, direkt neben dem Fenster.
Na toll. Da hatte sie ja noch so lange hier herumstreifen können.
Vorsichtig trat sie an das Fenster und sah nach draußen. Ihr Mut sank.
Offensichtlich befand sie sich in dem neu errichteten Bürogebäude im Industriegebiet, in einem der oberen Stockwerke, wie sie bereits vermutet hatte. Und das war definitiv zu hoch, um das Fenster wie auch immer zu öffnen - sie fand keine Griffe - und hinauszuspringen. Sie würde sich nur alle Knochen im Leibe brechen.
Also der Lift.
Sie drehte sich um und wollte den Türöffner aktivieren, als eine bläuliche Energieentladung direkt neben ihr in das Fenster einschlug.
Vashtu duckte sich und ruckte den Oberkörper herum. Die Waffe heben und schießen war eins. Sie nahm sich kaum die Zeit zu zielen und konnte einfach nur das beste hoffen.
Wieder ein Schuß aus der Zat, wieder beantwortete sie diesen mit einer Kugel, und dieses Mal erntete sie zumindest einen Schmerzensschrei als Belohnung. Sie warf sich nach oben und preßte ihre ganze Handfläche auf den Türöffner, der daraufhin ein schrilles Piepsen von sich gab.
Nein!
Sie wich zurück und starrte auf das kleine Display. „Keine Autorisation“ blinkte ihr entgegen. Diese Kerle hatten den Aufzug tatsächlich irgendwie verschlossen.
In ihrer Muttersprache fluchend warf sie sich gegen die nächstbeste Tür, als sie wieder Schritte hörte, und taumelte in ein helles Treppenhaus hinein. Von ihrem Schwung noch mitgerissen, hastete sie die ersten Metallstufen hinunter, die laut gegen sie protestierten, dann fand sie in ihre Geschwindigkeit zurück und rannte weiter.

***

„Das ist es.“ Dorn nickte zu dem noch im Bau befindlichen Gebäude hinüber.
„Bist du sicher, daß es wirklich diese Adresse ist?“ fragte Babbis skeptisch in den Hörer.
Nur in schlechten Krimis wurden Menschen in so einem Haus festgehalten, aber doch nicht im richtigen Leben!
Dorn kramte sein Handy heraus und gab mit stoischer Ruhe eine Nummer ein.
„Es ist das einzige, was ich in der näheren Umgebung habe finden können. Denkst du denn, sie werden sie weit fort gebracht haben?“ Wallaces Stimme am anderen Ende der Leitung klang unsicher.
Babbis musterte wieder den Rohbau. Er wußte nicht so recht weiter.
„Colonel? Ja. Ja“, hörte er Dorn in sein Handy sprechen, wirbelte herum.
„Wir wissen doch noch gar nicht sicher, ob sie hier ist“, zischte er dem Marine zu.
Der nickte nach oben. „Sie ist hier. Am Fenster.“ Dann wandte er sich wieder seinem Handy zu.
Babbis blickte hoch und sah einen blauen Blitz, der eines der Fenster an der Westseite des Gebäudes kurz beleuchtete. Unvermittelt ließ er sein Handy fallen. Wallaces unsichere Stimme hatte gerade zu einer Erklärung angesetzt, brach unvermittelt ab, als das kleine Gerät auf dem Asphalt zerschellte.

***

Vashtu raste die Treppen hinunter, hörte hinter sich Geschrei und Gepolter. Ab und an zischte ein Energieblitz an ihr vorbei und fraß sich in das Metall von Treppe oder Geländer.
Sie hastete weiter, nahm sich kurz die Zeit, auf jedem Stockwerk an der Tür zu rütteln, doch auch diese waren verschlossen.
Die Männer kamen immer näher.
Blind schoß sie einige Kugeln in die Luft, raste weiter. Nur runter, so schnell wie möglich. Die Türen waren nicht wirklich stabil, sie konnte sie relativ leicht durchbrechen, wie sie im oberen Stockwerk bemerkt hatte.
Wieder einige kurze Schüsse, bis die Automatik plötzlich nur noch klickte.
Fluchend warf sie sich herum und sprang auf die nächsttiefere Treppe, raste weiter. Die Automatik blieb irgendwo hinter ihr zurück.
Das Ende des Treppenhauses näherte sich. Eine letzte Tür, danach nichts mehr.
B-2 stand an die Wand gemalt.
Sie war zu weit gelaufen!
Die Schritte kamen unweigerlich immer näher.
Vashtu setzte zu einem kurzen Spurt an, rammte ihre Schulter in die Tür und stolperte in eine Tiefgarage.

***

Dorn zog Babbis von der Straße auf den Fußgängerweg, lehnte sich dann bequem an eine Laternenstange.
„Wie können Sie so ruhig bleiben?“ Babbis fühlte plötzlich, wie die Angst ihn einholte.
„Verstärkung ist unterwegs.“ Dorn ließ das Bürogebäude nicht aus den Augen. „Die Jungs sind schnell.“
Babbis schluckte.
Irgendwie war ihm in den Sinn gekommen, daß sie sich hier in Gefahr befanden. Bisher hatte er das nicht wirklich realisiert. Eher war es ihm wie seine Pflicht vorgekommen, der Antikerin zu helfen. Außerdem ging es da auch um verletzten Stolz, wie er sich selbst eingestehen mußte. Sie hatte ihm mehr als einmal das Leben gerettet, und sie hatte ihm mehr als einmal zu verstehen gegeben, was sie von ihm hielt. Und das ärgerte ihn einfach nur maßlos.
Aber jetzt?
Da, ihnen gegenüber, in einem Rohbau, saßen die Agenten des Trusts. Gefährliche Männer, die über Spezialausbildungen verfügten und sich über seine lächerlichen Versuche nur halbtot lachen würden.
Dorn hob den Kopf. „Schüsse“, kommentierte er.
Babbis horchte auf. Ja, da war etwas, doch es verstummte recht schnell. War es die Antikerin, die sich ihres Lebens erwehrte? Wurde sie bereits gefoltert oder ihr gar ein Goa'uld eingepflanzt?
Er schluckte.

***

Vashtu hetzte weiter, direkt in eine Faust hinein, wurde zurückgerissen und verlor das Gleichgewicht. Die fremden Zellen in ihrem Genom reagierten sofort auf die Gefahr und gaben ihr mehr Kraft und Widerstandsfähigkeit.
Kraftvoll trat sie zu und riß ihrem Angreifer die Beine unter dem Körper weg, ehe der, wie er wohl geplant hatte, eine Waffe ziehen konnte. Dann sprang sie auf und trat noch einmal kraftvoll zu.
Doch der Fremde war gewappnet, riß nun ihr Bein unsanft in die Höhe und hebelte sie wieder aus. Erneut krachte sie hart auf den Betonboden, wirbelte aber sofort herum und stürzte sich auf ihn.
Ihre Augen veränderten sich plötzlich, die Pupillen wurden riesengroß und vertikal geschlitzt. Die Iratus-Käfer-Zellen hatten das Kommando übernommen.
Vashtu ließ ihre Faust in das Gesicht des Mannes krachen, achtete gar nicht darauf, daß sie sich vielleicht dabei verletzte. Der schien gut trainiert zu sein, er steckte den Schlag weg, riß an ihrer Jacke, um sie irgendwie von seinem Körper zu zerren.
Vashtu jagte ihre Rechte hinterher, schmetterte noch einmal die Linke an sein Kinn, ehe er endlich bewußtlos liegenblieb. Blut sickerte aus Mund und Nase.
„Wo ist sie?“
Mit einem Ruck kam die Antikerin wieder auf die Beine und verbarg sich hinter einem Betonpfeiler. Vorsichtig lugte sie um die Ecke, sah einen anderen Mann, der die Tiefgarage wohl gerade durch den Lift betreten hatte. Sie erschauderte, als sie seine leuchtenden Augen sah.
Ein Goa'uld!
Zwei andere in dunklen Anzügen traten an ihn heran und berichteten leise.
Sie mußte hier weg, und das schnell!
Vashtu preßte sich gegen die Säule und sah sich um. Da fiel ihr Blick auf das schwere Motorrad, das nicht weit entfernt von ihr stand.
„Fangt sie wieder ein, sie darf auf keinen Fall dieses Gebäude verlassen!“

***

Wallace klickte sich durch einige Informationen, die er zufällig geöffnet hatte. Da blieb sein Blick an einem Namen hängen.
Keuchend holte er Atem und setzte sich aufrecht hin.
„Oh nein!“
Seine Hand zitterte, als er zu dem schnurlosen Telefon griff und die Nummer des SGC wählte.
Er ließ dem anderen Teilnehmer keine Zeit, sich auch nur richtig zu identifizieren, sondern sprudelte schon heraus: „Sir, ich weiß, wer für die Entführung von Miss Uruhk verantwortlich ist.“

***

Vorsichtig schob sie die Maschine vom Bock runter und setzte sich rittlings darauf.
Wie startete man diese Dinger?
Vashtu war verwirrt, als ihr plötzlich ein Schlüssel in die Hand fiel. Dann erinnerte sie sich daran, wie Marnie einen Schlüssel in das Zündschloß ihres Wagens gesteckt und dann herumgedreht hatte.
So mußte das wohl auch hiermit funktionieren.
Sie fand einen Schlitz zwischen den Anzeigen und steckte den Schlüssel hinein.
„Und jetzt sei brav und fahr los“, wisperte sie der Maschine zu und drehte den Schlüssel.
Der Motor stotterte, doch dann begriff sie, wie sie Gas geben mußte und benutzte die Schaltung. Es klappte tatsächlich.
Vashtu fuhr los.

***

Zwei Fahrzeuge hielten am Straßenrand und einige Männer in militärischer Uniform sprangen hinten herunter, Skimasken über den Gesichtern und schwere Sturmgewehre in den Händen.
Babbis fühlte, wie seine Beine schwach wurden. Haltsuchend stützte er sich mit einer Hand an der Laterne ab
Ein Militärpolizist stieg vorn aus einem Wagen und kam zu ihm und Dorn, der immer noch lässig an der Stange lehnte.
„Gute Arbeit, George“, sagte er.
Dorn nickte nur. „Schüsse waren zu hören und wenigstens eine Entladung von einem Zak'Ni'Tel. Scheint eine Menge los zu sein in der Hütte“, brummte er, dann richtete er sich auf, zog seine Dienstwaffe aus einem Holster unter seiner Jacke hervor und trat auf die Straße, wo bereits die anderen Aufstellung genommen hatten.
Der MP sah Babbis einen Moment lang an, dann nickte er anerkennend. „Gute Arbeit. Ihr Team-Leader wird stolz auf Sie sein.“ Er grüßte.
Babbis starrte ihn mit blassem Gesicht an, dann verzogen sich seine Lippen zu einem Lächeln. Auch er zog seine Waffe und trat an Storm vorbei, um neben Dorn Aufstellung zu nehmen.

***

Die Maschine fauchte wie eine riesige Katze und lag hervorragend unter ihr. Vashtu war beeindruckt. Der Fahrtwind zerrte an ihrem kurzen Haar, und beinahe hätte sie vergessen können, daß sie sich hier in Gefahr befand. Wenn da nur nicht die zunächst vereinzelten Energieschüsse gewesen wären, die immer wieder in ihre Richtung zuckten.
Sie beschleunigte, beugte sich tiefer über den Lenker und legte sich in die Kurve.
So eine Maschine brauchte sie auch! Das hatte ja was vom Fliegen!
Dann aber nahmen die Schüsse auf sie zu. Immer wieder mußte sie ausweichen, und der Ernst der Lage kam ihr schlagartig wieder zu Bewußtsein.
Sie beschleunigte stärker, spürte, wie der Motor unter ihr aufheulte, tippte mit dem Fuß auf die Kupplung und schaltete in den nächsten Gang. Einfacher als sie gedacht hatte.
Vor ihr tauchte einer dieser Männer im Anzug auf, stellte sich ihr in den Weg. Doch wenn er geglaubt hatte, sie würde ausweichen, hatte er sich gründlich getäuscht. Sie beschleunigte noch weiter, hielt direkt auf ihn zu.
Im letzten Moment brachte der Fremde sich in Sicherheit.
„Schließt das Rolltor! Schnell!“
Sie erschrak. Offensichtlich hatten ihre Entführer irgendeinen Ausgang übersehen. Einen Ausgang, den sie benutzen konnte, solange er noch offen war.
Sie gab mehr Gas, raste über eine Rampe in das obere Kellergeschoß. Da sah sie auch schon Licht aufblitzen.
Mit Projektil- und den Goa'uld-Waffen wurde mittlerweile auf sie geschossen. Immer wieder mußte sie ihr Gewicht verlagern, was ihrer wilden Fahrt auf dem Motorrad nicht mehr sehr viel Freude verlieh.
Licht, Tageslicht!
Sie raste darauf zu. Doch sie sah auch, wie sich ein gewaltiger Schatten langsam über dieses Licht senkte.
Nein, nein, nein!
Sie holte das letzte aus dem Motorrad heraus, machte sich so klein wie möglich. Es würde nicht reichen.
Und doch reichte es.
Sie verriß die Maschine und schleuderte zur Seite, verlor das Gleichgewicht und brachte gerade noch ihr Bein unter dem schweren Motor hervor, dann rutschten beide, Maschine und sie, unter dem schmalen Spalt des mitleidlos hinunterfahrenden Rolltors hinaus auf die Straße. Der Asphalt biß sich durch ihre Hose, ratschte an ihrer Jacke entlang und hinterließ ein häßliches Muster auf dem Leder. Das Motorrad schlug Funken.
Miteinander drehten sie sich ein wenig, dann kamen sie endlich zu liegen.
Vashtu rappelte sich sofort auf die Ellenbogen, starrte zur Garageneinfahrt hinüber, die sich inzwischen vollständig geschlossen hatte. Wenn es möglich war, so trafen ihre Augen auf die des namenlosen Goa'uld, der wütend auf der anderen Seite stand.
Dann registrierte sie endlich die Schatten, die dicht hinter ihr Aufstellung genommen hatten. Blinzelnd drehte sie den Kopf und sah Dorn und Babbis, die, ihre Handfeuerwaffen im Anschlag, direkt hinter ihr standen und sie zu beschützen suchten, umgeben von gut zwanzig Männern eines Spezialkommandos.
Seufzend fiel sie zurück auf den Asphalt, der ihr im Moment so weich wie die Matratze ihres Bettes erschien.
Frei!

***

„Du hast einen Haufen Glück gehabt!“ Marnie umwickelte ihren Arm. „Mann, wenn ich gewußt hätte, daß diese Typen wahrscheinlich schon da waren und auf deine Rückkehr warteten!“
Vashtu ließ es über sich ergehen, daß man sie verarztete, obwohl das eigentlich nicht weiter nötig war. Die Wraith-Zellen in ihr sorgten dafür, daß leichte und mittlere Verletzungen sehr schnell heilten, solange sie nur genügend Nahrung zu sich nahm. Und selbst Knochenbrüche brauchten einen Bruchteil der Zeit, die ein Mensch benötigt hätte, um wieder auf die Beine zu kommen.
Die ersten Schrammen waren sogar schon verheilt, ehe sie überhaupt im SGC angekommen war. Jetzt ging es nur noch um die etwas tieferen Wunden.
„Ich werde mich auf jeden Fall in Zukunft noch weiter von diesen Zats entfernt halten“, knurrte Vashtu. „Sie mögen ja sehr praktisch sein, aber wenn man von ihnen ins Reich der Träume befördert wird, ist es nicht sehr angenehm, wieder aufzuwachen.“
„Daran gewöhnt man sich mit der Zeit“, sagte eine andere Stimme.
Vashtu fuhr hoch und drehte sich um. General O'Neill stand an ihrer Liege, nickte Marnie kurz zu, die beinahe fluchtartig den Rückzug antrat.
„General!“ Vashtu schluckte. „Tut mir leid, Sir.“
O'Neill neigte den Kopf verständnislos zur Seite. „Wie bitte?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Diese ganze Sache, Sir. Daß ich mich habe entführen lassen.“
O'Neill nickte verständnisvoll. „Dafür konnten Sie nichts, Miss Uruhk. Man hätte Sie vor dem Trust warnen sollen. Also liegt die Schuld wohl eher auf unserer Seite.“
Sie lächelte unsicher, schwieg jetzt aber.
O'Neill sah sie von oben bis unten an. „Aber, wie ich gehört habe, war unser ganzer Aufwand wohl überflüssig. Schließlich war es Ihr Team, daß Sie gefunden hat, und Sie selbst, die sich befreien konnten.“
„Mit viel Glück, Sir“, sagte sie. „Ich denke, der Trust hat sich täuschen lassen.“
O'Neill rückte sich einen Stuhl näher und setzte sich. „Und das war gut so.“ Er grinste spitzbübisch. „Das nächste Mal allerdings wird die Sache wohl anders liegen.“
„Das nächste Mal?“ Vashtu hob die Brauen.
O'Neill spielte mit seiner Mütze. „Wie es aussieht, hatten wir eine undichte Stelle hier in Cheyenne-Mountain, Miss Uruhk. Darum ist der Trust auf Sie aufmerksam geworden. Aber jetzt weiß er, daß es eine überlebende und ziemlich gewitzte Antikerin gibt. Wir wissen nicht genau, was der Trust möglicherweise an Waffen von Ihrem Volk erbeutet hat.“
Vashtu runzelte die Stirn.
Daran hatte sie gar nicht gedacht.
„General Landry meinte, ich solle Sie auf das Risiko hinweisen, noch einmal vom Trust entführt zu werden. Und das nächste Mal werden sie wohl besser vorbereitet auf Sie sein“, er stockte, sah sie an. Dann schmunzelte er wieder. „Wenn Sie mich fragen, die Gefahr besteht tatsächlich. Aber ich denke nicht, daß das bedeutet, Sie müßten sich hier verstecken.“
„Was ich auch nicht tun würde, Sir, bei allem Respekt. Ich möchte in mein Apartment, ein heißes Bad nehmen und dann ins Bett.“
O'Neill nickte. „Das dürfen Sie auch, keine Bange. Aber möglicherweise sollten Sie über einen Wohnungswechsel nachdenken.“
„Oder eher nicht. Der Trust wird erwarten, daß ich die Flucht ergreife. Mich noch einmal an der gleichen Stelle zu finden halten sie, glaube ich, für eher unwahrscheinlich“, entgegnete sie bestimmt.
„Gut überlegt.“ Er beugte sich vor. „Kommen wir zu etwas anderem, Miss Uruhk.“
Sie nickte beklommen und wartete.
„Ich muß sagen, nach allem, was ich bisher gehört habe, war ich nicht sonderlich angetan von dem, was Ihr Team leistete. Ehrlich gesagt, ich war versucht, Ihnen die Leitung eines anderen SG-Teams zu überlassen, mit General Landrys Einverständnis versteht sich. Aber was Ihre Männer heute geleistet haben ... Sie sind auf dem richtigen Weg, Miss Uruhk, und Sie haben mich beeindruckt mit diesem Teamwork.“
Sie lächelte. „Danke, Sir, auch im Namen meines Teams.“
O'Neill setzte sich wieder auf. „Sie haben mir vom ersten Moment an gefallen, Miss Uruhk. Vielleicht ...“ Wieder zögerte er, dann setzte er seine Mütze auf und erhob sich. „Sie erinnern mich an jemanden, Miss Uruhk. An einen jungen Piloten, der mich einmal von MacMurdo nach Antaktica geflogen hat. Ich gab ihm eine Chance und er hat sie genutzt, wenn vielleicht auch nicht immer ganz nach Vorschrift.“
Vashtus Lächeln wurde breiter. Ein bißchen Stolz schwang in ihrer Brust mit und sie richtete sich unwillkürlich auf.
„Ich denke, wir beide wissen, von wem ich spreche, nicht wahr?“ O'Neill zwinkerte. „Dann sollten Sie diesen Eindruck bei mir weiter festigen, Miss Uruhk. Ich habe veranlaßt, daß Sie in zwei Tagen mit einem Team zur Daedalus fliegen. Wenn ich mich nicht täusche, werden Sie sicher sehr gut mit einem F-302 zurechtkommen. Und gute Piloten brauchen wir mindestens so sehr wie jemanden, der den Stuhl auf Antarktica steuern kann.“
„Sir?“
O'Neill, der sich bereits umgedreht hatte und gehen wollte, sah sie wieder an.
Vashtu fuhr sich mit der Hand durch ihr Haar. „Wer war die undichte Stelle, Sir?“
„Dr. Delaney aus der Abteilung für Antikerfundstücke. Dr. Jackson ist bereits bei einer Inventur unserer Bestände, um sicherzustellen, daß nichts entwendet wurde.“
Vashtu nickte nachdenklich.
O'Neill drehte sich wieder um und wollte gehen, als er wieder diesen schüchternen Ruf hinter sich hörte und erneut stehenblieb.
„Nennen Sie mich einfach Vashtu, Sir“, sagte die Antikerin mit einem schüchternen Lächeln. „Und ich danke Ihnen sehr für das Vertrauen, daß Sie in mich setzen.“
O'Neill nickte, dann griff er plötzlich in seine Hosentasche und beförderte einen Schlüssel daraus hervor, den er ihr zuwarf. „Übertreiben Sie es nur nicht, Vashtu.“
Die Antikerin fing den Schlüssel geschickt auf und starrte dann ungläubig auf das, was da in ihrer Handfläche lag. Es war ein Motorradschlüssel.

ENDE

2 Kommentare:

  1. Hey =)
    So hab nun auch den zweiten Teil gelesen und da ich nun sämtliche klausuren und referate erledigt habe, probier ich mal, ob ich mich in nächster zeit mal wieder regelmäßig melden kann.
    Es war auf jedenfall ein toller zweiter teil.
    ich muss sagen...wow! Babbis war ja hochmotiviert! Und Dorn hat einfach gehandelt und sich durch nichts aus der ruhe bringen lassen. Sogar die reaktion von wallace hat gepasst finde ich.
    So wie ich die Charas bisher kennengelernt habe, haben die genau so reagiert wie es zu denen passt.
    wallace, zwar anfangs skeptisch und mistrauisch, hackt sich erst mal beim trust ein und findet so den entscheidenen hinweis wo vashtu ist und wer die undichte stelle ist.
    Aber auch vashtu ist ja nciht untätig geblieben. Die aktion mit dem motorrad...respekt ;) noch nie damit gefahren und dann legt die da erst mal nen stunt hin und schliddert unter dem sich schließenden tor durch.
    abenteuerlustig wie immer würd ich sagen :D
    Aber ich glaub babbis könnte recht haben und man sieht das team nun mit anderen augen. denn unfähig sind die nicht, wie man gesehen/gelesen hat.
    die unterhaltung mit o'neill find ich auch super :D so schnell kommt man zu nem eigenen motorrad...aber hat sie überhaupt nen führerschein? ;)

    Ich finds übrigends nicht schlimm wenn du vergleiche mit atlantis einbringst. Da kann man immer wieder super sehen wie ähnlich sich vashtu und john doch sind und auch bei babbis erkennt man immer mehr ähnlichkeiten mit rodney. aber ich muss sagen, babbis hat zum glück noch nciht mckays arroganz :D :D

    LG Sabrina

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  2. *lach* Wenn du die nächste Story anfängst wirst du schnell wissen, ob Vashtu einen Führerschein hat oder nicht. Sagen wir, man KANN davon ausgehen, daß sie einen Führerschein haben KÖNNTE, immerhin ist sie ja seit ca. einem Jahr auf der Erde *giggel*. Man kann ...
    Ja, SG-27 beißt sich langsam Richtung Spitze durch. Die Vier dürften zwar immer das Chaotenteam bleiben, einfach weil sie eine andere Herangehensweise an die Dinge haben, aber sie werden eindeutig besser. Es ergibt sich allerdings auf dem Weg nach oben die Frage, wieviel Zicke wohl in Vashtu stecken mag *flöt*.
    Ach mein kleiner Aushilfs-McKay! Wenn du wüßtest, wie es mit Babbis noch weitergeht. Mittlerweile kann man wohl das "Aushilfs" vor dem McKay streichen. Andererseits hilft es mir immer sehr, wie ich Babbis kreiert habe, wenn ich eine SGA-FF schreibe. Irgendwie fällt es mir leichter, mich in den guten Rodney einzufinden dank meinem Peter Babbis (auch wenn ich den ja quasi auch nur ausgeliehen habe).

    Dann freue ich mich schon auf weitere Comments von dir. Bin gespannt, was du wohl zu dem, was noch so kommt, sagen/schreiben wirst.

    Bis denne
    Ramona

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