10.12.2009

Highnoon in Kansas III

„Da steht es!“
Hamilton sah irritiert aus der Frontscheibe und blickte sich dann aufmerksam um, doch nichts war zu sehen.
Das gesuchte Motorrad stand einsam auf dem Hof des verlassenen Kane-Hofes, als habe es hier die ganze Zeit auf das Auftauchen der beiden Deputys gewartet.
„Bestimmt nur einer dieser dummen Streiche der Boulder-Jungs“, mutmaßte Williams.
Hamilton nickte. „Ruf trotzdem lieber den Boß, Mike. Nicht daß wir noch Ärger kriegen, von wegen Spuren verwischt und so. Du weißt doch, wie er ist, seit diese komische Forensik-Serie im Fernsehen kommt.“
Williams nickte und griff nach dem Funkgerät, um Meldung zu machen.

***

Vashtu wurde durch einen an- und abschwellenden Lichtschein vom Fenster her aufmerksam auf das Geschehen vor ihrem Motelzimmer. Stirnrunzelnd richtete sie sich auf und reckte den Hals.
Draußen am Straßenrand, sehr gut beleuchtet von einer einsamen Straßenlaterne, stand der Geländewagen des Sheriffs an der einzigen Ampel, die Silent zu bieten hatte. Gerade als sie näher an das Fenster trat, fuhr der Wagen an - in die Richtung des Hofes, in dessen Schatten sie ihr Motorrad versteckt hatte.
Vashtu starrte dem Gefährt einen Moment lang verdattert hinterher, dann schoben sich ihre Brauen zusammen und sie kniff wütend die Lippen zusammen.
„Jetzt reicht es aber!“
Sie fuhr herum, griff sich ihre Jacke und verließ das Motel, um dem Wagen zu folgen und ihre Maschine zu retten.

***

„Ohne Zweifel, das ist es.“ Snider umrundete das Motorrad und nickte nachdenklich.
„War bestimmt einer der Boulder-Jungs, vielleicht sogar beide“, meinte Williams und kreuzte die Arme vor der Brust.
„Oder auch nicht. Diesem Weib ist alles zuzutrauen.“ Snider marschierte zu seinem Wagen zurück und beugte sich ächzend über die Ladefläche, um den Metallkasten aufzuschließen.
„Aber ... Boß! Meinen Sie wirklich, das wird nötig sein?“
Snider hob seine Schrotflinte heraus und kontrollierte die Patronen. Dann drehte er sich um und sah sich den Hof noch einmal aufmerksam an. „Wir verteilen uns im Schatten. Dann wird sie uns wohl nicht sofort sehen. Und haltet eure Waffen bereit, Jungs. Diese Furie ist zu allem fähig.“

***

Vashtu joggte bis zu dem verlassenen Hof, blieb dann auf der Straße stehen und sah sich mißtrauisch um. Der Geländewagen des Sheriffs stand in der Zufahrt des Hofes, ein Stück die Straße hinunter parkte ein anderes Fahrzeug mit einem goldenen Stern auf den Türen und der Beleuchtung der Polizei.
Wieder sah sie sich sehr genau um, tastete einen Moment lang nach der Beretta, aber die hatte sie auf dem Walker-Hof leerschießen müssen. Und Ersatzmagazine hatte sie nicht bei sich.
Dann eben ohne Waffen. Aber kampflos würde sie ihr Motorrad nicht aufgeben!
Im Schatten des Geländewagens pirschte sie sich vorwärts.
Das Motorrad stand noch immer da, wo sie es abgestellt hatte. Irgendein dummer Zufall hatte den Sheriff wohl auf die Idee gebracht, es ausgerechnet hier zu suchen. Sie hätte die Maschine besser verstecken sollen. Aber wer konnte schon damit rechnen, daß Snider plötzlich Intelligenz entwickelte?
Das ganze sah verdammt nach einer Falle aus, und Vashtu hatte keine Ahnung, wieviele Leute dem Sheriff unterstanden. Aber sie würde auf keinen Fall das Motorrad zurücklassen. Wer konnte schon sagen, was Snider damit tun würde. Außerdem war es ein persönliches Geschenk von General O'Neill, und auf dessen Freundschaft wollte sie auch weiterhin nicht verzichten.
Vashtu überlegte und sah sich aufmerksam in der Dunkelheit um.
Wenn sie wüßte, wieviele Männer Snider hatte, und ob einer von denen über etwas mehr Grips als ihr Boß verfügte, würde sie besser kalkulieren können. Auf der anderen Seite ... Sie hatte vor nicht einmal einem Jahr ein Hive-Schiff der Wraith im Alleingang gesprengt - naja, durch einen dummen Zufall, aber immerhin.
War da nicht ... ?
Vashtus Gesicht verzog sich zu einem Grinsen.
Ja, im Schatten einer niedrigen Mauer kauerte ein Mann. Und dieser Mann wartete offensichtlich auf irgendetwas.
Bis zu ihm konnte sie so gut wie ungesehen kommen. Und sie war sich sicher, daß es sich bei diesem Kerl um einen der Handlanger von Snider handelte.
Vashtu huschte auf der anderen Seite um den Geländewagen herum und hechtete auf die andere Seite der Mauer. Dann pirschte sie sich leise, mit der Nase fast am Boden, den Rücken zu einem Katzenbuckel gekrümmt, näher an den Mann heran, spannte sich schließlich an und sprang über das Mäuerchen.
Sofort riß sie ihn zu Boden und rammte ihm ihre Faust ins Gesicht. Dann erst hörte sie das Klicken, daß sie heute schon einmal zu oft gehört hatte und blickte auf, direkt in den breiten, respekteinflößenden Lauf einer Schrotflinte.
„Und jetzt, ganz langsam aufstehen“, befahl Sniders Stimme.
Vashtu atmete tief ein und hob die Hände. Diesem Ding da in den Händen ihres Feindes traute sie nicht.
„Aufstehen, na los!“ Sniders Stimme wurde ungeduldig.
„Okay, nur schön vorsichtig mit dem Ding.“ Langsam kam sie wieder auf die Beine, die Hände immer noch erhoben.
Snider drückte ihr den Lauf in den Magen und drängte sie so zurück und weiter ins Licht hinein. Vashtu blinzelte, wagte jetzt aber keinen Widerstand mehr als ein dritter Mann auf Zuruf hinter ihrem Rücken auftauchte und ihre Hände mit Stahlschellen fesselte.
„Wer sagt es denn?“ Snider nickte zufrieden und erntete dafür einen vernichtenden Blick der Antikerin.

***

„Ich kenne meine Rechte! Ich darf einen Anruf tätigen, und genau das möchte ich umgehend tun!“ Vashtu fiel unsanft auf den Stuhl zurück und funkelte den Sheriff wütend an. „Wenn Sie mir diesen Anruf vorenthalten, beschneiden Sie damit meine Rechte.“
„Welche Rechte? Sie sind keine amerikanische Staatsbürgerin.“ Snider klopfte vehement auf eines der Dokumente, die er vor sich ausgebreitet hatte. „Hier steht nichts von Ihrer Staatsangehörigkeit, also sind Sie staatenlos für mich und ich brauche Ihnen keinen Anruf zuzugestehen.“
Vashtu beugte sich wütend vor und reckte den Hals. „Sie werden bitter bereuen, wenn Sie mich nicht umgehend meine Arbeitgeber informieren lassen, das schwöre ich Ihnen!“ zischte sie.
Snider lehnte sich lächelnd zurück. „Sie werden nicht eher mit einem Ihrer Spießgesellen Kontakt aufnehmen, als daß ich Sie dem Haftrichter vorgeführt habe, Miss ... äh ... Uruhk. Und Sie sollten nicht vergessen, gegen Sie liegt bereits eine Menge vor. Machen Sie es sich nicht noch schlimmer, meine Liebe.“
„Ich bin nicht Ihre Liebe!“ brüllte Vashtu los und richtete sich halb auf. Williams zerrte sie wieder auf den Stuhl zurück und drückte sie hart nieder.
„Widerstand gegen die Staatsgewalt, Angriff auf einen Polizisten, das Tragen einer scharfen Waffe in der Öffentlichkeit ... ob geladen oder nicht spielt keine Rolle. Nebenbei auch noch das Führen eines Fahrzeugs ohne gültige Fahrerlaubnis, sowie immer noch die überhöhte Geschwindigkeit und der Verdacht auf Diebstahl.“ Sniders Lächeln verwandelte sich in ein breites Grinsen. Sein Doppelkinn bebte leicht. „Wie ich es sehe ...“
„Diebstahl?“ Vashtus Augen wurden groß. „Was, bitte schön, soll ich denn gestohlen haben?“
„Das Motorrad ist auf einen gewissen General Jack O'Neill gemeldet. Leider haben wir ihn bisher nicht erreichen können, sonst wüßten wir wahrscheinlich auch, wie es Ihnen gelungen ist, ihm seine Maschine abzunehmen.“
„Sind Sie denn von allen guten Geistern verlassen, Mann?“ wütete die Antikerin wieder los. „General O'Neill hat mir das Motorrad vor gerade einmal einer Woche persönlich geschenkt. Wenn es noch auf seinen Namen läuft, wird er wohl vergessen haben, es auf mich umschreiben zu lassen. Und was den Diebstahl angeht ... Sie haben mir die Maschine doch wohl gestohlen, wie ich es sehe, nicht umgekehrt. Ich habe sie mir nur wieder zurück geholt!“
Snider beugte sich nach vorn und stützte seine Unterarme auf den Schreibtisch. „Machen Sie es nicht noch schlimmer, Miss Uruhk. Wenn ich das alles zusammenzähle, was Sie jetzt schon auf dem Kerbholz haben ... da kommen schon einige Jährchen zusammen. Nennen Sie uns Ihre Hintermänner und ich werde sehen, was ich bei Richter Jonas für Sie tun kann.“
Vashtus Hals schien anzuschwellen durch den zornigen Schrei, der in ihrer Kehle steckte und sie würgte. Doch sie zwang sich zu einem ruhigen Tonfall. „Sie wissen nicht, worauf Sie sich eingelassen haben, Sheriff Snider. Ich warne Sie zum letzten Mal: Geben Sie mein Motorrad heraus und lassen Sie mich gehen. Sonst wird es Ihnen sehr bald sehr leid tun, überhaupt jemals meinen Namen auch nur gelesen zu haben!“
Snider musterte sie wieder genau, dann lehnte er sich zurück und gab Williams einen Wink, der die zierliche Frau daraufhin am Arm packte und hochzog.
„In die Zelle mit ihr. Vielleicht kühlt sie sich dort etwas ab. Morgen früh unterhalten wir uns weiter, meine Liebe.“
„Sie werden das bitter bereuen, Snider, das sage ich Ihnen!“ knirschte die Antikerin, ließ sich jedoch von dem Deputy nach draußen zerren in das Büro der beiden Untergebenen hinein. Hamilton saß an seinem Schreibtisch, einen Eisbeutel auf einer Hälfte des Gesichtes und musterte sie genau.
Vashtu ließ sich mit verkniffener Miene durch die hintere Tür zerren. Dort befand sich eine Zelle mit einem Fenster und einer einfachen Pritsche. Williams nahm einen Schlüssel, den er am Gürtel getragen hatte, und schloß die Gittertür auf. Dann nahm er der Antikerin die Handschellen ab und stieß sie in die Zelle hinein.
Sich die Handgelenke reibend sah Vashtu sich aufmerksam um.
Das hier war einfach lächerlich! Diese Leute hatten wirklich nicht die blaßeste Ahnung, mit wem sie es zu tun hatten. Aber sie würden sie schon noch kennenlernen.
Aufmerksam musterte sie das Gitter, legte dann ihre Hände um zwei Stäbe und rüttelte daran. Ziemlich stabil, aber längst nicht stabil genug. Allerdings würde sie wohl kaum unbeschadet durch das Büro nach draußen marschieren können.
Mit einem breiten Grinsen wandte die Antikerin sich um und betrachtete das ebenfalls vergitterte Fenster.

***

„Ja, wir haben sie. Sie können die Fahndung aussetzen. Danke für die Mithilfe.“ Snider legte den Hörer auf die Gabel und erhob sich ächzend. Hinter den Gürtel greifend zog er seine Hose wieder hoch und trat aus seinem Büro. Er war sehr zufrieden mit diesem Tag, weit zufriedener, als er erwartet hatte nach diesem verkorksten Morgen.
Er hatte eine gemeingefährliche Irre von der Straße geholt, die noch dazu zu allem fähig schien. Dem armen Hamilton hatte sie jedenfalls ziemlich zugesetzt. Wo dieses schmale Persönchen wohl so viel Kraft hernahm?
„Sir?“ Williams richtete sich auf.
„Mike, ich denke, ich gehe zu Clara rüber und besorge uns einen Happen. Wie sieht's aus?“ Sein Blick fiel auf Hamilton, der noch immer gequält auf seinem Stuhl hockte. „Für dich auch etwas, mein Junge? Oder sind die Zähne immer noch locker?“
Hamilton schüttelte nur stumm den Kopf und stöhnte leise.
Snider nickte mitfühlend und drehte sich um. Dann stutzte er und lauschte.
„Was ist das?“ fragte er, sich wieder seinen beiden Deputys zuwendend.
Williams blickte von seinem Bildschirm auf und sah seinen Chef verwirrt an. Dann weiteten sich seine Augen vor Überraschung, als auch er dieses heisere Krächzen und Stöhnen wahrnahm. Selbst Hamilton richtete sich auf.
„Das kommt ...“ Williams lauschte mit schiefgelegtem Kopf. Dann drehte er sich zu der geschlossenen Tür um und starrte auf sie, als könne sie sich jeden Moment öffnen und den Schlund der Hölle freigeben.
„Schon wieder dieses verrückte Weibstück!“ Snider marschierte mit weitausholenden Schritten an seinen beiden Untergebenen vorbei und riß die Tür zur Zelle auf. Dann blieb er verblüfft stehen und starrte auf das Bild, das sich ihm bot.
Vashtu Uruhk fuhr herum und erwiderte seinen Blick mindestens ebenso überrascht wie er. Und neben ihr ... Das dicke, schmiedeeiserne Gitter des Fensters war verbogen wie eine Bretzel!
„Das glaube ich ja nicht!“ entfuhr es Snider endlich. „Mike! Komm sofort her!“

TBC ...

2 Kommentare:

  1. ja...wär allerdings etwas blöd, wenn o'neill das sofort aufklärt, weils dann ja sozusagen zuende wäre. deswegen meinte ich ja typisch ;)
    und zu dem post bei FF.de: ich meinte damit ich hatte vorher nciht so gute Laune und dann nachdem ich die FF gelesen habe wurds dann besser...irgendwie konnte ich meinte schlechte laune ein bisschen an woolsey auslassen :D
    aber jetzt komme ich mal zu dem aktuellen Kapitel:
    kam mir dieses mal irgendwie ziemlich kurz vor :P ^^
    aber der humor hat das alles ausgeglichen.
    alleine schon der Anfang, die Anspielung auf CSI und co :D super :)
    und dann haben die durch einen dummen zufall doch noch vashtu gefasst.
    aber wie es aussieht ist sie schon fleißig dabei auszubrechen :D
    so eigentlich wollte ich noch mehr schreiben, aber ich muss jetzt leider weg...
    bis zum nächsten mal ^^
    Sabrina

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  2. Das Kapitel ist auch kürzer. Ich hatte ein wenig ... dämlich aufgeteilt, darum kam es zu diesem relativ kurzem Stück. Ich wollte den Höhepunkt nicht auseinanderreißen, darum nur ein Appetithappen.

    Kurioserweise gehört die Anspielung auf forensische Serien tatsächlich zu mir und nicht zu derjenigen, die sich ja nur allzu gern alles auf ihre Fahnen schreiben würde. Insofern freut es mich natürlich doppelt, daß es dir gefallen hat, ebenso wie Vashtus Ausbruchsversuch. Jaja, die Gute reitet sich immer weiter rein in den Schlamasel *flöt*.

    Dann hoffe ich, der Abschluß (Teil 4) wird dir ebenfalls gefallen. Dieses Mal gibts Gastauftritte *zwinker*.

    Bis denne
    Ramona

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