23.12.2009

Unter fremden Einfluß II

"Sie ist aufgewacht", antwortete Wallace einfach nur.

Für Babbis war das allerdings wie ein Keulenschlag. Mit einem Mal hatten die Zahlen und Ziffern auf seinem Bildschirm jede Bedeutung verloren. Ungläubig ruckte sein Kopf hoch. „Was? Wann?" Er kam auf die Beine und atmete einige Male tief ein. „Sie hat ein unglaubliches Glück!"

Wallaces Gesicht blieb ausdruckslos. „Wenn du meinst. Jetzt hat sie jedenfalls ihr wahres Gesicht gezeigt." Er sagte diese Worte im tiefen Brustton der Überzeugung.

Babbis blinzelte irritiert. „Was?"

Auf Wallaces Gesicht zeichnete sich ein leises, triumphierendes Lächeln ab. „Sie hat Landry fast krankenhausreif geschlagen und Lam angegriffen."

Babbis erstarrte, dann schüttelte er den Kopf und unterstrich dieses mit einer entschiedenen Geste. „Das ist doch vollkommener Unsinn? Wer hat dir denn diesen Bären aufgebunden?"

Wallace grinste immer noch. „Ich habe doch von Anfang an gesagt, daß diese Frau gemeingefährlich ist. Ihre ganze Sheppard-Masche war doch nur aufgesetzt, um alle zu täuschen. Jetzt hat sie ihr wahres Gesicht gezeigt und wird dafür büßen müssen. Und wir bekommen endlich einen anständigen Leader."

Babbis blieb die Luft weg bei diesen Worten. Ungläubig starrte er seinen Kollegen an. „Was redest du da für einen Blödsinn? James!"

Kein Blödsinn! Diese Frau hat zuviel von ihrer eigenen Gentherapie abbekommen. Man hätte ihr von Anfang an nicht trauen sollen. Warum sonst hätte Atlantis sie zur Erde geschickt? Man hatte dort Angst vor ihr und nicht genug Schneid, um sie aus dem Weg zu räumen."

Babbis trat näher an seinen Kollegen heran. „Was erzählst du denn da für einen ausgemachten Schwachsinn? Du hast sie doch selbst erlebt!"

Wallace hob den Kopf. „Ja, das habe ich. Und ich weiß, wer und was sie ist, mein Lieber. Diese Frau ... Dieses Ding ..."

Vashtu Uruhk ist wahrscheinlich der beste Leader, den wir uns hätten wünschen können, verdammt!" herrschte Babbis seinen Gegenüber an. „Ich verstehe nicht, warum du so darauf pochst, daß sie eine Gefahr für alle darstellt. Sie ist eben so, und sie versucht doch wenigstens sich anzupassen! Sie hat auch dir inzwischen oft genug den Hals gerettet, damit du ein bißchen Dankbarkeit ihr gegenüber zeigen könntest!"

Wallace starrte auf seinen jüngeren Kollegen hinunter. „Hast du dich etwa in diese Mutantin verknallt, Peter? Oder was soll dieser Unsinn? Du warst doch auch gegen sie."

Nach dem ersten Einsatz, ja!" Babbis schüttelte den Kopf und kniff die Lippen zusammen. „Aber was war bei der Sache mit dem Planetenkiller? Was mit dem Sturm? War sie uns etwa nicht dankbar, daß wir mitgeholfen haben, sie zu finden, als der Trust sie entführt hat? James-Robert Wallace, auch du hast ihr inzwischen einiges zu verdanken. Also rede dich jetzt nicht heraus. Wir verdanken Miss Uruhk eine ganze Menge inzwischen, und zumindest ich werde mir deinen Schwachsinn nicht länger anhören, verstanden?"

Du bist also wirklich in sie verknallt, was?" Wallace lachte falsch. „Dann viel Spaß, mein Lieber. Du mußt nicht nur gegen einen ominösen Partner ankämpfen, sondern auch noch eine Mutantin für dein Bett gewinnen. Bin gespannt, wie das ganze ausgehen wird."

Babbis' Faust schoß vor. Im letzten Moment bremste er sie, weil sich gerade jetzt die Tür wieder öffnete.

Docs?" Dorn runzelte die Stirn, als er die geballte Faust sah, die kurz vor Wallaces Gesicht in der Luft schwebte, doch der alternde Marine sagte nichts.

Babbis starrte seinen Gegenüber noch einen Moment lang an, dann drehte er sich zu seinem neuen Gast um und ließ die Faust endlich sinken. „Serge, was gibt es?"

Dorn nickte. „Miss Uruhk ist wach."

Wieder dieses triumphierende Grinsen auf Wallaces Gesicht.

Das weiß ich bereits. Aber danke, Serge. Wie geht es ihr?" Babbis bemühte sich zumindest um einen ruhigen Ton.

Dorn sog seine Wangen ein und schien einen Moment lang zu überlegen. Dann musterte er Wallace sehr genau, ehe er antwortete: „Ist in der Arrestzelle."

Babbis erstarrte. „Was?"

Habe ich doch gesagt." Wallace lächelte kühl.

Babbis hob einen Finger und hielt ihn drohend unter die Nase seines Kollegen. „Halt deinen Mund, mein Freund, sonst ..."

Dorn schien von dieser Situation irgendwie fasziniert zu sein. Schmunzelnd stand er immer noch in der Tür, dann aber wurde er ernst. „Sieht so aus, als sei sie durchgedreht", sagte er.

Babbis erstarrte innerlich. Dann hatte Wallace tatsächlich recht gehabt, wenn er auch nicht wirklich sagen konnte, warum. Bisher war ihm seine Leaderin eigentlich nicht als übermäßig aggressiv erschienen. Konnte er sich so geirrt haben?


***


General, Sir, ich ..." Babbis erstarrte und riß ungläubig die Augen auf, als er Landrys leidende Miene sah. Auch wenn der Leiter des Stargate Centers sich offensichtlich nicht anmerken lassen wollte, daß es ihm nicht gut ging, sah man es ihm doch an.

Dr. Babbis!" Landry ächzte, setzte sich aufrecht hin. Ein, in ein Handtuch eingeschlagenes Päckchen verschwand auf seinem Schoß und damit unter dem Tisch.

Sir, ich ... man ... es ist ..." Babbis stockte immer wieder, wußte nicht so recht, wie er beginnen sollte.

Landry nickte ihm zu. An seiner Schläfe war ein dunkelvioletter Bluterguß. „Setzen Sie sich, Doktor. Kommen Sie inzwischen besser mit Ihrer Arbeit voran?"

Babbis' Blick irrte einen Moment hilflos hin und her, dann straffte er seinen Rücken und trat zu einem der Besucherstühle, um sich dort niederzulassen.

Nun?" Landry lächelte gequält.

Babbis schluckte. „Ich habe gehört ... ich meine ..."

Landry hob ein wenig ungeduldig die Hand. „Hören Sie bitte auf zu stammeln, Doktor, und sammeln Sie sich. Was gibt es?"

Babbis schluckte wieder und kniff die Lippen zusammen. „Sir, ich habe gehört, daß Miss Uruhk wieder zu sich gekommen ist. Allerdings liegt sie nicht mehr auf der Krankenstation und man weigert sich, mir mitzuteilen, wo sie sich befindet."

Aus gutem Grund." Landry nickte. Dem Wissenschaftler ging erst jetzt auf, wie vorsichtig diese Bewegung erfolgte. „Miss Uruhk befindet sich zur Zeit in Quarantäne in der Arrestzelle, Doktor. Sagen wir, sie stand etwas neben sich, als sie wieder zu sich kam."

Ich würde gern mit ihr sprechen, Sir."

Landry runzelte die Stirn. Kurz zuckte es wieder in seinem Gesicht. „Dr. Babbis, ich glaube, ich muß nicht wirklich betonen, daß ich es nicht für gut halte, wenn Sie sich im Moment Miss Uruhk nähern. Sie ist ... etwas merkwürdig."

Ich würde es trotzdem gern versuchen." Babbis hob die Hände, begann wieder zu gestikulieren. „Sehen Sie, Sir, Miss Uruhk und ich arbeiten recht gut zusammen, ich würde sogar behaupten, sie ist bisher die einzige, die ich mir als Mitarbeiterin bei meinen Projekten vorstellen könnte. Und insofern glaube ich, es ist da mittlerweile etwas zwischen uns gewachsen, daß ... Man könnte es vielleicht als leichte Freundschaftsbande bezeichnen, Sir. Ich würde sie gern sehen und mit ihr sprechen. Vielleicht komme ich zu ihr durch, wenn Sie meinen, sie wäre nicht ganz bei sich. Immerhin hat sie mir auch hervorragend geholfen, als es um die Sporen ging, Sir. Und auch bei meinen Messungen hat sie hervorragende Arbeit geleistet. Sie ist manchmal etwas spontan, zugegeben. Aber sie will nur helfen. Vielleicht haben Sie da nur etwas falsch verstanden, Sir. Ich meine, ich kenne ihre Körpersprache inzwischen gut genug, um ..." Babbis verstummte, als Landry sich nach vorn beugte und die Arme auf die Arbeitsfläche seines Schreibtisches stützte.

Dr. Babbis, ich verstehe Ihre Sorge um Ihre Leaderin. Aber ich halte es nicht für eine sonders gute Idee, wenn Sie mit ihr in Kontakt treten. Im Moment scheint sie ... sagen wir, etwas reizbar zu sein."

Ich komme damit zurecht, Sir", sagte er im Brustton der Überzeugung.

Landry hob die Brauen. „Tatsächlich?"

Er nickte.

Sie konnten das einfach nicht tun! Sie durften nicht! Vashtu Uruhk hatte es tatsächlich geschafft, ihn irgendwie zu einer Zusammenarbeit zu bringen. Und er würde jetzt nicht auf die einzige verzichten, die wirklich mit ihm arbeitete statt gegen ihn. Außerdem mußte er ihr immer noch beweisen, daß er mindestens ebenso klug war wie sie. Und die einzige Möglichkeit, dies zu tun war, sich ihr zu stellen, auch wenn es ihr nicht so gut ging.

Doktor, ich glaube, Sie haben kein Bild davon, wie es um Miss Uruhk bestellt ist." Landry seufzte. „Wenn ich es nicht besser wüßte, ich würde sagen, sie ist besessen."

Babbis stutzte. „Besessen, Sir?"

In ihm wuchs ein wenig Stolz. Der Leiter des SGC vertraute ihm etwas an, ihm! Dabei hatte es noch vor wenigen Monaten geheißen, er wäre ein hoffnungsloser Fall. Nur die Tatsache, daß er in seinem jungen Alter schon ein abgeschlossenes Studium und zwei ausstehende Doktortitel vorzuweisen hatte, natürlich neben seinem hohen IQ, hatte ihn bisher vor AREA 51 oder einer ähnlichen Einrichtung bewahrt. Nach der Katastrophe mit Colonel Sheppard war er für schlicht teamuntauglich gehalten worden - er selbst hatte dies von sich gedacht, mußte er zugeben. Doch dann hatte Vashtu SG-27 übernommen und war irgendwie ... sie war anders. Mit ihr konnte er arbeiten, sie half ihm teils auf den rechten Weg, wenn er sich wieder irgendwo verrannte. Zwar ärgerte es ihn noch immer, daß sie als klüger als selbst er galt, doch er war sicher, irgendwann würde er auch andere von seinem Können überzeugen können.

Daß Landry ihn jetzt so ins Vertrauen zog machte Babbis einfach nur stolz. Noch vor einem halben Jahr wäre das undenkbar gewesen. Und vor noch nicht allzu langer Zeit hatte es geheißen, SG-27 würde aufgelöst werden, sobald die Ori sich der Erde näherten und die Antikerin nach Antarktica versetzt werden würde. Doch jetzt hoffte er zumindest, sich soweit etabliert zu haben, daß man zumindest ihn im Cheyenne-Mountain lassen würde. Zudem kam dann auch noch seine Arbeit über die Mega-Stürme, die Landry offensichtlich doch interessierte. Wenn es ihm tatsächlich gelang, die Berechnungen irgendwann abzuschließen, konnte er vielleicht zu einem wichtigen Mitglied des SGC aufsteigen und würde so schnell nicht ersetzbar sein.

Ich denke, ich verstehe sehr gut, Sir", entgegnete er jetzt. „Ich möchte versuchen, ob ich nicht zu meiner Leaderin vordringe. Bei allem Respekt, Sir, aber Miss Uruhk und ich ... nun, wir haben mittlerweile eine gewisse Beziehung zueinander aufgebaut. Und ich denke, vielleicht kann ich mit ihr reden, sollte sie wirklich noch immer neben sich stehen."

Landry sah ihn zweifelnd an. „Ich werde Sie nicht zu ihr in die Zelle lassen, Dr. Babbis. Es sei denn, Sie zeigen mir einen ähnlichen Ausbruch wie Miss Uruhk." Er seufzte und schüttelte wieder den Kopf. Dann erhob er sich langsam und mit schmerzverzerrtem Gesicht. „Aber gut, wenn Sie meinen, dann kommen Sie mit. Sie können sie zumindest auf der Überwachungskamera beobachten."

Babbis nickte eifrig und erhob sich wieder.

Was macht Ihre Arbeit denn nun, Babbis?" fragte Landry, als er die Tür öffnete.

Oh, ich komme ganz gut voran, Sir", der junge Wissenschaftler lächelte. „Könnte vielleicht hier und da etwas besser sein, aber im allgemeinen bin ich mit den Auswertungen zufrieden."

Hilft Ihnen Miss Uruhk dabei?"

Babbis schüttelte den Kopf. „Nein, Sir. Das war auch so abgesprochen."

Landry hob eine Braue, ging jetzt an seiner Seite den Gang hinauf. „Da hat Dr. Wallace aber etwas anderes gemeint."

Babbis stutzte. „Sir, bei allem Respekt, aber ich bin durchaus in der Lage, selbst die Berechnungen durchzuführen. Im Moment weiß ich nicht so recht, was ich von Dr. Wallace halten soll. Er selbst scheint etwas neben der Spur zu stehen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich glaube, ich werde die Arbeit nächsten Monat dem Ausschuß vorlegen können, dann dürfte der Titel ziemlich schnell an mich gehen." Er sonnte sich in seiner Klugheit. Und irgendwo im Hintergrund hoffte er auf noch mehr.

Landry nickte langsam. „Sie schulden Miss Uruhk also Ihr Leben, lassen sie aber nicht teilhaben an Ihrer Arbeit. Dennoch behaupten Sie, Sie könnten am besten mit ihr zusammenarbeiten?"

Nun, ich denke, daß haben wir bereits bewiesen, Sir."

Und diese eigenartige Weltraummine?" bohrte Landry weiter.

Ich habe ..." Babbis stockte, sah dann zu dem General hinüber. „Was?"

Sie wollten doch an dieses Gerät, oder? Miss Uruhk wollte Ihnen das auch ermöglichen damals. Ich war dagegen. Ihre Bewertungen ..."

Babbis schluckte und senkte den Kopf. „Ich habe die Mine nicht aktiviert, Sir, wenn Sie das denken. Ich wollte sie untersuchen, ja, aber dazu bin ich gar nicht gekommen. Miss Uruhk hat ... naja, sie hat sie weggeschafft, ehe sie explodieren konnte."

Dann hatte ich mich also doch nicht geirrt." Landry stieg in einen Aufzug. „Damit Sie es wissen, Doktor, hätte Miss Uruhk damals nicht alle Schuld auf sich genommen, wären Sie und Wallace fristlos aus dem SGC geflogen und in SG-27 ersetzt worden. Ihre Leaderin ist sehr für Sie eingetreten bisher, und daß, obwohl sie des öfteren immer noch meint, Sie wären die jüngere Ausgabe von Dr. Rodney McKay." Der General schmunzelte.

Wie bitte?" Babbis riß die Augen auf. „Sir, bei allem Respekt, aber Dr. McKay ist ... Nun, ich halte nicht sehr viel von seinen Arbeiten."

Und er nicht von Ihren." Landry schmunzelte. „Zumindest soweit ich weiß. Ihm wurde wohl etwas vorgelegt, an dem Sie gearbeitet haben."

Babbis holte tief Atem, doch dann öffneten die Lifttüren sich wieder und er trat an Landrys Seite aus dem Aufzug.

Wie auch immer, Sie sollten vielleicht etwas ... nun, sagen wir, Sie sollen vielleicht etwas vorsichtiger sein, Doktor. Ihre Zusammenarbeit mit Miss Uruhk ist zwar löblich, aber Sie sollten auch anderen gegenüber etwas verträglicher werden. Sonst könnten Sie irgendwann wirklich allein dastehen."

Babbis wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als Landry eine Tür auf seiner Seite des Ganges öffnete. „Bitte sehr, treten Sie ein."

Der junge Wissenschaftler straffte sich wieder und trat in den dunklen Überwachungsraum. Der MP, der gerade Wache hielt, erhob sich steif vor seinem Vorgesetzten, und salutierte. Landrys Gruß fiel lockerer aus. „Machen Sie weiter Ihre Arbeit, Lieutenant", sagte er, wandte sich dann an Babbis: „Bitte, Doktor. Überzeugen Sie sich selbst."

Babbis schluckte, trat dann aber an einen der Bildschirme. Was er dort aber sah, erschreckte ihn.

Vashtu Uruhk stand an der Tür zu der Isolierzelle und bearbeitete diese sehr entschlossen mit ihren Fäusten. Und, was er undeutlich sehen konnte, sie hatte bereits einige Dellen in die schwere Stahltür geschlagen.

Ich sagte doch, sie benimmt sich eigenartig. Sie spricht nicht, es scheint nicht einmal, als würde sie noch irgendjemanden erkennen, selbst ihr eigenes Team nicht mehr. Dorn war bei ihr, und wir hatten Mühe, ihn unverletzt wieder aus der Zelle zu schaffen."

Das ... das kann nicht sein!" Babbis schüttelte ungläubig den Kopf. Seine Hoffnungen schienen plötzlich zu zerstieben. Doch eine kleine, behaarliche Stimme tief in seinem Inneren blieb und riet ihm, seiner Leaderin zu helfen.


***


Babbis stand, die Arme gekreuzt, an seinen Schreibtisch gelehnt, als Dorn eintrat. Der alternde Marine betrachtete den jungen Wissenschaftler einen Moment lang sinnend, dann nickte er.

Wir müssen noch einmal auf diesen Planeten." Babbis richtete sich unvermittelt wieder auf und begann zu gestikulieren. „Miss Uruhk muß dort auf irgendetwas gestoßen sein, von dem wir keine Ahnung haben. Und dieses Etwas hat sie offensichtlich so beeinflußt, daß man jetzt nicht mehr mit ihr reden kann. Aber ich denke, ich könnte etwas finden, was ihr helfen würde. Aber dazu brauche ich Ihre Hilfe, Sergeant." Er griff nach einem Stück Schokolade und schob es sich mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck in den Mund.

Dorn neigte den Kopf fragend zur Seite und betrachtete den jüngeren. „Wallace?" fragte er nach einer kleinen Weile.

Babbis begann plötzlich eine nervöse Wanderung durch den Raum und schüttelte ungeduldig den Kopf, während er mit den Fingern schnippte. „Ehrlich gesagt weiß ich nicht, welche Laus James über die Leber gelaufen ist, daß er einen so kompletten Unsinn von sich gibt. Und ich würde ihn auch gern aus dieser Sache heraushalten. Er scheint mir im Moment ... nun, Sergeant, Sie haben ihn ja selbst erlebt."

Dorn nickte stumm.

Eine ungeduldige Geste folgte. „Die Frage ist jetzt, wie können wir Landry davon überzeugen, uns ohne Miss Uruhk wieder auf diesen Planeten zu lassen? Mir ist da schon etwas eingefallen, deshalb habe ich Sie kommen lassen. Die Frage ist, ziehen Sie mit, Sergeant?" Unvermittelt drehte Babbis sich um und sah den anderen auffordernd an.

Dorn sog die Wangen ein und schürzte die Lippen, während er seinen Gegenüber genau betrachtete. Abwägend neigte er den Kopf von einer zur anderen Seite.

Es wäre wichtig, Dorn!" Babbis hob die Hände. „Denken Sie doch nur, was wir an zusätzlichem Vertrauen von Seiten Miss Uruhks gewinnen würden, was wir hier an Vertrauen gewinnen würden. Wir können nicht darauf vertrauen, daß ... Wir wissen nicht, wieviel Zeit uns noch bleibt. Ich kann ihr helfen!"

Dorn hob fragend eine Braue, sagte aber noch immer nichts.

Ich bin mir sicher, daß ich ihr helfen kann!" Babbis' Stimme bebte leicht.

Noch immer veränderte der Marine seine Haltung nicht, schwieg weiterhin.

Ich bin mir vollkommen sicher, daß ich es kann!"

Dorns Blick glitt ab. Wieder dachte er offensichtlich nach.

Mein Gott, Mann! Man wird mich nicht allein auf den P7X-395 lassen!"

Ein Grinsen. „Gut."


***


Walter?"

Der Techniker drehte sich um und betrachtete seinen unverhofften Gast stirnrunzelnd. „George? Ich dachte, du wärst schon längst nach Hause gegangen. Was tust du denn noch hier?"

Dorn zuckte mit den Schultern und hob zwei Tassen. „Kaffee?"

Walter grinste und lehnte sich zurück. „Warum eigentlich nicht. Landry hat alle Gate-Operationen erst einmal abgesagt, bis geklärt ist, was mit deiner Leaderin eigentlich passiert ist."

Dorn stellte eine der Tassen neben die Tastatur, ließ sich auf einem der Bürostühle nieder, die leer im Kontrollraum standen. „Schlimme Sache", murmelte der Marine in seinen Kaffee.

Kann man wohl sagen." Walter nahm einen Schluck, verzog dann das Gesicht und wedelte sich kühle Luft zu. „Mann, der ist ja noch heiß!" Er stellte die Tasse wieder ab und warf einen Blick durch das Fenster in den Gateroom hinein. „Ganz ehrlich, wenn diese Antikerin nicht bald wieder zu sich kommt, wird das übel enden, glaube mir. Den ganzen Tag über klingelte in einer Tour das Telefon. Landry kam kaum aus seinem Büro. Die internationale Gemeinschaft, der Präsident, was weiß ich wer noch. Und immer ging es um diese Sache." Er schüttelte resignierend den Kopf. „Dabei war Landry gerade dabei, euch auch mal ein paar verantwortungsvollere Ziele zuzugestehen. Was passiert, wenn die Antikerin ... nun, das ganze nicht überlebt ... Oh Mann!"

Dorn nickte sinnend. „Üble Geschichte."

Stimmt." Walter nickte ebenfalls. Dann richtete er sich auf und runzelte die Stirn. „Ist das nicht ... ?" Er stutzte. Eine Gestalt huschte in den unbesetzten Gateroom und zur Rampe. Ein hochgewachsener, schlacksiger Mann mit kurzem dunklem Haar, der sehr nervös wirkte.

Ein Klicken neben ihm ließ ihn herumfahren und in die Mündung einer 9-mm starren. „George!" entfuhr es ihm.

Keinen Ton. Wähl ein und vergiß es." Dorns Stimme klang plötzlich drohend.

Walter sah auf. „Aber ..."

Einwählen!" donnerte der Marine.

Der Techniker atmete tief ein, dann nickte er.

In diesem Moment ging der rote Alarm wieder los. Doch falls der Techniker gehofft hatte, Dorn würde sich davon ablenken lassen, hatte er sich gründlich geirrt.

Einwählen!" wiederholte Dorn nur, nickte mit dem Lauf der Waffe zu dem Rechner hinüber.

Aber ..."

Dorn starrte ihn durchdringend an.

Okay, okay." Walter hob die Hände und begann zu tippen. Rein gewohnheitsmäßig kommentierte er, wie die einzelnen Chevrons einrasteten.

Dorn nickte befriedigt, dann schlug er den Techniker mit seiner Waffe nieder, ehe er sich das Funkgerät griff. „Wurmloch ist frei."


***


General Landry konnte nicht glauben, was sich da vor seinen Augen abspielte. Die Antikerin nahm Stück für Stück das SGC auseinander. Je mehr MPs sie angriffen, desto stärker und entschlossener schien sie zu werden.

Den Anfang hatte sogar er noch verpaßt. Statt dessen hatte er einen dringenden Anruf von Mr. Woolsey entgegennehmen müssen. Doch als der Alarm losging, war er aus seinem Büro gestürzt, überzeugt davon, etwas schreckliches sei geschehen.

Nun, so war es ja auch.

Ausgerechnet Vashtu Uruhk, von der er geglaubt hatte, allmählich würde sie sich fangen, hatte vollkommen durchgedreht. Irgendwie war es ihr gelungen, die dicke Stahltür zu zerschmettern, die ihre Zelle vom Rest des Komplexes abtrennte. Die Militärpolizisten, die auf sie gewartet hatte, um sie wieder in Gewahrsam zu nehmen, schien sie knapp am Rande zu registrieren und kaum als ernstzunehmende Gegner aufzufassen. Einen nach dem anderen hatte sie sie sich vorgenommen, was ihr, neben weniger Gegnern, auch noch eine inzwischen stattliche Anzahl Waffen eingebracht hatte. Nicht daß die Antikerin diese benötigte. Mit ihren blossen Händen war sie mindestens ebenso effektiv wie mit einer Projektilwaffe. Aber sie nahm, was sie bekommen konnte und zog einfach weiter, gleichgültig, auf wieviel Gegenwehr sie dabei stieß.

Zimperlich ging sie dabei nicht vor. Mehrere Türen würden ersetzt werden müssen, Inventar war zerschlagen worden, vielleicht sogar der eine oder andere Gegenstand ihres eigenen Volkes. Und Vashtu machte immer weiter, arbeitete sich langsam aber stetig voran. Ihr Ziel: der Gateroom!

Landry war es um die Zerstörung nicht halb so schade wie um den Verlust einer außergewöhnlichen Persönlichkeit mit einer ebenso außergewöhnlichen Geschichte. Was auch immer geschehen war, es hatte die Antikerin von Grund auf verändert und zu etwas werden lassen, mit dem man sich besser nicht anlegte.

Dennoch wollte er sie nicht verlieren. Weniger wegen der Aussicht, vielleicht doch noch Daten von dem Stuhl auf Antarktica zu gewinnen, als vielmehr wegen ... ja, wegen was?

Wenn er ehrlich war, irgendwie hatte sie ihn beeindruckt. Ihre behaarliche, wenn auch sehr unkonventionelle Art, ihr wacher Verstand, den sie auch bewußt zurücknehmen konnte, spürte sie, ein anderer würde das Problem vielleicht besser lösen können. Die Art, wie sie ihr Team, zumindest zwei Drittel dieses Teams, in den wenigen Monaten zu einer Einheit verschweißt hatte, die auf sie eingeschworen war. Auch schätzte Landry ab und an durchaus ihren, meist etwas seltsamen Rat in bestimmten Dingen.

Nein, es war nicht die Aussicht auf eine wirksame Defensivwaffe gegen die übermächtig erscheinenden Ori, es war tatsächlich diese zehntausend Jahre alte Frau selbst, die Landry vermissen würde, würde das SGC sie verlieren.

Er mußte zugeben, in letzter Zeit hatte er bereits des öfteren mit dem Gedanken gespielt, die Antikerin zumindest an den Plänen der Erde zu beteiligen und ihr Wissen zuzugestehen, das man ihr bisher bewußt vorenthalten hatte. Nach ihrer Rückkehr von Antarktica hatte auch Dr. Daniel Jackson diesen Gedanken geäußert, mußte er zugeben. Vielleicht hätte er Vashtu Uruhk wirklich einem bereits zu vollem SG-1 zuordnen sollen, statt sie weiter ...

Was dachte er da?

Sir?"

Landry riß sich mit aller Kraft von dem Bildschirm los, auf dem die Antikerin zu sehen war, wie sie gerade einen Gang entlangschritt. „Was?" fragte er unwillig.

Was sollen wir tun? Sie hält immer noch genau auf den Gateroom zu", fragte Captain Bincks, einer der Mannschaftsführer des Sicherheitsteams.

Landry starrte wieder auf den Bildschirm.

Gefährlich sah sie eigentlich wirklich nicht aus, nein. Kein Wunder, daß sie bisher jedem Gegner entkommen war. Wahrscheinlich würden die meisten sie vollkommen unterschätzen. Vor allem auch, weil man ihr ihre Herkunft nicht ansah, zumindest nicht immer.

Landry hate allerdings bereits mehrfach gesehen, wie Vashtu sich zumindest zum Teil verwandelte, wenn sie ihre Iratus-Zellen einsetzte. Ihre Augen waren dann anders - unmenschlich und ohne jegliches Gefühl. Ihr Gesicht erstarrte ebenso, dabei, so beharrte sie, würde es sie nicht einmal viel Kraft kosten, sich so zu verwandeln. Aber sie wurde dann plötzlich ...

Er konnte sie nicht wirklich aufhalten, es sei denn, er befahl seinen Männern, die Antikerin zu töten, fiel Landry ein. Einen Moment lang schloß er die Augen und fühlte in sich einen gewissen Abschiedsschmerz, als würde er einem guten alten Bekannten good bye sagen. Dann wußte er ebenfalls nicht, ob er ihn jemals wiedersehen würde. Und so erging es ihm jetzt auch mit der Antikerin.

Die nächste Tür wurde grob aus ihren Angeln gerissen.

Landry senkte den Kopf.

Er wußte, eigentlich sollte er den Befehl geben. Doch er konnte es nicht. Zum ersten Mal in seiner Karriere konnte er eine solche Anweisung nicht aussprechen.

Sie hatten unglaubliches Glück gehabt, die Antikerin zu finden und an sich zu binden. Es hätte von Anfang an klar sein müssen, daß sie die Menschen auch irgendwann wieder verlassen würde.

Sir, was sollen wir tun?"

Landry blickte wieder auf. Vashtu war im Gang, der zum Gate führte.

Laßt sie gehen."


***


Vashtu blieb wie erstarrt vor der Rampe stehen und sah zum Sternentor hinauf. Sehr konzentriert starrte sie das Gate an. Und dann, langsam, ganz langsam, begannen die Symbole sich zu drehen, das erste Chevron rastete ein.


TBC ...

2 Kommentare:

  1. so hat doch etwas länger gedauert bis ich weiterlesen konnte.
    wow was ist denn mit vashtu los!? die nimmt ja das halbe sgc auseinander!!
    und das verschwinden von babbis und dorn ist scheinbar in dem ganzen chaos auch noch nicht aufgefallen.
    aber finde ich gut, dass die sich für vashtu einsetzten und herausfinden wollen was mit ihr los ist.
    ich schätze mal, das die drei sich bald wieder sehen werden, denn ich gehe davob aus, dass vashtu den gleichen planeten ansteuert wie die anderen beiden zuvor.
    aber wallace ist ja echt ziemlich dreist. der freut sich ja regelrecht, dass vashtu durchdreht. ich muss zugeben...er hatte glück, das dorn in den raum gekommen ist, als er babbis das alles erzählt hat...sonst hätte er hinterher wohl ein paar blaue flecke gehabt.
    zum letzten absatz hab ich aber eine frage: hat sie jetzt durch das anstarren des stargates es dazu gebracht zu wählen?
    LG Sabrina

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  2. Dann beantworte ich auch zuerst deine Frage: Ja, Vashtu kann hier durch Konzentration das Tor mittels ihrer Gedanken anwählen.

    *lach* Babbis' Faust auf Abwegen ... ich bin böse und ... aber das wirst du bald lesen können, was da mit dem guten Peter los ist. Sagen wir, hier wird es das erste Mal richtig deutlich, was da in ihm vorgeht. Und da geht's nicht nur darum, daß er mit Vashtu gut zusammenarbeiten kann.
    Stimmt, das Verschwinden der beiden Recken wurde bisher noch nicht bemerkt, wohl aber Walters unfreiwilliges Schläfchen. Aber das ist erst einmal die kleinste Sorge von Landry und Co.
    Ob Vashtu tatsächlich auf dem gleichen Planeten landet wirst du dann im letzten Teil lesen können. Freut mich jedenfalls, daß es dir zusagt *freu*.

    Bis denne
    Ramona

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