02.03.2010

Probleme II

„Ihre Lösung ist zu einfach." Dr. Dimitrinov legte ihre Notizen zur Seite und schüttelte den Kopf.
Vashtu betrachtete weiter die Anzeigen auf dem Bildschirm. „Was ist daran denn zu einfach? Ich halte das sogar für ziemlich kompliziert", entgegnete sie und drehte sich mitsamt dem Bürostuhl um. „Eine Phasenverschiebung in den Genen zu erzeugen dürfte so ziemlich das schwierigste sein, was ich je zu stande gebracht habe. Und das war vor zehntausend Jahren und mit anderem Gerät."
Dimitrinov beugte sich wieder über die Zettel und las sie stirnrunzelnd.
„Bist du dir sicher, daß das klappen wird?" Beckett runzelte die Stirn.
„Wenn die richtigen Geräte aus Atlantis hier herüber gebracht werden oder wir nach Atlantis gehen mit Sorgenkind Nummer eins, müßte es klappen." Vashtu betrachtete wieder sinnend die Anzeigen, hob dann die Hand und wies auf den linken Bildschirm. „Hier kannst du es ganz deutlich sehen. Wenn wir die Gene auf der zellulären Ebene abgleichen, dürfte es uns gelingen, die Frequenzen zu ändern. Einen anderen Weg sehe ich nicht. Es sei denn, wir erfinden die Gentherapie neu. Und das würde das bestehende Problem nicht lösen."
„Sie haben tatsächlich schon mit soetwas gearbeitet?" Dimitrinov blickte verblüfft auf.
„Ich wußte nicht, daß du deine Einwilligung nicht gegeben hast, Vashtu." Beckett hob die Hände.
„Ich weiß. Aber du hättest nachfragen können. Es dürfte ja wohl allen aufgefallen sein, daß ich McKay so weit wie möglich aus dem Weg gegangen bin nach meinem Auftauchen." Vashtu beugte sich über die Tastatur und ließ ihre Finger tippen.
„McKay reagiert auf alle Antiker ... nun, nicht sonderlich positiv. Ich denke, das wird der Colonel dir auch mitgeteilt haben", warf Beckett ein.
„Sein Intermezzo mit Chaya?" Vashtu richtete sich wieder auf und drehte sich um. „Vielleicht könnten wir Kontakt zu ihr aufnehmen? Sie ist immerhin eine Aufgestiegene. Vielleicht kann sie bei dem Problem mithelfen."
„Ich fürchte, eher nicht. Sie hat damals alle Hilfe verweigert. Soweit ich weiß, sind die anderen Aufgestiegenen nicht wirklich gut auf sie zu sprechen."
„Stimmt." Vashtu nagte an ihrer Unterlippe. „Auf mich auch nicht", fügte sie dann nachdenklich hinzu.
„Was?"
Sie winkte ab und begann wieder zu tasten.
„Hattest du Kontakt zu Aufgestiegenen?" Beckett trat ungläubig staunend näher.
„Sozusagen." Vashtus Stimme klang unwillig. Sie blickte wieder auf. „Ich kann nicht aufsteigen, das paßt ihnen nicht. Was ihnen aber noch weniger paßt ist die Tatsache, daß andere durch mich aufsteigen könnten. Ich mische mich aktiv ein. Das Problem hatten wir vor zehntausend Jahren schon einmal, Carson, schon vergessen?"
„Oh!"
Die Antikerin nickte und konzentrierte sich wieder auf ihre Arbeit.
„Ach, jetzt erinnere ich mich", warf Dr. Dimitrinov ein, „Sie meinen, als Sie das halbe SGC auseinandergenommen haben und fast der komplette Wachdienst in der Krankenstation landete."
Vashtu knurrte einen Fluch in ihrer Muttersprache, konzentrierte sich stärker auf ihre Eingaben.
„Du hast was?" Becketts Augen waren groß, als sie kurz aufsah.
„Das war nicht ich. Könnten wir das jetzt bitte wieder zu den Akten legen?" Sie hatte sich doch herumgedreht, schalt sie sich. Dabei hatte sie sich voll und ganz auf die Tastatur konzentrieren wollen.
„Verzeihung." Dimitrinov zog den Kopf sichtlich ein, als ihn einer ihrer Blicke traf.
Vashtu drehte sich wieder um und bestätigte die Eingabe. Dann blickte sie hoch zu den beiden Bildschirmen und runzelte die Stirn.
„Zumindest in der Theorie klappt es", sagte sie.
Beckett nickte. „Aber ... über diese andere Sache müssen wir noch sprechen."
Vashtu seufzte ergeben.

***

Babbis saß zusammengesunken auf dem Hocker, stöhnte jammernd und starrte abwesend vor sich hin.
Jackson war vollkommen in seine Arbeit vertieft. Er blätterte durch einige Bücher, notierte sich dann das eine oder andere, während er die Artefakte sorgsam betrachtete. Dann blickte er plötzlich auf.
„Sie können das doch auch, oder?" wandte er sich an den jungen Wissenschaftler.
Babbis blinzelte verstört in seine Richtung. „Was?"
„Na, diese Gegenstände bedienen." Jackson wies mit einer weitausholenden Geste auf das Material, das vor ihm ausgebreitet auf dem Tisch lag.
Babbis warf den Artefakten einen unwilligen Blick zu, nickte aber widerstrebend. „Ich weiß nicht, wie gut ich bin, aber theoretisch ..." Er verzog das Gesicht und hob eine Hand an die Schläfe.
„Noch ein übler Kater, wie?" Jackson bedachte den anderen mit einem mitleidigen Blick.
„Ich bin es nicht gewohnt, mich so zu ... betrinken. Normalerweise rühre ich Alkohol nicht an. Es schadet dem Intellekt. Und da ich noch eine Weile auf dem Damm sein möchte, lasse ich es bleiben. Die Wissenschaft ist zu wichtig für mich. Und ich möchte irgendwann an einem Punkt ankommen, an dem ich wirklich notwendig bin und nicht mehr ausgetauscht werden kann."
Jackson nickte nachdenklich und schob ihm ein handtellergroßes Teil zu. „Probieren Sie das mal. Vielleicht können Sie mir sagen, was es damit auf sich hat."
Babbis blinzelte, dann griff er - direkt daneben. Leise fluchend tastete er nach dem Artefakt und nahm es schließlich in die Hand.
Jackson runzelte die Stirn. „Schielen Sie?"
„Nein, ich bin etwas kurzsichtig."
„Das bin ich auch." Der ältere Wissenschaftler lächelte. „Und ich finde, die Brille steht mir ganz gut. Haben Sie auch eine?"
„Nein." Babbis spielte mit dem Gerät in seiner Hand, tastete es genau ab. „Was soll ich jetzt damit tun?"
„Oh." Jackson beugte sich interessiert vor. „Konzentrieren Sie sich darauf und versuchen Sie es zu aktivieren."
Babbis nickte und schloß die Augen. Sein Gesicht wirkte plötzlich angespannt.
Jackson beobachtete den jungen Mann interessiert.
Dreiundzwanzig sei er erst, hatte er irgendwo gelesen. Dafür wirkte er älter. Daß er jung war, merkte man ihm kaum an, höchstens fehlte es seinem Auftreten noch etwas an Autorität. Und bereits zwei Titel in diesem Alter - er mußte einer dieser Hochbegabten sein. Kein Wunder, daß das SGC auf ihn aufmerksam geworden war. Allerdings neigte er etwas dazu, nervend zu werden und wirklich alle in seiner Umgebung mit in seine Leiden einzubeziehen.
Ein sanftes Leuchten glitt über das Gerät.
„Es klappt!"
Jackson war überrascht. So sehr schien Babbis sich nicht anstrengen zu müssen, um das Gerät aktivieren zu können. Von Jack O'Neill war er da einiges mehr an Konzentration gewohnt. Sollte dieser Babbis vielleicht so eine Art Naturtalent sein im Umgang mit dem künstlichen Gen? Es wäre zumindest zu wünschen.
Der junge Wissenschaftler öffnete die Augen wieder und starrte auf seine Hand hinunter. „Wow!" entfuhr es ihm, dann riß er die Augen weit auf. „Das muß so eine Art Heilapparatur sein. Meine Kopfschmerzen ..." Verblüfft sah er auf. „Sie sind weg!"
„Gut möglich. Bei über neunzig Prozent aller Artefakte wissen wir nicht wirklich, was sie zu bedeuten haben. Miss ... Verzeihung, Major Uruhk war bisher in solchen Fällen behilflich, wenn auch, zugegeben, nicht immer begeistert von ihrer Aufgabe. Vielleicht könnten Sie uns dabei jetzt weiterhelfen und Ihre Leaderin etwas entlasten."
Babbis betrachtete wieder das Gerät in seiner Hand. Er schien nachzudenken. Dann nickte er. „Warum nicht?"
Jackson lächelte. „Gut, dann das nächste."
Der junge Wissenschaftler starrte er ihn verdutzt an.

***

Landry hob die Hand. „Sie wollen was?" Ungläubig starrte er von einem zum anderen.
Die beiden Wissenschaftler und sein baldiger Major nickten einhellig.
„Entweder wir bauen das Gerät in Atlantis ab und bringen es hierher, oder wir machen es dort", antwortete die Antikerin.
„Miss Uruhk, Sie wissen sehr genau, daß der Handel erst ab nächstem Monat gilt. Und bis dahin sind es noch eineinhalb Wochen." Landry funkelte sie an.
Vashtu kreuzte die Arme vor der Brust. „Laut meinen Unterlagen soll SG-27 aber zusammen mit SG-1 in fünf Tagen in einen Fremdwelteinsatz. Wie wollen Sie das machen, Sir? Entweder Sie lassen Babbis oder mich hier auf der Erde zurück. Oder wir nehmen ihn im Vollrausch mit, dann sind seine Gedanken für mich relativ unlesbar."
Landry holte tief Atem, sah dann von ihr zu Beckett. „Können Sie das nicht allein, Doktor?"
Der Schotte schüttelte den Kopf. „Wir brauchen Miss Uruhk, um zu überprüfen, ob das Ergebnis zufriedenstellend ist. Außerdem ist sie die einzige, die das betreffende Gerät kennt und bereits damit gearbeitet hat."
Der General warf der Antikerin wieder einen lauernden Blick zu.
Vashtu beugte sich vor. „Das dauert auch nicht lange, höchstens zwei Tage, dann sind wir wieder zurück. Es geht nur darum, das Gerät neu zu kallibrieren und Babbis da hinein zu stopfen. Wenn es bei ihm klappt, kann Dr. Beckett den Rest auch allein machen und der Doc und ich kommen zurück hierher. Kein Problem und mein Problem hat sich in Luft aufgelöst. Kann auch für meine baldige Zusammenarbeit mit Dr. McKay nicht schaden." Sie lächelte schüchtern unter ihren Ponyfransen.
„Ist das nicht doch wieder ein Trick? Sie waren doch erst auf Atlantis. Warum ist Ihnen da dieses Gerät nicht eingefallen?"
Vashtu verzog das Gesicht. „Weil ich ... äh ... noch geschwächt war?" Etwas leidend sah sie zu Beckett hinüber.
Landry seufzte und blätterte in den Unterlagen, die die drei mitgebracht hatten. „Und Sie, Doktor?" wandte er sich schließlich an Dimitrinov.
Der zuckte mit den Schultern. „Ich würde mir dieses Gerät auch einmal gern ansehen. Aber wenn Sie meinen, ich solle hierbleiben, dann bleibe ich selbstverständlich, Sir."
Wieder ein forschender Blick auf die Antikerin, dann klappte Landry den Hefter zu und lehnte sich zurück. „Also gut, ich gebe Ihnen zwei Tage, Miss Uruhk. Die werden aber von Ihrem ersten Aufenthalt abgezogen. Und Sie sagen das Dr. McKay."
Vashtu kniff die Lippen aufeinander, nickte aber. „Ja, Sir."
„Wenn es nicht klappen sollte, Ihr Problem mit dem künstlichen ATA-Gen zu lösen, haben Sie hoffentlich genug Zeit, um Dr. Beckett in den Gebrauch Ihres ominösen Gerätes einzuweisen. Ist das klar?"
Wieder ein Nicken, diesmal blieb die Antikerin aber stumm.
Landry seufzte und erhob sich. „Dann sammeln Sie Babbis ein und nehmen den Jumper, der in der Landebucht geparkt ist. King und die anderen sind noch auf Heimaturlaub. Und in zwei Tagen sind Sie wieder hier, nicht mehr und nicht weniger. Ich werde den Wecker stellen, Miss Uruhk."
Vashtu erhob sich und nickte. „Danke, Sir." Sie lächelte verlegen.
Der General winkte ab und entließ sie aus seinem Büro.

***

Wieder war nur die Mailbox am Apparat.
Tom legte seufzend auf und starrte auf die Fotos.
Was sollte er nur tun? Er hatte versucht, Kontakt mit der Regierungsbehörde aufzunehmen, die ihm damals seine neue Existenz ermöglicht hatten. Aber dort schien niemand mehr zu sein. Entweder man hatte ihn vergessen, oder man wollte ihm schlicht nicht helfen.
Sein nächster Gedanke war es eben gewesen, Kontakt mit Vashtu aufzunehmen und herauszufinden, was diese beiden Typen da angedeutet hatten. Aber sie war wieder einmal nicht erreichbar, weder über ihre dienstlichen Nummern noch privat.
Wo konnte sie stecken? Sie war jetzt schon seit mehreren Wochen nicht wirklich erreichbar für ihn. Nur kurze Telefongespräche, in denen sie angedeutet hatte, daß ihr Job sich zukünftig etwas verändern und sie deshalb weniger Zeit haben würde. Was da denn nur los?
NID, was steckte hinter diesen drei Buchstaben.
Auch das hatte Tom inzwischen versucht herauszufinden. Aber wieder war er auf Mauern gestoßen, die er nicht überwinden konnte. Er wußte nur, es schien sich um eine streng geheime Regierungsbehörde zu handeln, ähnlich wie der, für die Vashtu arbeitete. Aber warum sollte eine Behörde der anderen die Leute abzujagen versuchen? Vashtu schien doch nicht einmal einen so bedeutenden Posten innerhalb dieses eigenartigen SGC zu besitzen. Warum also waren diese beiden Typen hinter ihr her? Und wo, zum Teufel, steckte sie wieder?
Tom barg das Gesicht in den Händen und schloß die Augen.
Wenn er zu Anfang nicht so fasziniert von ihr gewesen wäre - es, wie er zugeben mußte, noch immer war - es wäre nie soweit gekommen. Wer auch immer sich hinter dem Kürzel NID verbarg, er schien verdammt gut zu wissen, was er tat.
Aber was hatten diese merkwürdigen Andeutungen zu bedeuten, die die beiden Kerle ihm gegenüber gemacht hatten? Was sollte es heißen, daß Vashtu jemand anderes war, als sie zu sein vorgab? War sie am Ende ... ?
Tom stöhnte hinter seinen Händen auf. Nein, nur das nicht! Keine Geheimnisträgerin, bitte nur keine Geheimnisträgerin!
Er nahm die Hände herunter und betrachtete wieder die Fotos, die er vor sich ausgebreitet hatte. Dabei fiel ihm etwas auf und ließ ihn stutzen.
Auf einem Bild, es mußte kurz nach einem ihrer merkwürdigen Phasen aufgenommen worden sein, in der sie verschwunden war, hatte sie eine deutliche Narbe auf dem linken Oberarm. Wenn er nachdachte, konnte er sich auch noch daran erinnern. Es war noch nicht allzu lange her. Was ihn stutzen ließ war das Foto von ihrer Wandertour, bei dem sie ein Muscleshirt getragen hatte. Wieder war ihr linker Oberarm zu sehen, doch diesmal war keine Narbe mehr erkennbar.
Tom lehnte sich irritiert zurück und betrachtete beide Fotos genau. Er mußte sich irren, er mußte! Keine Narbe konnte so schnell verblaßen, von Verschwinden gar nicht zu reden. Es mußte irgendeine Erklärung dafür geben. Es mußte! Denn ansonsten ...
„Dr. Finnigan? Ihr nächster Termin ist da", meldete Miss Alexander über die Gegensprechanlange.
Tom wischte die Fotos zusammen und verbarg sie in seinem Schreibtisch. Dabei wünschte er sich, er könnte auch seine Gedanken einfach so verschwinden lassen.
Er mußte auf jeden Fall Kontakt zu Vashtu herstellen, koste es was es wolle! Er mußte herausfinden, was es mit ihr auf sich hatte.

***

„Rein da, Peter!" Vashtu wies unnachgiebig auf die enge Öffnung in dem mannshohen Kasten, an dem sie die letzten Stunden herumgebastelt hatte.
Babbis warf dem Gerät einen nervösen Blick zu. „Aber ... das ist verdammt eng da drin!" Hilfesuchend sah er sie wieder an.
Vashtu schüttelte den Kopf. „Ich sagte, Sie sollen da reingehen. Wollen Sie ausgetauscht werden und aus dem Team fliegen? Ich bin es nicht, die sich die ATA-Therapie ohne mein Wissen hat verabreichen lassen."
Babbis kniff die Lippen fest aufeinander und schüttelte den Kopf.
„Peter, entweder Sie gehen freiwillig in das Gerät oder ich zwinge Sie mit Waffengewalt da hinein. Was ist Ihnen lieber?" Drohend trat sie einen Schritt näher.
„Vashtu, so geht das doch nicht", meldete sich Beckett zu Wort. Mitfühlend trat der Mediziner zwischen sie beide und legte dem jungen Wissenschaftler eine Hand auf die Schulter. „Leiden Sie etwa unter Klaustrophobie?"
Vashtu hob die Brauen, schüttelte dann den Kopf und wandte sich etwas genervt ab.
Wenn sie schon einmal in ihrer alten Heimat war und einen Auftrag relativ schnell erledigen konnte, wollte sie eigentlich auch ein bißchen Freizeit hier verbringen, vorzugsweise mit John Sheppard. Nun gut, der Colonel war gerade in einem Außenwelteinsatz, wie sie erfahren hatte, als sie hier angekommen waren. Aber die Möglichkeit bestand, daß sie beide sich doch noch über den Weg laufen würden. Dann wollte sie zumindest einige Punkte mit ihm diskutieren, die ihr irgendwie ...
Ins Militär einzutreten war zwar nicht ihr größter Wunsch gewesen, aber immerhin fühlte sie inzwischen einen gewissen Stolz darüber, daß es ihr gelungen war. Es ihr jetzt wieder ausreden zu wollen, kam ein bißchen spät in ihren Augen. Da hätte er auch andere Möglichkeiten gehabt, davon war sie überzeugt.
Außerdem gab es da noch das eine oder andere, was sie sich ansehen wollte, solange sie noch nicht unter McKays Fuchtel stand. Auch würde sie gern noch einige Worte mit Weir wechseln, von Dr. Zelenka gar nicht zu sprechen. Und auch Teyla wollte sie aufsuchen, sobald diese mit Sheppard wieder zurück war.
Kurz und gut, Babbis' Zögern, in die einzige Möglichkeit, die ihnen beiden blieb, einzuwilligen, brachte sie einfach nur auf. Sie wollte ihm doch beileibe nichts schlimmes, ganz im Gegenteil. Andere Leader hätten sehr wahrscheinlich vollkommen anders reagiert als sie auf das, was er da getan hatte. Sie war sogar so nett gewesen, eine Lösung für das Problem auszuarbeiten. Und wie dankte er ihr das? Indem er mal wieder die Mimose spielte und sich auf seine traumatischen Erfahrungen im CT berief.
Vashtu drehte sich wieder um und funkelte Babbis über Becketts Schulter wütend an. „Würden Sie sich jetzt, bitte, in das Gerät begeben, damit wir fortfahren können", sagte sie so freundlich sie konnte.
„Vashtu, bitte, geh einen Tee trinken oder etwas ähnliches. Wir beide werden das Problem schon lösen. Ich lasse dich dann rufen." Beckett drehte sich zu ihr um.
Vashtu atmete tief ein, funkelte Babbis noch einen Moment lang an, dann drehte sie sich um, gerade als sich die Tür öffnete. Wie erstarrt blieb sie stehen, als sie sah, wer da gerade den Raum betreten wollte - und dem Eindringling erging es nicht viel anders.
All die Wut, die sich seit zwei Tagen in ihr aufgestaut hatte, verlosch mit einem Mal, machte der Sehnsucht nach seiner Berührung Platz. Und sie sah, wie seine Augen ebenfalls aufleuchteten.
„John!" entfuhr es ihr. Im nächsten Moment fand sie sich bereits in seinen Armen wieder und hörte ihn undeutlich ihren Namen in ihr kurzes Haar wispern. Sie erwiderte seine Umarmung, reckte ihm ihr Gesicht entgegen und küßte ihn voller Leidenschaft.
„Muß das jetzt sein?" knurrte hinter ihr Babbis.
John löste seine Lippen von ihren und blickte unter seinen Brauen überrascht auf. „Babbis?" Sein Blick glitt zu ihr hinunter. „Was ... ?"
„Könnten Sie das vielleicht draußen weiter besprechen, Colonel?" fragte der junge Wissenschaftler mit schneidender Stimme, ließ Sheppard wieder verwirrt aufsehen.
Vashtu löste sich aus seiner Umarmung und drehte sich erneut um, um Babbis nun erst wirklich wütend anzufunkeln. Der schob trotzig die Unterlippe vor und kreuzte die Arme vor der Brust.
„Gehen Sie jetzt endlich in das Gerät, Peter?" fragte sie.
Babbis starrte sie noch einen Moment lang an, dann drehte er sich um und marschierte zu dem schmalen Eingang.
Vashtu seufzte erleichtert und folgte ihm, um die Apparatur zu schließen und anschließend die Kontrollen zu bedienen.
„Was ist los? Ich hörte nur, du seist hier. Aber was macht Babbis da drin?" John war ihr gefolgt, stand jetzt dicht hinter ihr.
„Das ist eine lange Geschichte." Sie seufzte und warf Beckett einen kurzen Blick zu. Der Mediziner stand noch immer am gleichen Flecken und sah sie vorwurfsvoll an. Schnell wandte sie sich wieder dem Panel zu und starrte angestrengt auf den Bildschirm.
John beugte sich interessiert vor und beobachtete, was sie gerade tat. Dann richtete er sich wieder auf und runzelte die Stirn.
„Der Vorgang ist gleich abgeschlossen. Wollen wir hoffen, daß es auf Anhieb geklappt hat." Vashtu tauschte den letzten Kristall, blickte dann wieder auf die Meßwerte und schaltete die Apparatur schließlich ganz ab.
Beckett kam nun doch heran und öffnete den schmalen Durchgang wieder. Babbis kam zögernd heraus, er wirkte nun erst recht benommen und sah sie vorwurfsvoll an.
Vashtu erwiderte seinen Blick und ließ konzentriert ihre mentale Barriere fallen. Dann hob sie überrascht die Brauen. „Es hat geklappt!"
Beckett drehte sich zu ihr um. „Wirklich?" fragte er ungläubig.
Vashtu konzentrierte sich noch einmal, dann nickte sie. „Ich kann nichts mehr hören." Erleichtert ließ sie die Schultern sinken und seufzte. „Dann können wir mit den anderen Therapierten weitermachen. Wir haben noch eineinhalb Tage."
„Ob wir Rodney in das Ding kriegen ist eine andere Frage. Er wird nicht so einfach auf bestimmte Dinge anspringen." Beckett betrachtete das Gerät zweifelnd.
„Und gerade er ist der zweitwichtigste. John, fällt dir etwas ein?" Vashtu drehte sich zu dem hochgewachsenen Mann hinter ihr um.
„Wenn mich jemand aufklären könnte ... ?" Auffordernd hob er die Brauen.
Beckett wandte sich wieder Babbis zu und führte den jungen Wissenschaftler aus dem Raum. Wahrscheinlich, so dachte Vashtu, wollte er ihn noch einmal gründlich untersuchen.
„Es geht um die ATA-Gentherapie, John. Ich hatte von Anfang an ein Problem mit ihr", begann sie zu erklären.
John nickte, hob sacht die Hand und strich über ihre Wange. „Laß uns ein paar Schritte gehen", schlug er vor. „Dabei kannst du mir erzählen, was das für ein Problem ist."
Vashtu lächelte und ließ zu, daß er ihre Hand nahm. An seiner Seite verließ sie das Labor, hielt sich dicht an seiner Seite.
„Die Sache ist die, daß ich die Gedanken der Therapierten hören kann", erklärte sie. „Dr. Dimitrinov auf der Erde fand heraus, daß ein Teil meiner Gehirnwellen im Gleichklang mit denen der Therapierten schwingt. Meine mentalen Veranlagungen spielen dabei ebenfalls eine gewisse Rolle. Aber im großen und ganzen war das Problem eben, daß ich sie hören konnte."
John runzelte die Stirn, dann hob er den Kopf. „Darum bist du damals so auf McKay losgegangen in der Cafeteria!"
„Richtig." Vashtu nickte, ließ sich von ihm weiterführen. „Nach meinem Zusammenstoß mit ... als ich hier auf der Krankenstation lag, ließ Babbis sich ebenfalls das ATA-Gen spritzen, angeblich mit meiner Zustimmung. Seitdem ist SG-27 nur auf einem Einsatz gewesen, und der endete in einer Katastrophe."
„Kolya ist tot." Johns Stimme klang plötzlich dumpf.
Vashtu blieb stehen und entriß ihm ihre Hand. „Was?" Mit großen Augen starrte sie ihn an.
Er drehte sich zu ihr herum. Sein Gesicht war ausdruckslos, doch in seinen Augen blitzte eine Eiseskälte, die sie nur von sich selbst kannte. „Ich habe ihn getötet. Ist noch gar nicht lange her."
Vashtu schluckte und schwieg.
John trat wieder näher, sah auf sie hinunter. Wieder hob er die Hand und strich sanft über ihre Wange. Die Kälte verschwand aus seinen Augen. „Es hat sich so ergeben", wisperte er schließlich zögernd. „Und ich wollte ihn töten. Er hatte genug angerichtet."
Vashtu fühlte einen Kloß in ihrer Kehle. Plötzlich war alles wieder da, jeder noch so winzige Moment ihrer Geiselhaft, jeder Schmerz, jede Wunde.
Schaudernd wandte sie sich ab und senkte den Kopf.
„Vash!" Seine Arme umfingen sie wieder, preßten sie fest an ihn. Er vergrub sein Gesicht in ihrem Nacken. Sie konnte fühlen, wie jeder Muskel in seinem Körper zu vibrieren schien und schloß die Augen.
„Es ist ... vorbei", wisperte sie. „Vorbei!" Kurz kämpfte sie sich von ihm frei, um sich umzudrehen, dann erwiderte sie seine Umarmung wieder, in die er sie erneut zog. Doch vor ihrem inneren Auge spielte sich alles noch einmal ab, was sie vor nicht allzu langer Zeit erlebt hatte. Alles, von dem sie geglaubt hatte, es für immer irgendwo in den Tiefen ihres Geistes eingeschlossen zu haben. Und für einen ganz kurzen Augenblick haßte sie John dafür, ihr zuvor gekommen zu sein.

TBC ...

2 Kommentare:

  1. Hey =)
    ahhh wie toll =) die haben das probelem mit dem gedankenlesen gelöst! das ist ja schön, dass das team dann zusammenbleiben kann.
    aber das landry für die zwei tage einfach was von ihrem nächsten aufenthalt auf atlantis abzieht...tze...gemeinheit ^^
    und kolya ist nun also tot...schade eigentlich, dann kommt es also zu keinem erneutem aufeinandertreffen zwischen ihm und vashtu.
    wie schon gesagt, ich fand es schade, als kolya erschossen wurde. mein "lieblingsbösewicht" ^^
    hm...was tom jetzt wohl machen wird? vashtu konnte er nicht erreichen und die für ihn zuständige behörde erreicht er auch nicht.
    ob er vashtu beim nächsten treffen mit ihr wohl von seiner begegnung mit dem nid erzählen wird?
    bin gespannt wie es weitergeht
    LG Sabrina

    AntwortenLöschen
  2. Ja, ich mochte Kolya auch sehr gern ... okay, bin ein Fan von Robert Davi (erwähnte ich, glaube ich, schon einmal). Insofern hatte ich mich schon irgendwie auf Remnants gefreut - aber was dann rauskam ... sie hätten den halluzinierten Kolya zumindest etwas kolyahafter schreiben können. Bei mir dauerte es damals keine fünf Sekunden (obwohl ich mich nicht hatte spoilern lassen), um rauszukriegen, daß das nicht das Original war. Verschenktes Potenzial!
    Ach, der gute Hank spielt hier ein bißchen den strengen Vater. An späterer Stelle wird mal rauskommen, daß er zwar immer wieder gern gedroht hat, zusätzliche Atlantis-Zeit vom nächsten Aufenthalt abzuziehen, es aber letztendlich nie durchzog. Noch einer auf meiner ewigen Bestenliste - auch wenn Hammond eindeutig DER Papa vom SGC war *zwinker*, aber Landry stand letztendlich nicht weit hinter ihm.

    Wies weitergeht? Gute Frage. Ehrlich gesagt, bin ich extra deswegen online gegangen, um den Abschluß der Story einzustellen

    Dank dir für dein Comment!

    Bis denne
    Ramona

    AntwortenLöschen