15.11.2009

1.03 Schatten I

TV-Serie: Stargate general
Reihe: SG-V (SG-27)
Genre: humor, scifi, action
Rating: PG
Author's Note: Wenn auch eigentlich recht früh so wollte ich doch einmal mein Dreiergespann ein wenig genauer unter die Lupe nehmen in dieser Geschichte. Ohne jetzt zuviel zu spoilern weise ich doch darauf hin, was Vashtu und Dorn wahrzunehmen scheinen.



„SG-15, willkommen zurück!“ General Landry nickte zu den vier Männern hinauf, die gerade durch das Stargate gekommen waren. Zwei von ihnen schleppten ein schweres Gerät, das in beruhigenden Farben leuchtete.
„Sir!“ Major Collins salutierte vor dem Leiter des SGC und gab seinen Männern ein Zeichen, das Gerät abzustellen.
Landry musterte den Kasten interessiert, sah dann den Leader des Teams wieder an. „Das ist das geheimnisvolle Gerät, das Sie auf Y2M-772 gefunden haben?“
Collins nickte. „Wie besprochen haben wir es mitgebracht.“
„Ist es aktiviert?“
Collins sah sich jetzt ebenfalls um und zuckte mit den Schultern. „Ehrlich gesagt, wir haben keine Ahnung, Sir. Die Bewohner von Y2M-772 sagen, es würde immer so aussehen. Sie haben auch nicht die blaßeste Ahnung, was es bewirken könnte, Sir.“
Landry musterte den großen Kasten.
Seit Vashtu Uruhk ihr eigenes Team leitete, wenn auch eher schlecht als recht, war dies das erste Mal, daß SG-15 zumindest etwas anderes nach Hause brachte als Ärger. Er mußte zugeben, in den letzten paar Wochen hatte er beinahe schon bereut, die Antikerin aus dieser Gruppe herausgenommen zu haben. Dr. Harper, ein Anthropologe, leistete einfach nicht das gleiche wie sie. Aber vielleicht war es diesmal das etwas unkonventionelle Herbringen wert, wer konnte das schon sagen.
„Gut. Major, ich erwarte Sie morgen früh pünktlich zur Einsatzbesprechung. Ruhen Sie sich jetzt aus.“
Wieder salutierte der junge Soldat, dann gab er seinen Männern ein Zeichen, daß sie wegtreten konnten.
Landry blieb nachdenklich im Gateroom zurück.
Er konnte nur hoffen, daß dieses merkwürdige Gerät tatsächlich ungefährlich war. Andererseits war es eigentlich SG-27, das immer den Ärger anzog. Und Vashtu Uruhk und ihre Chaotentruppe würden erst morgen wieder zum Dienst erscheinen - nach zwei Wochen in einem Überlebenscamp.
Landry nickte den Marines zu, die die Rampe hinaufstiegen und den Kasten bargen, um ihn in eines der Labore zu bringen. Er verließ den Gateroom und verschwand in seinem Büro, um einen Anruf zu tätigen.

***

„Wie konnten Sie nur so unverantwortlich mit der Gesundheit Ihrer Männer hausieren gehen!“ Dr. Lam, die Chefärztin des SGC, blitzte die etwas größere Antikerin zornig an.
Vashtu hob die Brauen. „Unverantwortlich?“ echote sie verständnislos.
„Dr. Wallace wird für die nächste Woche nicht zum Dienst erscheinen. Wie auch immer, er hat sehr üble entzündete Stellen an Beinen und Füßen. Damit kann er nicht arbeiten und hat Schmerzen. Schlimme Schmerzen. Ich habe ihn nach Hause geschickt.“
Vashtu hob eine Hand und neigte ratlos den Kopf. „Moment, Doktor. Dr. Wallace hat was?“ Verständnislos blinzelte sie.
„Er muß sich einiges an Blasen gelaufen sein während Ihres Aufenthaltes in diesem Camp. Er behauptet, Ihnen das auch mitgeteilt zu haben, doch Sie waren es, die ihn nicht gehen ließ.“ Lam versuchte sie niederzustarren.
Vashtu kreuzte die Arme vor der Brust und preßte die Kiefer aufeinander. „Er hat mir gesagt, er sei umgeknickt, nicht mehr und nicht weniger. Sergeant Dorn hat ihm einen Verband angelegt und ist bei ihm geblieben, während Dr. Babbis und ich die Übung fortsetzten. Wenn er sich irgendwo Blasen gelaufen hat, dann sicher nicht in diesem Überlebenscamp. Er war dreiviertel der Zeit im Sanitätszelt.“
Lam funkelte sie immer noch an. „Er sagte etwas von einem Gewaltmarsch, zu dem Sie ihn gezwungen hätten.“
„Gewaltmarsch!“ Jetzt mußte sie doch schmunzeln. „Dr. Lam, er mußte nur von einer Baracke zur Kantine, mehr nicht. Den Weg schafft er selbst hier, und hier muß er noch Treppen steigen. Tut mir leid, aber ich sehe mich nicht in der Pflicht, Doc. Was auch immer er Ihnen für einen Bären aufgebunden hat, mit dem Camp hat das nichts zu tun. Außerdem hatte er noch das ganze Wochenende Zeit, sich diese Blasen zu laufen.“
„Dr. Wallace sagt da etwas anderes.“
„Kann ich mir vorstellen.“ Vashtu beruhigte sich immer mehr, beschloß, das ganze mit Humor zu nehmen und drehte sich zu ihrem Schreibtisch um. „Wenn Sie mir nicht glauben wollen, ich habe hier noch die Aufstellungen und Anwesenheitslisten des Teams. Doc, glauben Sie mir, wo auch immer Wallace sich verletzt hat, es war nicht im Überlebenscamp.“
„Und Dr. Babbis?“
Vashtu, die gerade die Berichte einsammelte, runzelte die Stirn und drehte sich wieder zu der Ärztin um. „Er hat sich ganz gut geschlagen.“
„So gut, daß er jetzt ebenfalls auf der Krankenstation ist.“ Lam schien zu triumphieren.
Vashtu zog die Brauen zusammen, ließ die Papiere Papiere sein und nickte. „Gut, ich komme mit. Die Erklärung hätte ich wirklich gern gehört“, entschloß sie sich.
„Wollen Sie ihn auch noch einschüchtern, ehe er seine Aussage macht?“
„Nein, ich würde gern wissen, was die beiden an diesem Wochenende angestellt haben, daß sie sich jetzt einhellig krank melden wollen.“ Vashtu atmete tief ein, um sich zu beruhigen. Dabei hatte sie geglaubt, zumindest Babbis gegenüber wäre das Eis endlich gebrochen. „Ich werde nicht einen Ton sagen, meinetwegen verstecke ich mich auch hinter irgendeiner Wand, damit er mich nicht sehen kann.“
Lam musterte sie aufmerksam von Kopf bis Fuß und schien zu überlegen. Dann nickte sie. „Also gut, dann kommen Sie eben mit.“
„Ich muß nur kurz dem General ...“
„Lassen Sie das mal meine Sorge sein, Miss Uruhk.“ Lam wandte sich ab und verließ das Büro wieder.
Vashtu zögerte noch einen Moment, dann folgte sie der Ärztin durch die Gänge und Treppen zur Krankenstation.
Viel schien hier im Moment nicht los zu sein. In einem kleinen Nebenraum saßen einige Schwestern und eine blonde Frau in einem Arztkittel und tranken Kaffee. Ansonsten war es erstaunlich ruhig.
Vashtu folgte Lam zu einem Untersuchungstisch, auf dem Babbis mit hängendem Kopf saß und die Beine baumeln ließ.
„Sie warten hier“, wandte die Ärztin sich wieder an sie und trat vor.
Babbis hob den Kopf. Sein Blick schien verschleiert, doch dann klärte er sich wieder, als er sie sah. Kurz kniff er die Lippen aufeinander und verzog das Gesicht zu einem gequälten Lächeln. „Miss Uruhk.“
Vashtu nickte nur und kreuzte die Arme vor der Brust.
Äußerlich war nichts festzustellen. Was auch immer Babbis' Problem war, zu sehen war jedenfalls nichts, einmal abgesehen von seiner schmerzverzerrten Miene.
„Was für ein Problem haben Sie?“ wandte Lam sich an den jungen Wissenschaftler.
Babbis verzog wieder das Gesicht und hob eine Hand an seine Schläfe.
Vashtu richtete sich auf. Ihre Augen wurden schmal.
„Kopfschmerzen und Übelkeit. So schlimm war es noch nie“, nuschelte Babbis.
Kopfschmerzen?
Lam schien ebenfalls etwas anderes erwartet zu haben, umfaßte sein Handgelenk und maß seinen Puls. Dann runzelte sie die Stirn und zückte einen Leuchtstift aus ihrer Kitteltasche, um ihm damit in die Augen zu leuchten.
Babbis gab einen Schmerzenslaut von sich und wandte sich ab.
Vashtu wurde nun doch unruhig. Nicht daß sie an eine ernsthafte Erkrankung glaubte, aber er schien tatsächlich unter irgendetwas zu leiden.
„Haben Sie heute schon etwas gegessen?“ erkundigte Lam sich.
Ein kurzes Kopfschütteln, begleitet von einem leisem Stöhnen.
Lam nickte, drückte ihren Patienten sanft auf den Tisch zurück. Sofort kam wieder ein schmerzerfülltes Stöhnen, als Babbis direkt in eine der Leuchtstoffröhren blicken mußte. Er wandte den Kopf ab, hielt die Augen geschlossen.
„Was hat er?“ fragte Vashtu nun doch besorgt.
Lam drehte sich zu ihr um und musterte sie nachdenklich. „Also gut. Zumindest an seinem Zustand scheinen Sie keine Schuld zu tragen, Miss Uruhk“, antwortete sie dann endlich, öffnete einen Medikamentenschrank und holte etwas daraus hervor.
„Und was hat er jetzt?“
Wieder ein Stöhnen von Babbis.
„Wie es aussieht, haben wir es hier mit einer ganz normalen und alltäglichen Migräne zu tun, Miss Uruhk. Nichts lebensgefährliches, wenn es behandelt wird.“
„Migräne?“ fragten die Antikerin und der Wissenschaftler ungläubig im Chor.
Lam drehte sich um, eine Spritze in der Hand, und nickte. „Migräne. Eine leichte und kurzzeitige Entzündung der Nervenstränge des Gehirns. Hatten Sie schon öfter solche Anfälle, Dr. Babbis?“
Der Angesprochene stöhnte leise vor sich hin und hielt sich eine Hand über die Augen. Dann schüttelte er sehr langsam den Kopf. „Noch nie so schlimm“, antwortete er und begann zu würgen.
Vashtu griff sich eine der Nierenschalen, die auf einem Tisch neben ihr lagen, trat an den Tisch und stützte seinen Kopf, während er Magenflüssigkeit erbrach.
Dr. Lam runzelte kurz die Stirn, wandte sich dann aber wieder ihrer Tätigkeit zu und verabreichte die Injektion.
„Und was können wir tun?“ fragte die Antikerin.
„Es auskurieren lassen, mehr nicht. Ich habe Ihnen ein starkes Schmerzmittel gespritzt, Dr. Babbis“, wandte Lam sich wieder an den Wissenschaftler. „Und ich würde gern ein CT vornehmen. Die Erforschung der Migräne steckt immer noch in den Kinderschuhen. Es ist schon ein Wunder, daß sie inzwischen als Krankheit anerkannt ist.“
Babbis nickte schwach und wischte sich über den Mund.
„In ein oder zwei Tagen ist es wieder vorbei, keine Sorge.“

***

General Landry rieb sich die Schläfen. Ein feiner Schmerz zuckte durch seine Augenbrauen. Nur ein feiner Schmerz, nichts weiter.
Doch er fühlte sich seltsam schlapp und erschöpft. Dabei konnte er sich das nicht erklären. Möglicherweise lag es ja an der Impfung, die ihm letzte Woche verabreicht worden war.
Landry beugte sich wieder vor und ließ die Hände sinken. Er öffnete die Augen und betrachtete die Papiere vor sich auf dem Schreibtisch.
Sie wollten ihm nichts sagen. Es erschien ihm plötzlich alles nutzlos, was er hier tat. Warum sich eigentlich Gedanken darüber machen, was da draußen im Weltall vor sich ging? Es brachte doch nichts. Die Erde sollte sich nicht einmischen, sondern sich um sich selbst kümmern.
Landry seufzte wieder, versuchte erneut, den kurzen Bericht von Collins zu lesen. Da nahm er etwas aus den Augenwinkeln wahr. Nur einen Moment lang, so daß er selbst zweifelte.
Als er aufblickte, war da nichts. Aber ... Er war sicher, er hatte einen Schatten gesehen. Einen Schatten, der ihm wirklich sehr bekannt vorgekommen war.
Landry griff nach seiner Kaffeetasse und nahm einen großen Schluck.
Sein Herz klopfte zum Zerspringen. Nur das jetzt nicht! Nicht jetzt!
Wieder ein Schatten, deutlicher diesmal. Eine Gestalt, dunkel und schwarz vor den grauen Wänden.
Landry setzte sich mit einem Ruck auf und atmete tief ein.
Der Schatten war verschwunden.

***

„Serge! Gut, daß ich Sie treffe.“
Dorn drehte sich zu seiner Leaderin um und nickte. „Morgen.“
Die Antikerin lächelte ihn an, winkte ihm dann, ihr in ihr Büro zu folgen. „Ich soll für Landry noch Berichte über das jeweilige Abschneiden meines Teams anfertigen“, erklärte sie, während sie auf ihren Schreibtisch zuhielt. „Und ich würde gern mit Ihnen über Ihr Ergebnis sprechen.“
Dorn folgte ihr stumm, stellte sich dann an der Seite ihres Schreibtisches neben ihr auf und hob die Brauen, als er das Chaos sah, was sich darauf ausbreitete.
Vashtu lächelte entschuldigend, kramte in den Papieren herum. „Dr. Wallace ist übrigens für eine Woche krank geschrieben“, berichtete sie ihm, zog dann einen Leistungstest aus dem restlichen Stapel und las ihn kurz durch. Dann landete das Papier auf der anderen Seite und sie kramte weiter.„Krank?“ Dorn runzelte die Stirn.
„Dr. Lam hat er gesagt, ich habe ihn zu einem Gewaltmarsch gezwungen.“ Ein neuer Bogen Papier, der unter dem Stapel hervorgezogen wurde.
„Er ist doch nur einmal mit im Gelände gewesen.“
Vashtu nickte, richtete sich wieder auf und hielt ihm das Blatt hin. „Hier, das hat der Drill-Sergeant aufgezeichnet. Können Sie damit etwas anfangen?“
Dorn nickte, nahm ihr das Blatt ab. Dann aber erstarrte er und wich zurück. Das Papier flatterte auf den Boden.
Vashtu runzelte die Stirn. „Was ist los?“ Sie bückte sich und hob den Bericht wieder auf, las ihn dann selbst noch einmal aufmerksam durch. „Also, für Ihr Alter haben Sie doch beachtlich abgeschnitten, Serge. Ich weiß gar nicht, was Sie wollen.“ Sie sah wieder auf.
Dorn starrte sie entgeistert an. Das Gesicht des alternden Marines war bleich, seine grauen Augen hatten sich geweitet.
„Serge? Alles in Ordnung mit Ihnen?“ Sie legte das Papier zurück auf ihren Schreibtisch und trat vorsichtig einen Schritt näher.
Dorn keuchte, wich einen Schritt zurück. Dann klärte sein Blick sich plötzlich wieder. Verwirrt schüttelte er den Kopf. „Verzeihung, Mam. Wo waren wir?“
Vashtu betrachtete ihn mißtrauisch von der Seite. „Ist Ihnen nicht gut, Dorn?“
Er sah sie verwirrt an, schüttelte den Kopf. „Alles in Ordnung, Mam.“ Er leckte sich nervös über die Lippen. „Der Bericht, Mam?“
Vashtu beäugte ihn immer noch mißtrauisch, nickte aber. „Okay“, sie zog dieses Wort in die Länge und wandte sich von ihm ab, um wieder nach dem Papier zu greifen.
Im nächsten Moment fand sie sich in einem Klammergriff wieder. Vor Überraschung knickten ihr die Knie weg und sie japste nach Luft.
„Dorn!“ keuchte sie und versuchte sich zu befreien, ohne ihre Fremdzellen einzusetzen. Dann erstarrte sie, als sie seinen Unterarm in ihrem Genick fühlte. „Kommen Sie zu sich, Marine!“
„Du bleibst hier, hast du das verstanden? Du gehst nicht wieder weg“, knurrte Dorn dicht an ihrem Ohr und verstärkte seinen Griff.
Vashtu hatte Mühe, Luft zu holen. Der alte Soldat würgte sie und hielt sie in einem unbarmherzigen Griff. Wenn sie ihn nicht verletzen wollte, konnte sie nichts tun.
„Dorn ...!“

***

„Keine Sorge, es wird nicht wehtun.“ Dr. Lam lächelte.
Babbis warf ihr einen skeptischen Blick zu, schloß dann die Augen.
Er war so müde, doch es war eine falsche Müdigkeit, das spürte er auch. Es war nicht dieses wohlige Hinübergleiten in einen erholsamen Schlaf, sondern eine von innen suggerierte Müdigkeit, die seine Gedanken lähmen wollte.
„Es kann Ihnen auch nichts passieren. Leiden Sie unter Klaustrophobie?“
Babbis schüttelte benebelt den Kopf und öffnete den Mund. Doch die Antwort wollte nicht kommen.
Lam drückte noch einmal seine Hand. „Gleich wissen wir mehr, Dr. Babbis. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.“
Wieder nickte er, schon halb weggedöst.
Er spürte schon nicht mehr, wie die Bahre, auf der er lag, in den Computertomografen gezogen wurde. Und er sah auch nicht, wie Dr. Lams Gesicht sich plötzlich vor Angst verzerrte.

***

Als Vashtu wieder zu sich kam, fand sie sich auf ihrem angeknacksten Besucherstuhl wieder. Sie konnte sich kaum bewegen. Irgendetwas schnürte in ihre Glieder und auch ihren Körper.
Sie blinzelte und hielt den Kopf gesenkt.
Kabel? Wieso Kabel?
Ein Ruck ging durch ihren Körper, als diese Kabel festgezogen wurden. Endlich spürte sie die Anwesenheit von einem zweiten, direkt hinter ihr. Dorn!
Vashtu hob den Kopf, drehte sich, soweit sie konnte. „Verdammt, Serge! Was ist denn mit Ihnen los?“ fuhr sie den Marine an, der immer noch damit beschäftigt war, ihre Fesseln zu verknoten.
Sie ruckte gegen die Kabel an, die sie an den Stuhl banden, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. „Dorn! Was ist los mit Ihnen, Mann? Machen Sie mich auf der Stelle wieder los!“
„Du bleibst hier, meine Kleine, hörst du? Niemand wird dich finden. Du wirst nicht wieder diesem ... diesem Saddam in den Rachen geworfen.“ Dorns Stimme klang merkwürdig, als sei er Millionen von Lichtjahren entfernt von hier.
Vashtu runzelte die Stirn. Saddam? Was zum ... ?
Der Krieg gegen den Irak! Verdammt, verdammt, verdammt! Was hatte Dorn mit diesem Krieg zu tun?
Sie warf einen sehnsüchtigen Blick auf das Chaos auf ihrem Schreibtisch. Irgendwo dort lag auch die Akte von Dorn. Und im Moment wünschte sie sich, sie hätte sie gelesen.
„Cindy, deine Mum, können wir nicht wieder zurückholen. Aber dich lasse ich nicht noch einmal weg, hörst du? Du bleibst hier!“ Dorn richtete sich auf und sah auf sie hinunter. Sein Blick wirkte benebelt, als stünde er unter ... unter Drogen?
Vashtu holte tief Luft. Wenn es ihr so nicht gelang, den Marine zur Vernunft zu bringen, würde sie sich etwas anderes einfallen lassen müssen.
„Sergeant Dorn, als Ihre Vorgesetzte befehle ich Ihnen ...!“ Weiter kam sie nicht, dann hatte Dorn ihr schon ein Taschentuch in den Mund gestopft.
War er denn verrückt geworden? Was sollte das?
Dorns Finger strichen liebkosend über ihr Gesicht. „Laurie, meine Kleine, du mußt das verstehen, hörst du? Ich lasse dich nicht wieder gehen.“ Tränen standen in seinen Augen.
Vashtu starrte ihn an. Allmählich begann sich ein Bild in ihrem Geist festzusetzen.
„Ich hätte dich nie in die Army eintreten lassen dürfen, meine Kleine, nie!“ Dorn zog die Nase hoch. „Aber jetzt machen wir beide das anders, ja? Diesmal nutzen wir unsere Chance. Ich lasse dich nicht wieder in diesen idiotischen Krieg ziehen, nie wieder.“
Okay, wenn er es im Guten nicht vertrug, dann eben anders.
Vashtu war noch immer von der plötzlichen Intimität verwirrt, und das Bild in ihrem Kopf wollte nicht so recht verschwinden. Sie schwor sich, daß sie, sobald sie diesen Irrsinn beendet hatte, Dorns Akte sehr aufmerksam lesen würde. Wer auch immer diese Laurie gewesen war, sie hatte ihn offensichtlich stark beeinflußt.
„Deine Mum würde sich freuen, wenn du an ihr Grab kommen würdest, meine Kleine“, flüsterte der Marine mit tränenerstickter Stimme. „Sie konnte diese Nachricht nicht ertragen, die der Kerl mit dem ganzen Lameta gebracht hat. Aber das wird nicht wieder geschehen, hörst du? Diesmal bleibst du bei mir.“ Er umarmte sie.
Vashtu spannte sich an und riß überrascht die Augen auf, als Dorn seinen Kopf an ihrer Schulter vergrub. Einen Atemzug lang zögerte sie, doch sie war sich klar darüber, daß sie jetzt die beste Chance hatte.
Gott sei Dank hatte sie bis jetzt noch keinen wirklichen Ersatz für den von Wallace demolierten Stuhl gefunden und ihn nur notdürftig geflickt. Es würde sie keine allzu große Anstrengung kosten, sich zu befreien - hoffte sie zumindest. Aber erst einmal Dorn.
Vashtu spannte die Kiefer an und wappnete sich. Dann hob sie den Kopf so weit in den Nacken wie möglich, konzentrierte sich auf ihre Fremdzellen und knallte ihm ihr Kinn an die Schläfe. Autsch! Der Mann hatte einen harten Schädel!
Dorn hob den Kopf, seine Augen schwammen in Tränen, sein Blick war unstet.
Vashtu stemmte sich gegen die Fesseln, hielt die Wraith-Zellen aktiv und knallte ihm noch einmal ihren Schädel gegen seinen. Stirn traf auf Stirn. Dorn gab ein Grunzen von sich, versuchte sich aufzurichten, dann sackte er weg.
Vashtu schüttelte den Kopf. Das würde eine Beule geben. Mühsam spuckte sie das Taschentuch wieder aus, richtete sich so weit auf, wie es ging und ließ sich dann mit ganzer Wucht wieder auf den Stuhl fallen. Ein gemeines Knacken sagte ihr, daß sie auf dem richtigen Weg war. Noch einmal richtete sie sich auf, knallte die Stuhlbeine hart auf den Betonboden und verlor fast das Gleichgewicht, als die Sitzgelegenheit unter ihr auseinanderbrach.
Wieder spannte sie die Muskeln an und riß an den letzten Fesseln, die noch fest saßen. Die Kabel sprangen auseinander.
Vashtu rieb sich die Handgelenke, schüttelte sich die letzten Reste ihrer Fesseln von den Füßen und sah stirnrunzelnd zu dem bewußtlosen Dorn hinunter.
Was war nur in ihn gefahren?

***

Als Babbis wieder zu sich kam, lag er noch immer in der düsteren Röhre des CTs auf dem einfahrbaren Tisch. Ein Dämmerlicht beleuchtete das Innere nur schwach, doch ausreichend, daß er sehen konnte, was sich um ihn her befand.
„Hallo?“ rief er schwach.
Keine Antwort.
Babbis sah sich wieder um. In der Röhre war nicht genug Platz, damit er sich selbst befreien konnte. Und außerdem ... Wie lange war er weg gewesen? Hätte Dr. Lam ihn nicht schon längst wieder aus dem CT befreien sollen?
„Hallo! Ich bin hier. Hallo?“
Nichts rührte sich.
Babbis schluckte. Die Röhre schien immer enger zu werden.

***

Vashtu schlich vorsichtig über den Gang. Von irgendwo hallten Schreie her, immer wieder rannten Angehörige des SGCs in wilder Flucht an ihr vorbei und mehrmals hatte sie bereits den verschiedensten Waffenmündungen ausweichen müssen.
Ihr erster Weg war der zu General Landrys Büro gewesen, doch der Aufzug war blockiert und vor der Tür zum Treppenhaus hatte sich eine Menschentraube gebildet. Als sie es bei einer der Waffenkammern versuchte, sah es dort nicht viel anders aus. So trug sie jetzt nur eine Zat bei sich. Immerhin etwas und zusätzlich die Sicherheit, daß sie mit dieser Waffe auch betäuben konnte.
Vashtu drückte sich eng an die Wand, als aus einem Quergang einige fliehende Menschen in heller Aufregung stürzten, doch niemand beachtete sie.
Sie wollte ihr Glück jetzt in der Krankenstation versuchen. Vielleicht würde sie dort noch das eine oder andere nützliche finden und möglicherweise auch jemanden, der noch nicht wahnsinnig geworden war.
Das allerdings beschäftigte sie. Warum schien das ganze Stargate-Center plötzlich irr geworden zu sein, nur sie nicht? Und warum so plötzlich? Heute vormittag waren alle noch relativ normal.
Sie schlich weiter, warf immer wieder Blicke über die Schulter, um sicherzugehen, daß sich auch niemand anschleichen konnte an sie.
Die Tür zur Krankenstation stand sperrangelweit offen.
Vashtu stockte in ihrem Schritt und runzelte die Stirn. Das sah nicht gut aus. Aber sie mußte es zumindest versuchen.
Sie stellte sich neben die Tür, drückte sich an die Wand und lugte vorsichtig um die Ecke.
Auf dem ersten Blick war nichts zu sehen, wohl aber zu hören. Irgendjemand wimmerte. Die Beleuchtung schien stellenweise ausgefallen.
Vashtu zögerte, trat dann aber doch, die Zat vor sich gestreckt und entsichert, über die Schwelle.
Die Leuchtstoffröhren waren teils zerschlagen worden, teils hingen sie noch an einzelnen Kabeln von der Decke und flimmerten. Das Notlicht hatte sich eingeschaltet und tauchte den Raum in ein unstetes Dämmerlicht.
Das Wimmern wurde lauter.
Vorsichtig ging die Antikerin weiter, die fremdartige Waffe noch immer entsichert und nach vorn gestreckt.
Da! Unter einer der noch stehenden Pritschen. Der Rest lag, zerwühlt, zerschlitzt und vollgesogen mit allen möglichen flüssigen Medikamenten, auf dem Boden, wie auch Injektionsbestecke, Nierenschalen und andere Gerätschaften. Tabletten knirschten unter den Stiefeln der Antikerin.
Vashtu trat beherzt näher, ließ sich vorsichtig auf die Knie nieder, die Zat zu Boden gerichtet. Die blonde Ärztin, die heute morgen noch so angeregt mit den Krankenschwestern geschwatzt hatte, starrte sie mit großen, verängstigten Augen an. Ihre Wimperntusche war verlaufen und hatte Falten in ihr Gesicht gezeichnet.
„Alles in Ordnung.“ Vashtu hob vorsichtig die Hand und sah die Fremde eindringlich an. An ihrem Kittel war ein metallenes Namenschild, doch in dem flackernden Dämmerlicht fiel es ihr schwer, es zu entziffern. „Alles in Ordnung, Dr. ... Evans. Ganz ruhig.“
Die Blonde starrte sie immer noch an, ihre Augen rollten.
„Ich tue Ihnen nichts, hören Sie? Ich möchte nur wissen, was hier los ist“, fuhr Vashtu mit so ruhiger Stimme wie möglich fort.
Dr. Evans keuchte, dann schoß sie plötzlich vor, die Hände zu Klauen gebogen. Die Antikerin wich zurück. Die Zat schien sich von selbst hochzureißen und einen einzelnen Schuß abzugeben. Dr. Evans sank zusammen.
Vashtu holte tief Atem, richtete sich dann wieder auf und sah sich ratlos um.
Niemand mehr da. Alle Betten waren leer, weder ein Arzt noch ein Pfleger waren zu sehen. Soviel zu möglichen ...
Vashtu hob lauschend den Kopf. War da nicht eine schwache Stimme? Sie neigte leicht den Kopf und runzelte die Stirn.
Ja, da war eine Stimme, ein Rufen, fast schon ein Kreischen. Aber es klang noch relativ normal entgegen dem, was sie auf den Gängen erlebt hatte.
Also ein weiterer Versuch.

***

Babbis war inzwischen der Verzweiflung nahe und glaubte, keine Luft mehr zu bekommen. Die Röhre schien immer enger zu werden und ihm zusätzlich den Atem abzuschnüren. Er wollte nur noch hier heraus, solange es noch ging, doch er konnte sich kaum bewegen.
Dazu kam, daß die Medikamente in seinem Inneren immer noch hervorragend wirkten. Zwar war sein Adrenalinspiegel derart angestiegen, daß er wohl in der nächsten Zeit kein neues Nickerchen mehr machen würde, aber er fühlte sich noch immer benebelt, auf eine heimtückische Art, der er lieber entkommen wäre.
„Hilfe!“ rief er schwach, immer und immer wieder. Auch wenn er inzwischen der Meinung war, er sei der letzte Mensch im ganzen SGC.
Dann aber sprang plötzlich der Motor der Liege an. Er konnte das Summen hören, dann ging ein Ruck durch seinen Körper.
Babbis hätte heulen können vor Freude. Es war tatsächlich doch noch jemand gekommen! Doch das Gesicht, was ihn schließlich erwartete, als er ganz aus dem CT glitt, mit dem hätte er nie im Leben gerechnet.
„Miss Uruhk!“
Die Antikerin hielt eine Zat auf ihn gerichtet und musterte ihn aufmerksam, als würde sie etwas erwarten. Ihre Augen glitzerten kalt.
Babbis stemmte sich ächzend hoch. Die Kopfschmerzen hatten etwas nachgelassen, aber dafür war sein Körper jetzt steif wie ein Brett. Stöhnend rieb er sich über die Stirn, sah dann wieder auf.
„Können Sie das nicht lassen?“ beschwerte er sich. „Ich wäre dadrin beinahe erstickt. Denken Sie wirklich, ich wolle Sie jetzt auch noch angreifen?“
Die Antikerin blinzelte, richtete sich langsam auf und senkte die Waffe. „Sie sind also noch Sie selbst.“ Sie seufzte.
Babbis runzelte die Stirn. „Natürlich bin ich ich selbst. Was für eine dämliche Frage.“
Vashtu zog eine kurze Grimasse und wandte sich ab. Aufmerksam sah sie sich in dem Raum um, in dem sie sich befanden. „Wir müssen hier verschwinden. Wir sind hier nicht sicher“, sagte sie schließlich. „Wie geht es Ihrem Kopf?“
„Offensichtlich besser als Ihrem.“ Babbis ließ sich vorsichtig vom Tisch gleiten. Ihm war schwindlig und er stöhnte leise auf.
Sofort fuhr Vashtu wieder zu ihm herum, die Zat halb erhoben.
„Könnten Sie es vielleicht unterlassen, ständig mit irgendwelchen Waffen auf mich zu zielen?“ beschwerte Babbis sich. „Vor allem, wenn ich das Gefühl habe, mein Gehirn würde mit einem Strohhalm ausgesaugt.“
Ihre Mundwinkel zuckten amüsiert und sie nickte. „Gut.“ Doch in ihren Augen konnte Babbis deutliche Besorgnis lesen.
Was war hier los?
„Können Sie laufen?“
Wieder rieb er sich den Kopf, diesmal aber die rechte Schläfe. „Ja, ich kann laufen“, grummelte er und tat einen schwankenden Schritt.
Die Antikerin seufzte. „Hören Sie, ich kann nicht uns beide schützen und Sie auch noch schleppen, dafür sind Sie zu ... zu groß. Sie werden allein gehen müssen. Wir brauchen einen sicheren Unterschlupf, von wo aus wir operieren können.“
„Hä?“ Babbis drehte sich wieder zu dem Apparat herum, in dem er bis jetzt gelegen hatte. Hatte er nicht irgendetwas von einer möglichen Strahlenverseuchung gehört, die durch einen zu langen Aufenthalt in einem CT hervorgerufen werden konnte.
„Oh mein Gott! Ich werde sterben!“
„Das werden wir alle, selbst ich ... irgendwann.“ Vashtu trat näher und packte ihn am Arm. „Kommen Sie, Babbis. Wir müssen hier verschwinden, ehe die anderen wiederkommen und uns hier vielleicht noch beide einsperren.“
„Sie verstehen nicht. Die Strahlung dieses Kastens kann ...“ Babbis stockte, als er, von der Antikerin einfach mitgezerrt, die Krankenstation betrat. „Was ist hier los?“
„Gute Frage. Das wüßte ich auch gern.“ Unbarmherzig zog sie ihn weiter. „Los jetzt!“

TBC ...

2 Kommentare:

  1. Hey =)
    wow ich hab es endlich mal geschafft weiterzulesen ^^
    die schule macht mich im moment echt fertig.
    so im moment hab ich nur den ersten teil von schatten gelesen, mal sehen wie schnell ich den rest aufhole.
    auf jedenfall klingt das ganze ziemlich interessant...aber auuch ein wenig verwirrend ;)
    aber ich vermute mal, dass es mit dem gerät zu tun hat, das sg-15 gefunden hat.
    hm...die verhalten sich aber auch echt komisch und wieso vashtu und anscheind auch babbis nicht betroffen sind.
    LG Sabrina

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  2. Ei *freu*, schön daß du weiterliest. Und ... mal sehen, ob das Gerät wirklich was damit zu tun hat *flöt*.
    Das mit der Schule erlebe ich im Moment mit der Arbeit, also kein Problem. Schule geht vor, das ist ganz klar.

    Bis denne
    Ramona

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