17.11.2009

Schatten II

Vashtu richtete sich wieder auf, drehte ihren Arm im Gelenk ein paarmal, blickte dann stirnrunzelnd auf den Wissenschaftler nieder, der sie angegriffen hatte.
„Sie hätten schießen können.“ Mit einem verärgerten Blitzen in den Augen drehte sie sich zu Babbis um.
Der stand, noch immer vollkommen verdattert, in der Tür, vor seinen Füßen die Zat.
„Mann, kommen Sie endlich rein!“ Sie winkte ihm, trat dann einen drohenden Schritt auf ihn zu. Babbis brachte sich tatsächlich mit einem beherzten Anlauf in Sicherheit, hielt noch immer den Wissenschaftler im Auge, der ohnmächtig am Boden lag.
Vashtu lugte vorsichtig den Gang hinauf und hinunter, zog dann die Tür zu und schloß den Riegel. Seufzend drehte sie sich wieder um und betrachtete den Raum.
„Ich dachte, der würde Sie umbringen“, brachte Babbis schließlich hervor.
„Das dachte ich einen Moment lang auch.“ Vashtu griff nach der Goa'uld-Waffe und harkte sie in ihren Gürtel.
„Okay, wie ich es sehe, haben wir alles, um erst einmal herausfinden zu können, was hier los ist. Das heißt ... hat der Rechner eine Verbindung zum Hauptcomputer?“ Sie stützte sich mit beiden Händen ab und zog sich auf den großen Schreibtisch in der Mitte des Raumes. Auffordernd sah sie Babbis an.
Der zögerte lange, dann drehte er sich aber doch um und tippte etwas ein. „Nicht auf alle Programme“, gestand er dann. „Aber was wollen Sie denn tun?“
Vashtu knetete wieder ihre Schulter. Der Kerl hatte ihr fast den Arm abgerissen. Die Wraith-Zellen taten zwar ihre Arbeit, aber so schnell waren selbst sie nicht. „Wie ich schon sagte, herausfinden, was hier los ist. Irgendeine Idee?“
Babbis zuckte mit den Schultern und ließ sich auf einen der Bürostühle nieder. „Fragen Sie mich das, wenn dieses Zeug aus meinem Kreislauf verschwunden ist“, murmelte er und rieb sich wieder die Schläfe.
„Noch Schmerzen?“ Die Stimme der Antikerin klang mitfühlend.
Babbis schüttelte den Kopf. „Nein, nicht wirklich. Nur ... es fühlt sich an, als hätte ich statt eines Gehirns einen riesigen Wattebausch im Kopf.“
Vashtu hob die Brauen, sah dann wieder zu dem Wissenschaftler hinüber. Nachdenklich schürzte sie die Lippen.
„Gut, lassen Sie uns das ganze einmal in Ruhe durchgehen.“ Babbis hob den Kopf und gestikulierte mit Armen und Händen. „Ich denke, wir beide sind uns darüber einig, daß heute morgen noch alles normal lief, oder?“
Vashtu nagte an ihrer Unterlippe. „Stimmt. Es muß so gegen Mittag gewesen sein, als ...“ Sie hörte einfach auf zu reden und starrte angestrengt vor sich hin.
„Wann sind Sie heute gekommen?“ bohrte Babbis weiter.
Die Antikerin riß sich aus ihren Gedanken und musterte ihn interessiert. Er schien irgendetwas zu ahnen. Vielleicht war es ein Fehler, doch sie beschloß, ihm jetzt einfach zu trauen.
„Ich kam so gegen neun hier an“, erklärte sie. „Hat ein bißchen länger gedauert, der eine Truck kam heute morgen nicht.“
Babbis blinzelte irritiert. „Truck?“
Sie nickte. „Ja, der Milchwagen. Muß heute wohl Verspätung gehabt haben.“
„Milchwagen?“ Babbis starrte sie an. „Was für ein Milchwagen? Bekommen Sie jetzt auch Halluzinationen, wie die da draußen?“
Vashtu stutzte. „Nein, ich komme mit meinem Skateboard.“
Babbis klappte das Kinn herunter. Einen Moment lang sah er die Antikerin nur groß an, dann schien er sich wieder zu fassen. „Sie kommen mit einem ... Skateboard zur Arbeit?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Öffentliche Verkehrsmittel fahren nicht bis Cheyenne-Mountain, Doc. Und für ein Skateboard brauche ich keinen Führerschein.“
„Sie haben keinen Führerschein?“
Sie schüttelte wieder mit dem Kopf. „Nein. Wozu auch? Ich mag Autos nicht sonderlich. Sie stinken und machen Lärm.“
Babbis starrte sie noch immer groß an. „Sie kommen mit einem Skateboard zur Arbeit, weil Sie Autos nicht mögen? Wie?“
Wieder ein Schulterzucken, begleitet von einem leicht verzerrten Gesicht. „Ich hänge mich an Busse und Trucks, teils fahre ich auch - abends meist. Da geht es ja fast nur bergab. Macht Spaß, wirklich. Sollten Sie auch mal versuchen.“
Babbis nickte mit einem undeutbaren Gesichtsausdruck. „Aber Ihnen ist schon klar, daß Sie das eigentlich nicht dürfen?“
„Skateboard fahren?“
Hilflos rang er die Hände und schüttelte den Kopf. „Sich an andere Fahrzeuge hängen mit einem Skateboard, das ist verboten.“
Vashtu hob eine Braue und sah ihn ungläubig an. Dann schien ihr plötzlich etwas aufzugehen. „Deshalb wartet der MP am Tor schon immer mit einem Umschlag!“
„Hä?“
Jetzt sah sie wirklich etwas zerknirscht aus und lugte ihn unter ihrem fransigen Pony an. „Naja, ein paarmal war die Highway-Patrol hinter mir, als ich hier ankam. Da habe ich noch die Abkürzung über den Highway genommen.“
Babbis glaubte sich in einem schlechten Film. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Gerade hatte er doch noch eben diese Frau gesehen, wie sie einen irren Angreifer bekämpfte und ihn bewußtlos schlug. Und eben diese Frau weigerte sich, einen Führerschein zu machen, hängte sich an andere Verkehrsteilnehmer und kam mit einem Skateboard zur Arbeit. Diese Frau da vor ihm, eine Antikerin! Eine Frau, die von einer Sekunde zur anderen zu einer Killermaschine mutierte und dann plötzlich eine besessene Wissenschaftlerin wurde.
Babbis schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.
„Stimmt etwas nicht?“ Vashtus Stimme klang immer noch unschuldig. War sie sich denn wirklich nicht bewußt, was sie da gerade von sich gegeben hatte?
Babbis hob die andere Hand zu einer beschwichtigenden Geste. „Kommen wir auf das eigentliche Thema zurück. Sie waren also, wie auch immer, so gegen neun hier.“
Vashtu nickte. „Ich war gerade mit einem Anruf fertig, als Dr. Lam reinkam und mir sagte, daß Wallace sich krank gemeldet habe.“
„James hat sich krank gemeldet? Ich dachte, seine ganzen Wehwehchen seien kuriert gewesen?“
Vashtus Brauen zuckten und sie nickte leicht. „Also haben Sie beide das Wochenende nicht zusammen verbracht. Mir kam schon der Verdacht, als Dr. Lam meinte, Sie würden sich auch noch krank melden.“
„James war auf der Farm seiner Eltern, soweit ich weiß. Er sollte sich irgendeinen Befall an den Maispflanzen ansehen.“
Nachdenklich ließ Vashtu ihre Beine baumeln und starrte sie an. „Dr. Lam hat er gesagt, ich hätte ihn zu einem Gewaltmarsch gezwungen. Seine Füße seien grün und blau gewesen, meinte sie.“
„Wir kennen doch beide James.“ Babbis lächelte halb.
„Stimmt.“ Die Antikerin nickte. „Aber daß er lügt, daß hätte ich nicht von ihm angenommen.“
„Um an eine kostenlose Untersuchung zu kommen, schätze ich. Mich würde es nicht wundern, wenn irgendetwas anderes bei einer näheren Betrachtung seiner Leiden herauskäme ... Gewaltmarsch, sagten Sie?“ Babbis schnippte mit den Fingern. „Haben Sie eigentlich schon einmal ein Maisfeld im Mittleren Westen von nahem gesehen?“
Sie zuckte mit den Schultern und stellte fest, daß jetzt alle Schmerzen vergangen waren. „Bisher bin ich noch nicht dazu gekommen. Irgendwann würde ich mir schon einmal Ihr Land ansehen. Aber ...“
„Mit einem Skateboard werden Sie da nicht weit kommen“, beeilte Babbis sich zu versichern, nachdem ihm merkwürdige Visionen vor sein inneres Auge gekommen waren. Zumindest hatte er endlich eine Erklärung dafür, warum in ihrem Büro immer ein Skateboard an der Wand lehnte.
Vashtu sah ihn irritiert an. „Ich dachte da eher an eine Sportmaschine“, wandte sie ein.
Babbis wischte diesen Einwand mit einer Handbewegung weg, ehe er sich auch darüber den Kopf zerbrechen konnte. „Also, weiter im Text: Sie kamen mit Dr. Lam auf die Krankenstation ... Mh, ich bin so um halb zehn gekommen und habe mich sofort dort gemeldet. Da war Lam gerade auf dem Sprung zu Ihnen.“
Die Antikerin nickte wieder. „Ich bin noch etwas bei Ihnen geblieben, bis das Mittel wirkte“, fügte sie hinzu.
Babbis sah sie etwas hilflos an. Er hatte keine wirkliche Erinnerung mehr daran, wie lange sie bei ihm geblieben war oder nicht. Er wußte erst wieder weiter, als er kurz zu sich gekommen war, um in das CT zu klettern.
„Es mag ungefähr zehn gewesen sein, als ich losging. General Landry hatte mich ausrufen lassen“, fuhr Vashtu fort. „Er wollte, daß ich die Berichte des Drill-Sergeants und meine eigenen Beobachtungen des Teams zusammenfasse zu einer Bewertung. Ihre ist übrigens gar nicht so übel, Doc. Sie haben sich ganz gut geschlagen. Nur an Ihrer Hysterie müssen wir noch etwas arbeiten.“
„Wann sind Sie zurück in Ihr Büro gegangen?“ Babbis ließ sich jetzt nicht mehr ablenken. Er hielt sich mit einer Hand die Schläfe und schnippte mit der anderen nervös.
Vashtu runzelte unwillig die Stirn. „Das muß kurz nach elf gewesen sein. Da traf ich dann Dorn. Und dann ...“ Sie seufzte mit schuldbewußter Miene.
„Der Sergeant?“ Babbis blickte auf. „Und dann ist etwas passiert?“
Vashtu nagte wieder an ihrer Unterlippe. „Er hat mich angegriffen“, antwortete sie nachdenklich und zog die Schultern hoch. „Erst habe ich es mir gefallen lassen. Aber dann ... äh, ging es mir zu weit. Er hat mich offensichtlich mit jemandem verwechselt.“
Babbis starrte sie groß an.
„Er ist unverletzt. Naja, vielleicht eine Beule an der Stirn.“ Wieder dieser schuldbewußte Blick.
Babbis seufzte. „War er von Anfang an ... wahnsinnig?“
Die Antikerin schüttelte den Kopf. „Nein, erst unterhielten wir uns. Wir sprachen darüber, daß ich Landry eine Beurteilung geben sollte. Ich wollte, daß er sich sein Ergebnis ansieht. Als er es in der Hand hatte, drehte er plötzlich durch.“
Babbis nickte, klopfte jetzt mit den Fingern auf seinem Oberschenkel herum.
Vashtu sandte ihm einen entnervten Blick. „Und?“
Babbis' Blick glitt ins Leere. „Also spätestens nach elf Uhr heute vormittag drehte ganze Cheyenne-Mountain plötzlich durch. Die Frage ist immer noch warum. Und, wie können wir das herausfinden?“ Er sah sie wieder an. „Und warum ausgerechnet wir beide nicht betroffen sind.“
Vashtu sah ihn skeptisch an. Dann hob sie das Kinn, in ihren Augen leuchtete Begreifen. Einhellig wandten beide sich wieder dem bewußtlosen Wissenschaftler zu.

***

„Streichen Sie den Abstrich auf den Träger.“ Vashtu hielt Babbis einen Q-Tip hin, griff sich das Klebeband.
„Was wollen Sie dem armen Kerl denn noch antun?“
Unwillig schüttelte sie den Kopf, riß ein kleines Stück von dem Klebeband ab und betupfte damit kurz den Laborkittel des Bewußtlosen. Das hatte sie im Fernsehen gesehen, in irgendeiner dieser Serien, die sie meist bei ihren Internetsitzungen nebenher laufen ließ. Gut, da hatte man durchsichtiges Klebeband benutzt, aber leider hatte sie solches gerade nicht zur Hand.
„Sie haben hier nicht irgendwo eine Spritze gefunden, oder?“ Hoffnungsvoll drehte sie sich um.
Babbis starrte sie entgeistert an. „Eine Spritze? Wozu das denn?“
„Um ihm Blut abzunehmen.“ Vashtu tastete über ihre Kleidung. Dumm, ihre Überlebensweste hatte sie in ihrem Büro gelassen. Aber fand sich nicht auch ... Das Namensschild!
Eifrig machte sie sich daran, die Metallklammer zu lösen.
„Ich brauche noch einen Objektträger!“
Sie rollte den Bewußtlosen, und inzwischen gefesselten, Mann auf die Seite und stach mit der Nadel des Namensschildes in seinen Finger. Dann nahm sie Babbis den Objektträger ab und strich vorsichtig einen Tropfen Blut darauf.
„Okay, das ist jetzt alles, was wir tun können.“ Sie drehte sich um. „Es sei denn, Sie legen Wert darauf, auch noch Urin und Kot zu untersuchen.“
„Das wird nicht nötig sein.“ Babbis wandte sich mit bleichem Gesicht ab und ging zurück zu dem zweiten, kleineren Schreibtisch.
Vashtu folgte ihm mit ihrer letzten Trophäe, um sie zu präparieren.
„Und was machen wir, wenn er zu sich kommt?“ fragte Babbis.
„Nichts.“ Vashtu zuckte mit den Schultern und beugte sich über das Mikroskop, den Objektträger mit dem Blutstropfen unter der Linse.
„Sehen Sie etwas?“
Sie verschob die Linse auf eine höhere Stärke und sah stirnrunzelnd in das Gerät hinein. „Wenn es ein Virus ist, wird er wahrscheinlich zu klein sein, um ihn mit diesem antiquierten Ding sehen zu können“, murmelte sie und schüttelte enttäuscht den Kopf. „Nichts zu finden. Geben Sie das nächste her ... den Abstrich.“
Geschickt löste sie den ersten Objektträger, legte ihn beiseite und nahm sich einen neuen.
„Sie machen das nicht zum ersten Mal“, stellte Babbis fest.
Konzentriert nickte sie. „Ich habe in meiner Zeit sehr viel mit Geräten gearbeitet, deren Sinn und Zweck dem eines Mikroskops entspricht“, antwortete sie, beugte sich noch tiefer, als wolle sie sich das Auge ausstechen und drehte an der Schärfe der Einstellung herum. Dann hob sie stutzend den Kopf und runzelte die Stirn.
„Versuchen Sie es einmal“, sagte sie dann und trat beiseite. Mit einem neuen Q-Tip bewaffnet näherte sie sich wieder ihrem Testobjekt.
„Das sind Pollen“, sagte Babbis hinter ihr. „Wo kommen die denn her? Wir haben hier doch Luftaustauschfilter von draußen.“
Vorsichtig bohrte Vashtu den Q-Tip in eines der Nasenlöcher des Wissenschaftlers, drehte ihn über die Schleimhaut und zog ihn wieder heraus. „Gute Frage“, murmelte sie dabei und kehrte zum Tisch zurück, um einen neuen Objektträger zu präparieren. Dann hielt sie ihn Babbis hin. „Überprüfen!“
Der nickte, legte ihn ein und beugte sich wieder über die Linse. „Eindeutig. Pollen. Aber woher kommen die?“
Vashtu runzelte die Stirn und rieb darüber. Kurz war es ihr gewesen, als zucke ein Schmerz durch ihre Brauen. „Keine Ahnung. Von außen jedenfalls nicht. Nicht in dieser Menge.“
Sie fühlte Babbis' forschenden Blick auf sich und sah auf. „Was?“
„Fühlen Sie sich gut?“
Sie nickte. „Wird schon gehen. Als nächstes sollten wir ...“
„Als nächstes sollten wir beide uns testen, ob wir auch diese Pollen in uns tragen. Dann hätten wir zumindest eine Antwort auf die dringendste Frage“, fiel Babbis ihr ins Wort und hielt ihr einen Q-Tip hin.
„Ich soll ... ?“
„Ich auch.“
Ein skeptischer Blick von ihr, doch schließlich griff sie nach dem Wattestäbchen und steckte es sich in die Nase, rieb es dann auf einen Objektträger und hielt diesen Babbis hin, der das gleiche getan hatte.
„Oho!“ murmelte der junge Wissenschaftler, als er sich über seine Probe gebeugt hatte. „Mist! Ich auch!“
Vashtu atmete tief ein. „Okay, und warum wirkt es bei Ihnen dann nicht?“
„Gute Frage.“ Babbis schob ihre Probe unter die Linse und beugte sich wieder darüber. „Scheiße!“ entfuhr es ihm.
Vashtu war sofort alarmiert. „Was ist los?“
Babbis sah auf, starrte sie an. „Okay, bleiben Sie ruhig, ja? Das hat noch gar nichts zu sagen.“
„Was ist los, Doc?“ wiederholte sie, schob ihn dann unwirsch an die Seite und beugte sich ihrerseits über die Linse. Schluckend sah sie wieder auf.
„Dorn würde sagen, das ist übel“, versuchte Babbis sich an einem Scherz.
Vashtu runzelte die Stirn. „Aber ... Wie kann das sein? Ich habe wesentlich mehr Pollen in meinen Nasenschleimhäuten als Sie, aber bemerke davon nichts. Wie ... ?“ Wieder ein kurzes Stechen. Sie senkte unbewußt den Kopf und kniff die Augen zusammen.
Schon wieder dieses nervtötende Fingerschnippen. Als sie aufblickte, sah sie, wie Babbis ziellos den Raum abmaß.
„Wie kann es sein, daß ich nichts bemerke, aber die Pollen, die doch wohl für dieses Chaos verantwortlich sind, in mir trage?“ Ihr Blick glitt ziellos hin und her. „Wir brauchen eine Bestätigung.“
„Ihr Gehirn!“ Abschließendes Fingerschnippen. Triumphierend drehte Babbis sich wieder zu ihr um und grinste sie an. „In Ihrem Gehirn sind mehr Teile aktiv als in unserem. Wahrscheinlich braucht die Substanz länger, ehe Sie Halluzinationen bekommen.“
Vashtu kreuzte die Arme vor der Brust und sah ihn kalt an. „Sie machen uns beiden gerade richtig Mut, Doc, wissen Sie das? Wenn ich auch noch ausfalle, bleiben Sie allein übrig. Und Sie stehen unter Drogen. Außerdem wissen wir noch nicht, ob diese Pollen etwas damit zu tun haben. Wir brauchen weitergehende Tests.“
Babbis sah sich in dem Labor um. „Und wie wollen Sie sonst erklären, was hier vor sich geht?“
„Das ist zu einfach!“
„Sagt die Frau, die mit einem Skateboard zur Arbeit kommt.“
„Das hat nichts hiermit zu tun, Babbis.“
„Hat es vielleicht doch. Wenn wir nachweisen können, daß diese Pollen Hallozinogene in sich tragen, haben wir den Beweis.“
„Schön, wir haben dann aber immer noch nicht geklärt, woher sie stammen.“
„Von außen jedenfalls nicht. Das heißt, sie müssen durch das Stargate gekommen sein. Und das bedeutet ...“ Babbis schloß den Mund und sah sie groß an.
Vashtu nickte. „Ganz genau. Ich bin mit keiner außerirdischen Pflanze in Berührung gekommen. Und ich bin auch nicht durch das Gate gegangen. Streichen Sie Ihre Theorie.“
„Wir sollten weiter testen. Wir haben die Pollen.“
Vashtu seufzte. „Und weiter? Wie sollen wir die Luft hier austauschen, ohne alle umzubringen? Und das auch noch in relativ kurzer Zeit, falls ich auch noch wegtreten sollte?“
Ein kühler Luftzug streifte sie in diesem Moment und ließ sie nach oben blicken.
„Die Lüftung!“

***

„Es sind Hallozinogene.“ Babbis seufzte. „Noch dazu wohl ziemlich üble.“ Er sah auf und musterte die Antikerin, die brütend, die Beine angezogen, auf dem Schreibtisch saß und vor sich hinstarrte. „Tut mir leid, aber soweit ich mich auskenne, und Chemie ist nun wirklich nicht mein Spezialgebiet, ist das wirklich ziemlich übel. Das einzig gute ist, sobald die Pollen vom Körper abgebaut worden sind, lassen auch die Halluzinationen nach.“
Vashtu rührte sich nicht, starrte weiter vor sich hin.
„Hören Sie mir eigentlich zu? Miss Uruhk?“ Babbis trat um den Tisch herum, auf dem er seine Experimente durchgeführt hatte, und stellte sich vor ihr auf, versuchte ihren Blick einzufangen.
Plötzlich blickte sie auf, sah ihn an. Ihre Augen weiteten sich und sie sprach etwas in einer fremden Sprache.
„Auch das noch!“ seufzte der junge Mann, packte die Frau bei den Schultern und schüttelte sie. „Hallo! Ich brauche Sie jetzt hier, Miss Uruhk! Reißen Sie sich zusammen!“
„Enkil?“ Sie blinzelte, ihr Blick klärte sich wieder. Stutzend sah sie ihn an. „Babbis!“
„Genau der. Und ich könnte Ihre Hilfe gebrauchen.“
Die Antikerin blinzelte, wandte dann ihre Aufmerksamkeit dem Tisch zu. Sie schien ihn gar nicht mehr wahrzunehmen, streckte die Beine aus und sprang elegant von ihrer Sitzgelegenheit herunter, um sich die Ergebnisse anzusehen. „Violett, ist das schlecht?“ Fragend sah sie auf.
Babbis nickte. „Ganz genau, es ist schlecht. In den Pollen sind Halluzinogene, ziemlich üble sogar.“
Vashtu atmete tief ein. Ihr Gesicht war ernst. „Okay, es ist schlecht. Und was können wir jetzt tun?“
„Gute Frage. Wir müssen die Quelle der Pollen finden und ausschalten, und wir müssen verhindern, daß die Pollen weiter durch die Luft schwirren.“
Vashtu kreuzte die Arme wieder vor der Brust und nickte, nachdenklich an ihrer Unterlippe knabbernd.
Babbis rieb sich wieder die Schläfe. „Das Schmerzmittel läßt, glaube ich, langsam nach. Wie spät haben wir es?“
Kurz blickte die Antikerin auf ihre Armbanduhr. „Halb sechs am Abend. Bald dürfte es auffallen, daß die Tagesschicht nicht nach Hause kommt.“
Babbis nickte, sah auf den Computer, der immer noch unschuldig auf dem Schreibtisch stand. „Okay, dann sehen wir doch nach, ob wir dadrin nicht was finden.“
„Die Daten sind doch im Hauptrechner“, wandte Vashtu ein.
Babbis schüttelte unwillig den Kopf und tastete heftig. Dann trat er vom Bildschirm zurück und las angestrengt.
„Können Sie schlecht sehen?“ Vashtu war seine merkwürdige Haltung aufgefallen.
„Geht schon. Liegt wahrscheinlich an der Migräne.“ Babbis konzentrierte sich wieder auf den Bildschirm. „Moment ... Ein Team kam gestern zurück. Wenn wir bedenken, daß diese Seuche heute ausgebrochen ist ...“
„Es ist keine Seuche, Doc.“
„Jaja, das, was auch immer, heute ausgebrochen ist, kann das eigentlich nur eines bedeuten ...“
„Wieso haben Sie von hieraus Zugriff auf SG-Daten?“
Babbis schüttelte ungeduldig den Kopf. „SG-15. Sagt Ihnen das was?“
Vashtu hob abrupt den Kopf, ihre Augen weiteten sich wieder. „Oh ja, das sagt mir allerdings viel. Haben sie etwas mitgebracht?“
„Steht hier nicht. Sie haben Kontakt zu den Frandern gesucht, wer auch immer das ist.“
Vashtu stöhnte auf. „Doch nicht diese Blumenkin...“ Sie schloß den Mund.
Babbis fuhr herum und sah sie mißtrauisch an. „Was?“
„Oh nein!“ Vashtu beugte sich über den Tisch und ließ den Kopf sinken. „Oh, bitte, nein! So dämlich kann doch selbst Collins nicht sein!“
„Was?“
Sie neigte leicht den Kopf, schüttelte ihn dann. „Die Frandern sind ein kleines Volk, das überaus glücklich auf seinem kleinen, niedlichen Planeten lebt. Wir hatten Erstkontakt während meiner Zeit in SG-15“, begann sie zu berichten, hielt den Kopf weiter gesenkt. „Leomar, der Anführer, zeigte mir ein Gerät, ein Gerät meines Volkes. Einen Bestäuber, um genau zu sein. Dieses Gerät beten die Frandern an und fühlen sich glücklich, wenn sie in seine Nähe kommen. Ich bin damals nicht zu nahe heran gegangen, weil ich nicht wußte, womit es gefüllt war.“
„Einen Bestäuber?“
Etwas hilflos blickte sie auf. „Y2M-772 war früher wohl ein Wüstenplanet, hatte aber eine angenehme Atmosphäre. Grund genug für mein Volk, da ein bißchen nachzuhelfen. Ein Bestäuber bläßt Pollen und Samen in die Luft, damit sie sich auf natürlichem Wege verteilen können. Eigentlich Pollen und Samen, die auf anderen Planeten gesammelt wurden. Aber wenn ein Gerät so lange eingeschaltet ist wie dieses, saugt es sich die notwendigen Bestandteile aus der Luft und ...“
„Bläst sie konzentriert wieder aus. Das Ding pimpt die Samen auf, richtig?“
Die Antikerin nickte.
Babbis seufzte, drehte sich wieder zum Bildschirm um.
Terraforming, na toll! Was hatte diese Antikerin noch alles zu bieten? Was konnte sie eigentlich nicht? Schon wieder fühlte er sich hilflos ihrem Wissen gegenüber. Schon wieder ließ sie ihn ... dumm aussehen.
Aber ...
„Enkil?“
Wieder drehte er sich zu ihr um und sah sie stirnrunzelnd an. „Was haben Sie eigentlich mit dieser Sagengestalt?“ fragte er unwirsch.
Wieder ein Blinzeln, gefolgt von einem leichten Kopfschütteln. „Ich fürchte, bei mir geht es jetzt auch los, Babbis. Was auch immer Sie vorhaben, wir sollten es schnell tun.“

TBC ...

2 Kommentare:

  1. aaaha interessant.
    Das gesamte sgc ist also wegen irgendwelcher pollen die das mitgebrachte gerät abgiebt naja...sagen wir mal verrückt geworden.
    verdammt und vashtu scheint langsam auch die wirkung zu spüren, also ist sie doch nciht immun dagegen...blööd.
    aber babbis!? wirkt das nicht weil er mit beruhigungsmittel voll gepumpt wurde? oder schmerzmittel, wie auch immer.
    hm...die wirkung müsste aber ja auch so langsam abnehmen, dann wollen wir mal hoffen, dass er nicht auch bald durchdreht.
    in babbis steckt ja doch ganz schön was drin :) gar nciht so doof der kerl ^^
    aber die sache mit dem skateboard :D genial!!!
    so ich mach mich mal daran das nächste kapitel zu lesen, denn ich will jetzt unbedingt wissen wie das ausgeht
    LG Sabrina

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  2. Ja, Babbis ist nicht so doof wie er aussieht *lach*, er ist nur eben schwierig. Und du hast recht, er ist *noch nicht* beeinträchtigt, weil er eben ein starkes Schmerzmittel bekommen hat.
    Jaaa, das Skateboard! Vashtus Ein und Alles. Als ich die Figur erfand war das mit dem Skateboard einfach da. Für mich wars einfach logisch, daß sie eben das einfachst Mittel versucht, um zum Dienst zu kommen. Transporter gibts nicht, Puddlejumper auch nicht, also ... skaten (übrigens, das wird später mal erwähnt, hat sie sich den Umgang mit einem Skateboard auf Atlantis beigebracht - mit Johns Brett).

    Gerade noch halbtot und eigentlich nur kurz noch was hatte nachsehen wollen, jetzt sitze ich hier mit einem breiten Grinsen im Gesicht und freu mich tierisch über deine Kommentare. Vielen Dank dafür!

    Bis denne
    Ramona

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