03.05.2010

Erdgebunden V

"Mrs. Babbis ist sehr schwach und verliert immer wieder das Bewußtsein", erläuterte der zuständige Arzt mit leiser Stimme. „Es wird nicht mehr allzu dauern. Sie steht deshalb unter starken Schmerzmitteln, meine Herren. Dadurch dämmert sie immer wieder weg."
Storm nickte und atmete tief ein. „Möglicherweise aber besitzt sie doch Wissen über diese Angelegenheit", wandte er ein. „Wir müssen mit ihr sprechen, Doc."
Der Arzt nickte mitfühlend. „Schlimm, ich weiß. Sie hat noch keine Ahnung, was geschehen ist. Sie hat es bisher nicht einmal realisiert, daß sie noch keinen Besuch hatte. Dr. Babbis hat die letzten Tage so gut wie hier verbracht. Er hängt offensichtlich an ihr. Aber daß er zu soetwas fähig ist ..."
"Das wissen wir noch nicht", warf Hernan ein. „Im Moment gehen wir von einigen anderen Szenarien aus." Er wechselte mit Storm einen Blick. „Sagt Ihnen der Name Stephen Coin vielleicht etwas?"
Der Arzt runzelte die Stirn. „Stephen? Natürlich. Er war früher Aushilfspfleger, bis man ihn erwischt hat ... Er hat die Krankenhausapotheke geplündert. Schlimme Sache, wirklich." Er nickte sinnend. „Dabei war er bei den Patienten sehr beliebt."
"Haben Sie ihn in den letzten Jahren noch einmal getroffen?" bohrte Hernan weiter.
"Nein, ich glaube nicht." Der Arzt schüttelte den Kopf, wandte sich dann wieder an Storm: „Die Unterlagen sind übrigens eingetroffen. Mrs. Babbis wird noch heute verlegt. Ich hoffe wirklich, daß man ihr die letzten Tage im Eveins Army etwas angenehmer gestalten kann."
Storm lächelte gequält. „Das hoffen wir auch, Doc. Können wir dann zu ihr?"
"Natürlich. Aber strengen Sie sie bitte nicht an." Der Arzt trat einen Schritt zur Seite und gab die Tür frei. „Und ... wir wissen nicht, wie sie auf diese Nachricht reagieren wird. Vielleicht ..."
"Wir werden uns so allgemein wie möglich halten, Doc, keine Sorge", sagte Storm. „Wir verraten ihr nichts." Damit griff er nach der Klinke und drückte sie nach unten.
"Daniel!" entfuhr es dem Arzt, gerade als Storm den Raum betreten wollte.
"Was?" Hernan und der MP wechselten wieder einen Blick.
Der Arzt nickte. „Daniel Coin, der Zwillingsbruder von Stephen, der arbeitet hier seit etwa einem Jahr. Vielleicht hat er Kontakt. Ich werde sehen, ob er gerade im Haus ist."
Die beiden Ermittler wechselten einen langen Blick, sahen dann dem Arzt nach, der zum Schwesternzimmer unterwegs war.
"Daniel?" echote Storm endlich.
"Wir haben ihn! Stephen Coin ist ein Einzelkind." Hernan lächelte siegessicher, folgte dem MP dann in den Raum hinein.

***

"Ich soll was?" Peter starrte den Polizisten auf der anderen Seite des Tisches groß an. Dann schüttelte er den Kopf. „Ich bestehe auf meinem Rechtsbeistand! Ehe mein Anwalt nicht hier ist, werde ich nichts mehr sagen." Demonstrativ kreuzte er die Arme vor der Brust.
"Machen Sie es sich selbst doch nicht so schwer, Doc." Detective Vinge lehnte sich zurück. „Die Beweise sprechen eine ganz eindeutige Sprache. Sie waren es, also können Sie auch gleich gestehen."
"Ich gestehe gar nichts, weil ich es nicht war!" Peter klopfte ungeduldig mit einem Finger auf die Tischkante. „Ich habe geschlafen, verdammt!"
"Während genau im Stockwerk unter Ihnen Ihr Vater bestialisch abgeschlachtet wurde? Hat er geschrien?" Ein ironisches Lächeln erschien auf Vinges Gesicht.
Peter war dieser Polizist noch weniger sympatisch als Hernan. Der war damals recht schnell mundtot gemacht worden durch Storms Auftauchen. Doch hier und jetzt durfte der MP nicht so offen eingreifen wie seinerzeit bei dem fingierten Banküberfall. Zwar hatte er, so hatte er dem jungen Wissenschaftler versichert, alles in seiner Macht stehende getan, aber einen Mordfall, der nicht im direkten Zusammenhang mit dem SGC stand, durfte er nicht an sich reißen, noch dazu in einem anderen Staat.
Vinge zog jetzt einen Umschlag aus seiner Jackettasche und warf ihn auf den Tisch. „Haben ein hübsches Schlachtfest veranstaltet, Doc, das muß ich Ihnen lassen. Aber als Mediziner ..."
"Ich bin kein Mediziner! Das ist mein Bruder, verdammt!" Peter erschauderte, kreuzte wieder die Arme vor der Brust, um nicht doch den Umschlag zu nehmen. Er wußte, was ihn darin erwarten würde, und sowohl Storm als auch Hernan hatten ihn gewarnt, sich Tatortfotos anzusehen.
"Aber Sie sind doch auch Doktor." Vinge grinste überlegen.
"Doktor der Mathematik und der Astrophysik. Hat beides nicht sehr viel mit Medizin zu tun, Detective", entgegnete Peter.
Vinge beugte sich vor. „Ein Genie wie Sie und hat nicht mal in die Anatomie-Bücher des Bruders reingesehen? Kommen Sie, das ist doch spannend, oder? Da faßten Sie den Plan, diesen Klotz von Vater umzubringen. Waren Sie es allein? Oder kam Ihr Bruder auch noch kurz vorbei, mh?"
"Meines Wissens ist David irgendwo in Afrika. Der kommt nicht mal kurz vorbei, Detective."
Die Tür öffnete sich, beide sahen erstaunt auf, Peter erleichterte.
Elliott nahm am Tisch Platz, wischte den Umschlag mit den Fotos zur Seite. „Detective Vinge, ich muß schon sagen ..." Der Anwalt sah den Polizisten tadelnd an. „Sie hätten auf mich warten sollen, ehe Sie mit dem Verhör beginnen."
Vinge grinste. „Wir haben uns auch so ganz gut unterhalten, nicht wahr, Doc?" Er nahm den Umschlag, öffnete ihn und schüttelte die Fotos auf den Tisch.
Peter bekam große Augen und schluckte hart. Auch wenn er nicht mehr allzu deutlich sah in den letzten Wochen, die Farbe Rot erkannte er noch immer.
"Sehen Sie sich das nicht an, Doktor", wandte Elliott sich an ihn.
Doch es war zu spät - er hatte bereits zuviel gesehen.
Würgend wandte Peter sich ab.
"Fangen wir doch noch einmal von vorn an, Doc." Vinge beugte sich vor und tippte mit einem Finger auf die Fotos. „Was ist in dieser Nacht geschehen?"
Peter schüttelte hilflos den Kopf. „Ich habe geschlafen!"
Elliott legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm, schwieg aber.
"Natürlich! Während im Stockwerk unter Ihnen Ihr Vater geschlachtet wurde. Kommen Sie, Doc, das glauben Sie doch selbst nicht!"
Wieder schüttelte er den Kopf. „Ich war in diesem Coffee-Shop, nachdem ich aus dem Krankenhaus gekommen bin", begann er zu berichten. „Dort traf ich einen alten Klassenkameraden. Stephen! Ich mußte kurz austreten, als ich zurückkam, war er gegangen, hatte mir aber noch einen neuen Kaffee bestellt. Der schmeckt eigenartig und ich wurde fast sofort müde. Danach ... Ich habe mir ein Taxi gerufen und bin nach Hause gefahren. Mehr weiß ich nicht, verdammt!"
Elliott hatte aufgehorcht. „Stephen? Stephen Coin?" fragte er plötzlich in die Stille hinein.
Peter blinzelte, nickte dann aber. „Ich habe mich auch gewundert. Unser letztes Zusammentreffen war alles andere als glücklich. Ich dachte eher, er würde mir aus dem Weg gehen. Aber er kam in diesen Laden und setzte sich direkt zu mir."
"Coin?" Vinge runzelte nachdenklich die Stirn.
Elliott warf ihm einen langen Blick zu.

***

"Peter mag ein schwieriger Charakter sein, aber er wäre nicht fähig, irgendjemandem auch nur ein Haar zu krümmen." Mrs. Babbis lächelte versonnen, schüttelte dann den Kopf. „Nein, ist er nicht. Er ist so stolz auf seine Arbeit für das Militär. Natürlich hätte er auch hier studieren können. Aber ... Mein Mann ist da etwas stolz. Er wollte, daß zumindest einer seiner Söhne das gleiche wie er studiert."
"Verstehe." Storm nickte und sah die blinde Frau in dem Bett vor sich mitfühlend an.
Der Tod stand ihr wirklich schon ins Gesicht geschrieben. Ihre Züge wirkten ausgezerrt, ihre Bewegungen fahrig und auch irgendwie leer.
"Werden Sie hier gut versorgt, Mrs. Babbis?" erkundigte Hernan sich. Der Ex-Polizist stand auf der anderen Seite des Bettes, etwa in der gleichen Haltung wie Storm.
"Ich bin zufrieden. Mein Mann hat da einen gewissen Ruf, wissen Sie? Es traut sich so recht niemand an mich heran ... bis auf Daniel." Mrs. Babbis wurde ernst.
Storm und Hernan wechselten einen Blick.
"Daniel?" echote der MP schließlich.
"Einer der Pfleger. Er kommt immer sehr spät abends. Die letzten Male war er auch schon immer bei mir."
Die beiden Ermittler sahen sich alarmiert an.
"Und was will er?" fragte Hernan schließlich.
"Er gibt mir immer eine Spritze. Wissen Sie, er kennt Peter von irgendwoher. Aber, wie die meisten, mag er ihn nicht sonderlich. Ich denke, Peter hat ein bißchen zuviel von seinem Vater geerbt."
"Kann man so sagen ..." murmelte Storm stirnrunzelnd. „Mrs. Babbis, ging es Ihnen nach diesen Injektionen besser oder schlechter?"
"Ich habe geschlafen danach. Unruhig zwar, aber ... Stimmt etwas nicht?" Stirnrunzelnd wandte sie den Kopf in seine Richtung.
"Ihr Sohn hat veranlaßt, daß Sie verlegt werden, Mam", wechselte Hernan das Thema. „Eine Maschine ist bereits auf dem Weg hierher. Bald wird es Ihnen bestimmt besser gehen."
"Ich liege im Sterben, Mr. Hernan", entgegnete sie. „Ich weiß sehr wohl, was mit mir nicht stimmt, meine Herren. Dumm bin ich nicht."
"Das hat auch niemand behauptet." Storm schüttelte den Kopf und sah Hernan warnend an.
Der nickte nur stumm.
"Ich frage mich nur, warum alle so ... mitfühlend sind zu mir seit ... ist es seit gestern? Ich komme manchmal mit den Tagen durcheinander, wissen Sie?" Sie lächelte entschuldigend.
"Das ist vollkommen in Ordnung, Mrs. Babbis. Man macht sich Sorgen Ihretwegen."
Sie seufzte. „Dabei braucht man das doch nicht. Ich glaube an Gott und die Engel, wissen Sie? Auch wenn ich sicher nicht fehlerlos bin, so habe ich doch die Hoffnung, daß mir die Tür zum Paradies offenstehen wird."
"Sicher wird sie das, Mam." Storm nickte überzeugt.
Ihre Augen fielen ihr zu.
"Wir müssen jetzt gehen, Mam. Es tut uns leid, sollten wir Sie angestrengt haben." Storm verbiß sich den Rest und gab seinem Kollegen ein stummes Zeichen. Der nickte.
Gemeinsam verließen sie das Krankenzimmer wieder.
"Was jetzt?" begann Hernan. „Wenn Coin auch noch irgendeine Schweinerei mit ihr vorhat ..."
"Die hat er bereits durchgezogen, glaub mir." Storm stützte die Hände auf die Hüften und sah sich sehr genau im Gang um. „Allerdings ... wenn er wirklich jeden Abend kommt, sollten wir sehen, daß sie heute nicht mehr verlegt wird. Wir legen uns auf die Lauer und schnappen uns den Kerl und zeigen diesem Vinge, daß er vollkommen auf dem Holzweg ist."
Hernan neigte den Kopf leicht. „Hälst du das für eine gute Idee? Wir sind hier nicht die Staatsgewalt."
"Du schon, ich nicht." Storm grinste. „Aber Sie werden mir doch sicher die Autorisation geben, oder, Agent Hernan?"
Einen Moment blinzelte der nur verständnislos, dann breitete sich auch auf sein Gesicht ein Grinsen aus. „Schnappen wir ihn uns, Jeff!"

TBC ...

2 Kommentare:

  1. HI!
    So ich melde mich jetzt auch wieder. War in den letzen Tagen nicht in der Lage etwas vernünftiges zu schreiben :D
    Aber jetzt habe ich auch meine mündliche Prüfung überstanden. Zwar nur 7 Punkte, aber ich bin einigermaßen zufrieden.

    Ahh die haben einen Verdächtigen und der arbeitet auch noch im Krankenhaus!
    Das klingt doch schon einmal nicht so schlecht, jetzt muss aber der Detektive auch noch von Babbis Unschuld überzeugt werden!
    Ach ja...und, dass dürfte vielleicht das größere Problem werden...die müssen den Anderen ja auch noch irgendwie kriegen.
    Er scheint ja bisher immer recht erfolgreich vor den Strafen davon gelaufen zu sein.
    Ob er wohl tatsächlich die Mutter von Peter noch zusätzlich geschwächt hat?
    Naja sie wird ja bald verlegt und dort können die ja hoffentlich noch mehr für sie tun =)

    Vashtu ist aber auch so eine...will einfach abhauen, weil SIE beschlossen hat, dass sie jetzt alles notwendige erzählt hat :D
    Das war doch garantiert nur ein Bruchteil vom Ganzen.
    Aber Mensch...da war sie ja noch ganz schön jung, als das alles passiert ist :-O
    Dann ist sie in den 10.000 Jahren ja doch noch etwas gealtert ^^ oder sieht sie noch immer wie 25 aus!?
    Aber bald hat sie ja zumindest ihren Kristall wieder ^^
    Ich hoffe mal, dass sie nach Landrys Order nicht erst noch wieder auf stuhr stellt ;)

    So das waren jetzt mal beide Reviews in einem ^^
    LG Sabrina

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  2. 7 von wievielen? Hört sich doch eigentlich gar nicht soo schlimm an. Auf jeden Fall freut es mich, daß dus jetzt hinter dir hast. Ruh dich ein bißchen aus und entspanne. Hast ja jetzt hoffentlich ein bißchen Zeit für, oder?

    Ja, einen Verdächtigen haben die beiden Super-Ermittler, die Verhaftung könnte vielleicht noch ein bißchen kitzlig werden, andererseits - hey, das sind SGC-ler, die schaffen das *zwinker* - oder muß wirklich noch Vashtu dazukommen und "aufräumen"? Wer weiß ...
    Das allerdings kann ich verraten, ja, Coin hat Mrs. Babbis zusätzlich geschwächt. Hab kein Mittel angegeben, aber er hat versucht, auch sie zu töten.

    Wie alt Vashtu aussieht? Puh, ca. wie 35 ... an irgendeiner Stelle in irgendeiner Story hatte ich das mal eingebaut, daß sie in den 10.000 Jahren um ca. 10 Jahre gealtert ist. So ganz ohne wollte ich sie nun doch nicht auf die Menschheit loslassen, hätte ich irgendwie als falsch empfunden, wenn alle um sie herum alt werden und sie da immer noch rumspringt - sind ja nicht bei Highlander hier *grusel*. Wobei, Vashtu mit Schwert und "es kann nur eine geben" ... irgendwie hätte das schon was *lach*.
    Tja, ob Landrys Befehl wirklich was bringt und ob sich die Situation zwischen ihr und Mackenzie nach dieser Beinahe-Selbstentlassung ändert ... werden wir sehen.

    Dank dir für das Comment!

    Bis denne
    Ramona

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