21.06.2010

Das Angesicht des Feindes 3/4 IV

Dr. Anne Stross zögerte vielleicht eine halbe Sekunde, dann nickte sie Markham zu und folgte den beiden Eindringlingen hinaus in das Lager.
"Die lügen doch, oder?" Die Stimme des jungen Soldaten zitterte ein wenig.
Anne neigte abwägend den Kopf. Wenn sie in den letzten zwei Jahren als Assistentin von Dr. Elizabeth Weir eines gelernt hatte, dann das, nämlich ihrem Instinkt zu folgen. Und der teilte ihr gerade sehr vehement mit, daß sie die beiden Eindringlinge auf keinen Fall aus den Augen lassen sollte. Vor allem diese Majorin nicht, auf keinen Fall sie! Im Gegenteil sollte sie alles tun, um sich an sie zu hängen.
Und vielleicht hatte dieser Instinkt recht, wenn er ihr sagte, daß sie in Vashtu Uruhk die Lösung ihrer Probleme gefunden hatte. Auf jeden Fall, ob nun Lantianerin oder nicht - und nach ihrem kurzem Wortwechsel hatte sie eigentlich keinerlei Zweifel an der Echtheit der Aussage von diesem Babbis - etwas an dieser Frau war eigenartig, und das lag bestimmt nicht nur an der Art, wie sie Autorität und Wissen ausstrahlte.
Eine eigenartige Frau, wirklich. Im ersten Moment hatte sie geglaubt, eine Inderin vor sich zu haben, doch dazu paßte diese eigentümlich blaße Haut nicht so ganz. Die Gestalt war schlank, richtig propotioniert, soweit sie das feststellen konnte. Und dennoch schien da etwas in dieser Vashtu Uruhk zu lauern, das nicht immer sofort herausgelassen wurde. Ihre Augen ... Diese dunklen Augen waren anders. Etwas an dem Blick hatte Anne beeindruckt. Diese Entschlossenheit, dieser Kampfgeist. All das schien irgendwie zu dieser Frau zu passen, ebenso wie das tintenschwarze, kurze Haar, das wirr nach allen Seiten abstand und ihr etwas Spitzbübisches verlieh. Die Art ihrer Bewegungen ließ die Kämpferin in ihrem Inneren erahnen, auch wenn sie eigentlich gar nicht über soviel Kraft verfügen durfte.
"Dr. Stross?" Markham klang allmählich wirklich etwas verzweifelt.
Der Major und Dr. Babbis waren in den Generatorraum eingedrungen, standen jetzt über die Energieversorgung gebeugt und schienen leise zu diskutieren.
Anne war in der Tür stehengeblieben, Markham noch immer an ihrer Seite. Stirnrunzelnd beobachtete sie dieses ungleiche Paar.
Sie waren offensichtlich aufeinander eingespielt. Zwar benutzten sie noch Worte, doch es schienen nicht mehr als einige Brocken zu sein, in der Schnelligkeit, in der sie sie wechselten. In die Augen des Majors trat ein neuer Glanz.
Seit wann arbeitete das Militär mit Wissenschaftlern zusammen? Und, vor allem, als ein so eingespieltes Team wie es diese beiden zu sein schienen? Das kannte Anne vollkommen anders, und im Moment beneidete sie diesen Babbis um die Kommunikation, die er mit dem Major aufgebaut hatte.
Vashtu Uruhk drehte sich mit einem Ruck zu ihr herum. In ihren Augen loderte ein Feuer. „Atlantis wurde aufgelöst, sagten Sie?" fragte sie.
Anne richtete sich gerade auf, dann nickte sie.
"Haben Sie hier irgendwo Naquadah-Generatoren in der Nähe?" bohrte die vermeintliche Antikerin weiter.
"In den Kisten neben den Jumpern", antwortete Anne.
Diese, so eigenartig wirkenden Augen lächelten, und sie begriff endlich, warum sie ihr so merkwürdig vorkamen. Der Major sprach mit ihnen wie mit Worten, etwas was die wenigsten verstehen oder bemerken würden. Wobei ... bei dieser Frau würde man es bemerken, dessen war Anne sich plötzlich sicher.
"Was haben Sie vor?" fragte sie.
Der Major blinzelte, Tatendurst lag in ihrem Blick. „Wir schließen ein oder zwei Generatoren an die Lebenserhaltungssysteme an und blasen das Schiff einmal komplett mit frischer Luft durch. Kein Problem, Werkzeug habe ich bei mir", antwortete sie.
Annes Augen wurden groß. „Sie wollen ... ?"
Dieser Babbis nickte, trat auf sie zu. „Kein Problem. Wir machen solche Dinge öfter. Ist ein Hobby des Majors. Neben ... äh, anderen Dingen."
"Ich lerne die Technik der Menschen, Peter. Ein Hobby ist für mich etwas anderes. Obwohl ... es ist schon irgendwie entspannend." Der Major lachte leise.
Markham warf Anne einen zweifelnden Blick zu. Die nickte. „Helfen Sie Dr. Babbis, damit wir wieder Luft kriegen", sagte sie, betrat nun doch endlich den Raum.
Der Major sah ihr interessiert entgegen, als sie näherkam, kurz vor ihr stehenblieb.
Diese Frau war wirklich bemerkenswert, ging Anne durch den Kopf. Sie hatte noch nie erlebt, daß ein Militärangehöriger überhaupt verstand, was ein Wissenschaftler von ihm wollte. Und diese Major Uruhk verstand es nicht nur, sie wollte es wohl auch selbst tun.
"Was können Sie denn noch, Major?" fragte Anne, als sie direkt vor der anderen stand.
Diese Augen blickten ein wenig irritiert, dann entschlossen. „Als mein Volk noch lebte, arbeitete ich als ... Sie würden es Biotechnikerin nennen", antwortete sie. „Allerdings habe ich mich schon immer mehr für Technik interessiert. Auf Atlantis, auf unserem Atlantis, arbeite ich einmal im Monat für Dr. McKay, falls dieser Name Ihnen etwas sagt."
Anne holte wieder tief Atem, nickte dann. „Er wurde von den Wraith getötet, wie viele andere auch. Ist noch gar nicht lange her. Er war ... etwas ungewöhnlich, aber auf seine Art brilliant."
Kurz sah sie Trauer in den Augen der anderen, dann schüttelte diese den Kopf. „Mein Dr. McKay ist einfach nur eine Nervensäge - wie Babbis es manchmal auch sein kann." Sie begann, die vielen Taschen ihrer Überlebensweste abzutasten, schob sich endlich die Jacke von den Schultern, um an die hinteren Taschen zu gelangen und holte einiges an Werkzeug hervor.
Anne staunte nicht schlecht, mußte allerdings auch schmunzeln.
Sie konnte nur hoffen, daß Pendergast nicht gerade mal wieder eine seiner Abhöraktionen durchführte und somit das Geheimnis dieser Frau gewahrt blieb. Sie wünschte ihr nicht, daß der Colonel sie in seine Finger kriegte. Obwohl ... etwas anderes würde dem Major wohl nicht übrigbleiben, wollte sie auf die Prometheus.
"Halten Sie mal." Der Major hielt ihr einen Schraubenschlüssel hin, drehte sich dann um und begann, an den Verbindungen mit einem anderen Werkzeug zu arbeiten.
Sie tat es tatsächlich! Sie überließ nicht diesem Babbis die Hauptarbeit, sie tat sie selbst.
Anne kam allmählich aus dem Staunen nicht mehr heraus.
"Was hat Sie dazu gebracht, der Army beizutreten, wenn Atlantis doch eigentlich Ihre Heimat ist?" fragte sie schließlich.
"Eben weil ich nach Atlantis zurückwollte, trat ich der Air Force bei", antwortete der Major, richtete sich wieder auf, um sich kurz darauf auf die Knie sinken zu lassen und die nächste Verbindung zu lösen. „Ein Deal mit Washington, wenn Sie so wollen. Ich hatte einen etwas ungünstigen Start auf Atlantis in dieser Zeit. Schließlich blieb mir keinen andere Wahl und ich ging zur Erde, schloß mich dort dem SGC an und wurde erst von Abteilung zu Abteilung gereicht, bis ich endlich wieder durch das Gate durfte."
Anne beugte sich unwillkürlich ebenfalls vor, beobachtete sie bei der Arbeit. Sie wußte wirklich, was sie tat, das wurde ihr sehr schnell klar.
"Schließlich bekam ich mein eigenes SG-Team. Naja, und kurz darauf trat man an mich heran und bot mir den Posten als Major der USAF mit dem Deal, jeden Monat für eine Woche nach Atlantis zu gehen als McKays Assistentin." Der Major warf ihr einen Blick über die Schulter zu und blinzelte verschwörerisch. „Es gab da ein kleines Geheimnis, das ihn halb wahnsinnig machte. Aber er brauchte wohl etwas länger, bis er begriff, daß ich nur unter einer Bedingung bereit war, ihm dieses Geheimnis zugänglich zu machen."
Anne schmunzelte, richtete sich dann wieder auf, als sie Schritte hinter sich hörte.
"Peter, es kann losgehen." Der Major richtete sich ein wenig ächzend wieder auf und streckte den Rücken.
Babbis und Markham stellten die zwei Naquadah-Generatoren ab, der Wissenschaftler mit dem jugendlichen Auftreten kam heran und äugte mit langem Hals auf die Vorarbeit. „Raus mit dem Ding", kommentierte er dann.
Der Major warf ihm einen halben Blick zu. „Dann her mit den neuen", sagte sie, beugte sich wieder vor und ... hob den Generator aus seiner Verschalung.
Anne bekam große Augen. Diese Dinger, vor allem die alten, wie sie ihn hier sah, wogen fast zweihundert Pfund. Und Major Uruhk hob ihn hoch, als wäre er nicht schwerer als eine Feder! Wie konnte das bei dieser schlanken, beinahe zierlichen Person sein?
Die vermeintliche Antikerin stellte den unhandlichen Generator zur Seite, half dann Babbis dabei, den neuen zu plazieren, ehe beide eifrig begannen, die Anschlüsse zu erneuern.
Anne schüttelte einfach nur den Kopf.
Was sich da vor ihren Augen abspielte, ging beinahe über ihren Verstand. Sie hatte noch nie eine so enge Zusammenarbeit zwischen zwei so unterschiedlichen Personen gesehen. Die beiden mußten wirklich aufeinander eingespielt sein.
Major Uruhk aktivierte schließlich den Generator, der daraufhin ein leises Summen von sich gab. Dann richtete sie sich wieder auf und sah hoch zu den Lampen unter der Decke. Diese blinkten erst ein bißchen, dann aber lieferten sie endlich wieder Licht.
"Geht doch!" kommentierte sie zufrieden.
"Diese beiden sind merkwürdig", wisperte Markham Anne zu, die nur zustimmend nicken konnte.

***

Vashtu landete den Jumper und öffnete die Heckluke, ehe sie sich von ihrem Sitz erhob und nach hinten ging, um den anderen zu helfen, Dorn in die Prometheus zu bringen. Da erhaschte sie einen Blick auf zwei Marines, die mit strammen Schritten auf den kleinen Gleiter zuhielten.
Stross bemerkte ihr Zögern, sah ebenfalls hinaus. Dann seufzte sie. „Pendergast!" Sie schüttelte den Kopf, packte den Marine unter einer Achsel, Wallace auf der anderen Seite hob den schweren Mann jetzt ebenfalls an. Peter und dieser Markham trugen die Beine.
Vashtu zögerte, dann straffte sie die Schultern und verließ hinter den anderen den Jumper. Die Marines waren wohl ihretwegen gekommen - irgendwann hatte der Kommandant der Prometheus schließlich auf ihr Auftauchen reagieren müssen. Nur hätte sie sich ein bißchen mehr Zeit gewünscht, um bei Dorn bleiben zu können.
"Mam?" Der eine der beiden salutierte vor ihr. „Major."
Sie nickte und nahm ihm den Gruß ab. „Sergeant?" fragte sie dann.
"Colonel Pendergast wünscht Sie zu sprechen, Major. Würden Sie uns bitte folgen?" Der junge Mann trat zur Seite.
Vashtu seufzte wieder, trat dann zwischen die beiden Marines und ließ sich von ihnen ins Schiff führen.
Irgendwie hatte sie auf eine etwas andere Begrüßung gehofft, nachdem Peter und sie immerhin den meisten Besatzungsmitgliedern das Leben gerettet haben dürften. Noch dazu mußte sie zugeben, sie hatte auf jemand ähnlich verständnisvollen gehofft wie diese Dr. Stross. Aber da hatte sie wohl komplett falsch gelegen. Dieser Colonel wollte wohl gleich zu Beginn klarstellen, wer auf der Prometheus das Sagen hatte.
Sie ließ sich durch die Gänge führen, jetzt wieder beleuchtet und mit frischer Luft versorgt. Es herrschte reges Treiben, man merkte deutlich, daß die Prometheus eigentlich überfüllt war mit der Besatzung von Atlantis an Bord. Und dieses Mal achtete die Antikerin wirklich auf die Gesichter derer, die die Uniform der fliegenden Stadt trugen. Dabei stellte sie zu ihrer Überraschung fest, daß diese sich die Waage hielten. Einen Teil kannte sie tatsächlich, wie die junge Japanerin, die schon Peter aufgefallen war, der andere aber sagte ihr nichts, wie dieser hochgewachsene Mann mit dem gewaltigen Schnauzbart.
Die beiden Marines brachten sie auf die Brücke, die erheblich kleiner und unübersichtlicher war als die auf der Daedalus. Offensichtlich hatte sie mit der Prometheus nicht allzu viel verpaßt, wie ihr aufging.
Auf dem Kommandantensitz in der Mitte saß ein grauhaariger Mann mit einem, eigentlich sympatischen Gesicht, wenn seine Augen nicht so kalt geblickt hätten.
Vashtu blieb stehen, als auch die Marines stehenblieben, und salutierte stramm, wobei ihr die Jacke wieder von den Schultern rutschte.
Kein guter Start, wie sie an dem verärgerten Blitzen der kalten Augen bemerkte.
"Major ... Uruhk, wenn ich mich nicht irre?" Der Kommandant der Prometheus lehnte sich nach vorn und starrte sie an.
"Sir?" Sie ließ ihr Gesicht erstarren. Dennoch bohrte die Frage in ihr weiter, woher er jetzt schon ihren Namen kannte.
Der Mann nickte, lehnte sich wieder zurück. „Colonel Pendergast, Kommandant der Prometheus", stellte er sich vor.
Vashtu schluckte. Noch immer stand sie stocksteif da, die Hand an der Stirn und wartete. Und es sah im Moment nicht so aus, als wolle Pendergast sie „bequem" stehen lassen.
"Sie hätten sich zuallererst bei mir melden sollen, Major. Ich hoffe, das ist Ihnen klar", fuhr der Colonel fort.
"Ja, Sir", antwortete sie und wagte ein zerknirschtes Lächeln. „Allerdings war die Luft im Schiff verbraucht. Wir wären nicht soweit gekommen, Sir."
"Soll ich Ihnen dankbar für dieses Pfuschwerk sein?" Pendergast hob eine Braue.
Vashtu spannte die Kiefer an, sagte aber nichts.
Pfuschwerk? Was bildete dieser Kerl sich ein?
Er nickte, offensichtlich hatte er ihre Reaktion erwartet. „Stehen Sie bequem, Major", sagte er im gönnerhaften Ton.
Vashtu nahm endlich die Hand von der Stirn, drückte den Rücken durch und verschränkte die Hände hinter ihm, wie man es ihr auf der Erde beigebracht hatte. Wer auch immer zu dieser Haltung „bequem" sagte, hatte es wohl selbst noch nicht ausprobiert.
Pendergast richtete sich jetzt auf, nickte den beiden Marines wortlos zu, die daraufhin die Brücke verließen, und begann dann, sie zu umrunden, während er sie genau im Auge behielt.
"Ich bin Ihnen dankbar. Allerdings bleibt immer noch die Tatsache im Raum stehen, daß Sie sich hätten auf der Brücke melden sollen. Statt dessen stehlen Sie einen der Puddlejumper und hauen ab - mit Dr. Stross und Lieutenant Markham."
Vashtu biß sich auf die Lippen und wartete.
Pendergast baute sich vor ihr auf. „Auf meinem Schiff gibt es eine einfache Befehlskette, Major: Ich bin die Autorität, alle anderen haben mir zu folgen. Ist das klar?"
"Ja, Sir", sagte sie.
Pendergast sah ihr tief in die Augen. „Ich glaube, das ist bei Ihnen noch nicht so ganz angekommen, Major. Woher auch immer Sie kommen, bei Ihnen scheint man das ganze nicht so ernst zu nehmen wie ich. Darum wiederhole ich es noch einmal: Sie werden jedem einzelnen MEINER Befehle folgen, und zwar ohne jeglichen Kommentar. Verstanden?"
Sie nickte. „Ja, Sir, ich habe verstanden."
"Wie bitte?" Er beugte sich leicht vor.
Vashtu atmete tief ein. „Ja, Sir, ich habe verstanden. Ich werde jedem einzelnen Ihrer Befehle folgen, Sir."
Er nickte nachdenklich, musterte sie wieder von Kopf bis Fuß. „Sie gehören zur USAF?"
"Ja, Sir."
"Und Sie stammen nicht von der Erde? Sie sind eine ... eine Lantianerin, was auch immer das sein soll", fuhr er fort.
"Ich komme aus Atlantis, Sir. Auf der Erde wird mein Volk Antiker genannt", antwortete sie.
Ein eigentümliches Leuchten trat in seine Augen. Wieder beugte er sich über sie, sah ihr tief in die Augen. „Eine Antikerin, die in der Air Force dient?"
"Ich habe mich der Air Force angeschlossen, Sir, ebenso wie ich die amerikanische Staatsbürgerschaft besitze. Das waren Voraussetzungen für einige Deals, die ich abgeschlossen habe mit der Erde, Sir."
Pendergast begann wieder, sie zu umrunden. Vashtu fühlte jeden einzelnen Blick auf sich wie brennende Kohlen. Dieser Kerl war ihr unsympatisch. Hoffentlich würde sie ihn schnell loswerden! Je eher, desto besser, sagte sie sich. Sie wollte immerhin nur bis zum nächsten Planeten, danach konnte er sehen, wie er allein zurechtkam.
"Offensichtlich können Sie wohl fliegen, wenn Sie sich in einen Puddlejumper setzen können. Oder etwa nicht?" fragte er schließlich.
"Ja, Sir. Ich besitze da eine gewisse Begabung", antwortete sie so knapp wie möglich. Auf keinen Fall wollte sie ihm mehr als nötig an Wissen über sich zugestehen.
Wieder blieb er vor ihr stehen. „Und Sie können die Geräte Ihres Volkes aktivieren und bedienen, Texte übersetzen ... den Kontrollstuhl auf Antarktica zum Beispiel steuern?"
Vashtu stutzte kurz, nickte dann aber. „Ja, Sir, das kann ich."
Ein kühles Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Dann haben Sie schon auf diesem Kontrollstuhl gesessen?"
Vashtu wurde es allmählich ungemütlich. Doch sie war gezwungen zu nicken. „Ja, Sir, ich habe ihn bereits bedient."
"In einer Schlacht?" bohrte er weiter.
"Nein, Sir, zur Kontrolle, ob ich ihn bedienen kann."<
Pendergast nickte sinnend, musterte sie wieder abschätzend. Dann kehrte er unvermittelt auf seinen Kommandositz zurück und ließ sich dort nieder. „Gut, dann werde ich dieses Mal noch über Ihr Fehlverhalten hinwegsehen, Major. Aber wagen Sie es niemals wieder, mich zu übergehen, sonst werden Sie sehr schnell feststellen, daß ich ein durchaus unangenehmer Zeitgenosse werden kann. Melden Sie sich bei Sergeant Bates, der wird Ihnen ein Quartier zuweisen ... und wenn er schon dabei ist, eine neue Uniform. Morgen früh Null-Neunhundert melden Sie sich zum Dienst."
Vashtu blinzelte irritiert. „Dienst, Sir? Aber ..."
"Haben Sie schon vergessen, wie die Befehlskette auf meinem Schiff aussieht, Major?" Pendergast hob wieder eine Braue.
Vashtu schluckte die Entgegnung herunter, die ihr bereits auf der Zunge lag. „Nein, Sir, ich habe sie nicht vergessen."
"Dann ist es ja gut." Der Colonel lehnte sich zurück.
Vashtu grüßte kurz, hob ihre Jacke wieder auf und verließ, leise vor sich hinkochend, die Brücke.
Da hatte sie sich ja in schöne Schwierigkeiten geritten!

***

Früh am nächsten Morgen betrat Anne die Messe, holte sich einen Kaffee und sah sich kurz um, ehe ein Lächeln über ihr Gesicht glitt und sie zu einem bestimmten Tisch trat. „Darf ich mich zu Ihnen setzen, Major?" fragte sie.
Die Frau mit den hoffnungslos verstrubbeltem Haar blickte mißmutig auf, nickte dann und wandte sich mit wenig Enthusiasmus ihrer Mahlzeit wieder zu.
Anne ließ sich ihr gegenüber nieder und grinste in ihre Tasse, während sie Major Uruhk beobachtete. Diese hatte sich irgendetwas suppenähnliches geben lassen und malte mit ihrem Löffel in der zähen Masse herum.
"Nicht gerade das Ritz, nicht wahr?" Anne stellte ihren Kaffee ab und beugte sich vor.
Der Major blickte wieder auf. „Hier ist nichts wie das Ritz", antwortete sie mißgestimmt.
Anne nickte. „Stimmt." Beinahe mitleidig betrachtete sie die ihr gegenübersitzende Frau. „Ich habe gehört, daß Pendergast Sie gleich vereinnahmt hat."
Major Uruhk zuckte mißmutig mit den Schultern. „Bin in der Staffel gelandet und wurde gestern noch durch die Gegend gejagt." Unwillig sah sie an sich herunter und seufzte dann schwer.
"Es wird Sie sicher interessieren, daß auch die beiden Wissenschaftler in Ihrem Gefolge noch von Pendergast zugewiesen wurden", berichtete Anne, hob die Tasse wieder. „Dr. Wallace soll bei meinen Wissenschaftlern bleiben, Dr. Babbis wurde dem Team zugeteilt, das den Antrieb reparieren soll. Was danach mit ihm geschieht ... Wahrscheinlich wird er ebenso wie wir anderen zur Tatenlosigkeit verdammt werden."
"Wir wollen nur bis zum nächsten Planeten mit. Danach steigen wir aus", brummte die vermeintliche Antikerin, obwohl vermeintlich? Die Wissenschaftlerin war sich inzwischen recht sicher, daß diese Major Uruhk tatsächlich eine war. Die Frage war nur, wie hatte sie zehntausend Jahre überstehen und dabei so jung bleiben können.
"Pendergast weiß, wer Sie sind, Major", warf Anne kopfschüttelnd ein.
Die blickte jetzt doch wieder hoch und runzelte die Stirn. In diesen sprechenden Augen lag eine stumme Frage.
Anne seufzte und sah sich in der Messe um. Dann stellte sie ihre Tasse wieder auf den Tisch. „Haben Sie noch ein bißchen Zeit?" fragte sie.
Major Uruhk blinzelte, sah dann auf ihre Armbanduhr hinunter und nickte. „Ich muß um neun auf dem 302-Deck sein", antwortete sie.
Anne stand wieder auf. „Dann kommen Sie mit - und stellen Sie Ihr Funkgerät bitte aus."
Die Antikerin erhob sich, ließ ihr Tablett stehen und folgte ihr. In ihren Augen war jetzt deutlich Neugier zu lesen.
Anne fragte sich wirklich, was das für eine Erde sein mochte, auf der jemand wie diese Vashtu Uruhk leben konnte. Entweder sie eckte wirklich ständig irgendwo an, oder aber man ließ ihr ihren Willen. Etwas, was ihr mit Pendergast garantiert nicht geschehen konnte.
"Was halten Sie denn bis jetzt von der Prometheus?" erkundigte sie sich, während sie den Weg zur großen Schleuse einschlug.
Major Uruhk zuckte mit den Schultern, zupfte dann leicht frustriert an ihrer Fliegerkombination herum. Offenbar war sie es nicht gewohnt, solche Kleidung zu tragen. „Was soll ich von dem Schiff schon halten? Sie ist offensichtlich kleiner als unsere Daedalus oder die Odyssey."
Anne war überrascht. „Sie kennen die Daedalus?"
Ihre Begleiterin nickte. „Klar. Caldwell ist nicht ganz unschuldig daran, daß wir hier gelandet sind. Und wenn ich je zurückkomme, wird Hermiod noch sein blaues Wunder erleben, darauf können Sie sich verlassen, Doc."
"Der Asgard, der auf der Daedalus Ihrer Dimension mitfliegt? Kennen Sie ihn näher?"
Major Uruhk nickte wieder, folgte ihr jetzt aus dem Schiff heraus. „Wir spielen zusammen Schach, Hermiod und ich", antwortete sie. „Es ist für mich etwas schwierig andere zu finden, die sich ... naja, mit meiner Art des Denkens anfreunden können. Den meisten bin ich zu schnell." Sie zog eine Grimasse, als Anne ihr einen fragenden Blick zuwarf. „Mein Gehirn ist anders als Ihres, Doc, anders als das von allen anderen Menschen", fuhr sie fort. „Meist muß ich mich schon ziemlich zusammenreißen, um die Lösung nicht schon zu Anfang rauszubrüllen. Hermiod ist einer der wenigen, die zumindest ein Stück weit meinen Gedankengängen folgen können. Bei ihm muß ich mich nicht immer dümmer stellen als ich bin."
Anne lachte jetzt auf. „Natürlich! Als Lantianerin ist Ihr Gehirn wesentlich aktiver als das eines heutigen Menschen."
Der Major nickte mit schuldbewußtem Gesicht, blinzelte dann in die Sonne, die gerade wieder aufging.
Wenn das tatsächlich stimmte, und nach dem, was Anne gestern erlebt hatte, mußte es wohl so sein, würde Pendergast noch seine helle Freude mit seinem neuesten Fang haben und nicht gerade glücklich mit ihr werden. Und das würde dann wohl auf Gegenseitigkeit beruhen, wie sie es im Moment sah. Major Uruhk schien etwas unkonventionell zu sein, um es noch harmlos auszudrücken. Schon allein die Art, wie sie sich gestern Markham gegenüber den nötigen Respekt verschafft hatte, sprach Bände. Der junge Lieutenant war immer noch verwirrt.
Major Uruhk kletterte auf einen niedrigen Felsen, hockte sich dann darauf und ließ sich die Sonne auf den Rücken scheinen.
Anne beobachtete diese merkwürdige Frau weiter.
Was würde sie noch erwarten? Mit was für Enthüllungen hatte sie zu rechnen?
Sie wußte es nicht, doch sie war sich sicher, einiges würde noch auf sie zukommen, wenn diese Antikerin länger auf der Prometheus blieb. Und da Pendergast die Eindringlinge gestern belauscht und somit herausgefunden hatte, was es zumindest mit einem von ihnen auf sich hatte, würde es wohl tatsächlich eine gewisse Zeit dauern. Spannend würde es werden herauszufinden, wer letztendlich den Sieg davontragen würde, der Colonel oder der Major. Und irgendwie glaubte Anne, sich bereits jetzt der Gewinnerseite angeschlossen zu haben.
"Sie wollten mir irgendetwas mitteilen, was wohl keiner auf der Prometheus wissen soll", sagte der Major jetzt und sah zu ihr hinunter. „Jetzt haben Sie mich neugierig gemacht, Doc. Um was geht es?"
Anne lächelte, lehnte sich gegen den Felsen, auf dem die Antikerin hockte und reckte die Nase kurz in die Sonne. „Um Pendergast und die Dimension, aus der wir alle kommen", antwortete sie dann.
Major Uruhk setzte sich stocksteif hin und musterte sie aufmerksam. Wieder schienen ihre Augen zu sprechen, Fragen zu stellen.
Anne mußte zugeben, diese Frau faszinierte sie immer mehr. Wenn es ihr nicht gelang, näheren Kontakt zu ihr aufzubauen und ihr Vertrauen zu gewinnen, würde sie sich wahrscheinlich den Rest ihres Lebens Vorwürfe deswegen machen.
"Schießen Sie los, Doc." Major Uruhk beugte sich leicht vor.
Anne seufzte, kreuzte die Arme vor der Brust und sah zu dem beschädigten Schiff hinüber. „Die Erde, von der wir kommen, ist offensichtlich anders als das, was Sie kennen, Major" begann sie. „Ich habe gestern noch einige Worte mit Dr. Babbis gewechselt und mir ein Bild über das gemacht, was er berichtete. Meine Vereinigten Staaten sind schon seit Jahrzehnten ein Militärregime, Major, während die Ihren wohl ... nun, einen zumindest besseren Standpunkt haben."
"Sie kommen aus einem Militärstaat?"
Anne nickte. „Ganz genau. Noch dazu einem, der ..." Sie seufzte. „Menschen wie ich sind dort nicht sehr angesehen. Wissenschaftler meine ich. Wer sich nicht dem Militär anschließt, der ist in den Augen der meisten überflüssig."
"Aber Wissenschaft ist wichtig", warf die Antikerin ein. „Ohne die Wissenschaft gäbe es nicht einmal Waffen, die ein Militär nutzen kann."
"Ganz genau." Anne blickte wieder auf und blinzelte. Major Uruhk hatte nachdenklich die Stirn gerunzelt und musterte sie genau.
"Aber das Militär sieht das, wie in den meisten solchen Fällen, eben anders", fuhr sie fort. „Atlantis war ein Versuch, der recht schnell scheiterte. Während der ersten Belagerung durch die Wraith wurde Dr. Weir ein Militärkommandant vor die Nase gesetzt. Und was wir in dem einen Jahr, in dem wir keinen Kontakt zur Erde hatten, getan hatten, wurde komplett unter den Teppich gekehrt. Es blieb uns schließlich nichts anderes, als Atlantis aufzugeben." Sie seufzte.
"Aber ... Colonel Sheppard?" Major Uruhk schüttelte den Kopf. „John, ich meine, der Colonel ist doch auch sehr interessiert an Forschung."
"Colonel Sheppard?" Anne sah fragend auf. „Meinen Sie vielleicht Major Sheppard?"
Die Antikerin starrte sie an, blinzelte dann verwirrt. „Das war sein Rang, als er nach Atlantis ging, ja."
Anne begriff. Sie holte tief Atem. „Sie sind mit ihm zusammen in Ihrer Dimension! Er ist der Teil des Handels, über den Sie gestern nicht sprechen wollten."
Major Uruhk brachte ein zerknirschtes Lächeln zustande. „Nicht ganz, aber zumindest ... naja, ja, wir haben eine Beziehung."
Die Wissenschaftlerin schluckte. „Dann hoffe ich wirklich, daß wir in Ihrer Dimension sind, Major. Denn in meiner ist er schon sehr lange tot."
Die Antikerin starrte sie entsetzt an, dann tat sie etwas eigenartiges. Ihr Blick richtete sich plötzlich nach innen und sie runzelte die Stirn, als müsse sie in sich hineinlauschen. Schließlich schüttelte sie wie benommen den Kopf. „Wann ist er gestorben?"
"Gleich zu Beginn der Unternehmung. Während einer Rettungsmission, die in einem Desaster endete", antwortete Anne so mitfühlend sie konnte.
Major Uruhk atmete einige Male tief ein, nickte dann. „Gut, dann weiß ich es ..." Sie stutzte plötzlich, sah wieder auf. „Und ich?" Sie neigte den Kopf leicht, und in ihren Augen sah die Wissenschaftlerin plötzlich eine ängstliche Frage.
"Von Ihnen weiß ich nichts", antwortete sie.
Der Major nickte wieder, diesmal mit einem scheelen Blick. Dann straffte sie die Schultern und richtete sich auf. „Ihre Welt ist also eine Militärgesellschaft und Wissenschaftler werden gern unterdrückt", faßte sie zusammen. „Aber was hat das jetzt mit mir zu tun? Oder mit Pendergast? Daß er wohl von sich selbst glaubt, der absolute Herrscher zu sein, ist mir gestern schon aufgefallen. Aber, wie gesagt, meine Leute und ich wollen nur bis zum nächsten Planeten mit. Notfalls nehmen wir uns einen Jumper und verschwinden."
Anne richtete sich jetzt ebenfalls wieder auf und schüttelte den Kopf. „Major, ich weiß nicht, wie weit Ihre Probleme auf Ihrer Welt reichen. Aber auf meiner ist man schlicht verzweifelt. Man kann keinen Zwei-Fronten-Krieg führen, und aus diesem Grund wurde Atlantis auch aufgegeben. Die Ori haben die Milchstraße überrannt."
"Das Problem haben wir in meiner Dimension auch", gab die Antikerin zu. Dann trat plötzlich Begreifen in ihre Augen. „Sie meinen ..."
Anne nickte. „Ganz genau. Menschen mit dem Antiker-Gen sind extrem selten auf meiner Erde. Für Pendergast sind Sie ein purer Glücksfall, Major, noch dazu, da Sie eine Militärangehörige sind. Er wird Sie nicht gehen lassen, auf gar keinen Fall. Die Erde braucht Sie, um sich gegen die Ori zu verteidigen."
Major Uruhk starrte sie nur entgeistert an, mit einer eigenartigen Panik in ihren Augen.

TBC ...

2 Kommentare:

  1. Nummer drei:
    Oha!
    Also ich hoffe immer mehr, dass nicht Vashtu und ihr Team, sondern die Prometheus in der Dimension gesprungen ist.
    Also in SG1 mochte ich Pandergast eigentlich und fand es total traurig, als er auf dem Schiff gestorben ist, als es zerstört wurde...aber hier?
    Ein unsympathischer Colonel und noch dazu ein Militärregime...ja ich glaube Vashtu wird noch an so einigen Stellen anecken.
    Hallo!? Und dann nimmt der sich auch noch sofort heraus, Vashtu und ihr Team gleich für sich zu vereinmahmen.
    Und was ist aus Dorn geworden? Haben sie ihm wenigstens geholfen?
    Was Vashtu wohl festgestellt hat, als sie in sich hineigehorcht hat? Also wenn sie was gespürt hat, dann müsste das ja theoretisch bedeuten, dass die in der richtigen Dimension sind und wenn nicht, ja dann nicht.
    und nun folgt das nächste Kapitel ^^
    LG Sabrina

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  2. Ich gebs zu, ich bin ein kleiner Fan von Barclay Hope (Pendergast-Darsteller), deshalb wollte ich ihn unbedingt reinbringen. Daß er auch unsympatisch spielen kann hatte er mal in den 90ern gezeigt in einer Rolle. Und, ehrlich, bei dem fing ich genauso an zu sabbern wie bei JF, wenn ich mir mal wieder die CSI:Miami-Folge mit ihm ansehe - okay,bei Joe läufts ein bißchen mehr.
    Vashtu hat in sich hineingehorcht, um zu "hören", ob sie John noch wahrnehmen kann. Damit wäre für sie dann die Dimensionsfrage geklärt: Ist er für sie spürbar, ist sie in ihrer Realität, nimmt sie ihn nicht wahr, ... tja.

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